Jiřice u Miroslavi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Jiřice u Miroslavi
Wappen von Jiřice u Miroslavi
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Znojmo
Fläche: 852 ha
Geographische Lage: 48° 55′ N, 16° 24′ OKoordinaten: 48° 55′ 12″ N, 16° 23′ 52″ O
Höhe: 198 m n.m.
Einwohner: 459 (1. Jan. 2021)[1]
Postleitzahl: 671 78
Kfz-Kennzeichen: B
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Magda Hladíková (Stand: 2009)
Adresse: Jiřice u Miroslavi 42
671 78 Jiřice u Miroslavi
Gemeindenummer: 594229
Website: www.jirice.cz

Jiřice u Miroslavi (deutsch Irritz) ist eine Gemeinde im Jihomoravský kraj (Region Südmähren). Sie liegt etwa 20 km nordöstlich der Stadt Znojmo (Znaim) und etwa 15 km von der Grenze zu Österreich entfernt.

Geographie

Die Nachbarortschaften sind Damnice (Damitz) im Westen, Trnové Pole im Norden, Litobratřice (Leipertitz) im Süden und Troskotovice.

Geschichte

Die Anlage des Ortes und die bis 1945 gesprochene „ui“- Mundart (bairisch-österreichisch) mit ihren speziellen Bairischen Kennwörtern weisen auf eine Besiedlung durch bayrische deutsche Stämme hin, wie sie um 1050, aber vor allem im 12/13. Jahrhundert erfolgte.[2] Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes war im Jahre 1378. Die Schreibweise des Ortes änderte sich im Laufe der Jahre. So schrieb man 1378 „Yricz“, 1609 „Girzicz“ und ab 1672 „Irritz“. Von 1385 bis 1581 war der Ort Besitz des Brünner Klarissinenklosters. Im Jahre 1609 wurde im Ort ein Schloss gebaut. Ab dem Jahre 1634 gehörte der Ort zur Propstei Nikolsburg.[3] Schon im Jahre 1652 ist eine Schule im Ort erwähnt. Während des 17. Jahrhunderts wurde der Ort zur Marktgemeinde erhoben. So wurden im Jahr drei Märkte abgehalten. Der Erste am Dienstag vor Palmsonntag, der Zweite am 10. August und der Dritte am 29. September. 1832 brennen 27 Wohnhäuser und die Kirche völlig aus.

Während des Österreichisch-Preußischen Krieges im Jahre 1866 wurde die Cholera von preußischen Soldaten in den Ort eingeschleppt. Dieser Seuche fielen 99 Einwohner des Ortes zum Opfer. Schon im Jahre 1882 wird eine Freiwillige Feuerwehr im Ort gegründet. Im Jahre 1908 wurde zum 60-jährigen Kaiser-Franz-Josef-Jubiläum eine Volksschule eröffnet. Im Ort lebten großteils Bauern, so dass es um die Jahrhundertwende immer noch ca. 150 landwirtschaftliche Betriebe gab.

Nach dem Ersten Weltkrieg, der 22 Opfer unter den Irritzern forderte, zerfiel der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. Der Friedensvertrag von Saint Germain[4] 1919 erklärte den Ort, der im Jahre 1910 zu 96 % von Deutschsüdmährern bewohnt war, zum Bestandteil der neuen Tschechoslowakischen Republik. In den nächsten Jahren kam es durch Neuernennungen von Beamten zu einem verstärkten Zuzug von Personen mit tschechischer Nationalität. In der Zwischenkriegszeit erfolgte die Elektrifizierung des Ortes. Nach dem Münchner Abkommen 1938 gehörte der Ort bis 1945 zum Reichsgau Niederdonau.

Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort 52 Opfer zu beklagen. Nach Kriegsende (8. Mai 1945) wurden die im Münchener Abkommen (1939) an Deutschland übertragenen Territorien, also auch der Ort Irritz im Rückgriff auf den Vertrag von Saint-Germain (1919) wieder der Tschechoslowakei zugeordnet. Nach dem Abzug der Rotarmisten kamen – meist ortsfremde – militante Tschechen und nationale Milizen in den Ort und begannen mit wilden Vertreibungen der deutschen Ortsbewohner über die Grenze nach Österreich. Dabei kam es zu einem Ziviltoten.[5] Andere flüchteten vor diesen Exzessen, in der Annahme bald wieder zurückkehren zu können. Im August 1945 bestimmten die Siegermächte im Potsdamer Kommuniqués (Konferenz)[6] die Nachkriegsordnung. Die laufende, kollektive Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde darin nicht erwähnt, jedoch explizit ein „ geordneter und humaner Transfer“ der „deutschen Bevölkerungsteile“, die „in der Tschechoslowakei zurückgeblieben sind“, verlangt. Bis auf drei Ortsbewohner wurden die restlichen Deutschmährer 1946 offiziell nach Westdeutschland zwangsausgesiedelt. Laut Beneš-Dekret 108 vom 25. Oktober 1945 wurde das gesamte Vermögen der deutschen Bürger konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. Seitens der Tschechischen Republik erfolgte keine Abgeltung für das eingezogene Vermögen.

Von den Vertriebenen verblieben 31 Personen in Österreich und der Großteil wurde in Deutschland ansässig. Zwei Familien wanderten in die USA aus.[7]

Der Ort führte seit 1635 Matriken. Alle Geburts-, Trauungs- und Sterbematriken bis zum Jahre 1949 befinden sich im Landesarchiv Brünn.[8]

Wappen und Siegel

Das erste Gemeindesiegel stammte aus dem Jahre 1609. Es zeigt ein Renaissanceschild mit einem in einem Ring endenden Stab, dessen Spitze mit einer halben heraldischen Lilie und einem halben sechsstrahligen Stern versehen ist.

Im 19. Jahrhundert erhielt der Ort ein neues Siegel, welches einen Weinstock zeigt. von 1920 bis 1938 führte die Gemeinde einen bildlosen, zweisprachigen Gemeindestempel.[9]

Bevölkerungsentwicklung

Volkszählung Einwohner gesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen Andere
1880 748 692 44 12
1890 661 640 20 1
1900 719 653 66 0
1910 684 658 26 0
1921 711 652 46 13
1930 708 666 33 9

[10]

Sehenswürdigkeiten

  • Pfarrkirche zur hl. Anna (1902), anstelle der Kirche des hl. Ulrich (1507) die im Jahre 1831 durch einen Brand zerstört wurde. Der Westturm wurde hierbei neu hinzugefügt.
  • Schlösschen (1750)
  • Hl. Johannes von Nepomuk (1724) anstelle eines Prangers
  • Kriegerdenkmal (1923)[11]
  • Jüdischer Friedhof, errichtet im 18. Jahrhundert

Söhne und Töchter des Ortes

Brauchtum

Reiches Brauchtum bestimmte den Jahresablauf der 1945/46 vertriebenen, deutschen Ortsbewohner:

  • Der Kirtag fand immer am ersten Sonntag nach Maria Geburt im September statt.[12]

Literatur

  • Johann Zabel: Kirchlicher Handweiser für Südmähren, 1941, Generalvikariat Nikolsburg, Irritz S. 59
  • Josef Bauer: Irritzer Tote der zwei Weltkriege, Gedenkblätter., 1994
  • Edmund Sofka / Wieder: Heimatbuch der Gemeinden Irritz – Damitz – Tullnitz., 1975
  • Adalbert Karl Gauss: Umsiedler, Flüchtlinge, Heimatvertriebene und Neubürger in Österreich. 1979. Salzburg: Österreichisches Flüchtlingsarchiv
  • Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden (1992), Irritz S. 98f

Weblinks

Commons: Jiřice u Miroslavi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
  2. Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
  3. Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae, Band XI, S. 114f
  4. Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919 -1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X
  5. Gerald Frodl, Walfried Blaschka: Der Kreis Znaim von A-Z. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2010, Totenbuch S. 378
  6. Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979. ISBN 3-453-48060-0.
  7. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 269 f. (Irritz).
  8. Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz, dt). Abgerufen am 10. März 2011.
  9. Sofka:Heimatbuch der Gemeinden Irritz-Damitz-Tullnitz, 1975
  10. Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984
  11. Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren (1990), Irritz s.13
  12. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Znaim von A bis Z, 2009