Henning Harnisch

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Basketballspieler
Henning Harnisch
Spielerinformationen
Spitzname Flying Henning
Geburtstag 15. April 1968
Geburtsort Marburg, Deutschland
Größe 202 cm[1]
Position Small Forward /
Power Forward
Vereine als Aktiver
1985–1988 Deutschland MTV 1846 Gießen
1988–1996 Deutschland TSV Bayer 04 Leverkusen
1996–1998 Deutschland Alba Berlin
Nationalmannschaft1
1987–1997 Deutschland 169
1Stand: 14. Oktober 2008
Henning Harnisch
Medaillenspiegel

Basketball (Männer)

Deutschland Deutschland
Europameisterschaft
Gold 1993 Deutschland Deutschland

Henning Jan Harnisch[2] (* 15. April 1968 in Marburg) ist Vizepräsident des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin und ehemaliger deutscher Basketballnationalspieler. Größter Erfolg des Forwards war der Gewinn der Europameisterschaft 1993. Zwischen 1990 und 1998 gewann er mit Bayer Leverkusen und Alba Berlin neun Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft. Wegen seiner spektakulären Spielweise, mit der er den Dunking in der Bundesliga salonfähig machte, wurde er auch Hanging Harnisch oder Flying Henning genannt.

Leben

Harnisch wuchs in Marburg auf. Er besuchte das Gymnasium Philippinum und kam dort 1978 mit Basketball in Berührung. Sein Entdecker und Förderer in der Jugend war der dortige Lehrer Hans Brauer.[3] Harnisch ging 1984 für ein Jahr an eine Schule in Upland (US-Bundesstaat Kalifornien). In Sachen Basketball sei das Jahr in den Vereinigten Staaten „eine einzige Katastrophe“ gewesen, so Harnisch später.[4] Ab 1985 stand Harnisch im Kader des Bundesligisten MTV 1846 Gießen. Für die Mittelhessen kam er bis 1988 auf einen Punkteschnitt von 14,6 je Begegnung (76 Spiele).[5]

Nach dem Abitur 1988 ging Harnisch an die University of Washington. An der Hochschule hatten seine Landsmänner Detlef Schrempf und Christian Welp gespielt. Harnisch verließ die University of Washington nach neun Tagen, in denen er unter anderem Malerarbeiten am Footballstadion der Hochschule hatte vornehmen müssen, wieder und kehrte nach Deutschland zurück.[4] Er schloss sich zur Saison 1988/89 Bayer Leverkusen an und war neben Michael Koch und Christian Welp einer der Schlüsselspieler der Mannschaft, die zwischen 1990 und 1996 auf die Deutsche Meisterschaft abonniert war. Harnisch bestritt zwischen 1988 und 1996 insgesamt 269 Bundesliga-Spiele für die Rheinländer und kam auf einen Durchschnitt von 15,1 Punkten je Begegnung.[6]

Mit seinem Wechsel zu Alba Berlin endete die Leverkusener Titelserie und diejenige Berlins begann. Neben neun deutschen Meistertiteln gewann Harnisch mit Leverkusen und Berlin auch fünfmal den Pokal (1990, 1991, 1993, 1995, 1997). In 13 Bundesliga-Spielserien erzielte er 6152 Punkte.[7] Die Leser einer Fachzeitschrift wählten ihn 1990 und 1991 zum deutschen Basketballer des Jahres. Neben seiner spektakulären Spielweise waren ein Stirnband und seine langen Haare während weiter Teile seiner Karriere seine Markenzeichen. Dank seines Aussehens und Auftretens galt Harnisch in den 1990er Jahren als das Idealbild eines medienwirksamen Jugendschwarms. Diese Rolle nahm er jedoch nicht für sich in Anspruch. Im Buch „50 Jahre Basketball-Bundesliga“ wird Harnischs öffentliches Bild unter der Überschrift „Der Andersdenker“ wie folgt eingestuft: „Harnisch war nicht Bravo-Sport. Harnisch war die taz.“[8]

In 169 Länderspielen wurden für Harnisch 2079 Punkte notiert. Er nahm an einer Welt- und vier Europameisterschaften sowie an den Olympischen Spielen 1992 teil. Als drittbester deutscher Korbschütze kam er während des Olympischen Turniers auf 9,6 Punkte je Begegnung.[9] Bei der Europameisterschaft 1993 erzielte er im Schnitt 12 Punkte und war damit einer der Garanten des unerwarteten Titelgewinns vor eigenem Publikum. Im Endspiel gegen Russland kam Harnisch auf 13 Punkte und war somit drittbester Werfer der deutschen Mannschaft im letzten Turnierspiel.[10] Vor dem Endspiel ereilte ihn ein Migräneschub. Harnisch spielte trotzdem und war nach der Begegnung eigener Aussage nach „stundenlang fertig, ausgeknockt“.[11] Er bezeichnete den Gewinn des EM-Titels als seinen Karrierehöhepunkt.[4] 1989 hatte er mit der bundesdeutschen Studentenauswahl Bronze bei der Universiade in Duisburg gewonnen.[12] Während seiner Spielerlaufbahn bekam Harnisch Angebote, bei NBA-Mannschaften in Trainingslagern vorzuspielen: 1993 bekundeten die Golden State Warriors Interesse an ihm, Harnisch lehnte aber ab.[3] Er „habe nicht geglaubt, dass ich mich da durchsetzen kann“, begründete er rückblickend diesen Entschluss.[11] Auch Angebote aus dem europäischen Ausland ließ Harnisch, der neben der Basketballlaufbahn zunächst Philosophie und Italienisch studierte, verstreichen.[3]

Nach der Saison 1997/98 beendete Harnisch seine Spielerlaufbahn im Alter von erst 30 Jahren. Anschließend studierte er zwischen 1998 und 2004 Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin[13] und arbeitete nebenbei als Journalist. 2004 kehrte er als Teammanager von Alba Berlin in die Bundesliga zurück. Vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2010 bekleidete er den Posten des Sportdirektors. Seitdem ist er Vizepräsident des Vereins und in dieser Funktion für die Nachwuchsförderung verantwortlich. Für sein Engagement im Nachwuchsbereich erhielt Harnisch 2016 das „Goldene Band“ des Verbandes der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg.[14] Er war die erste Person, die diese Auszeichnung zum zweiten Mal erhielt. Erstmals wurde Harnisch 1998 mit Alba Berlin für seine sportlichen Leistungen das „Goldene Band“ verliehen.[15]

Bei Alba Berlin rief er unter anderem Kooperationen mit dem Pekinger Basketballverband sowie deutschen Schulen in Shanghai und Peking ins Leben.[16] Im Mai 2017 regte Harnisch in einem Gespräch mit der Wochenzeitung Die Zeit eine umfassende Neustrukturierung des Schulsports unter anderem durch den Einsatz von Profitrainern an.[17] 2018 übernahm er die Schirmherrschaft der Berliner Initiative „Sport macht Schule“.[18] Mit seinem Sportkonzept unterstützte er den SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel im Wahlkampf für die Landtagswahl in Hessen 2018.[19] Im November 2018 gehörte Harnisch gemeinsam mit Marco Baldi während einer China-Reise auf Einladung des Auswärtigen Amtes zur Delegation von Bundesaußenminister Heiko Maas.[20]

In der taz veröffentlichte Harnisch als Kolumnist zwei Jahre lang[21] bis Ende 2019[22] unter der Überschrift Henningway monatlich Beiträge zu den Themenbereichen Kultur, Sport und Pädagogik.[23] Bereits während seiner Spielerzeit in Leverkusen absolvierte Harnisch in Köln-Sülz im Geschäft „Der andere Buchladen“ eine Buchhändlerlehre,[24] schrieb Kolumnen für die taz und moderierte bei Radio Fritz unter dem Titel Hennings Hausmusik seine eigene Radiosendung. An der Berliner Humboldt-Universität hielt er eine Vorlesung zu dem Thema „Das Ästhetische des Sports“. 2005 war Harnisch Mitherausgeber des Buches Vierter,[25] in dem Autoren aus unterschiedlichen Blickwinkeln über Sport schreiben. Harnisch nannte das Werk „ein wildes Buch auf seine Art, es gibt keinen Anfang und kein Ende“.[26]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das sind unsere 12 Riesen; in: Sport-Bild vom 23. Juni 1993, S. 32 f.
  2. https://www.basketball-reference.com/olympics/athletes/henning-harnisch-1/
  3. a b c „Flying“ Henning hebt ab. In: Sport-Bild: Veltins Basketball Bundesliga. Alle Teams, alle Termine, alle Fan-Infos. 14. September 1994, S. 34, 35.
  4. a b c Harnisch, Rödl. Teil 1. In: bz-berlin.de. Abgerufen am 25. Mai 2020.
  5. Spielerübersicht. In: Gießen 46ers. Abgerufen am 1. März 2022.
  6. Alle Riesen vom Rhein auf einen Blick. In: leverkusen.com. Abgerufen am 8. April 2022.
  7. Die 200 besten Korbjäger der Bundesliga seit 1975. In: Basketball Bundesliga GmbH (Hrsg.): 50 Jahre Basketball Bundesliga. Köln, ISBN 978-3-7307-0242-0, S. 212.
  8. Sebastian Gehrmann: Goldene Jungs. Der Andersdenker. In: Basketball Bundesliga GmbH (Hrsg.): 50 Jahre Basketball Bundesliga. Köln, ISBN 978-3-7307-0242-0, S. 145.
  9. Henning Harnisch profile, Olympic Games : Tournament for Men 1992. Abgerufen am 25. Mai 2020.
  10. archive.fiba.com: 1993 European Championship for Men. Abgerufen am 25. Mai 2020.
  11. a b SWR2 Zeitgenossen: Henning Harnisch, Basketballer und Kulturwissenschaftler on Apple Podcasts. Abgerufen am 28. Dezember 2020.
  12. Christoph Büker: Es war einmal… Bronze vor 25 Jahren. In: Deutscher Basketball Bund (Hrsg.): DBB Journal. Nr. 41, Oktober 2014, S. 36, 37.
  13. Henning Harnisch. In: Humboldt-Universität zu Berlin auf youtube.com. Abgerufen am 25. Mai 2020.
  14. „Das Goldene Band“ der Sportjournalisten Berlin-Brandenburg 2016 Basketballer Henning Harnisch erhält Auszeichnung für soziales Engagement. In: das-goldene-band.de. Abgerufen am 15. Dezember 2017.
  15. „Das Goldene Band“ des VDS - Video mit Preisträger Henning Harnisch über sein soziales Engagement. In: Verband Deutscher Sportjournalisten e.V. 14. Juli 2022, abgerufen am 16. Juli 2022.
  16. Theo Breiding: Henning Harnisch – Albas Botschafter in China. (morgenpost.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  17. Henning Harnisch: „Sie wollen nur spielen“. In: ZEIT ONLINE. (zeit.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  18. Sport macht Schule – Interview mit Henning Harnisch. In: Berliner Akzente. 19. April 2018 (berliner-akzente.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  19. Friedhard Teuffel: Henning Harnisch hilft Hessens SPD im Wahlkampf. In: Der Tagesspiegel Online. 10. August 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  20. Alba-Delegation reist mit Außenminister Maas nach China. Abgerufen am 12. November 2018.
  21. Jens Uthoff: Henning Harnisch über Albas Sportstunde: „Da geht gerade was“. In: Die Tageszeitung: taz. 30. März 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. Dezember 2020]).
  22. Gespräch 11.12.: Schreiben für die taz! In: Die Tageszeitung: taz. 9. Dezember 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. Dezember 2020]).
  23. Henning Harnisch: Kolumne Henningway: Ich pfeife, also bin ich. In: Die Tageszeitung: taz. 17. Mai 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  24. Jörg Rößner: Helden über Helden: Harnisch bewundert einen Literatur-Rock'n'Roller. In: DIE WELT. 17. Mai 2007 (welt.de [abgerufen am 28. Dezember 2020]).
  25. Henningway Harnisch: B.Z. verlost sein neues Buch "VIERTER". Abgerufen am 28. Dezember 2020.
  26. "Michael Jordan war ein neuzeitlicher Jesus" - Sachbuch - FAZ. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 28. Dezember 2020]).