Peter Schreier

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Peter Schreier, 1976

Peter Schreier (* 29. Juli 1935 in Meißen; † 25. Dezember 2019 in Dresden[1][2]) war ein deutscher Sänger (Tenor) und Dirigent.

Leben

Datei:Alter Schulweg 3, Constappel.jpg
Ehemaliges Schulgebäude in Constappel, einige Jahre das Wohnhaus Schreiers

Peter Schreier wuchs im sächsischen Constappel auf. Sein Vater war Lehrer und Kantor. Am Elternhaus ist nachfolgende Beschriftung angebracht: „Hier wurde der Komponist Carl Ferdinand Adam 1806 geboren.“ Peter Schreier wurde 1943 in die Vorbereitungsklasse des Dresdner Kreuzchores aufgenommen und im Juli 1945 dessen Mitglied.[3] Vom Chorleiter Rudolf Mauersberger wurde er als Talent entdeckt. Bereits als Knabenalt machte Peter Schreier auf sich aufmerksam, was Tonaufnahmen aus dieser Zeit dokumentieren. Mauersberger komponierte für ihn eine Reihe von Solopartien, u. a. das Nocturno, das Vaterunser aus der Geistlichen Sommermusik, das De profundis aus dem Dresdner Requiem und mehrere Volksliedbearbeitungen.

Nach dem Stimmbruch wechselte Schreier in das Stimmfach Tenor. Nach ersten, privaten Studien bei Fritz Polster folgte ein Gesangsstudium an der Dresdner Musikhochschule. Zu seinen Lehrern gehörten neben Herbert Winkler und Johannes Kemter auch Ernst Hintze (Dirigieren) und Martin Flämig (Chorleitung). 1959 debütierte er an der Staatsoper Dresden als Erster Gefangener in Beethovens Fidelio. 1961 wurde er Ensemblemitglied und feierte erste große Erfolge in Mozart-Partien, die auch in der Folge eine zentrale Rolle in seinem Repertoire spielten. 1963 wechselte er an die Berliner Staatsoper. Sein Belmonte (in Mozarts Entführung aus dem Serail) war ein großer Erfolg; internationale Opernhäuser wurden auf ihn aufmerksam.[4]

1966 debütierte Schreier als Junger Seemann in Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen.[5] 1967 sang er erstmals bei den Salzburger Festspielen, wo er von nun an 25 Jahre lang gastierte. Es folgten Engagements an der Mailänder Scala, der New Yorker Met und dem Teatro Colón in Buenos Aires. Schreier genoss Reisefreiheit, ohne der SED anzugehören. Als Grund, warum er nie die DDR dauerhaft Richtung Westen verlassen hatte, nannte er seine große Verbundenheit mit dem Musikleben und der Musiktradition Sachsens und Dresdens.[6]

Schreier erwarb sich insbesondere als Mozartsänger internationale Geltung, aber auch die Gestaltung der Evangelistenpartien der Passionen und Oratorien Johann Sebastian Bachs machte ihn weltweit bekannt. Sein Repertoire war breit gefächert; neben Oper, Lied und Oratorium, einem seiner Meisterbereiche, wirkte er auch im Operettenfach (etwa als Eisenstein in der Fledermaus). Als Sänger war Peter Schreier letztmals am 22. Dezember 2005 in Prag zu erleben. Danach beendete er seine internationale Gesangskarriere.

Bereits seit 1981 arbeitete er als Honorarprofessor und leitete internationale Meisterklassen für Gesang. Unter seinen zahlreichen Tonaufnahmen war das Album Peter Schreier singt Weihnachtslieder mit rund 1,4 Millionen Exemplaren der mit Abstand meistverkaufte Tonträger in der Geschichte der DDR. Legt man die in der heutigen Zeit geltenden Vergaberichtlinien des Verbands der deutschen Musikindustrie, in der letztmals geänderten Fassung vom 1. Oktober 2003 zugrunde, so wäre dieser Tonträger heutzutage mit 14 Mal Gold, und 1 Mal Platin ausgezeichnet worden.[7]

Als Dirigent arbeitete er u. a. mit den Berliner Philharmonikern, den Hamburger Symphonikern, der Staatskapelle Dresden, den Wiener Symphonikern, dem Mozarteum-Orchester Salzburg, dem Gürzenich-Orchester, dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg und dem Los Angeles Philharmonic Orchestra zusammen.

Von 1984 bis 1990 war Schreier Präsident des „Kuratoriums Schauspielhaus Berlin“ (später Konzerthaus Berlin). Er war Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste.[8] Auf Vorschlag von Staatsopernintendant Hans Pischner wurde Schreier 2004 zum ordentlichen Ehrenmitglied der Europäischen Kulturwerkstatt (EKW) berufen.

Schreier lebte in Dresden-Loschwitz, war verheiratet und hatte zwei Söhne, Torsten (* 1958) und Ralf (* 1961), benannt nach dem schwedischen Tenor Torsten Ralf (1901–1954), der von 1935 bis 1945 an der Staatsoper Dresden wirkte.

Am 25. Dezember 2019 starb Schreier mit 84 Jahren nach langer Krankheit in einem Dresdner Krankenhaus.[9]

Diskografie (Auswahl)

Als Sänger

Als Dirigent

  • Johann Sebastian Bach: Weihnachtsoratorium (Ausschnitte). Staatskapelle Dresden. MC, Eterna-Digital, (1985).
  • Johann Sebastian Bach: Johannes-Passion. Staatskapelle Dresden. Newton Classics (Membran), 2011.
  • Johann Sebastian Bach: Zwei Hochzeitskantaten, BWV 202 & 210. (Weichet nur, betrübte Schatten / O holder Tag, erwünschte Zeit). Kammerorchester Berlin. Brilliant Classics, (ca. 2000).
  • Johann Sebastian Bach: Weltliche Kantaten, BWV 204 & 208. (Was mit behagt, ist nur die muntre Jagd / Ich bin in mir vergnügt). Brilliant Classics, (ca. 2000).
  • Joseph Haydn: Die Schöpfung. Hob. XXI:2. DVD. Arthaus Musik, 1992.

Auszeichnungen

Schreier erhielt unter anderem den Nationalpreis der DDR 1. Klasse (1986) und das Bundesverdienstkreuz. Weiterhin wurde ihm dreimal der Titel Kammersänger verliehen (DDR, Bayern, Österreich), und er wurde zum Ehrenbürger von Meißen ernannt.

Filmdokumentationen

  • Peter Schreier – Ein Film von Wolf-Eberhard von Lewinski. 60 Min., Produktion SR, Ausstrahlung im Ersten Programm am 30. April 1978.
  • Peter Schreier singt – Lieder von J. S. Bach, Mozart, Beethoven, Schubert und Brahms. Aufzeichnung eines Liederabends im Sendesaal des SR am 20. November 1977. Am Klavier: Norman Shetler, Regie: Peter Rocholl, Ausstrahlung im Ersten und in den Dritten Programmen der ARD 1978.
  • Peter Schreier – Alles hat seine Zeit. 83 Min., Regie und Produktion Heide Blum. D 2006.[14]
  • Lebensläufe: Peter Schreier – Stimmwunder und Weltbürger, Dokumentarfilm - Produktion, Drehbuch und Regie: Heike Bittner (D 2015)

Literatur

  • Gottfried Schmiedel: Peter Schreier für Sie porträtiert. VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig, Leipzig 1976.
  • Peter Schreier: Aus meiner Sicht. Gedanken und Erinnerungen, Union-Verlag, Berlin 1983.
  • Jürgen Helfricht: Peter Schreier – Melodien eines Lebens. Verlag der Kunst Dresden, Husum 2008, ISBN 978-3-86530-109-3.
  • Renate Rätz: Schreier, Peter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Manfred Meier (Bearbeiter), Peter Schreier: Im Rückspiegel: Erinnerungen und Ansichten, aufgezeichnet von Manfred Meier, Wien: Ed. Steinbauer 2005, ISBN 3-902494-04-2.
  • Siegfried Meurer: Die Stiftung Bibel und Kultur 1988 – 2000, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2001 ISBN 3-438-06259-3.
  • Schreier, Peter. In: K. J. Kutsch, L. Riemens: Großes Sängerlexikon, Band 6, K. G. Saur, München 2003, ISBN 3-598-11598-9, S. 4269–4270.
  • Matthias Herrmann (Hrsg.): Begegnungen mit Peter Schreier, Sax-Verlag, Beucha 2020, ISBN 978-3-86729-263-4.

Weblinks

Commons: Peter Schreier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tenor Peter Schreier mit 84 Jahren in Dresden gestorben. Die Zeit online vom 26. Dezember 2019, abgerufen am 26. Dezember 2019.
  2. BR-Klassik vom 26. Dezember 2019: Zum Tod des Tenors Peter Schreier. Evangelist und Wagner-Tenor, von Matthias Keller, abgerufen am 26. Dezember 2019
  3. Begegnungen mit Rudolf Mauersberger. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1977, S. 75.
  4. Volker Blech: Peter Schreier, der Evangelist für Generationen. Berliner Morgenpost, 13. September 2015, abgerufen am 26. Dezember 2019.
  5. Peter Schreier. klassik-heute.com, abgerufen am 27. Dezember 2019.
  6. Tenor Peter Schreier ist tot. zeit.de, 26. Dezember 2019, abgerufen am 27. Dezember 2019.
  7. IFPI: Vergaberichtlinien des Verbands der deutschen Musikindustrie (Memento vom 28. März 2010 im Internet Archive) abgerufen am 22. April 2009
  8. Peter Schreier in: Sächsische Akademie der Künste, abgerufen am 28. Juni 2020
  9. Dresdner Kammersänger Peter Schreier ist tot maz-online.de, 26. Dezember 2019.
  10. Neues Deutschland, 2. Mai 1984, S. 2.
  11. Royal Academy of Music: Ton Koopman awarded Bach Prize (2014).
  12. Mendelssohn-Preis vergeben. In: Saarbrücker Zeitung vom 8. Juli 2011, S. B5.
  13. Tillich überreicht Sächsischen Verdienstorden, abgerufen am 1. Juni 2016.
  14. Inhaltsangabe zum Film Alles hat seine Zeit heide-blum.de