Heilfasten

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Heilfasten ist eine Form des nicht religiös motivierten Fastens und soll zumeist der „Entschlackung“ oder Regeneration des Körpers dienen. Zum Teil beruhen die dem Heilfasten zugeschriebenen Wirkungen auf nicht belegten medizinischen Annahmen. Gleichzeitig gibt es auch wissenschaftlich belegte positive Auswirkungen des Fastens. Oft ist mit dem Heilfasten auch der Wunsch nach einer „seelischen Reinigung“ verbunden.

Arten des Heilfastens

Freiwilliger Nahrungsverzicht wird seit Jahrtausenden praktiziert, um gesundheitlichen Problemen präventiv oder therapeutisch zu begegnen; die Überlieferungen von Hippokrates zum Heilfasten weisen auf älteres Wissen hin. Dabei dürfte es üblich gewesen sein, die genaue Fastentherapie an den Fastenden und die Krankheit bzw. das Fastenziel anzupassen.

  • Beim Buchinger-Heilfasten (Otto Buchinger, deutscher Arzt, 1878–1966) wird mit Wasser, Gemüsebrühe, Säften und Honig eine geringe Menge an Energie (200–500 kcal) (siehe: physiologischer Brennwert), Vitaminen und Mineralstoffen zugeführt. Das soll die Belastung für den Stoffwechsel verringern. Hinzu kommen Einläufe, die der Darmreinigung dienen sollen, Maßnahmen, die den Stoffwechsel unterstützen sollen (täglich körperliche Bewegung, Trockenbürsten, Leberwickel) und Ernährungsschulung für den Wiedereinstieg in eine gesundheitsförderliche Kost.
  • Beim Fasten für Gesunde nach Hellmut Lützner wird mit der Methode Buchinger/Lützner gefastet. Sie richtet sich an Gesunde im Sinne zur gesundheitlichen Prävention und wird häufig mit Wandern, Ernährungsschulung, Yoga oder christlicher Kontemplation kombiniert.
  • Beim Fasten nach Mayr (Franz-Xaver-Mayr-Kur) ist die Grundlage die „Milch-Semmel-Diät“, es wird ein individueller Ernährungsplan aufgestellt.
  • Beim Saftfasten werden nur Obst- und Gemüsesäfte getrunken, wie etwa bei der Breuß-Kur.
  • Die Markert-Diät kombiniert Gemüsebrühe mit einem Eiweißzusatz.
  • Beim Früchtefasten werden nur Früchte, Gemüse, Kräuter und Nüsse konsumiert.
  • Beim eiweißergänzten (modifizierten) Fasten wird täglich ein Quantum Buttermilch oder ein spezielles Eiweißkonzentrat (Ulmer Trunk) verzehrt. Dies soll große Eiweißverluste des Körpers verhindern und ihn veranlassen, mehr Fett als Eiweiß abzubauen.
  • Beim Molke-Fasten wird auf die Aufnahme fester Lebensmittel komplett verzichtet. Man nimmt über den Tag verteilt 1 Liter Molke zu sich (soll den Eiweißverlust des Körpers reduzieren), ferner 0,5 Liter Obstsaft (Zufuhr von Vitaminen, Mineralien und Energie) und 3 Liter kohlensäurefreies Wasser, welches bestimmte Körperfunktionen und die sogenannte Entschlackung und Entgiftung fördern und das Hungergefühl reduzieren soll. Zusätzlich wird jeden Morgen ein Glas (0,2 Liter) Sauerkraut- oder Pflaumensaft getrunken. Er soll den Darm „reinigen“ und helfen, im Körper vermutete Schadstoffe aus dem Körper zu entfernen.
  • Beim Wasser- oder Tee-Fasten wird ebenfalls (weitestgehend) auf Nahrung verzichtet, ebenso auf das Trinken von Säften. Man trinkt ausschließlich Tee bzw. Kräutertee und (kohlensäurearmes) Wasser; dabei sind allerdings viele Abwandlungen möglich und üblich, etwa mit gelegentlicher Zufuhr von Saft oder/und Gemüsebrühe, Kefir, Buttermilch, Elektrolyten, Vitaminen etc. Diese extremere Form des Fastens wird von Ärzten und einschlägigen Büchern nur vollkommen gesunden Menschen empfohlen, wobei derartige Extremdiäten abhängig von den genauen Umständen und unter enger ärztlicher Begleitung auch bei gesundheitlichen Einschränkungen nicht ausgeschlossen sind.
  • Auch die Schrothkur gilt als Fastenkur. Hier wechseln sich Trinktage und so genannte Trockentage ab.
  • Beim intermittierenden Fasten (auch Intervallfasten) wechseln sich Zeiten der normalen Nahrungsaufnahme und des Fastens, während denen nur noch Wasser getrunken wird, ab. Dabei wird entweder jeden Tag mindestens 16 Stunden lang gefastet oder es werden abwechselnd komplette Fastentage und solche ohne Nahrungskarenz abgehalten. Da zwischen den nur kurzen Fastenperioden von maximal ein oder zwei Tagen am Stück normal gegessen wird, kann das intermittierende Fasten als dauerhafte Ernährungsform praktiziert werden. In verschiedenen Tiermodellen führte dieser Essrhythmus zu einer höheren Lebenserwartung und zu einer geringeren Rate an altersbedingten Erkrankungen.[1]

Körperliche Vorgänge

Wenn dem Körper keine Nahrung zugeführt wird, verschiebt sich der Stoffwechsel über einige Tage in den Katabolismus. Blutdruck und Blutzuckerspiegel sinken. Zur Energiebereitstellung wird auf die Fettreserven zurückgegriffen. Muskeln werden abgebaut, um Proteine zu erhalten. Bei längerem Fasten stellt sich der Fettabbau um und es bilden sich Ketokörper wie Acetoacetat, Aceton und 3-Hydroxybutyrat. Dies kann zu einer Ketose führen und einem charakteristisch fruchtigen Ketongeruch im Atem. Bei längerem Fasten schüttet der Körper auch Endorphine aus. Diese körperlichen Effekte wurden in einer 2019 erschienenen Studie über das Heilfasten von Françoise Wilhelmi de Toledo in Zusammenarbeit mit Andreas Michalsen von der Charité Berlin festgestellt.[2]

Vorgehen

Schon an ein bis zwei Vorbereitungstagen wird nur sehr wenig gegessen: fettarm und ballaststoffhaltig. Auf Süßwaren und Genussmittel wird bereits verzichtet. Eine kohlenhydratarme und fettreiche Ernährung während der Vorbereitungstage fördert die Umstellung des Stoffwechsels auf die Fettverbrennung.[3]

Zur Darmentleerung sind grundsätzlich zwei Methoden verbreitet, die sich wiederum in verschiedene Variationen aufspalten.

  • Einlauf (Klistier): Es wird eine hyperosmolare Flüssigkeit über den Mastdarm in den Darm eingebracht. Durch die Hyperosmolarität wird Wasser im Darminneren gebunden und ein Entleerungsreiz ausgelöst.
  • Abführmittel: Hier gibt es mehrere Mittel, zum Beispiel Glaubersalz oder das jenem ähnliche F.X.-Passage-Salz.

Indikationen

Bei folgenden Krankheitsbildern sowie Beschwerden ist Heilfasten hilfreich oder soll dies nach Ansicht seiner Befürworter sein[4]

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) berichtet von wissenschaftlich belegten, positiven Effekten beim Metabolischen Syndrom, bei chronischen Entzündungen und psychosomatischen Krankheiten.[6]

Die Ergänzung von Chemotherapien zur Behandlung von Krebs durch vorheriges oder anschließendes Fasten kann den Schutz gesunder Zellen beim Abtöten von Tumorzellen ermöglichen sowie die Verträglichkeit der Therapie erhöhen.[7][8][9] Gleichzeitig erwies sich die erwünschte krebsschädigende Toxizität nach der Einnahme von Chemotherapeutika während des Fastens als wirksamer, als bei Versuchen ohne Fasten.[10]

Es besteht die Hoffnung, die Behandlungen zu verlängern, indem die hochgradig toxischen Effekte der eingesetzten Zytostatika beschränkt werden, ohne gleichzeitig den Tumor ungewollt zu schützen.[11][12]

Kontraindikationen

Viele Ärzte raten von dieser Methode ab. Kurzfristig heilfasten sollten nur gesunde Menschen, vor längeren Fastenkuren ohne ärztliche Überwachung wird gewarnt.

Bestimmte Gruppen von Menschen sollen nicht fasten:

Menschen mit psychischen Krankheiten sollten ihren Arzt befragen, bevor sie fasten.

Literatur

  • Hellmut Lützner: Wie neugeboren durch Fasten. Gräfe und Unzer, 2008
  • Hans Peter Bischoff, Volker Schmiedel: Praxisleitfaden Naturheilkunde. Methoden, Diagnostik, Therapieverfahren in Synopsen. Hrsg.: Matthias Augustin. 3., vollst. überarb. Auflage. G. Fischer Verlag, Ulm/Stuttgart/Jena/Lübeck 1999, ISBN 3-437-55130-2, S. 878.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. R. M. Anson u. a.: The diet restriction paradigm: a brief review of the effects of every-other-day feeding. In: Age. 27, 2005, S. 17–25. doi:10.1007/s11357-005-3286-2 (Review)
  2. Françoise Wilhelmi de Toledo, Andreas Michalsen, Stefan Drinda, Audrey Bergouignan, Franziska Grundler: Safety, health improvement and well-being during a 4 to 21-day fasting period in an observational study including 1422 subjects. In: PLOS ONE. Band 14, Nr. 1, 2. Januar 2019, ISSN 1932-6203, S. e0209353, doi:10.1371/journal.pone.0209353, PMID 30601864, PMC 6314618 (freier Volltext).
  3. a b c Bas KastDer Ernährungskompass, Verlag C. Bertelsmann, 2. Auflage, S. 279ff, München 2018, ISBN 978-3-570-10319-7
  4. Bischoff/Schmiedel, S. 165 f.
  5. A. Michalsen, R. Stange: Fasten und Ernährung bei rheumatischen Gelenkerkrankungen? Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  6. Pressemitteilung der DGE vom 27. Februar 2018, abgerufen am 15. April 2020
  7. NDR: Kann Fasten eine Chemotherapie unterstützen? Abgerufen am 30. September 2019.
  8. Judith Görs: Fasten im Kampf gegen den Krebs. Abgerufen am 30. September 2019.
  9. Bei Brust- und Ovarialkrebs: Kurzzeitfasten macht Chemo wohl wirksamer und verträglicher. Abgerufen am 30. September 2019.
  10. Studien: Fasting mimicking diet as an adjunct to neoadjuvant chemotherapy for breast cancer in the multicentre randomized phase 2 DIRECT trial. In: Nature. 23. Juni 2020. Effects of short-term fasting on cancer treatment. In: Journal of Experimental & Clinical Cancer Research. 22. Mai 2019. PMC 6530042 (freier Volltext). A review of fasting effects on the response of cancer to chemotherapy. In: Science Direct. 04.2021. Diet and Chemotherapy: The Effects of Fasting and Ketogenic Diet on Cancer Treatment. In: karger.com. 12.2020.
  11. Fernando M. Safdie, Tanya Dorff, David Quinn, Luigi Fontana, Min Wei: Fasting and cancer treatment in humans: A case series report. In: Aging. Band 1, Nr. 12, Dezember 2009, S. 988–1007, doi:10.18632/aging.100114 (aging-us.com [abgerufen am 6. Januar 2018]).
  12. Gustav van Niekerk, Suzèl M. Hattingh, Anna-Mart Engelbrecht: Enhanced Therapeutic Efficacy in Cancer Patients by Short-term Fasting: The Autophagy Connection. In: Frontiers in Oncology. Band 6, 2016, ISSN 2234-943X, doi:10.3389/fonc.2016.00242 (frontiersin.org [abgerufen am 6. Januar 2018]).
  13. NDR: Kann Fasten eine Chemotherapie unterstützen? Abgerufen am 4. April 2021.
  14. Judith Görs: Fasten im Kampf gegen den Krebs. Abgerufen am 4. April 2021.
  15. Bei Brust- und Ovarialkrebs: Kurzzeitfasten macht Chemo wohl wirksamer und verträglicher. Abgerufen am 4. April 2021.