Nickenichit

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Nickenichit
Nickenichite-88669.jpg
Nickenichit in typisch radial arrangierten Kristallen von seiner Typlokalität, einer Fumarole in der Schlackengrube am Nickenicher Sattel bei Nickenich unweit Andernach, Eifel, Rheinland-Pfalz (Sichtfeld: 4 mm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1992-014

Chemische Formel
  • (Na,Ca,Cu)1,6(Mg,Fe3+)3[AsO4]3[1]
  • Na(Cu,Ca)(Mg,Fe3+,Al)3(AsO4)3[2]
  • Na0,8Ca0,4Cu0,4(Mg,Fe)3(AsO4)3[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
8.AC.10 (8. Auflage: VII/A.07)
38.02.03.09
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15
Gitterparameter a = 11,882 Å; b = 12,760 Å; c = 6,647 Å
β = 112,81°[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Häufige Kristallflächen {010}, {100} und {101}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte ≈ 3[4]
Dichte (g/cm3) 4,06 (berechnet)[4]
Spaltbarkeit ausgezeichnet nach {010}, gut nach {100} und {101}[4]
Bruch; Tenazität nicht angegeben; spröde[3]
Farbe hellblau[4], graublau[3]
Strichfarbe nicht angegeben, wahrscheinlich sehr helles Blau
Transparenz durchscheinend[2]
Glanz Glasglanz[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,714(5)
nβ = 1,744(5)
nγ = 1,783(5)
Doppelbrechung δ = 0,069
Optischer Charakter zweiachsig positiv[4]
Achsenwinkel 2V = 60(6)° (gemessen), 84° (aus den Brechungsindizes berechnet)[4]
Pleochroismus deutlich von hellblau nach blau

Nickenichit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate, und Vanadate“ mit der chemischen Formel (Na,Ca,Cu)1,6(Mg,Fe3+)3[AsO4]3.[1] Damit ist das Mineral aus chemischer Sicht ein Natrium-Magnesium-Arsenat.

Nickenichit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt bis 0,2 mm lange, faserige bis prismatische, nach [101] gestreckte Kristalle, die radiale oder parallel {010} lamellare Aggregate bilden.

Etymologie und Geschichte

Als Entdecker des Nickenichits gilt der Mineraliensammler Norbert Ballak aus Lonnig, Eifel, der das Mineral in der Fortsetzung einer Ende 1989 entdeckten röhrenförmigen, ca. 0,5 m Durchmesser aufweisen Fumarole in den Schlackenabbauen am Nickenicher Sattel (Eicher Sattel) bei Nickenich unweit Andernach, Eifel, Rheinland-Pfalz, Deutschland, fand und das Untersuchungsmaterial für die Typpublikation zur Verfügung stellte.[4] Das Mineral wurde von einem österreichisch-deutschen Forscherteam um M. Auernhammer, Herta Effenberger, Gerhard Hentschel, Thomas Reinecke und Ekkehard Tillmanns untersucht. Nachdem es durch die International Mineralogical Association (IMA) im Jahre 1992 anerkannt wurde, erfolgte ein Jahr später 1993 die offizielle Erstbeschreibung. Die Autoren benannten das Mineral seiner Typlokalität, dem Schlackenabbau am Nickenicher Sattel.

Die Holotypstufe befindet sich in der Sammlung des Institut für Mineralogie und Kristallographie der Universität Wien, Österreich.[4][2]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Nickenichit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate [PO4]3−, ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Bradaczeckit, Johillerit, O’Danielit (Odanielit) und Yazganit die unbenannte Gruppe VII/A.07 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Nickenichit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings noch präziser unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung mit den Kationen Natrium und Magnesium in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Alluaudit, Arseniopleit, Bradaczekit, Groatit (IMA 2008-054), Karyinit, Ferroalluaudit, Ferrohagendorfit, Hagendorfit, Johillerit, Maghagendorfit, Manitobait (IMA 2008-064), O’Danielit, Varulith und Yazganit die Hagendorfitgruppe mit der System-Nr. 8.AC.10 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Nickenichit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ ein. Hier ist er in der „Alluaudit-Untergruppe innerhalb der Alluaudit-Wyllieitgruppe“ mit der System-Nr. 38.02.03 und den weiteren Mitgliedern Ferrohagendorfit, Hagendorfit, Varulith, Maghagendorfit, Ferroalluaudit, Alluaudit, O'Danielit, Johillerit, Yazganit, Groatit und Manitobait innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreien Phosphate etc., (A+B2+)3(XO4)2“ zu finden.

Kristallstruktur

Nickenichit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 11,882 Å; b = 12,760 Å; c = 6,647 Å und β = 112,81° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Nickenichit zeigt enge strukturelle Beziehungen zu den Mineralen O’Danielit und Johillerit, ohne tatsächlich isotyp (isostrukturell) zu ihnen zu sein. Die zwei kristallographisch verschiedenen oktaedrisch koordinierten Kationpositionen Me = (Mg, Fe, Al) haben mittlere Me–O-Abstände von 2,108 Å und 2,056 Å, die Oktaeder werden über Kanten zu zick-zack-artigen Ketten in [101] verknüpft, diese werden untereinander über AsO4-Tetraeder vernetzt. Des Weiteren ist die Verbindung durch partiell besetzte Na[4+4]-, Ca[6+2]- und Cu[4]-Positionen charakterisiert.[4]

Chemismus

Nickenichit hat die gemessene chemische Zusammensetzung (Na0,81K0,01)Σ=0,82Ca0,27Cu0,32(Mg2,42Fe0,38Al0,12Mn0,03)Σ=2,95[(As1,02P0,02)Σ=1,04O4]3. Nach der Kristallstrukturbestimmung ergibt sich daraus Na0,76Ca0,41Cu0,39(Mg2,33Fe0,52 Al0,12Mn0,03)Σ=3,00[(As0,98P0,02)Σ=1,00O4]3.[2] Vom chemischen Gesichtspunkt lässt sich Nickenichit von O’Danielit bzw. Johillerit durch die Abwesenheit von Zink, durch den Einbau dreiwertiger Kationen und durch den Einbau von Calcium-Atomen an einer strukturellen Position, die in den genannten beiden Mineralen überhaupt nicht besetzt ist, unterscheiden.[4]

Eigenschaften

Morphologie

Nickenichit bildet bis 0,2 mm lange, faserige oder prismatische, nach [101] gestreckte Kristalle, die meist zu radialen – seltener auch zu parallel {010} lamellaren – Aggregaten zusammentreten, welche flach auf den Hohlraumwänden aufgewachsen waren. Der Durchmesser der Einzelkristalle ist nur selten größer als 0,03 mm. An den Kristallen sind die Flächenformen {010}, {100} und {101} identifiziert worden.[4] Nur in seltenen Fällen sind faserige bis feinnadelige Nickenichit-Kristalle dreidimensional zu igelartiogen Aggregaten verwachsen.[5]

Physikalische und chemische Eigenschaften

Die Kristalle des Nickenichit sind hellblau[4] bis graublau[3], während die Strichfarbe des Minerals nicht angegeben ist. Sehr wahrscheinlich wird es sich bei der Farbe des Mineralpulvers aber um ein ganz helles Blau handeln. Die vom Zweitfundort Nickenicher Weinberg stammenden Kristalle zeigen ein violettstichiges, dunkles Blau.[6] Die durchscheinenden Kristalle weisen einen glasartigen Glanz auf, was sich auch in der vergleichsweise niedrigen Lichtbrechung von 1,714 bis 1,744 und der Doppelbrechung von 0,069 widerspiegelt. Das Mineral besitzt drei unterschiedlich gute Spaltbarkeiten. Es spaltet ausgezeichnet nach {010} sowie gut nach {100} und {101}. Mit einer Mohshärte von ca. 3 gehört Nickenichit zu den mittelharten Mineralen und würde sich bei hinreichender Größe der Kristalle wie das Referenzmineral Calcit von einer Kupfermünze ritzen lassen. Die berechnete Dichte liegt bei 4,06 g/cm³.[4][2]

Bildung und Fundorte

Nickenichit ist eine sehr seltene Mineralbildung und ist bisher (Stand 2016) von lediglich zwei Fundorten bekannt. Als Typlokalität gilt die Schlackengrube am „Nickenicher Sattel“ bei Nickenich unweit Andernach in der Eifel, Rheinland-Pfalz.[7] Der zweite Fundort ist der unweit der Typlokalität befindliche, 6 km südwestlich von Andernach liegende Basaltlavasteinbruch am „Nickenicher Weinberg“ (Nickenicher Sattelberg) bei Nickenich. Material mit Nickenichit wurde hier einige Jahre nach dem Fund an der Typlokalität geborgen – der Nickenichit aber erst 1999 eindeutig identifiziert. Fundorte in Österreich bzw. der Schweiz sind unbekannt.[8]

Beim Erstfundort handelt es sich um den Dachbereich eines größeren Hohlraums zwischen zwei Fumarolenkanälen, der seitdem als Nickenichit-haltige Fumarole bekannt geworden ist. Der Dachbereich und die beiden Fumarolenkanäle waren mit auffälligen, für ein Vorkommen in Basaltschlacken ungewöhnlich bunten Mineralen überzogen. Der Nickenichit fand sich dabei nur in einem eng begrenzten Bereich zwischen den Fumarolen. Er stellt wie seine Begleiter eine Bildung dar, die aus heißen Fumarolengasen abgesetzt worden ist. Als Begleitminerale des Nickenits sind weißliche Vanadinit-Kristalle sowie gelbgrüner bis gelber, pulveriger Duhamelit identifiziert worden, wobei sich letzterer als Ca- und Bi-haltiger Mottramit erwies und 2003 als eigenes Mineral diskreditiert wurde. In der weiteren Umgebung fanden sich Calcit, Cerussit, Malachit und Chrysokoll. Am Nickenicher Weinberg bedeckt Nickenichit zusammen mit nierigen gelben, oft auch pulverigen Mottramit-Krusten die Fumarolenwände. Zum Teil ist Nickenichit hier auch pustelartig mit gelbem Mottramit gesprenkelt oder überzogen.[6]

Siehe auch

Literatur

  • M. Auernhammer, Herta Effenberger, Gerhard Hentschel, Thomas Reinecke, Ekkehard Tillmanns: Nickenichite, a new Arsenate from the Eifel, Germany. In: Mineralogy and Petrology. Band 48, 1993, S. 153–166.
  • Nickenichite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 432 kB]).

Weblinks

Commons: Nickenichite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 430.
  2. a b c d e Nickenichite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 432 kB]).
  3. a b c d Mindat – Nickenichite
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p M. Auernhammer, Herta Effenberger, Gerhard Hentschel, Thomas Reinecke, Ekkehard Tillmanns: Nickenichite, a new Arsenate from the Eifel, Germany. In: Mineralogy and Petrology. Band 48, 1993, S. 153–166.
  5. Gerhard Hentschel: Neue Mineralien aus der Eifel: Bellbergit, Nickenichit und Orschallit. In: Lapis. Band 19, Nr. 3, 1994, S. 20–22.
  6. a b Hans Egon Künzel, Günter Blaß, Willi Schüller: Mineralien – Bomben – Grottensteine: Der Nickenicher Weinberg. In: Lapis. Band 36, Nr. 7/8, 2011, S. 55–66.
  7. Mindat – Anzahl der Fundorte für Nickenichit
  8. Fundortliste für Nickenichit beim Mineralienatlas und bei Mindat