Handelsgericht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Handelsgerichte dienen der Beilegung von handelsrechtlichen Streitigkeiten. Nach dem Vorbild der französischen Tribunaux de commerce wurden spätestens im 19. Jahrhundert in fast allen europäischen Staaten Spruchkörper eingerichtet, die zu einem Teil, überwiegend oder gar ausschließlich mit Kaufleuten besetzt waren. Noch heute haben europäische Staaten Handelsgerichte in unterschiedlichen Formen und Zuständigkeiten.

Richter

Richter, die an Handelsgerichten tätig sind, können hauptberufliche, nebenberufliche oder ehrenamtliche Richter sein. Die nebenamtlich oder ehrenamtlich tätigen Handelsrichter werden auch als Fachrichter bezeichnet. Die Ergänzung der Gerichte mit nebenamtlichen Richtern wird dabei als fachliche Ergänzung der Gerichte gesehen.

Gerichte

Frankreich

1807 wurde in Frankreich der Code de commerce (das Handelsgesetzbuch) als Teil der Napoleonischen Gesetzbücher erlassen. Art. 615 regelte die Einführung von Handelsgerichten (Tribunaux de commerce). Diese Regelung galt auch für das von Frankreich annektierte Linke Rheinufer. Gemäß Art. 618 wurden die Mitglieder durch die Kaufmannschaft gewählt. Es handelte sich nicht um Berufsrichter, sondern um Kaufleute.[1]

Deutschland

Siegelmarke Königlich Sächsische Kammer für Handelssachen Chemnitz

Es gibt in Deutschland sogenannte Kammern für Handelssachen, die nach den §§ 93 bis 114 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an den Landgerichten gebildet werden können und in der Regel auch gebildet wurden. Eine solche Kammer besteht aus einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern (§ 105 Abs. 1 GVG). Diese Kammern sind zuständig, soweit ein Rechtsstreit unter Kaufleuten vorliegt, aber auch bei Streitigkeiten aus einem Wechsel im Sinne des Wechselgesetzes, auf Grund des Scheckgesetzes, auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und auf dem Bereich des Marken- und Geschmacksmusterrechts. Die Kammern werden nur auf Antrag einer der Parteien tätig (§ 96 Absatz 1, § 98 GVG).

Schweiz

Ein eigenständiges Handelsgericht kennen die Gerichtsorganisationsgesetze des Kantons Zürich, des Kantons Bern, des Kantons Aargau und des Kantons St. Gallen.[2]

Seines großen Ansehens in Justiz und Wirtschaft ungeachtet, geriet das Zürcher Handelsgericht Anfang 2009 in die Kritik, als der Zürcher Anwalt Daniel Schwander, vormals Sekretär am Gericht, in einem Buch die Auswahl der Richter und die Zuordnung der Streitsachen zu den einzelnen Kammern kritisierte. Nachdem hierüber überregionale Zeitungen berichteten,[3][4][5] kam es zu einer kantonsrätlichen Anfrage an den Zürcher Regierungsrat.[6][7]

Österreich

Das Handelsgericht Wien ist im City Tower Vienna untergebracht.[8]

Russland

In Russland heißen die für Handelssachen zuständigen Gerichte Arbitragegerichte.

Handelsrichter

Die Handelsrichter haben nationale Verbände gebildet, die ihrerseits in einer Europäischen Union der Richter in Handelssachen (Union Européenne des Magistrats Consulaire) zusammengeschlossen sind.

Literatur

  • Wilhelm Silberschmidt: Die Entstehung des deutschen Handelsgerichts. Leipzig 1894.
  • Wilhelm Silberschmidt: Die Deutsche Sondergerichtsbarkeit in Handels- und Gewerbesachen insbesondere seit der französischen Revolution. Stuttgart 1904.
  • Daniel Schwander: Das Zürcher Handelsgericht und die branchenspezifische Zusammensetzung seines Spruchkörpers, Herkunft – Praxis – Kritik. Wiss. Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86573-413-6.
  • Alexander Brunner (Hrsg.): Europäische Handelsgerichtsbarkeit. Stämpfli Verlag, Bern 2009, ISBN 978-3-7272-9808-0.

Einzelnachweise