Isolueshit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Isolueshit
Isolueshite-614289.jpg
Isolueshitkristall aus der Kirovsky Mine (Kirovskii-Apatit-Mine), Kukiswumtschorr (Kukisvumchorr), Chibinen, Halbinsel Kola, Russland
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
Chemische Formel
  • NaNbO3[1]
  • Na(Nb,Ti)O3[2]
  • (Na,Ca,La)(Nb,Ti)O3[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
4.CC.35
04.03.03.06
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol kubisch-hexakisoktaedrisch; 4/m 3 2/m
Raumgruppe Pm3m (Nr. 221)Vorlage:Raumgruppe/221
Gitterparameter a = 3,909(1) Å[3]
Formeleinheiten Z = 1[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5 (VHN70 durchschnittlich 580)[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,72(1); berechnet: 4,69[4]
Spaltbarkeit fehlt[2]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[4]
Farbe bräunlichschwarz[4]
Strichfarbe hellgelb[4]
Transparenz undurchsichtig bis schwach durchscheinend[5]
Glanz Diamantglanz[4]

Isolueshit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung NaNbO3[1] und damit chemisch gesehen ein Natrium-Niob-Oxid oder auch Natriumniobat. Da bei natürlichen Isolueshiten allerdings meist ein geringer Teil des Natriums durch Calcium und/oder verschiedene Metalle der Seltenen Erden (hier vor allem Lanthan) sowie ein Teil des Niobs durch Titan ersetzt (substituiert) ist, wird die chemische Formel in verschiedenen Quellen auch mit (Na,Ca,La)(Nb,Ti)O3[3] angegeben.

Isolueshit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt selten idiomorphe, gelegentlich auch miteinander verwachsene, Kristalle bis etwa 0,3 mm Größe, eingeschlossen in Mikroklin und Sodalith. Die Oberflächen der undurchsichtigen, bräunlichschwarzen Kristalle weisen einen diamantähnlichen Glanz auf.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Isolueshit im Apatit-Bergwerk Kirow (auch Kirovsky oder Kirovskii, russisch Кировский рудник) am Kukiswumtschorr (Kukisvumchorr) in den Chibinen auf der russischen Halbinsel Kola. Die Erstbeschreibung erfolgte 1997 durch Anton Chakhmouradian, Viktor Yakovenchuk, Roger H. Mitchell und Alla Bogdanova, die das Mineral in Anlehnung an dessen kubische (isometrische) Struktur beziehungsweise optische Isometrie sowie dessen nahe Verwandtschaft mit Lueshit als Isolueshit bezeichneten.

Das Typmaterial von Isolueshit wird im Bergbaumuseum des Bergbauinstituts unter der Katalog-Nr. 3007 und im Mineralogischen Museum der Staatlichen Universität Sankt Petersburg unter der Katalognummer 1/18271 in Sankt Petersburg aufbewahrt.[6]

Klassifikation

Da der Isolueshit erst 1995 als eigenständiges Mineral anerkannt und dies 1997 publiziert wurde, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz nicht verzeichnet. Einzig im zuletzt 2018 aktualisierten „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/C.10-55. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide mit Verhältnis Metall : Sauerstoff = 2 : 3 (M2O3 & Verwandte)“, wo Isolueshit zusammen mit Barioperowskit, Lakargiit, Latrappit, Loparit, Lueshit, Macedonit, Megawit, Natroniobit, Pauloabibit, Perowskit, Tausonit und Vapnikit die „Perowskit-Reihe“ bildet.[2]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Isolueshit in die Abteilung der Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 2 : 3, 3 : 5 und vergleichbare“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Loparit-(Ce), Macedonit und Tausonit die „Loparit-Macedonit-Gruppe“ mit der System-Nr. 4.CC.35 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Isolueshit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Barioperowskit, Lakargiit, Latrappit, Loparit-(Ce), Lueshit, Perowskit und Tausonit in der „Perowskit-Gruppe“ mit der System-Nr. 04.03.03 innerhalb der Unterabteilung „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 3+ (A2O3)“ zu finden.

Chemismus

Die theoretische Zusammensetzung von stoffreinem Isolueshit (NaNbO3) besteht aus 14,027 Gew.-% Natrium (Na), 56,687 Gew.-% Niob (Nb) und 29,286 Gew.-% Sauerstoff (O).

Die Analyse des Typmaterials ergab allerdings zusätzlich Fremdbeimengungen von Titan (Ti), Calcium (Ca), Strontium (Sr), Thorium (Th) und den Seltenen Erden Lanthan (La) und Cer (Ce) sowie Spuren von Kalium (K), Tantal (Ta) und den Seltenen Erden Praseodym (Pr), Neodym (Nd) und Samarium (Sm).[4] Auf der Grundlage von drei Sauerstoffionen wurde daraus die durchschnittliche, empirische Zusammensetzung (Na0,73Ca0,08La0,05Ce0,03Sr0,03Th0,01)Σ=0,93(Nb0,66Ti0,35)Σ=1,01O3,00 berechnet und zu der Formel (Na,Ca,La)(Nb,Ti)O3 idealisiert.[8]

Kristallstruktur

Isolueshit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Pm3m (Raumgruppen-Nr. 221)Vorlage:Raumgruppe/221 mit dem Gitterparameter a = 3,909(1) Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften

Im Gegensatz zu seiner bräunlichschwarzen Oberflächenfarbe erscheint Isolueshit im Auflichtmikroskop bläulich mit internen rötlichbraunen Reflexionen.[4]

Die Mikrohärte von Isolueshit beträgt bei einer eingesetzten Prüfkraft von 70 g zwischen 544 und 616 nach {110} und 479–544 nach {100}. Dies entspricht einer durchschnittlichen Vickershärte von 580 und einer Mohshärte von 5,5.[4]

Modifikationen und Varietäten

Die Verbindung NaNbO3 ist trimorph und kommt in der Natur neben dem kubisch kristallisierenden Isolueshit noch als orthorhombisch kristallisierender Lueshit und als trigonal kristallisierender Pauloabibit vor; möglicherweise auch als monoklin kristallisierender Natroniobit, wobei dessen Mineralstatus bisher noch fraglich ist.[1]

Bildung und Fundorte

Isolueshit bildet sich in hydrothermal umgewandelten Pegmatit-Adern in urtitischem Gestein, einem hellen plutonischen, feldspatfreien Gestein aus der Familie der Ijolith-Gesteine. Als Begleitminerale treten neben Mikroklin und Sodalith, in denen Isolueshit meist als Inklusion zu finden ist, unter anderem noch Aegirin, Arfvedsonit und Lamprophyllit auf.

Außer seiner Typlokalität, dem Apatit-Bergwerk Kirow auf der Halbinsel Kola in Russland, ist bisher kein weiterer Fundort für Isolueshit bekannt (Stand 2019).[9]

Siehe auch

Literatur

  • Anton Chakhmouradian, Viktor Yakovenchuk, Roger H. Mitchell, Alla Bogdanova: Isolueshite: a new mineral of the perovskite group from the Khibina alkaline complex. In: European Journal of Mineralogy. Band 9, 1997, S. 483–490 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 17. März 2019]).
  • John Leslie Jambor, Edward S. Grew, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 186 (englisch, verfügbar bei rruff.info [PDF; 79 kB; abgerufen am 17. März 2019]).
  • Sergey V. Krivovichev, Anton R. Chakhmouradian, Roger H. Mitchell, Stanislav K. Filatov, Nikita V. Chukanov: Crystal structure of isolueshite and its synthetic compositional analogue. In: European Journal of Mineralogy. Band 12, Nr. 3, 2000, S. 597–607, doi:10.1127/ejm/12/3/0597 (englisch).
  • Roger H. Mitchell, Mark D. Welch, Anton R. Chakhmouradian: Nomenclature of the perovskite supergroup: A hierarchical system of classification based on crystal structure and composition. In: Mineralogical Magazine. Band 81, Nr. 3, 2017, S. 411–461 (englisch, verfügbar bei rruff.info [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 17. März 2019]).
  • Isolueshite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 79 kB; abgerufen am 21. September 2020]).

Weblinks

Commons: Isolueshite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2019. (PDF 2672 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2019, abgerufen am 3. Oktober 2019 (englisch).
  2. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 201 (englisch).
  4. a b c d e f g h i Anton Chakhmouradian, Viktor Yakovenchuk, Roger H. Mitchell, Alla Bogdanova: Isolueshite: a new mineral of the perovskite group from the Khibina alkaline complex. In: European Journal of Mineralogy. Band 9, 1997, S. 483–490 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 17. März 2019]).
  5. David Barthelmy: Isolueshite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 3. Oktober 2019 (englisch).
  6. Catalogue of type mineral specimens – I. (PDF 28 kB) In: smmp.net. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 17. März 2019 (englisch, Isolueshite S. 4).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 3. Oktober 2019 (englisch).
  8. John Leslie Jambor, Edward S. Grew, Andrew C. Roberts: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 186 (englisch, verfügbar bei rruff.info [PDF; 79 kB; abgerufen am 17. März 2019]).
  9. Fundortliste für Isolueshit beim Mineralienatlas und bei Mindat