Heinz Barth

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Heinz Barth (* 15. Oktober 1920 in Gransee; † 6. August 2007 ebenda) war ein Kriegsverbrecher und Obersturmführer der Waffen-SS und Zugführer beim SS-Panzergrenadier-Regiment 4 „Der Führer“ als Teil der 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“. Barth war der einzige SS-Angehörige, der in Deutschland wegen des Massakers von Oradour angeklagt und verurteilt wurde.

Leben

Barth absolvierte nach der Volksschule eine Ausbildung zum Textilkaufmann. Er beantragte am 12. November 1939 die Aufnahme in die NSDAP und wurde zum 1. September 1940 aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.844.901).[1] Barth war von 1940 bis 1942 als Angehöriger der Ordnungspolizei und SD-Mitglied im Protektorat Böhmen und Mähren.[2] Dort war er an Einsätzen beteiligt, bei denen 92 Tschechen[3] ermordet wurden. Am 10. Februar 1943 wurde er SS-Mitglied (Mitgliedsnummer 458.037) und als Angehöriger der 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“ an der Ostfront eingesetzt, danach zur Ausbildung bei der 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ in Frankreich. Nach seiner Beteiligung an dem Massaker in Oradour am 10. Juni 1944 verlor er während Kampfhandlungen in der Normandie im August 1944 ein Bein und behielt eine steife Schulter zurück. In Folge dessen wurde er zum SS-Obersturmführer befördert und bis Februar 1945 in einem Lazarett behandelt. Bei Kriegsende hielt er sich aus Angst vor Verfolgung durch die Sowjetische Besatzungsmacht in Schleswig-Holstein auf. Dort geriet er in britische Gefangenschaft, wobei er sich als Offizier der Schutzpolizei ausgab und seine Zugehörigkeit zur SS unerkannt blieb. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1946[4] arbeitete er in Gransee in der Konsumgenossenschaft.

Wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von 642 Einwohnern von Oradour-sur-Glane im Jahre 1944 wurde er in Bordeaux am 12. Februar 1953 in Abwesenheit zum Tod verurteilt.

Am 14. Juli 1981 wurde er in der DDR nach Ermittlungen des MfS festgenommen. Die Hauptverhandlung vor dem Stadtbezirksgericht Berlin begann am 25. Mai 1983. Heinz Barth wurde am 7. Juni 1983 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei DDR-Bürger, die als Untergebene Barths in Oradour beteiligt gewesen waren, wurden von der DDR-Staatsanwaltschaft nicht angeklagt,[5] weil sich während der Vernehmungen durch die Hauptabteilung IX/11 des MfS keine Verdachtsmomente gegen sie ergeben hatten, die beweisbar gewesen wären.[6][7]

Barth war unter anderem in der zentralen Untersuchungshaftanstalt des MfS in Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert. Zu seinen Mithäftlingen gehörten spätere Funktionäre der Neonaziszene. Ingo Hasselbach berichtete etwa in der Dokureihe Das Erbe der Nazis durch den Kontakt mit dem verurteilten NS-Täter nachhaltig radikalisiert worden zu sein[8]. Im September 1997 wurde Barth wegen seines schlechten Gesundheitszustandes aus der Haft entlassen. Im Jahr 2000 verlor Barth eine Klage auf Weiterzahlung seiner Kriegsversehrten-Zusatzrente, die er seit der Deutschen Wiedervereinigung erhalten hatte, da 1998 das Bundesversorgungsgesetz einschlägig geändert worden war.[9] Zehn Jahre nach seiner Haftentlassung erlag er einem Krebsleiden.[10]

Nach Ansicht des tschechischen Historikers Eduard Stehlík war Barth auch bei dem Massaker in Ležáky eingesetzt worden.[11]

Literatur

  • Henry Leide: NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR. Vandenhoeck & Ruprecht, 2006, ISBN 3-525-35018-X, Der Fall Heinz Barth, S. 131–142.
  • Bernhard Brunner: Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland. Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-693-8.
  • Peter Przybylski, Horst Busse: Mörder von Oradour. Militärverlag der DDR, Berlin 1984, DNB 850161746.
  • Lea Rosh, Günther Schwarberg: Der letzte Tag von Oradour. Steidl, Göttingen 1992, 1994, 1997, ISBN 3-88243-092-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/1501206
  2. Urteilsschrift gegen Heinz Barth, 1983
  3. Urteil vom 7. Juni 1983.
  4. angeblich hatte er seine Personaldokumente vernichtet; Leide, S. 135.
  5. Leide, S. 139.
  6. BSTtU ZUV 66, GA Band 12. Blatt 09, Anhang Anlage IV, Nr. 8
  7. Über die Versäumnisse der Strafverfolgung in der Bundesrepublik siehe Lit. Bernhard Brunner und den Artikel Oradour-sur-Glane.
  8. siehe dazu Folge: 1945–1989 – Die DDR: Anspruch und Wirklichkeit der Dokumentarfilmreihe Das Erbe der Nazis
  9. Kriegsverbrecher darf Opferrente behalten : Heinz Barth, der „Mörder von Oradour“, hat vor dem Sozialgericht einen Teilsieg errungen. In: Berliner Zeitung, 8. Juni 2000. „Mit dem Urteil ist das Gericht nur teilweise den Anträgen von Barths Anwalt nachgekommen. Er hatte auch die Weiterzahlung der Kriegsopferrente gefordert.“
  10. Kriegsverbrecher Barth gestorben. In: Der Tagesspiegel. 14. August 2007.
  11. Osobně se také účastnil vraždění obyvatel obce Ležáky v červnu 1942. "Dobrovolně se hlásil k bezpečnostní policii, jejíž jednotky fungovaly jako popravčí čety," řekl Eduard Stehlík z Vojenského historického ústavu. aktualne.centrum