Booker Prize

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Der Booker Prize (bis Mai 2019 offiziell Man Booker Prize for Fiction, historisch bis 2002 Booker–McConnell Prize) ist der wichtigste britische Literaturpreis. Ausgezeichnet wird seit 1969 jährlich der beste englischsprachige Roman, der im Vereinigten Königreich veröffentlicht wurde.[1] Von 1969 bis 2013 war die Auszeichnung Autoren aus dem Commonwealth, Nordirland, Südafrika und später auch Simbabwe vorbehalten.[2] Seit 2018 dürfen auch in Irland veröffentlichte Romane berücksichtigt werden.[3] Der Preisträger erhält 50.000 Pfund Sterling.

Preisträger 2021: Damon Galgut (2013)

Der Preis wurde ursprünglich von der Firma Booker plc, einem britischen Lebensmittelgroßhändler, verliehen. Ab 2002 zeichnete die Stiftung Booker Prize Foundation verantwortlich für die Vergabe. Hauptsponsor war von 2002 bis 2018 die Man Group plc, die in dieser Zeit insgesamt umgerechnet etwa 28 Millionen Euro in den Literaturpreis gesteckt haben soll, bevor sie Anfang 2019 ihren Rückzug als Sponsor bekannt gab.[4] Seit Juni 2019 finanziert die wohltätige Stiftung Crankstart des britischen Geschäftsmanns Michael Moritz und seiner Ehefrau Harriet Heyman die Vergabe des Literaturpreises. Daher wurde der Name offiziell wieder in The Booker Prize geändert.[5]

Strukturen

Zur Gewährleistung hoher Qualitätsstandards wird ein vergleichsweise kompliziertes Verfahren angewandt. Zunächst wird von der Bookerpreisstiftung ein Beirat berufen, der einzig die Aufgabe hat, die jedes Jahr neu zu bestimmenden Juroren zu küren. In diesem Beirat sitzen obligatorisch: ein Vertreter der Schriftsteller, zwei Verleger, ein Literaturagent, ein Buchhändler, ein Bibliothekar sowie ein Moderator und Vorsitzender aus der Stiftung selbst. Die Juroren werden ausgewählt aus den Meinungsführern der Literaturkritiker, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Mehrfache Nominierungen als Jurymitglied sind über die Jahre eher die Ausnahme als der Regelfall geblieben.

Wirtschaftliche Bedeutung für den Buchmarkt

Durch den hohen Aufmerksamkeitswert des Preises, dessen Verleihung live im Fernsehen übertragen wird, schneiden Booker-Ausgezeichnete bereits im Sommer und erst recht im vorweihnachtlichen Buchhandel in aller Regel hervorragend ab.

Preisträger

Jahr Preisträger/-in Titel Deutscher Titel
1969 Percy Howard Newby Something to Answer for
1970 Bernice Rubens The Elected Member
1971 V. S. Naipaul In a Free State In einem freien Land
1972 John Berger G G.
1973 James Gordon Farrell The Siege of Krishnapur Die Belagerung von Krishnapur
1974 Nadine Gordimer The Conservationist Der Besitzer
Stanley Middleton Holiday
1975 Ruth Prawer Jhabvala Heat and Dust Hitze und Staub
1976 David Storey Saville
1977 Paul Scott Staying On Nachspiel
1978 Iris Murdoch The Sea, the Sea Das Meer, das Meer
1979 Penelope Fitzgerald Offshore Ein Hausboot auf der Themse
1980 William Golding Rites of Passage Äquatortaufe
1981 Salman Rushdie Midnight’s Children Mitternachtskinder
1982 Thomas Keneally Schindler’s Ark Schindlers Liste
1983 J. M. Coetzee Life & Times of Michael K Leben und Zeit des Michael K.
1984 Anita Brookner Hotel du Lac Hotel du Lac
1985 Keri Hulme The Bone People Unter dem Tagmond
1986 Kingsley Amis The Old Devils
1987 Penelope Lively Moon Tiger Moon Tiger
1988 Peter Carey Oscar and Lucinda Oscar und Lucinda
1989 Kazuo Ishiguro The Remains of the Day Was vom Tage übrigblieb
1990 A. S. Byatt Possession Besessen
1991 Ben Okri The Famished Road Die hungrige Straße
1992 Michael Ondaatje The English Patient Der englische Patient
Barry Unsworth Sacred Hunger Das Sklavenschiff
1993 Roddy Doyle Paddy Clarke Ha Ha Ha Paddy Clarke Ha Ha Ha
1994 James Kelman How Late it was, How Late Spät war es, so spät
1995 Pat Barker The Ghost Road Die Straße der Geister
1996 Graham Swift Last Orders Letzte Runde
1997 Arundhati Roy The God of Small Things Der Gott der kleinen Dinge
1998 Ian McEwan Amsterdam Amsterdam
1999 J. M. Coetzee Disgrace Schande
2000 Margaret Atwood The Blind Assassin Der blinde Mörder
2001 Peter Carey The True History of the Kelly Gang Die wahre Geschichte von Ned Kelly und seiner Gang
2002 Yann Martel Life of Pi Schiffbruch mit Tiger
2003 DBC Pierre Vernon God Little Jesus von Texas
2004 Alan Hollinghurst The Line of Beauty Die Schönheitslinie
2005 John Banville The Sea Die See
2006 Kiran Desai The Inheritance of Loss Erbin des verlorenen Landes
2007 Anne Enright The Gathering Das Familientreffen
2008 Aravind Adiga The White Tiger Der weiße Tiger
2009 Hilary Mantel Wolf Hall Wölfe
2010 Howard Jacobson The Finkler Question Die Finkler-Frage
2011 Julian Barnes The Sense of an Ending Vom Ende einer Geschichte
2012 Hilary Mantel Bring up the Bodies Falken
2013 Eleanor Catton The Luminaries Die Gestirne
2014 Richard Flanagan The Narrow Road to the Deep North Der schmale Pfad durchs Hinterland
2015 Marlon James A Brief History of Seven Killings Eine kurze Geschichte von sieben Morden
2016 Paul Beatty The Sellout Der Verräter
2017 George Saunders Lincoln in the Bardo Lincoln im Bardo
2018 Anna Burns Milkman Milchmann
2019 Margaret Atwood The Testaments Die Zeuginnen
Bernardine Evaristo Girl, Woman, Other Mädchen, Frau etc.
2020 Douglas Stuart Shuggie Bain Shuggie Bain
2021 Damon Galgut The Promise Das Versprechen

Sonderpreise

  • 1993, zum 25-jährigen Bestehen des Preises, vergab eine Jury unter Leitung Malcolm Bradburys die Auszeichnung Booker of Bookers unter allen bisherigen Booker-Preisträgern. Der Gewinner war Salman Rushdies Midnight’s Children (Mitternachtskinder), der Booker-Preisträger des Jahres 1981.[6]
  • 2008 kam es unter dem Titel Best of the Booker erneut zu einer Wahl des besten Booker-Preisträgers. Eine dreiköpfige Jury um das frühere Jurymitglied Victoria Glendinning stellte unter allen bislang ausgezeichneten Romanen eine Shortlist zusammen, über die die Allgemeinheit in einer Online-Abstimmung entschied. Erneut gewann Rushdie mit Midnight’s Children:[7]
Jahr Best of the Booker (2008) Titel Deutscher Titel
1981 Salman Rushdie Midnight’s Children Mitternachtskinder
1973 J. G. Farrell The Siege of Krishnapur Die Belagerung von Krishnapur
1974 Nadine Gordimer The Conservationist Der Besitzer
1988 Peter Carey Oscar and Lucinda Oscar und Lucinda
1995 Pat Barker The Ghost Road Die Straße der Geister
1999 J. M. Coetzee Disgrace Schande
  • Aufgrund einer Änderung bei den Vergabekriterien konnten im Jahr 1970 veröffentlichte Romane nicht für den Booker Prize nominiert werden. In einer vom 25. März bis 30. April 2010 veranstalteten öffentlichen Internetabstimmung wurde daher unter sechs auf einer Shortlist vertretenen Romane der Lost Man Booker Prize vergeben. Diesen gewann postum J. G. Farrell für Troubles, der bereits 1973 für Die Belagerung von Krishnapur einen regulären Booker Prize gewonnen hatte.
  • Von Februar bis April 2011 wurde in einer Online-Abstimmung The Man Booker Best of Beryl ermittelt.[8] Zur Auswahl standen die zwischen 1973 und 1998 auf der Shortlist vertretenen Werke der britischen Schriftstellerin Beryl Bainbridge (1932–2010). Bainbridge war am häufigsten auf der Shortlist vertreten (fünfmal), ohne aber den Preis jemals zu gewinnen. Unter den nominierten Werken The Dressmaker (1973), The Bottle Factory Outing (1974, dt. Titel: Der Ausflug), An Awfully Big Adventure (1990), Every Man for Himself (1996, dt. Titel: Nachtlicht) und Master Georgie (1998, dt. Titel: Master Georgie) wählte das Internetpublikum letztgenannten Roman als bestes für den Booker Prize nominiertes Werk von Bainbridge aus.[9]
  • Zum 50. Jubiläum des Preises im Jahr 2018 wurde der Golden Man Booker Prize vergeben, wobei der Gewinner in einer kombinierten Jury- und Publikumswahl ermittelt wurde. Jedem der fünf Jurymitglieder wurde ein Jahrzehnt zugewiesen – dem Autor und Herausgeber Robert McCrum (1970er-Jahre), dem Dichter Lemn Sissay (1980er-Jahre), der Romanautorin Kamila Shamsie (1990er-Jahre), dem Radiomoderator und Autor Simon Mayo (2000er-Jahre) und der Dichterin Hollie McNish (2010er-Jahre). Jedes Jurymitglied wählte unter den mit dem Booker Prize ausgezeichneten Romanen des jeweiligen Jahrzehnts das aus seiner Sicht beste Werk aus. Die Jury einigte sich auf eine Shortlist mit fünf Titeln („Golden Five“), die am 26. Mai 2018 auf dem Hay Festival bekanntgegeben wurden. Vom 26. Mai bis 25. Juni 2018 erfolgte eine Online-Abstimmung über die vorausgewählten Romane, bei der der Gewinner vom Publikum ermittelt wurde. Der mit dem Golden Man Booker Prize ausgezeichnete Roman ist The English Patient; er wurde am 8. Juli 2018 auf dem Man Booker 50 Festival bekanntgegeben.[10][11] Die nominierten Romane im Überblick:[12]
Jahr Golden Man Booker Prize (2018) Titel Deutscher Titel
1992 Michael Ondaatje The English Patient Der englische Patient
1971 V. S. Naipaul In a Free State In einem freien Land
1987 Penelope Lively Moon Tiger Moon Tiger
2009 Hilary Mantel Wolf Hall Wölfe
2017 George Saunders Lincoln in the Bardo Lincoln im Bardo

Internationale Ableger

Im Jahr 1992 wurde in Russland erstmals der sogenannte Russische Booker-Preis vergeben, der – nach dem Vorbild des auf das Commonwealth bezogenen Booker Prize modelliert – jährlich für die beste Roman-Neuerscheinung in russischer Sprache ausgelobt wird.

2008 wirkte die Booker Prize Foundation in London unterstützend bei der erstmaligen Verleihung des International Prize for Arabic Fiction mit. Obwohl keine direkte Verbindung besteht, wird dieser Preis auch häufig in der Berichterstattung als „Arabischer Booker-Preis“ bezeichnet.

Von 2007 bis 2012 wurde von der Man Group für den asiatischen Raum der Man Asian Literary Prize gesponsert.

Siehe auch (höchste nationale Literaturpreise)

Literatur

  • Anna Auguscik: Lost in Translation. Literaturpreise im nationalen Literaturbetrieb. In: Philipp Theisohn, Christine Weder (Hrsg.): Literaturbetrieb. Zur Poetik einer Produktionsgemeinschaft. Fink, Paderborn 2013, ISBN 978-3-7705-5296-2, S. 97–112.

Weblinks

Commons: Booker Prize – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Background. The Prizes (Memento vom 21. April 2016 im Internet Archive). In: themanbookerprize.com; abgerufen am 15. Juni 2017.
  2. Steven Erlanger: The Backlash to the American Invasion of the Booker Prize. In: New York Times. 21. September 2013, S. C1.
  3. Man Booker prize to accept books published in Ireland for the first time. In: theguardian.com, 8. Januar 2018; abgerufen am 9. Januar 2018.
  4. Man-Booker-Preis verliert Sponsor. In: deutschlandfunkkultur.de. 27. Januar 2019, archiviert vom Original am 28. Januar 2019; abgerufen am 24. September 2022.
  5. Crankstart is the new supporter of the Booker Prize and the International Booker Prize. In: themanbookerprize.com, 27. Februar 2019; abgerufen am 23. Mai 2019.
  6. Rob Scully (Press Association): Rushdie wins ‘Booker of Bookers’ Award. 21. September 1993; abgerufen via Nexis.
  7. Best of the Booker (Memento vom 21. April 2016 im Internet Archive). In: themanbookerprize.com; abgerufen am 15. Juni 2017.
  8. Robert Dex: Honour at last for a ‘Booker bridesmaid’. In: The Independent. 8. Februar 2011, S. 16.
  9. Timeline 2011 (Memento vom 13. September 2012 im Internet Archive). In: themanbookerprize.com (abgerufen am 15. Juni 2017).
  10. ‘The English Patient’ Wins Best of Man Booker Prize. nytimes.com, 8. Juli 2018; abgerufen am 9. Juli 2018
  11. The Golden Man Booker Prize. In: themanbookerprize.com, 15. Februar 2018 (abgerufen am 21. März 2018).
  12. The Golden Man Booker Prize shortlist. In: themanbookerprize.com (abgerufen am 12. Juni 2018).