Ottrélith

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ottrélith
Ottrelite-mrz120b.jpg
Ottrélith aus der Typlokalität Ottré (Ottrez), Belgien (Gesamtgröße: 4,5 cm × 3,6 cm × 1,9 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

Salmit[1]

Chemische Formel Mn2+Al2[O|(OH)2|SiO4][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Inselsilikate (Nesosilikate)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.AF.85 (8. Auflage: VIII/B.24)
52.03.03.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-domatisch (m) oder -prismatisch (2/m)
Raumgruppe (Nr.) Cc oder C2/c[3] (Nr. 9 oder 15)
Gitterparameter a = 9,50 Å; b = 5,48 Å; c = 18,21 Å
β = 101,8°[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Zwillingsbildung polysynthetische Zwillinge parallel [001][4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6 bis 7
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,52(2); berechnet: [3,48][4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}; deutlich nach {110}[4]
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe pistaziengrün, grünlich bis dunkelgrau
Strichfarbe grünlichgrau
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,709 bis 1,725
nβ = 1,712 bis 1,726
nγ = 1,716 bis 1,732[5]
Doppelbrechung δ = 0,007[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = gemessen: 46 bis 70°; berechnet: 46 bis 82°[5]
Pleochroismus sichtbar: X = olivgelb; Y = hellgelb mit Stich ins Grünliche; Z = sehr hellgelb bis fast farblos[4]

Ottrélith ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Mn2+Al2[O|(OH)2|SiO4][2], ist also ein Mangan-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Sauerstoff- und Hydroxidionen. Strukturell gehört Ottrélith zu den Inselsilikaten (Nesosilikate).

Da bei natürlich entstandenen Ottrélithen ein Teil des Mangans durch Eisen und/oder Magnesium ersetzt (substituiert) sein kann, wird die Formel gelegentlich auch mit (Mn2+,Fe2+,Mg)Al2[O|(OH)2|SiO4][3] angegeben, wobei die in den runden Klammern angegebenen Elemente sich in der Formel zwar jeweils gegenseitig vertreten können, jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals stehen.

Ottrélith ist durchscheinend und entwickelt nur selten gut ausgebildete, hexagonal-tafelige Kristalle bis etwa vier Millimeter[4] Größe. Meist findet er sich in Form unregelmäßige Körner bzw. körniger Aggregate von grünlicher bis dunkelgrauer Farbe, die gelegentlich auch als Pistaziengrün beschrieben wird. Auch seine Strichfarbe ist grünlichgrau. Unverletzte Kristallflächen zeigen einen glasähnlichen Glanz. Auf Spaltflächen kann dieser allerdings fast diamantähnlich sein.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Ottrélith in der Umgebung von Ottré nahe der Gemeinde Vielsalm in der belgischen Provinz Luxemburg. Beschrieben wurde das Mineral erstmals 1818 durch Laurent-François Dethier und 1842 noch einmal durch Alfred Des Cloizeaux und Augustin Alexis Damour.[6]

Benannt wurde das Mineral nach seiner Typlokalität.

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ottrélith zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen (Neso-Subsilikate)“, wo er zusammen mit Chloritoid und Magnesiochloritoid die „Chloritoidgruppe“ mit der System-Nr. VIII/B.24 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ottrélith ebenfalls in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist neben der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen allerdings weiter unterteilt nach der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate mit zusätzlichen Anionen; Kationen in [4]er-, [5]er- und/oder nur [6]er-Koordination“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Chloritoid und Magnesiochloritoid die „Chloritoidgruppe“ mit der System-Nr. 9.AF.85 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ottrélith in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O“ ein. Hier ist er zusammen mit Chloritoid, Magnesiochloritoid und Carboirit in der „Chloritoidgruppe“ mit der System-Nr. 52.03.03 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen nur in [6]-Koordination“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Ottrélith bildet sich in Gängen und Hohlräumen von niedrig- bis mittelgradigen, metamorphen Gesteinen, kann aber auch aus mittelgradigen Hydrothermale Lösungen ausgefällt werden. Als Begleitminerale können unter anderem Andalusit, verschiedene Chlorite, Davreuxit, Dickit, Kaolinit, Pyrophyllit, Quarz und Rutil auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Ottrélith nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) rund 60 Fundorte als bekannt gelten.[7] Neben seiner Typlokalität Ottré trat das Mineral in Belgien noch bei Tier des Carrières und Bihain (Gemeinde Vielsalm) im Stavelot-Massiv und im Steinbruch „Sur les Roches“ bei Bastogne in der Provinz Luxemburg sowie bei Rahier (Gemeinde Stoumont) in der Provinz Lüttich auf.

In Deutschland fand sich Ottrélith bisher nur in einer metamorphen Gesteinszone bei Wippra und im Sengelbachtal bei Biesenrode in Sachsen-Anhalt sowie bei Chemnitz-Rabenstein in Sachsen.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem der „La Pierre Plantée“-Pass nahe Mas Aubert im französischen Département Gard, der Steinbruch Tignai in der norditalienischen Gemeinde Bussoleno; einige Fundpunkte in den Gemeinden Abitibi-Témiscamingue und Les Appalaches in der kanadischen Provinz Québec; die „La Hueca Mine“ (Sapo Negro) bei Coalcomán de Vázquez Pallares im mexikanischen Bundesstaat Michoacán; Nyberget (Gemeinde Smedjebacken) in Dalarna, die Västanå-Eisengrube bei Näsum (Gemeinde Bromölla) und Vånga (Gemeinde Kristianstad) in Skåne und Ransäter (Gemeinde Munkfors) in Värmland in Schweden sowie mehrere Orte in verschiedenen Bundesstaaten der USA.[8]

Kristallstruktur

Ottrélith kristallisiert monoklin in der Raumgruppe Cc (Raumgruppen-Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9 oder C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 9,50 Å; b = 5,48 Å; c = 18,21 Å und β = 101,8° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Des Cloizeaux, Augustin Alexis Damour: De l'ottrélite, nouvelle espèce minérale. In: Annales des Mines. Band 2 (1842), S. 357–361 (PDF 277,6 kB)
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 705–706.

Weblinks

Commons: Ottrélite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 491.
  2. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; Oktober 2013 (PDF 1,5 MB)
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 552.
  4. a b c d e Ottrélite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 73,7 kB)
  5. a b c Mindat - Ottrélite
  6. Vaughan D. C. Daltry, Michel Deliens: The type mineralogy of Belgium. In: Annales de la Société géologique de Belgique. Band 116 (1993), S. 15–28 PDF 1,12 MB; Ottrélith/Ottrelite S. 6)
  7. Mindat - Anzahl der Fundorte für Ottrélith
  8. Fundortliste für Ottrélith beim Mineralienatlas und bei Mindat