Julius Posener

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Gedenktafel zum Julius-Posener-Platz

Julius Posener (* 4. November 1904 in Groß-Lichterfelde; † 29. Januar 1996 in Berlin) war ein deutscher Architekturhistoriker und -kritiker, Autor und Hochschullehrer.

Leben

Aus bürgerlich-jüdischem Haus stammend, Sohn des Malers Moritz Posener und einer Tochter des Immobilienunternehmers Oppenheim, wuchs Julius Posener – wie auch sein Bruder Ludwig, mit dem zusammen er auch Mitglied im jüdischen Wanderbund Blau Weiss war[1] – in der Berliner Villenkolonie Lichterfelde-West auf. Seine Eltern hatten sich dort, als Anhänger fortschrittlicher Architektur, eine Villa im englischen Landhaus-Stil gebaut, die der befreundete Fritz Crzellitzer entworfen hatte. Dieses Umfeld hat Julius, nach eigener Aussage, nachhaltig geprägt:

„Ich lebte in Deutschland, dem besten Land, das es gab, in Lichterfelde, dem besten Villenvorort seiner Hauptstadt, im besten Haus mit dem schönsten Garten weit und breit… Wenn ich mir das abends vor dem Schlafengehen vorsagte, war ich zufrieden mit der Welt und dem lieben Gott sehr dankbar.“

Julius Posener: Heimliche Erinnerungen (2004)

Posener studierte von 1923 bis 1929 Architektur (u. a. bei Hans Poelzig) an der Technischen Hochschule Berlin. Nach seinem Studium war er u. a. im Büro von Erich Mendelsohn in Berlin tätig, lebte zeitweilig aber bereits auch in Paris. Dorthin floh er 1933 nach der Machtergreifung Hitlers. 1935 emigrierte Posener nach Palästina, 1941 meldete er sich freiwillig zur britischen Armee und erhielt 1946 die britische Staatsbürgerschaft. Nach Ende des Krieges lehrte er in London und ab 1956 in Kuala Lumpur. 1961 folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Baugeschichte an der Berliner Hochschule für Bildende Künste (seit 2001 Universität der Künste Berlin) und lehrte dort bis 1971.

Julius Posener war von 1973 bis 1976 Vorsitzender des Deutschen Werkbundes und ein wichtiger Mentor der Zeitschrift archplus.

Seinen Lebensweg beschreibt Posener ausführlich in seinen Erinnerungen unter dem Titel Fast so alt wie das Jahrhundert sowie Heimliche Erinnerungen. In Deutschland 1904–1933. Eines seiner drei Kinder ist der Journalist Alan Posener.

Julius Posener setzte sich für das nach einer Gasexplosion in den 1950er Jahren zu einer Ruine verfallene Einfamilien- und Landhaus Pacelliallee 18 (Ecke Im Dol) in Berlin-Dahlem ein und bewahrte so einen der Architektenentwürfe von Hermann Muthesius (1861–1927) vor der Niederlegung.[2] Das in Teilen rekonstruierte Gebäude wird seitdem von der Stanford University genutzt.[3]

Auszeichnungen und Ehrungen

Schriften

  • Die moderne Architektur — eine lange Geschichte. In: Vision der Moderne. Das Prinzip Konstruktion. Hrsg. v. Heinrich Klotz. Prestel, München 1986, ISBN 3-7913-0755-X, S. 27–32.
  • Anfänge des Funktionalismus. Von Arts and Crafts zum Deutschen Werkbund. Ullstein, Berlin 1964, ISBN 978-3-0356-0207-4 (Bauwelt-Fundamente, Bd. 11).
  • Ebenezer Howard. Gartenstädte von morgen. Das Buch und seine Geschichte. Bauwelt Fundamente Band 21, Berlin Frankfurt/M. Wien: Ullstein, 1968
  • Hans Poelzig. 1970.
  • From Schinkel to the Bauhaus. Five lectures on the growth of modern German architecture. Lund Humphries, London 1972, ISBN 0-85331-245-1 (Architectural Association, Paper, Bd. 5).
  • Aufsätze und Vorträge: 1931-1980/ Julius Posener. Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg, 1981. (Bauwelt-Fundamente; 54/55). ISBN 978-3-663-00115-7. ISBN 978-3-663-00114-0 (eBook). DOI:10.1007/978-3-663-00114-0.
  • Berlin auf dem Weg zu einer neuen Architektur 1889–1918. 1977.
  • Fast so alt wie das Jahrhundert. Eine Autobiographie als Epochengemälde. Vom späten Kaiserreich über die kurzen Jahre der Republik in die Zeit des wechselvollen Exils. Am Ende die Heimkehr in das neue Berlin. Siedler, Berlin 1990, ISBN 3-88680-381-3.
  • In Deutschland 1945–1946. Berlin 2001.
  • Heimliche Erinnerungen. In Deutschland 1904–1933. Siedler, Berlin 2004, ISBN 3-88680-764-9 (aus dem Englischen übersetzt von Ruth Keen).
  • Julius Posener Vorlesungen 1, Die moderne Architektur (1924–1933), archplus 48
  • Julius Posener Vorlesungen 2, Die Architektur der Reform (1900–1924), archplus 53
  • Julius Posener Vorlesungen 3, Das Zeitalter Wilhelms II., archplus 59
  • Julius Posener Vorlesungen 4, Die sozialen und bautechnischen Entwicklungen im 19. Jahrhundert, archplus 63/64
  • Julius Posener Vorlesungen 5, Neue Tendenzen im 18. Jahrhundert, Das Zeitalter Schinkels, archplus 69/70
  • Julius Posener: Vorlesungen zur Geschichte der Neuen Architektur, 2 Bände im Schuber, ARCH+ Publikation
  • Julius Posener: Der Neunte Thermidor Die ZEIT v. 22. Juli 1994

Literatur

  • Matthias Schirren, Sylvia Claus (Hrsg.): Julius Posener. Ein Leben in Briefen. Ausgewählte Korrespondenz 1929–1990. Birkhäuser, Basel u. a. 1999, ISBN 3-7643-6065-8.
  • Sylvia Claus: Posener, Julius Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 650 f. (Digitalisat).
  • Matthias Schirren: Epische Architektur. In memoriam Julius Posener. archplus Ausgabe 131, S. 4–5.
  • M. S. (Manfred Sack): Skeptische Liebe. Julius Posener zum 90. Geburtstag. Die ZEIT v. 4. November 1995
  • Manfred Sack: Lehrer und Streiter. Nachruf auf Julius Posener Die ZEIT v. 9. Februar 1996
  • Manfred Sack: Wunderbares Lebenszickzack. Julius Poseners Autobiographie „Fast so alt wie das Jahrhundert“ Die ZEIT v. 21. Juni 1991
  • Manfred Sack: Lehrer, Erzähler, renitenter Bürger. Die Architekten ehren ihn mit dem Kritikerpreis. Die ZEIT v. 17. Juni 1983
  • Ines Sonder: Julius Posener und das neue Bauen in Palästina. In: Jörg Stabenow, Ronny Schüler: Vermittlungswege der Moderne – Neues Bauen in Palästina (1923–1948). Gebr. Mann, Berlin 2019, ISBN 9783786127819, S. 53–68.
  • Katrin Voermanek: Typisch Posener. Jovis, Berlin 2019, ISBN 978-3-86859-593-2.

Weblinks

Commons: Julius Posener – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Julius Posener: Heimliche Erinnerungen, S. 114–124
  2. Silvia Meixner: Garten und Haus als "engverschmolzenes Ganzes". In: welt.de. 15. September 2000, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  3. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste, abgerufen am 10. November 2012.