Witold Lutosławski

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Witold Lutosławski 1991

Witold Lutosławski ([ˈvitɔld lutɔsˈwafski]; * 25. Januar 1913 in Warschau; † 7. Februar 1994 ebenda) war ein polnischer Komponist und Dirigent.

Ausbildung

Lutosławski wuchs in einer musikalischen Familie auf. Schon früh bekam er privaten Klavier- und Violinunterricht, danach am Staatlichen Konservatorium Warschau (heute Fryderyk-Chopin-Universität für Musik) regulären Musiktheorieunterricht. Bei Witold Maliszewski, einem Schüler von Rimski-Korsakow, lernte er Komposition. Parallel zu der musikalischen Ausbildung betrieb Lutosławski ein mathematisch-naturwissenschaftliches Studium. In Musik und Mathematik fand er viele Gemeinsamkeiten, die nicht ohne Folgen für seine kompositorische Laufbahn blieben.

Komponist und Musiker

Witold Lutosławski

Lutosławski wählte den Weg des Berufskomponisten. Erste herausragende Kompositionen sind die Sinfonischen Variationen (1938). Sein Plan, in Paris zu studieren, scheiterte am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Nach der Flucht aus deutscher Gefangenschaft schlug er sich in Warschau als Pianist durch. Zusammen mit seinem Komponistenkollegen Andrzej Panufnik gründete er ein Klavierduo, mit dem er in den Warschauer Cafés auftrat und sich damit an der einzig möglichen Form öffentlichen Musizierens während des Krieges beteiligte.

Nach dem Krieg entstand die Erste Sinfonie, die im stalinistischen Polen als formalistisch bezeichnet und verboten wurde. Um sich über Wasser zu halten, schrieb Lutosławski viel Gebrauchsmusik; Werke für Rundfunk, Film, Theater und zahlreiche Lieder für Kinder.

Das Jahr 1954 und das kulturpolitische Tauwetter in Polen eröffneten für Lutosławski neue Experimentiermöglichkeiten. Er bediente sich u. a. serieller (z. B. in Trauermusik) und aleatorischer Techniken (z. B. in Jeux vénitiens). Mit seinen Kompositionen gastierte er nicht nur regelmäßig auf dem Festival Warszawska Jesień (dt. „Warschauer Herbst“), sondern wurde auch Jurymitglied der Komponistenwettbewerbe in Moskau, Ost-Berlin, Helsinki, Salzburg, Straßburg, Donaueschingen, Rom und Lüttich.

Dirigent

In den 1960er Jahren begann Lutosławskis Tätigkeit als Dirigent. Von der Zusammenarbeit mit dem Orchester erhoffte er sich einerseits eine bessere Anpassung seiner Werke an die Möglichkeiten des Orchesterapparates, andererseits fand er darin neue Impulse für seine kompositorische Praxis.

Pädagoge

1962, während des Aufenthalts in den USA, leitete Lutosławski Kompositionskurse. Dort lernte er Komponisten wie Edgar Varèse, Milton Babbitt und Lejaren Hiller kennen.

In den 1970er und 1980er Jahren schränkte Lutosławski seine Tätigkeit immer mehr auf das Dirigieren eigener Kompositionen ein. Bis zu seinem Lebensende war er regelmäßiger Gast auf den Konzertbühnen weltweit und starb als ein international anerkannter und mit vielen Preisen geehrter Komponist und Musiker.

Preise, Auszeichnungen und Ehrungen

Preise

Ehrenauszeichnungen

Ehrendoktorwürden

Ehrenmitgliedschaften

Korrespondierende Mitgliedschaft

Werke (Auswahl)

  • Klaviersonate (1934), uraufgeführt am 16. Februar 1935 in Warschau
  • Sinfonische Variationen (1936–1938)
  • Variationen über ein Thema von Paganini für zwei Klaviere (1941)
  • Zwei Etüden für Klavier (1941)
  • Zwölf Volksmelodien für Klavier (1945), uraufgeführt am 22. Juli 1946 in Warschau
  • Erste Sinfonie (1941–1947)
  • Mała suita („Kleine Suite“) für Kammerorchester (1950); für Symphonieorchester (1951)
  • Tryptyk śląski („Schlesisches Triptychon“) für Sopran und Orchester (1951)
  • Bukoliki für Klavier (1952)
  • Konzert für Orchester (1950–1954)
  • Drei Stücke für die Jugend für Klavier (1953)
  • Tänzerische Präludien für Klarinette und Klavier (1954); für Klarinette und Kammerorchester (1955)
  • Trauermusik (1954–1958)
  • Jeux vénitiens (1960–1961)
  • Trois poèmes d’Henri Michaux für Chor und Orchester (1961–1963)
  • Streichquartett (1964)
  • Paroles tissées für Tenor und Kammerorchester (1965)
  • Zweite Sinfonie (1965–1967)
  • Inwencja („Invention“) für Klavier (1966)
  • Livre pour orchestre (1968)
  • Konzert für Violoncello und Orchester (1969–1970)
  • Präludien und Fuge für 13 Solostreicher (1970–1972)
  • Sacher-Variation für Cello solo (1975)
  • Les espaces du sommeil für Bariton und Orchester (1974–1975)
  • Mi-parti für Orchester (1975–1976)
  • Novelette für Orchester (1978–1979)
  • Doppelkonzert für Oboe, Harfe und Streichorchester (1979–1980), ein Auftragswerk von Paul Sacher
  • Grave – Metamorphosen für Cello und Klavier (1981)
  • Mini-Ouvertüre für Blechbläser (1982)
  • Dritte Sinfonie (1981–1983)
  • Chain I für Kammerensemble (1983)
  • Partita für Violin und Klavier (1984)
  • Chain II. Dialog für Violine und Orchester (1983–1985), ein Auftragswerk von Paul Sacher
  • Chain III für Orchester (1986)
  • Fanfare für Louisville für Bläser und Schlagzeug (1986)
  • Fanfare für CUBE (1986)
  • Konzert für Klavier und Orchester (1987–1988)
  • Chantefleurs et chantefables für Sopran und Orchester (1989–1990)
  • Vierte Sinfonie (1988–1992)

Audio-CD

  • Manfred Sapper und Volker Weichsel (Hrsg.): Witold Lutosławski. Ein Leben in der Musik. Berlin 2012, ISBN 978-3-8305-3111-1.

Trivia

Die Titelmusik des ZDF-Magazins (1969–1988) entstammte dem 1. Satz („Intrada“) des 1950–1954 entstandenen Konzertes für Orchester von Witold Lutosławski,[2][3] in welchem das Motiv nach etwa zwei Minuten erstmals erklingt. So modern und atonal es wirkt, erscheint doch bereits 180 Jahre zuvor ein sehr ähnliches Motiv kurz in einem Werk von Carl Philipp Emanuel Bach, nämlich in der Hamburger Sinfonie Nr. 5 in h-Moll (Wq 182 / H 661) wenige Takte nach Beginn des 3. Satzes.

Literatur

  • Danuta Gwizdalanka, Krzysztof Meyer: Witold Lutosławski. Wege zur Meisterschaft. Aus dem Polnischen von Christina Marie Hauptmeier. Pfau, Saarbrücken 2014.
  • Martina Homma: Witold Lutosławski. Zwölfton-Harmonik – Formbildung – „aleatorischer Kontrapunkt“. Bela, Köln 1996.
  • Lisa Jakelski, Nicholas Reyland (Hrsg.): Lutosławski’s Worlds. The Boydell Press, Woodbridge 2018.
  • Zbigniew Skowron (Hrsg.): Lutosławski Studies. Oxford University Press, Oxford/New York 2001.

Weblinks

Commons: Witold Lutosławski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. ISCM Honorary Members
  2. Berliner Philharmoniker − das magazin. März/April 2009, S. 19.
  3. ZDF-Magazin, Vorspann von 1980 auf YouTube.