Olaf Kühl
Olaf Kühl (* 1955 in Sanderbusch) ist ein deutscher Slawist, Übersetzer und Autor.
Leben
Kühl studierte Slawistik, Osteuropäische Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin. 1995 wurde er mit einer Arbeit über den Zusammenhang zwischen Stil und Erotik im Werk von Witold Gombrowicz bei Professor Witold Kośny an der FU Berlin promoviert. Von 1988 bis 1996 arbeitete Kühl als Dolmetscher und Übersetzer des Regierenden Bürgermeisters von Berlin für die Sprachen Russisch, Polnisch und Serbokroatisch. Von 1996 bis 2021 war er Russlandreferent des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. Er übersetzt literarische Werke aus dem Polnischen und dem Russischen.
2011 hatte Kühl eine Gastprofessur am Peter-Szondi-Institut der Freien Universität Berlin, gefördert durch den Deutschen Übersetzerfonds, inne. Im selben Jahr legte er seinen Debütroman Tote Tiere vor, in dem er eine Reise zum Straflager von Michail Chodorkovskij in Ostsibirien belletristisch verarbeitet. Für seinen zweiten Roman Der wahre Sohn wurde er 2013 für den Deutschen Buchpreis nominiert, 2016 wurde seine Übersetzung des Romans Drach von Szczepan Twardoch zusammen mit dem Werk selbst mit dem Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis ausgezeichnet.[1] 2019 erschien der Politthriller Letztes Spiel Berlin. Dieser Roman zeichnet ein Bild der multikulturellen Spannungen zwischen unterschiedlichen Nationalitäten in Berlin.
2021 wurde Kühl Gastdozent am Institut für Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin.[2][3]
Ehrungen und Auszeichnungen
- 2005: Karl-Dedecius-Preis für sein polnisch-deutsches Übersetzungswerk
- 2005: Deutscher Jugendliteraturpreis gemeinsam mit Dorota Masłowska für Schneeweiß und Russenrot[4]
- 2008: Grenzgänger-Stipendium der Robert Bosch Stiftung[5]
- 2015: Auszeichnung POLONICUM der Universität Warschau "für herausragende Verdienste um die Verbreitung der polnischen Sprache und polnischen Kultur im Ausland"
- 2016: Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis
- 2018: Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis für die Übertragung des Romans Der Boxer von Szczepan Twardoch sowie für das übersetzerische Gesamtwerk Kühls aus dem Ukrainischen, Russischen und Polnischen
- 2021: Barthold-Heinrich-Brockes-Stipendium des Deutschen Übersetzerfonds[6]
Werk
Veröffentlichungen
- Gęba Erosa. Tajemnice stylu Witolda Gombrowicza. Przekład Krzysztof Niewrzęda i Maria Tarnogórska. Wstęp Włodzimierz Bolecki. Universitas, Kraków 2005, ISBN 83-242-0357-5.
- Tote Tiere. Rowohlt Berlin, Berlin 2011, ISBN 978-3-87134-725-2.
- Der wahre Sohn. Rowohlt Berlin, Berlin 2013, ISBN 978-3-87134-726-9.
- Letztes Spiel Berlin. Rowohlt Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-7371-0075-5.
Übersetzungen
- Arkadi Babtschenko: Die Farbe des Krieges. Rowohlt Berlin, Berlin 2007, ISBN 978-3-87134-558-6.
- Arkadi Babtschenko: Ein guter Ort zum Sterben. Rowohlt Berlin, Berlin 2009, ISBN 978-3-87134-641-5.
- Arkadi Babtschenko: Ein Tag wie ein Leben. Vom Krieg. Rowohlt Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-87134-765-8.
- Arkadi Babtschenko. Im Rausch. Russlands Krieg. Rowohlt Berlin, Berlin 2022, ISBN 978-3-7371-0177-6.
- Wacław Berent: Wintersaat. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-518-03579-5.
- Kazimierz Brandys: Rondo. Roman. Luchterhand Verlag, München 1988.
- Anna Czerwińska-Rydel, Marta Ignerska: Die Ton-Angeber. Mixtvision Verlag, München 2013, ISBN 978-3-939435-82-2.
- Witold Gombrowicz: Kosmos. Roman. Carl Hanser Verlag, München 1985, ISBN 978-3-446-14345-6.
- Witold Gombrowicz: Tagebuch. Carl Hanser Verlag, München 1988, ISBN 3-446-15379-9.
- Witold Gombrowicz: Yvonne, Prinzessin von Burgund. Theaterstück (Neuübersetzung). Fischer Verlag: Frankfurt am Main 2008.
- Witold Gombrowicz: Berliner Notizen. edition.fotoTAPETA, Berlin 2013, ISBN 978-3-940524-24-9.
- Witold Gombrowicz: Kronos. Intimes Tagebuch. Carl Hanser Verlag, München 2015, ISBN 978-3-446-24903-5.
- Kira Jarmysch. DAFUQ. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2021. ISBN 978-3737101400.
- Alexander Kabakow: Kein Zurück. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 978-3-10-039606-8.
- Dorota Masłowska: Schneeweiß und Russenrot. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, ISBN 3-462-03376-X.
- Dorota Masłowska: Die Reiherkönigin. Ein Rap. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03778-4.
- Dorota Masłowska: Zwei arme, polnischsprechende Rumänen. Theaterstück. Rowohlt Theater Verlag, Reinbek 2008.
- Dorota Masłowska: Wir kommen gut klar mit uns. Theaterstück. Rowohlt Theater Verlag, Reinbek 2009.
- Dorota Masłowska: Wie ich Hexe wurde. Theaterstück. Rowohlt Theater Verlag, Reinbek 2014.
- Dorota Masłowska: Liebling, ich habe die Katzen getötet. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015, ISBN 978-3-462-04719-6.
- Dorota Masłowska: Andere Leute. Rowohlt Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-7371-0072-4.
- Adam Michnik: Der lange Abschied vom Kommunismus. Essays (mit Roswitha Matwin-Buschmann). Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1992, ISBN 978-3-499-13072-4.
- Iwan Puni: Synthetischer Musiker. Berlinische Galerie, Museumspädagogischer Dienst Berlin (Hrsg.), Berlin 1992, ISBN 3-87584-438-6.
- Władysław St. Reymont: In der Opiumhöhle. Unbekannte Novellen (mit Renate Schmidgall). Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1989, ISBN 978-3-518-40207-8.
- Tomasz Różycki: Zwölf Stationen. Roman. Luchterhand Literaturverlag, München 2009, ISBN 978-3-630-62102-9.
- Polina Scherebzowa: Polinas Tagebuch. Rowohlt Berlin, Berlin 2015, ISBN 978-3-87134-799-3.
- Christian Skrzyposzek: Freie Tribüne. Roman. Rotbuch Verlag, Berlin 1983.
- Żanna Słoniowska: Das Licht der Frauen. Kampa Verlag, Zürich 2018, ISBN 978-3-311-10003-4.
- Andrzej Stasiuk: Der weiße Rabe. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 1998, ISBN 978-3-87134-282-0.
- Andrzej Stasiuk: Die Welt hinter Dukla. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. ISBN 978-3-518-39891-3.
- Andrzej Stasiuk: Wie ich Schriftsteller wurde: Versuch einer intellektuellen Autobiographie. edition suhrkamp 2236. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. ISBN 978-3-518-12236-5.
- Andrzej Stasiuk: Die Mauern von Hebron. edition suhrkamp 2302. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-518-12302-7.
- Andrzej Stasiuk: Nacht. Theaterstück. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005.
- Andrzej Stasiuk: Ostmark. Theaterstück. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006.
- Andrzej Stasiuk: Dojczland. Eine Reise. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-518-12566-3.
- Andrzej Stasiuk: Tagebuch, danach geschrieben. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-12654-7.
- Szczepan Twardoch: Morphin. Rowohlt Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-87134-779-5.
- Szczepan Twardoch: Drach. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2016, ISBN 978-3-87134-822-8.
- Szczepan Twardoch: Der Boxer. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-7371-0008-3.
- Szczepan Twardoch: Wale und Nachtfalter: Tagebuch vom Leben und Reisen. Rowohlt Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-7371-0066-3.
- Szczepan Twardoch: Das Schwarze Königreich. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2020, ISBN 978-3-7371-0073-1.
- Szczepan Twardoch: Demut. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2022, ISBN 978-3-7371-0121-9.
- Lech Wałęsa: Ein Weg der Hoffnung (Autobiographie), mit Friedrich Griese. Zsolnay Verlag, Wien 1987.
- Michał Witkowski: Queen Barbara. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2010, ISBN 978-3-518-12605-9.
- Wiktor Woroszylski: Geschichten. Literarisches Colloquium, Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Berlin 1987.
- Adam Zagajewski: Der dünne Strich. Roman. Hanser Verlag, München 1985, ISBN 978-3-446-14040-0.
- Adam Zagajewski: Solidarität und Einsamkeit. Essays. Hanser Verlag, München 1986, ISBN 978-3-446-14527-6.
- Adam Zagajewski: Verteidigung der Leidenschaft. Essays. (Mit Henryk Bereska und Bernhard Hartmann). Hanser Verlag, München 2008, ISBN 978-3-446-25715-3.
Weblinks
- Literatur von und über Olaf Kühl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Olaf Kühl in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Autorenporträt beim Rowohlt-Verlag
- Website von Olaf Kühl
- Kühl über Szczepan Twardoch und die Übersetzungs-Arbeit an „Drach“, Potsdamer Neueste Nachrichten, 21. November 2016. U. a. zur Übersetzung von Wasserpolnisch
Einzelnachweise
- ↑ „Olaf Kühl hat Großartiges geleistet. Er hat den oberschlesischen Dialekt gewissermaßen synthetisiert, indem er ihn in das uns ... nähere und hierzulande verständlichere Niederschlesisch transportierte. Jedes Wort musste recherchiert, jeder Satz auf den authentischen Klang geprüft werden. „Drach“ stellt Übersetzer darüber hinaus vor multiple Herausforderungen: eine verknappte, zuweilen karstige, von Staccato durchsetzte Diktion, Handlungssequenzen, die sich atemlos in einem Absatz zwischen Jahrzehnten und Jahrhunderten hin- und her bewegen, Sätze, gespickt mit Details aus dem Bergbau, der Waffen- und der Automobilkunde, denn die Helden, das sei ganz wertfrei angemerkt, sind überwiegend Männer. Entstanden ist eine vielschichtige Textlandschaft, in der die Geschichte Oberschlesiens in einem unverwechselbaren Sound widerhallt.“ Sabine Berking in der Zeitschrift Übersetzen, 1, 2017 (online)
- ↑ Presse – Deutscher Übersetzerfonds. Abgerufen am 14. Januar 2022.
- ↑ Die Maschine als Übersetzerin. Abgerufen am 14. Januar 2022.
- ↑ Deutscher Jugendliteraturpreis 2005
- ↑ https://grenzgaengerprogramm.de/autor/kuehl-olaf
- ↑ Deutscher Übersetzerfonds. Abgerufen am 20. April 2021.
Personendaten | |
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NAME | Kühl, Olaf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Slawist, Übersetzer und Autor |
GEBURTSDATUM | 1955 |
GEBURTSORT | Sanderbusch |