Paywall

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Als Paywall ( anhören?/i) – aus dem Englischen lehnübersetzt Bezahlmauer, im Deutschen auch Bezahlschranke – wird ein Mechanismus bezeichnet, mit dem bestimmte Inhalte einer Website nur nach dem Bezahlen einer Gebühr oder dem Abschluss eines Abonnements sichtbar sind (Paid Content). Der Begriff ist besonders bei Websites von Zeitungen und Zeitschriften gebräuchlich, die mit einer Paywall versuchen, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, um neben einer Finanzierung mittels Anzeigen weitere Einnahmen im World Wide Web zu generieren.

Geschichte

Lange Zeit war das Wall Street Journal die einzige große Zeitung, die seit 1998 Inhalte komplett hinter einer Paywall vorhielt und Leser zu einem Abonnement nach einer persönlichen Anmeldung verpflichtete. Im Juni 2010 zog die Londoner Times nach. Im Jahr 2011 führte die New York Times eine weitere Paywallvariante ein:[1] Das Konzept der sogenannten „metered paywall“ sieht vor, dass ein Leser, der im Monat beim Aufruf von Online-Artikeln eine bestimmte Anzahl überschreitet, zu einer Zahlung aufgefordert wird. Ausgenommen davon sind Print-Abonnenten sowie Internetnutzer, die per Link von einer Suchmaschine, einem Blog oder einem sozialen Netzwerk auf die Homepage geleitet werden. Umgesetzt wird dieses Verfahren mithilfe von JavaScript-Code und Cookies.[2]

Die Internetzeitung The Daily verfolgte das System, sämtliche Inhalte nur gegen Bezahlung einer entsprechenden App bzw. ein Abonnement anzubieten; sie musste aufgrund mangelnder Akzeptanz eingestellt werden. Die Mediengruppe Madsack setzt seit Anfang 2012 bei Tageszeitungen sowohl Freemium als auch Metered-Modelle ein.[3]

Die taz setzt auf sogenanntes Social Payment. Im Frühjahr 2011 wurde unter der Bezeichnung „taz-zahl-ich“ ein Modell eingeführt, bei dem der Leser aufgefordert wird, freiwillig – je Artikel, einmalig oder auch regelmäßig – einen Betrag zu überweisen, um sich dafür zu bedanken, dass die Inhalte der Zeitung weiterhin frei verfügbar bleiben.[4] Im November 2014 wurde bekannt, dass damit seit Einführung des Modells über 300.000 Euro eingenommen wurden – pro Monat durchschnittlich 10.000 Euro.[5] Beim Online-Auftritt derStandard.at wurde im Oktober 2014 das FairUse-Abo ins Leben gerufen. Demnach sollten entweder Werbeblocker deaktiviert oder aber monatlich ein fixer Betrag bezahlt werden.[6]

Nach dem Vorbild der New York Times führte Ende 2012 auch die Neue Zürcher Zeitung eine Paywall ein.[7]

Le Temps, Tages-Anzeiger/Newsnet in der Schweiz, Haaretz in Israel sowie weitere Zeitungen führten ähnliche Konzepte ein. Ebenso wie die Springerzeitungen Berliner Morgenpost und Hamburger Abendblatt in Deutschland, wo Welt Online (seit dem 12. Dezember 2012) und Bild.de (seit Juni 2013) teilweise mit Bezahlschranken nach dem Konzept der metered paywall betrieben werden.[8][9] Süddeutsche.de und FAZ.NET wollten bis Ende 2013 ebenfalls Paid content einführen.[10] Bei Süddeutsche.de sei eine Mischung aus Freemium und Metered Modell geplant.[11][12]

Entgegen ihren ursprünglichen Plänen[13] gab Zeit Online bekannt, kein Paid content einführen zu wollen.[14]

Im Dezember 2013 gab der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) bekannt, dass mittlerweile 70 Zeitungstitel in Deutschland Paid-Content-Modelle auf ihren Websites eingerichtet hätten.[15] Im November 2014 waren es bereits 100 deutsche Tageszeitungen, welche eine Bezahlschranke eingeführt hatten.[16]

Die Plattform Blendle bündelt landesweit Zeitungen und Magazine verschiedener Verleger. Hinter einer Paywall werden 56 Titel angeboten, bezahlt wird pro abgerufenem Artikel. Nach dem ersten Jahr hatten sich auf dem niederländischen Angebot von Blendle über 250.000 Nutzer registriert.[17]

Eine 2017 durchgeführte Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford fand, dass Paywalls mittlerweile ein essentieller Bestandteil der digitalen Medienlandschaft sind. Basierend auf einer Stichprobe von 171 Nachrichtenwebseiten in sechs europäischen Ländern, stellten die Forscher fest, dass rund 66 % aller Zeitungen mittlerweile eine Paywall auf ihren Webseiten eingeführt haben. Die Studie stellte jedoch auch fest, dass die Zahl der Nutzer, die für Inhalte im Internet zahlen, weiterhin gering ist und die zunehmenden Verluste der Medienorganisationen durch den schrumpfenden Anzeigenmarkt vorerst nicht auffangen kann.[18]

Im Februar 2021 gab der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) bekannt, dass 85 % der Unternehmen in der Digitalpublisher- und Zeitungsbranche die Bedeutung von Paid Content als strategisch hoch oder sogar existenziell einschätzen. Binnen drei Jahren werde sich der Anteil des digitalen Kerngeschäfts am Gesamtumsatz nach Erwartung der Verlage verdoppeln.[19] Nach Angaben des BDZV haben 178 von 598 Deutschen Zeitungen Paid Content im Angebot (siehe Weblink) (Stand 7. März 2021). Demnach bieten inzwischen sowohl Die Zeit als auch die die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung eine Mischung aus freien Inhalten und Paid Content an.

Vor- und Nachteile

In der Diskussion sind seit dem Siegeszug von Internet und Social Media immer wieder die Auswirkungen durch technische Veränderungen – auch im Zusammenhang mit dem Stichwort Zeitungssterben.[20] Die Vor- und Nachteile werden meist an Einzelbeispielen aufgezeigt.

Nach der Einführung der Paywall bei der Londoner Tageszeitung The Times im Juni 2010 verlor die Website gut zwei Drittel ihrer Leser. Eine Studie von UKOM/Nielsen im Auftrag der Zeitschrift „Marketing“ ergab damals, dass auch diejenigen Leser, die sich ein Online-Abonnement hätten leisten können, durch die bloße Notwendigkeit, sich registrieren zu müssen, von der Nutzung der Website abhalten ließen. Das sei für die Werbekunden nachteilig, weil diese gerade hinter einer Paywall eine gewisse Mindestzahl an wohlhabenden Kunden ansprechen möchten. Außerdem entgingen der Zeitung dadurch Einnahmen aus dem lukrativen Zusatzgeschäft wie dem Sunday Times Wine Club, weil diese erst über ein Upgrade des Online-Abos zugänglich seien, was sich als eine weitere Hürde erwiesen habe, schreibt die Zeitschrift weiter. Deshalb seien viele prominente Werbekunden ausgeblieben. Natürlich eignet sich eine Website, die mit einer Bezahlschranke versehen ist, nicht für Werbung, die sich an ein Massenpublikum richtet.[21] Anderen Berichten zufolge seien sogar drei Viertel der bisherigen Leser weggeblieben, und der Guardian rechnete vor, dass gar 90 Prozent der früheren Leser abhandengekommen seien. Der Marktanteil der Times an allen britischen Zeitungen online sei damals von 15 auf unter ein Prozent gefallen.[22] In einem Interview vom Januar 2015 sprach sich der Executive Director of Digital Strategy des Guardian, Wolfgang Blau, gegen die Einführung einer Paywall aus, da ohne Paywall höhere Erlöse erzielbar seien.[23]

Nach dem ersten halben Jahr mit einer Paywall zog der General Manager von „Welt online“ bei einer Tagung des BDZV eine erste Zwischenbilanz. Die konkrete Zahl der Zahler nannte er nicht; er bezeichnete sie lediglich als "ermutigend".[24] Am 7. August 2013 wurde bekanntgegeben, dass die Zahl der digitalen Abonnenten der WELT zum 30. Juni 2013 mehr als 47.000 beträgt.[25] Diskutiert wurde allerdings die Aussagekraft der Zahlen hinsichtlich der Bereitschaft für Inhalte im Netz zu zahlen, da das Abo unter anderem in Kombination mit einem iPad mini beworben und verkauft wurde.[26]

Die IVW veröffentlichte im Juni 2014 erstmals Verkaufszahlen von Paid-Content-Angeboten.[27][28] Demnach hatte im Mai 2014 die BILD 200.571 digitale Abos verkauft, die WELT kam im selben Zeitraum auf 52.672 elektronische Abos.[29][30] Im Juni 2016 hatte Die Welt mehr als 75.000 digitale Abonnenten.[31]

Während der Präsidentschaftswahl 2016 in den USA hoben drei große New Yorker Tageszeitungen ihre Paywalls vorübergehend auf.[32]

Literatur

  • Jeff Kaye, Stephen Quinn: Funding journalism in the digital age: business models, strategies, issues and trends. Peter Lang, New York 2010, ISBN 1-4331-0685-X.
  • Robert Waterman McChesney, John Nichols: The death and life of American journalism. Nation Books, New York 2010, ISBN 1-56858-605-1.
  • Cary Spivak: Pay to Play in American Journalism Review (März/April 2011), ISSN 1067-8654.
  • Kai Biermann: Die Quadratur des Online-Kreises in Zeit Online vom 4. April 2011

Weblinks

Wiktionary: Bezahlschranke – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Paywall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Jeremy W. Peters: The Times Announces Digital Subscription Plan in New York Times vom 17. März 2011.
  2. Hintergrund: Wie funktioniert eine «Paywall»?, dpa in Westdeutsche Zeitung vom 11. Dezember 2012
  3. Bülend Ürük: Wer in Deutschland auf die "Paywall" setzt. newsroom.de, 30. Juli 2012, abgerufen am 28. Mai 2021.
  4. Mathias Bröckers: Pay-Wahl oder Pay-Wall, taz.de vom 21. November 2012. Abgerufen am 6. September 2013.
  5. derStandard.at - "Taz" überspringt mit Bezahlmodell 300.000-Euro-Marke. Artikel vom 26. November 2014, abgerufen am 11. Dezember 2014.
  6. derStandard.at - derStandard.at ruft Userinnen und User zu „FairUse“ auf. Artikel vom 8. Oktober 2014, abgerufen am 11. Dezember 2014.
  7. Die Mauer kann her, taz.de vom 21. November 2012
  8. Paywall für „Welt“ und „Bild“, Frankfurter Rundschau vom 3. Dezember 2012
  9. Inhalt? Hinter der Mauer (Memento vom 15. Oktober 2012 im Internet Archive), Medien Monitor des Institut für Journalistik der Technischen Universität Dortmund vom 13. Februar 2012
  10. Der SPIEGEL 32/2013, S. 56 ff.
  11. Süddeutsche.de vor Einführung von Paid Content, dvn online, abgerufen am 5. November 2014
  12. heise – Paywall: Süddeutsche zieht im Internet Bezahlschranke hoch. Artikel vom 28. Februar 2015, abgerufen am 28. Februar 2015.
  13. Archivierte Kopie (Memento vom 8. August 2013 im Internet Archive), abgerufen am 6. Juli 2013
  14. DIE ZEIT: Kein Paid Content auf Zeit-Online - Medien -der neue vertrieb. 5. November 2014, abgerufen am 1. September 2022.
  15. BDZV: BDZV-Studie Paid Content: Online-Abo kostet durchschnittlich acht Euro. 23. Januar 2014, abgerufen am 1. September 2022.
  16. derStandard.at - Deutschland: Fast ein Drittel der Zeitungen setzt online auf Bezahlmodelle. Artikel vom 4. November 2014, abgerufen am 5. November 2014.
  17. Alexander Klöpping: Blendle: A radical experiment with micropayments in journalism, 365 days later. In: On Blendle. 25. August 2015, abgerufen am 1. September 2022 (englisch).
  18. Alessio Cornia, Annika Sehl, Felix Simon, Rasmus Kleis Nielsen: Pay Models in European News. In: Reuters Institute for the Study of Journalism (Hrsg.): Digital News Report 2017. Oxford 2017 (ox.ac.uk [PDF]).
  19. Zuversicht in erfolgreiche Digitalisierung wächst Pressemitteilung de BDZV vom 9. Februar 2021, abgerufen am 7. März 2021
  20. Urs Meier: 100 Jahre Riepl’sches Gesetz. Besichtigung einer originellen und langlebigen Hypothese. In: Journal 21. 23. Januar 2013.
  21. Hard times. In: Marketing. 21. July 2010, 17. Abgerufen über: Questia, 6. September 2013 (via The Wikipedia Library; dieser Beitrag ist selbst nur hinter einer Paywall verfügbar, Login erforderlich).
  22. Ben Schwan: Times testet Paid-Content im Netz. Die große User-Flucht. In: taz. 21. Juli 2010. Abgerufen am 6. September 2013.
  23. derStandard.at - "Guardian"-Digitalchef: "Können ohne Paywall höhere Erlöse erzielen". Artikel vom 29. Januar 2015, abgerufen am 30. Januar 2015.
  24. FAZ: „Die Zahl der Abonnenten ist ermutigend“
  25. DIE WELT zieht positive Zwischenbilanz für ihr Bezahlmodell. Presseinformation vom 7. August 2013, abgerufen am 9. August 2013
  26. Stefan Niggemeier - Was die Zahl von 47.000 digitalen "Welt"-Abonnenten wirklich aussagt. Artikel vom 8. August 2013, abgerufen am 9. August 2013
  27. IVW Ausweisung Paid Content. Abgerufen am 19. Juni 2014.
  28. IVW - Aufnahmeverfahren - Paid Content - Aufnahmeverfahren für kostenpflichtige digitale Werbeträgerangebote (Apps und Websites) (Memento vom 25. Juni 2014 im Internet Archive). Abgerufen am 19. Juni 2014.
  29. horizont.net - IVW Paid Content: Ausweisung startet ausschließlich mit "Bild" und "Welt" . Artikel vom 17. Juni 2014, abgerufen am 19. Juni 2014.
  30. "Bild" kommt auf 200.000 Digital-Abonnenten. Artikel vom 18. Juni 2014, abgerufen am 19. Juni 2014.
  31. IVW Meldeverfahren Paid Content. Zahlen von Juni 2016.
  32. Große US-Zeitungen heben Paywall auf - news.ORF.at. 14. November 2016, abgerufen am 1. September 2022.