Michael Ristow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Michael Ristow (* 24. April 1967 in Lübeck) ist ein deutscher Arzt (Internist) und Wissenschaftler. Er ist tätig als Professor für Energiestoffwechsel an der ETH Zürich mit dem Forschungsgebiet des mitochondrialen Stoffwechsels und seiner Bedeutung für die allgemeine Alterung, sowie der Entstehung von altersassoziierten Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit), Übergewicht und Krebs.

Leben

Ristow wuchs in Lübeck auf. Bereits als 17-jähriger Gymnasiast am Johanneum zu Lübeck errang er beim Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ 1984 den Bundessieg und den Preis des Bundespräsidenten für ein von ihm entwickeltes Computerprogramm zur Diabeteseinstellung.[1] Nach dem Abitur 1986 studierte er als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum, erhielt 1994 die Approbation und wurde 1996 mit der Note summa cum laude zum Dr. med. promoviert.[2] Seine anschließende Assistenzarztzeit am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum und nachfolgend an der Kölner Universitätsklinik wurde 1997–1999 unterbrochen durch einen Forschungsaufenthalt am Joslin Diabetes Center der Harvard Medical School. Nach der Ende 2000 abgelegten Facharztprüfung für Innere Medizin war Ristow Gruppenleiter am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam und Assistenzprofessor am Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin (2003 fusioniert mit der Charité). Im Oktober 2002 habilitierte er sich an der Medizinischen Fakultät der Freien Universität Berlin für das Fach Innere Medizin. Von 2004 bis Ende 2012 war Ristow ordentlicher C4-Professor für Humanernährung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seit Januar 2013 ist er ordentlicher Professor für Energiestoffwechsel und seit 2017 Direktor des Instituts für Translationale Medizin am Departement für Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST) der ETH Zürich.[3]

Wissenschaftliche Arbeit

Ristows primäres Arbeitsgebiet ist die biologische und interventionelle Altersforschung und somit die Untersuchung von Prozessen allgemeiner Alterung, insbesondere der zugehörigen genetischen Regulation sowie der möglichen Beeinflussung durch pharmakologische Substanzen, Medikamente und Naturstoffe.

Ristows Arbeiten am Modellorganismus Caenorhabditis elegans zeigten erstmals, dass oxidativer Stress bzw. freie Radikale und reaktive Sauerstoffspezies (ROS) – einer Impfung vergleichbar – in der Lage sind, lebensverlängernd auf einen Organismus zu wirken[4]. Diese unerwartete Beobachtung wurde nachfolgend vielfach auch an weiteren Modellorganismen und von anderen Arbeitsgruppen reproduziert.[5][6][7] Hierauf aufbauend konnte Ristow erstmals zeigen, dass die seit langem bekannte gesundheitsfördernde und lebensverlängernde Wirkung von Ausdauersport ebenfalls auf der Wirkung von freien Radikalen bzw. reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) beruht. Zusammen mit Matthias Blüher in Leipzig gelang ihm der Nachweis, dass Antioxidantien, indem sie der Bildung freier Radikale entgegenwirken, die Diabetes-vorbeugende Wirkung von Sport verhindern.[8] Dieser Prozess wurde „Mitohormesis“ genannt.[9] Die daraus resultierende Fragwürdigkeit antioxidativer Nahrungsergänzungsmittel mit möglicher schädlicher Wirkung im Menschen wurde auch in der internationalen Presse eingehend diskutiert.[10][11][12][13]

Mehrere Metaanalysen kamen analog hierzu unabhängig von Ristow zu dem Schluss, dass die Gabe von bestimmten Antioxidantien (beta-Carotin, Vitamin A und Vitamin E) beim Menschen die Entstehung von Krankheiten einschließlich Krebs fördert.[14][15]

Jüngere Arbeiten aus Ristows Gruppe stellen einen Zusammenhang zwischen dem Gehalt an Lithium in der Umwelt und der Lebenserwartung her: Zwischen hohem Gehalt des Spurenelementes und hoher Lebenserwartung besteht ein statistisch signifikanter Zusammenhang; des Weiteren verlängern hohe Lithiumkonzentrationen die Lebenserwartung des Modellorganismus Caenorhabditis elegans.[16][17]

Nachfolgend hat Ristows Arbeitsgruppe zeigen können, dass das Nahrungsergänzungsmittel Glucosamin die Lebenserwartung von Caenorhabditis elegans, aber auch von bereits vorgealterten Mäusen zu verlängern vermag.[18][19][20] Parallel bzw. nachfolgend konnte im Menschen gezeigt werden, dass Glucosamin-Einnahme mit einer höheren Lebenserwartung assoziiert ist.[21], und dass dieses Supplement ungesunde Entzündungsparameter im Blut verbessert.[22]

Darüber hinaus hat Ristow wesentliche Beiträge zur mitochondrialen Kontrolle von Krebswachstum publiziert und aufgrund von Experimenten in Zelllinien die Warburg-Hypothese unterstützt.[23][24]

Auszeichnungen

  • 1998 Hochhaus-Stiftungspreis der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln und Young Scientist Award der Endocrine Society (USA)
  • 2004 Ferdinand-Bertram-Preis der Deutschen Diabetes-Gesellschaft
  • 2008 Thüringer Forschungspreis in der Kategorie Grundlagenforschung für die Arbeit „Verlängerung der Lebenserwartung durch oxidativen Stress“[25]

Schriften

  • Subklonierung und Expressionsstudien eines neuen transmembranösen ATP-abhängigen Transporters NG-TRA in Geweben der Ratte und des Menschen. Bochum, Univ., Diss., 1996

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Projektseite in der „Jugend forscht“-Datenbank (Memento des Originals vom 15. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jugend-forscht.de
  2. Curriculum vitae Ferdinand-Bertram-Preis
  3. Curriculum vitae Homepage Ristow
  4. Schulz, TJ. et al. (2007): Glucose restriction extends Caenorhabditis elegans life span by inducing mitochondrial respiration and increasing oxidative stress. In: Cell Metabolism. 6(4); 280–293; PMID 17908557
  5. Yun, J & Finkel, T. (2014): Mitohormesis in: Cell Metabolism, 19, 757–766; PMID 24561260
  6. Ristow, M (2014): Unraveling the truth about antioxidants: mitohormesis explains ROS-induced health benefits. in: Nature Medicine, 20, 709–711; PMID 24999941
  7. Shadel, G.S. & Horvath, T.L. (2015): Mitochondrial ROS signaling in organismal homeostasis. in: Cell, 163, 560–569; PMID 26496603
  8. Ristow, M. et al. (2009): Antioxidants prevent health-promoting effects of physical exercise in humans. In: Proc Natl Acad Sci106: 8865–8870; PMID 19433800
  9. Ristow, M. et al. (2011): Extending lifespan by increasing oxidative stress. In: Free Rad Biol Med 51, 327–336; PMID 21619928
  10. [1]The New York Times: Vitamins Found to Curb Exercise Benefits
  11. [2] BBC: Vitamins "undo exercise efforts"
  12. [3]Der Spiegel: Vitaminpillen bremsen positive Wirkung von Sport
  13. [4]Deutsches Ärzteblatt: Warum Sport nur ohne Vitamine die Gesundheit fördert
  14. Bjelakovic, G. et al. (2007): Mortality in randomized trials of antioxidant supplements for primary and secondary prevention: systematic review and meta-analysis. In: JAMA 299(7); 842–857; PMID 17327526
  15. Bjelakovic, G. et al. (2012): Antioxidant supplements for prevention of mortality in healthy participants and patients with various diseases. In: Cochrane Database Syst Rev 14; CD007176; PMID 22419320
  16. Zarse, K. et al. (2011): Low-dose lithium uptake promotes longevity in humans and metazoans. In: Eur J Nutr 50(5):387–389; PMID 21301855
  17. [5] Der Spiegel: Jungbrunnen im Trinkwasser
  18. Weimer, S. et al. (2013): D-Glucosamine supplementation extends life span of nematodes and of ageing mice. In: Nature Comm 8, 3563e, PMID 24714520
  19. [6] Daily Mail: Could a popular arthritis supplement be the key to a longer life? Glucosamine could extend life 'by 8 years'
  20. [7] 20 Minuten: So leben Sie rund acht Jahre länger
  21. Bell, G. A. et al. (2012): Use of glucosamine and chondroitin in relation to mortality. In: Eur J Epidemiol 27, 593–603, PMID 22828954
  22. Navarro, S. L. et al. (2015): Randomized trial of glucosamine and chondroitin supplementation on inflammation and oxidative stress biomarkers and plasma proteomics profiles in healthy humans. In: PLoS ONE 26;10(2):e0117534, PMID 25719429
  23. Schulz, TJ. et al. (2006): Induction of oxidative metabolism by mitochondrial frataxin inhibits cancer growth: Otto Warburg revisited. In: J Biol Chem 281(2); 977–981; PMID 16263703
  24. Beuster, G. et al. (2011): Inhibition of alanine aminotransferase in silico and in vivo promotes mitochondrial metabolism to impair malignant growth. In: J Biol Chem 286(25); 22323–22330; PMID 21540181
  25. Thüringer Forschungspreis 2007 in der Kategorie „Grundlagenforschung“. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 12. September 2011; abgerufen am 8. Februar 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.thueringen.de