Liachtbratlmontag

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Schneider nähten in früheren Zeiten alles mit der Hand, die Arbeitszeit reichte über einen Achtstundentag hinaus. Um saubere gleichmäßige Stiche auch an Tagen mit kurzer Taglänge zu erreichen, war dazu im Winter Beleuchtung mit Kerzen, Öllampen und Talglichtern nötig.
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In einer Spinnstube, auch Lichtstube genannt, trafen sich die Frauen in der kalten Jahreszeit abends, um bei künstlichem Licht handwerkliche Arbeiten (beispielsweise Flachsbrechen, Schafwolle kämmen, spinnen, weben) zu verrichten

Der Liachtbratlmontag (auch Lichtbratlmontag oder Liachtbradlmontag geschrieben) ist ein in Österreich als Volksbrauch gefeierter Tag. Gefeiert wird der Zeitpunkt, ab dem im Herbst erstmals wieder ein künstliches Licht für die Arbeit herangezogen wird.

Der Lichtbratlmontag in Bad Ischl wurde 2013 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt.

Historische Bedeutung

Am Liachtbratlmontag durften in früheren Zeiten die Handwerker in der Werkstätte erstmals im Herbst Kerzen oder Unschlittlampen zur Arbeit anzünden, um genug Licht (vulgo Liacht) zu haben. In den Sommermonaten mit langen Tagen wurde im Freien oder ohne diese Lichtquellen gearbeitet, um Geld zu sparen. Vom Ersparten stiftete der Meister oder Betriebsherr einen Braten (vulgo Bratl) mit Bier oder Wein.[1] Da das Essen von Fleisch zu früheren Zeiten nur an Sonn- und Feiertagen („Sonntagsbraten“) oder zu besonderen Anlässen üblich, finanzierbar oder (etwa im Feudalismus) erlaubt war, stach dieser Brauch aus dem Alltagstrott hervor und wurde gern gefordert und tradiert.

Der Liachtbratlmontag wurde auch auf den ersten Montag nach Michaeli (29. September) gelegt. Der Sinnspruch „Der Michel zündt’s Licht an“ und der Begriff der Lichtstube (Spinnstube) haben Bezug zu diesem Brauch. Das künstliche Licht wurde verwendet bis Mariä Lichtmess. Der Michaelistag war ebenso wie Mariä Lichtmess üblicher und auch vorgeschriebener Termin für die Kündigung eines Dienstverhältnisses von Dienstboten, Knechten und Mägden und deren Neuaufnahme; daneben auch „zu Jacobi“ (25. Juli), „auf Bartholomäi“ (24. August), „auf den Johannistag“ (24. Juni).[2]

Unter den weiteren Bezeichnungen distelblauer, lichtblauer oder Lichtbrat(e)l-Montag nach Michaeli war dieses Fest vor dem Zweiten Weltkrieg noch in größeren Teilen Österreichs bekannt. Eine Publikation von 1928 erwähnt, dass er auch in einigen Bezirken von Wien anzutreffen war, der Brauch sich aber bereits damals auf dem Rückzug befand.[3]

Im 21. Jahrhundert hat sich der Liachtbratlmontag mit einem Schwerpunkt im oberösterreichischen Salzkammergut und dem Land Salzburg erhalten. Seit einigen Jahren dehnt sich der Wirkungsbereich auch wieder aus, so wird seit kurzem auch im angrenzenden Almtal dieser spezielle Montag (wieder) gefeiert. Eine Sonderstellung hat der Liachtbratlmontag in Bad Ischl, da dieser traditionell mit einer Ehrung von Altersjubiläen verbunden ist und explizit in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.

Der Lichtbratlmontag in Bad Ischl

Der Lichtbratlmontag in Bad Ischl ist ein altes Brauchtum in der oberösterreichischen Stadt Bad Ischl im Bezirk Gmunden.[4] Gefeiert wird zu Anfang Oktober, alljährlich am ersten Montag nach dem Michaelistag (29. September).[5]

Im März 2011 wurde der Lichtbratlmontag in Bad Ischl unter genau dieser Bezeichnung und Schreibweise von der Österreichischen UNESCO-Kommission in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Das Brauchtum gehört zur Kategorie gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste.[6]

Heute handelt es sich beim Lichtbratlmontag zu Anfang Oktober um ein festlich begangenes Jahrgangstreffen, das die runden Ischler Jubilare (50er, 60er, 70er und älter) umfasst. Aus den Reihen der 50er wird ein Komitee gebildet, welches die Einladungen und die Organisation durchführt. Bereits am Vormittag werden im Kurpark Gruppenfotos der Jahrgänge angefertigt. Die Aufstellung dazu erfolgt immer bei der großen Hauptstiege vom denkmalgeschützten Kongress & Theaterhaus Bad Ischl.[6]

Alle Jubiläumsteilnehmer bilden dann einen festlichen Umzug durch die Innenstadt mit anschließender Kranzniederlegung vor dem Kriegerdenkmal. Die „Jüngeren“ sind zu Fuß unterwegs, die „Älteren“ in geschmückten Pferdekutschen. Anschließend wird gemeinsam die Stadtpfarrkirche Bad Ischl für eine hl. Messe aufgesucht, nachher geht es wieder zurück zum Kurpark, wo alle Teilnehmer die Oberösterreichische Landeshymne anstimmen. Darauf folgt für den Rest des Tages ein Ausflug in das umliegende Innere Salzkammergut.[6]

Bedingung für die Teilnahme am Umzug ist, dass der runde Jubilar entweder in Bad Ischl geboren wurde oder in der Kaiserstadt seinen Hauptwohnsitz hat.[6][4]

In Bad Ischl werden am Lichtbratlmontag ab Mittag die Geschäfte, Büros und Behörden geschlossen, auch die Amtsgeschäfte sind eingestellt. Viele Arbeitgeber stellen ihre Mitarbeiter an diesem Tag vom Dienst frei. Etliche Firmen laden ihre Angestellten zum „Lichtbratl“ ein. Der Lichtbratlmontag hat sich dadurch zu einem lokalen Feiertag entwickelt.[6]

Wann das Brauchtum des Lichtbratlmontags genau begonnen wurde, lässt sich nicht exakt eruieren. Die frühesten Aufzeichnungen betreffen im Jahr 1901 die feierliche Versammlung des Geburtsjahrganges 1851.[7] Die ersten Jahre waren nur Männer und nur 50er und 60er eingeladen. Im Jahr 1910 ist erstmals eine gemeinsame photographische Aufnahme in der Ischler Rundschau dokumentiert.[4] Nach einigen Jahren nahmen auch Frauen teil, nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1950er Jahren wurde das Geschehen auch auf die weiteren runden Jubilare (70er und aufwärts) ausgedehnt.[6]

Traditionell wird die Organisation der Veranstaltung jedes Jahr vom Jahrgangskomitee der Fünfziger an den nächsten Jahrgang übergeben. Das Kulturerbe wird also von einer Generation an die nächste weitergegeben. Eine identitätsstiftende Wirkung besitzt dieses Kulturerbe, weil es nur den Bürgerinnen und Bürgern von Bad Ischl beziehungsweise den hier Geborenen offensteht. Die UNESCO-Kommission spricht davon, dass der Ischler Lichtbratlmontag als wesentliches und prägendes Element des lokalen Kulturerbes bezeichnet werden kann.[6]

Die ganze Bevölkerung ist eingeladen, an den Feierlichkeiten teilzunehmen, dabei sind bereits die kleinen Kinder als Gratulanten aktiv eingebunden. Viele Bürger stehen während des Umzugs in den Straßen des Stadtzentrums Spalier und verteilen Blumen. Die Jubilare erhalten Lebkuchenherzen und andere Präsente und Anerkennungen.[6]

Einen Grund für den Schutz des Lichtbratlmontag in Bad Ischl und die Aufnahme in die Kulturerbe-Liste sieht die UNESCO-Kommission darin, dass dieser durch Nachahmung in anderen Gemeinden und durch Übertreibungen bei den Zuwendungen gefährdet sein könnte.[6]

Literatur

  • Peter Rosegger: Als wir Lichtbratl haben gefeiert. In: Erzählungen, Waldheimat, 3. Band, online einsehbar bei zeno.org.
  • Ischler Heimatverein (Hrsg.): Bad Ischl Heimatbuch 2004. Rudolf Wimmer, Bad Ischl 2004, ISBN 3-900998-70-1.
  • Heinrich Marchetti, Franz Stüger: Bad Ischl. Gemeindespiegel und Geschichte. In: Verein zur Herausgabe eines Bezirksbuches Gmunden (Hrsg.): Der Bezirk Gmunden und seine Gemeinden. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1991.

Einzelnachweise

  1. E.Hoffmann-Krayer, Hans Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch zur Deutschen Volkskunde, Band IV Aberglaube. Verband deutscher Vereine für Volkskunde (Hrsg.) Verlag Walter de Gruyter & Co, Berlin und Tübingen 1934/1935, S. 555.
  2. Codex Fridericianus, Verzeichnis der in dem 1769sten Jahre ergangenen EDICTen, PATENTen,MANDATen, RESCRIPTen und Haupt-Verordnungen. Nach Ordnung der Zeit, Verordnung von 1769, Nr. 12, Österreichische Nationalbibliothek, Bestandsnummer +Z18610830X: 1771, S. 41–. Gesetzessammlung aus 1771 von Friedrich dem Großen
  3. Wiener Zeitschrift für Volkskunde. Anna Rothziegel-Frankel: Der distelblaue, lichtblaue oder Lichtbratel-Montag nach Michaeli. Jahrgang 1928. Seite 106–107 (pdf). Verein für Volkskunde in Wien, 12. Februar 2016, abgerufen am 12. Februar 2016.
  4. a b c Ischler Heimatverein (Hrsg.): Bad Ischl Heimatbuch 2004. Rudolf Wimmer, Bad Ischl 2004, ISBN 3-900998-70-1, S. 189.
  5. Heinrich Marchetti, Franz Stüger: Bad Ischl. Gemeindespiegel und Geschichte. In: Verein zur Herausgabe eines Bezirksbuches Gmunden (Hrsg.): Der Bezirk Gmunden und seine Gemeinden. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Oberösterreichischer Landesverlag. Linz 1991, S. 809.
  6. a b c d e f g h i Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich: Lichtbratlmontag in Bad Ischl. (Nicht mehr online verfügbar.) Nationalagentur für das Immaterielle Kulturerbe – Österreichische UNESCO-Kommission, 13. März 2011, archiviert vom Original am 12. Februar 2016; abgerufen am 12. Februar 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/nationalagentur.unesco.at
  7. Lichtbratlmontag. Das herzlichste Fest des ganzen Jahres. Oberösterreichische Nachrichten, 30. September 2014, abgerufen am 12. Februar 2016.