Pfalz Seligenstadt

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Die Pfalz Seligenstadt war eine mittelalterliche Pfalz in Seligenstadt im Landkreis Offenbach in Hessen.

Die mainseitige Mauer des Palas mit romanischen Fenstern
außenseitige Mauer des Palas
innenseitige Mauer des Palas
romanisches Fenster

Geschichte

Seligenstadt besitzt eine lange Siedlungsgeschichte. Nach der Aufgabe des römischen Kastells Seligenstadt ist noch eine alamannische Besiedlung durch archäologische Funde greifbar, wobei nicht gesagt werden kann, ob eine Siedlungskontinuität bis in das Mittelalter bestand. Der Ort wird erstmals 815 als Obermühlheim (Mulinheim-superior) in einer Schenkungsurkunde Ludwigs des Frommen an Einhard erwähnt. Dieser ließ hier als Ersatz für das Kloster in Steinbach eine Basilika errichten.

Der Gründungszeitpunkt der Kaiserpfalz in Seligenstadt ist unsicher. Aus dem Jahr 1188 ist eine Urkunde Kaiser Friedrich Barbarossas bekannt, die er anlässlich eines Hoftages in Seligenstadt ausfertigte.[1] Das ist aber kein Beleg für eine Königspfalz. Der Hoftag kann auch in der nahe gelegenen Abtei Seligenstadt stattgefunden haben. Gesichert ist die Pfalzanlage erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts unter Kaiser Friedrich II. Sie liegt direkt am Mainufer an der alten Mainstraße, möglicherweise an Stelle älterer Gebäude oder eines Dominialhofes, war per Schiff von Frankfurt oder Mainz aus bequem zu erreichen und ermöglichte die Jagd im kaiserlichen Bannforst des Vorderen Spessart. Im 13. Jahrhundert wird die Pfalz als castrum erwähnt, aus dem 14. Jahrhundert liegen Nennungen des Gebäudes als keysirhaus oder rotes Schloß vor.

Für eine Errichtung zwischen 1181 und 1188 durch Barbarossa wird eine Ähnlichkeit der erhaltenen Säulen der nördlichen Fenstergruppe mit dem 1186–87 erbauten Romanischen Haus in Seligenstadt, dem zwischen 1170 und 1180 errichteten Maulbronner Krankenhausgang[2], dem bis ca. 1170 erbauten Landgrafenhaus auf der Wartburg und dem 1175 errichteten Hôpital Saint-Jean in Angers[3] angeführt. Der Ursprungsbau könnte nach einem Brand anschließend mit geringfügigen Veränderungen wieder aufgebaut worden sein, da sich am inneren Mauerwerk und an Säulen, die im Lapidarium des Prälatur-Museums Seligenstadt aufbewahrt werden, Brandspuren ablesen lassen; einige Fenster könnten dabei unter den originalen Überfangbögen erneuert und die beiden erhaltenen Portale eingefügt worden sein, deren Steinmetzarbeiten in die Zeit um 1210–1220 weisen.[4]

1460 wurde die Pfalz (erneut) durch einen Brand zerstört, die Ruine des Palas bereits 1462 aufgrund der Mainzer Stiftsfehde in die Mainfront der Stadtmauer einbezogen. Weitere Zerstörungen folgten im Dreißigjährigen Krieg. Das Areal, das die Pfalz ursprünglich einnahm, wurde nachfolgend teilweise überbaut. Deshalb lässt sich heute über den ursprünglichen Gebäudebestand der Anlage nur wenig sagen. Eine eigenständige Befestigung der Pfalz war anscheinend nicht vorhanden.

Palas

Erhalten blieb von der Anlage lediglich die mainseitige Front des Palas, die in die Stadtmauer einbezogen wurde. Der heutige Zustand der Fassade geht auf Untersuchungen und Restaurierungen in den Jahren 1883 und 1938 zurück. Sie besteht aus Quadern aus rotem Mainsandstein. Das Gebäude, dessen Schaufront zum Main sie bildete, war rechteckig (19 × 46 m), zweigeschossig und mit Schiefer gedeckt.

Das obere Geschoss hatte mainseitig einen Söller, der als Aussicht zum Fluss und Verbindung der Räume des Obergeschosses untereinander diente. Das Erdgeschoss des Gebäudes ist weitgehend schmucklos und bestand aus einer großen, zweischiffigen Halle mit Mittelstützen und Balkendecke. Das Obergeschoss ist dagegen mit mehreren romanischen Tür- und Fensteröffnungen aufwändig gestaltet. Aus diesen wird auf die Raumaufteilung des Obergeschosses geschlossen: An beiden Enden wird je ein Raum rekonstruiert, der die gesamte Gebäudetiefe einnahm. Der nordwestliche Raum wird als Festsaal gedeutet, der südöstliche als Kemenate. In der Mitte wird der Schlafraum angenommen, sowie eventuell noch kleinere Räume.

Literatur

  • Rainer Atzbach: Das Palatium in Seligenstadt – Ein Schloßbau Friedrichs I. Barbarossa. Förderkreis Historisches Seligenstadt, 1996.
  • Gerd Braun: Die staufische Jagdpfalz Seligenstadt am Main. Zur Herkunft, Plan- und Raumstruktur des Kaiserhauses. In: Arx, Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol, herausgegeben vom Südtiroler Burgeninstitut, 2/2017 (39. Jg.), Bozen 2017, S. 35–42, ISSN 0394-0624.
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Hessen I. Regierungsbezirke Gießen und Kassel. (Bearb.: Folkhard Cremer u. Tobias Michael Wolf), 3. Aufl., München 2008.
  • Georg Ulrich Großmann: Südhessen. Kunstreiseführer. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-935590-66-0, S. 169.
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 412.
  • Tobias Picard: Königspfalzen im Rhein-Main-Gebiet: Ingelheim – Frankfurt – Trebur – Gelnhausen – Seligenstadt. In: Heribert Müller (Hrsg.): „...Ihrer Bürger Freiheit“ – Frankfurt am Main im Mittelalter. Beiträge zur Erinnerung an die Frankfurter Mediaevistin Elsbet Orth. Kramer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 9783782905442, S. 19–73.
  • Rolf Müller (Hrsg.): Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990, ISBN 3-89214-017-0, S. 329.
  • Dagmar Söder: Kulturdenkmäler in Hessen. Kreis Offenbach. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1987, ISBN 3-528-06237-1 (=Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland), S. 350f.
  • Thomas Wurzel: Kulturelle Entdeckungen Südhessen. Landkreise Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Odenwaldkreis und Offenbach, Städte Darmstadt und Offenbach. Herausgegeben von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. 2. Auflage, Schnell & Steiner, Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-2013-0, S. 270–272.

Weblinks

Commons: Pfalz Seligenstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Peter Koblank: Vertrag von Seligenstadt 1188 auf stauferstelen.net. Abgerufen am 12. April 2017.
  2. Günther Binding, Deutsche Königspfalzen, Darmstadt 1996, S. 394–396
  3. Gerd Braun: Die staufische Jagdpfalz Seligenstadt am Main. Zur Herkunft, Plan- und Raumstruktur des Kaiserhauses., S. 40–41
  4. Gerd Braun: Die staufische Jagdpfalz Seligenstadt am Main. Zur Herkunft, Plan- und Raumstruktur des Kaiserhauses., S. 42 m.w.H. auf Thomas Biller, Nachbemerkung zum Aufsatz Rainer Atzbachs von 1998 Das Palatium in Seligenstadt, Akten des 59. Int. Sachsensymposions und der Grundbprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im Mitteldonauraum, in: Uta von Freeden/Herwig Friesinger/Egon Wamers (Hrsg.), Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte Bd. 12, S. 461–480, Bonn 2009, S. 466

Koordinaten: 50° 2′ 41,4″ N, 8° 58′ 37,6″ O