Dieser Artikel behandelt das Kronecker-Produkt von Matrizen, für das Kronecker-Produkt von Kohomologie- und Homologie-Klassen siehe
Kronecker-Paarung.
Das Kronecker-Produkt ist in der Mathematik ein spezielles Produkt zweier Matrizen beliebiger Größe. Das Ergebnis des Kronecker-Produkts ist eine große Matrix, die durch Betrachtung aller möglichen Produkte von Einträgen der beiden Ausgangsmatrizen entsteht. Es ist nach dem deutschen Mathematiker Leopold Kronecker benannt.
Definition
Ist eine -Matrix und eine -Matrix,
so ist das Kronecker-Produkt definiert als
Explizit:
- .
Das heißt, jedes Element der Matrix wird mit der Matrix multipliziert.
Das Ergebnis ist also eine Matrix mit Zeilen und Spalten.
Beispiel
Eigenschaften
Rechenregeln
Das Kronecker-Produkt ist nicht kommutativ, das heißt, im Allgemeinen gilt
- .
Es gibt jedoch Permutationsmatrizen so dass
gilt. Sind dabei und quadratisch, so kann gewählt werden.
Das Kronecker-Produkt ist assoziativ. Das heißt, es gilt
- .
Symmetrien
Für die Transposition gilt
- .
Für die konjugierte Matrix gilt
- .
Für die adjungierte Matrix gilt
- .
Bezüge zu anderen Operationen
Das Kronecker-Produkt ist bilinear mit der Matrizenaddition, das heißt, es gilt
- ,
und
Sind die Matrizenprodukte und definiert, so gilt[1]
- .
Kenngrößen
Sind und quadratische Matrizen, so gilt für die Spur
- .
Für den Rang gilt
- .
Ist eine und eine Matrix, so gilt für die Determinante
- .
Sind die Eigenwerte von und die
Eigenwerte von , dann gilt:
- sind die Eigenwerte von .
Für die Spektralnorm gilt demnach
- .
Inverse
Sind invertierbar, so ist auch invertierbar mit Inverser
- .
Für die Moore-Penrose-Inverse gilt außerdem
- .
Allgemeiner gilt: Sind und verallgemeinerte Inversen von und , so ist eine verallgemeinerte Inverse von .
Matrixgleichung
Es seien die Matrizen
gegeben und eine Matrix gesucht, so dass gilt. Dann gilt folgende Äquivalenz:
- .
Hierbei steht für die spaltenweise Vektorisierung einer Matrix zu einem Spaltenvektor: Sind die Spalten der Matrix , so ist
ein Spaltenvektor der Länge . Analog ist ein Spaltenvektor der Länge .
Hat man den Vektor ermittelt, so ergibt sich daraus unmittelbar die zugehörige
isomorphe Matrix .
Beweis der Äquivalenz
Es ist .
Dabei ist .
Gleichungssystem mit Matrixkoeffizienten
Für und seien die Matrizen gegeben.
Gesucht sind die Matrizen , welche das Gleichungssystem
lösen. Diese Aufgabenstellung ist äquivalent zum Lösen des Gleichungssystems
Weitere Anwendungen
Das Kronecker-Produkt wird beispielsweise in verallgemeinerten linearen Regressionsmodellen verwendet, um eine Kovarianzmatrix von korrelierten Störgrößen zu konstruieren (z. B. die Kovarianzmatrix bei scheinbar unverbundenen Regressionsgleichungen, siehe Kovarianzmatrix#Kovarianzmatrix bei scheinbar unverbundenen Regressionsgleichungen). Man erhält hier etwa eine blockdiagonale Zellnermatrix.
Zudem braucht man das Kronecker-Produkt in der Quantenmechanik, um Systeme mit mehreren Teilchen, die ein beidseitig beschränktes Spektrum besitzen, zu beschreiben. Zustände mehrerer Teilchen sind dann Kroneckerprodukte der Einteilchenzustände. Im Falle eines unbeschränkten Spektrums bleibt nur die algebraische Struktur eines Kronecker-Produktes erhalten, da dann keine Darstellung durch Matrizen existiert.
Zusammenhang mit Tensorprodukten
Gegeben seien zwei lineare Abbildungen und zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen. Dann gibt es immer genau eine lineare Abbildung
zwischen den Tensorprodukten mit
- .
Wenn wir auf den Vektorräumen und je eine Basis auswählen, so können wir der Abbildung ihre Darstellungsmatrix zuordnen. Es sei die Darstellungsmatrix von .
Das Kronecker-Produkt der Darstellungsmatrizen entspricht nun genau der Darstellungsmatrix der tensorierten Abbildung , wenn man auf und die Basis zugrunde legt, welche sich aus den lexikographisch angeordneten Paaren von Basisvektoren der am Tensorprodukt beteiligten Vektorräume ergibt: Sind die ausgewählte Basis von und die Basis von , so nehmen wir
als Basis für das Tensorprodukt . Analog für .
Historisches
Das Kronecker-Produkt ist nach Leopold Kronecker benannt, obwohl Georg Zehfuss die Definition des Produktes schon 1858 leistete, weshalb das Kronecker-Produkt manchmal auch Zehfuss-Produkt genannt wird.[2]
Weblinks
Quellen
- ↑ Willi Hans Steeb: Kronecker Product of Matrices and Applications. BI-Wiss. Verlag, 1991, ISBN 3-411-14811-X, S. 16
- ↑ Walter Strobl, "Georg Zehfuss: Sein Leben und seine Werke", online