Prozessökonomie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Prozessökonomie ist ein Begriff des Prozessrechts. Dabei geht es darum, zum einen den Nutzen eines Prozesses zu maximieren, zum anderen den Aufwand eines Prozesses sinnvoll zu begrenzen.

Die Umsetzung prozessökonomischer Erwägungen führt im Idealfall dazu, dass für die rechtssuchende Partei unter Einsparung vermeidbarer Verfahrenskosten ein möglichst schnelles Ergebnis erlangt wird, während für die Gerichte der finanzielle und personelle Aufwand reduziert wird. Für die Frage der Prozessökonomie steht indes primär nicht der Einzelprozess, sondern die Gesamtheit von Prozessen (der Prozess als Institution) im Vordergrund. So kann beispielsweise ein obiter dictum bezüglich Dauer des Einzelprozesses hinderlich erscheinen, gleichzeitig aber dazu führen, dass aufgrund der darin geklärten Rechtsfragen weitere Prozesse vermieden werden können.

Eine prozessökonomische Optimierung kann parallel zum wirtschaftlichen Verständnis entweder dadurch erreicht werden, dass der Nutzen eines Rechtsprozesses (bzw. des Prozesses als Institution) erhöht oder aber sein Aufwand reduziert wird. Der Nutzen kann näherungsweise als Maß der Erforschung der materiellen Wahrheit angesehen werden. Dies gilt unmittelbar im Strafprozess, wo die Justiz an die Offizial- und die Untersuchungsmaxime gebunden ist; im Zivilprozess wird hingegen aufgrund der Dispositions- und Verhandlungsmaxime die materielle Wahrheit lediglich mittelbar angestrebt (zum Teil wird hier auch von formeller Wahrheit gesprochen). Der Aufwand eines Prozesses lässt sich insb. in monetären wie zeitlichen Aufwand unterteilen, wobei die verstrichene Zeit ebenfalls eine monetäre Komponente hat (z. B. Anwalts- und Gerichtskosten basierend auf aufgewendeten Arbeitsstunden), sich aber nicht in dieser erschöpft (der Zeitfaktor ist auch ein Gerechtigkeitsfaktor).

Eine gesetzliche oder sonst allgemein anerkannte Definition des Begriffes gibt es nicht, dennoch findet sich der Ausdruck vermehrt in Gesetzesmaterialien wie auch gerichtlichen Erwägungen. Es besteht keine Einigkeit darüber, ob es sich bei dem Gebot prozessökonomischen Vorgehens um einen allgemeinen Verfahrensgrundsatz handelt. Abgeleitet wird das Gebot bzw. der Grundsatz sowohl vom (verfassungsmäßigen) Verhältnismäßigkeitsprinzip bzw. auch vom (ungeschriebenen) Verfahrensgrundsatz der Zweckmäßigkeit.

Unbestritten erscheint, dass etliche Vorschriften der einzelnen Verfahrensordnungen auf prozessökonomischen Erwägungen beruhen, etwa die Regelungen über die Klageänderung im Zivilprozess, oder die Regelungen zur Absprache im Strafprozess.

Literatur

  • Jonas Hyckel: Prozessökonomie - Theorie und Methodik effizienter Rechtserkenntnis im Verwaltungsprozess. Nomos, Baden-Baden 2020, ISBN 978-3-7489-0576-9
  • Beat Brändli: Prozessökonomie im schweizerischen Recht. Grundlagen, bundesgerichtliche Rechtsprechung und Auswirkungen im Zivilprozess. (= Abhandlungen zum schweizerischen Recht. 794). Stämpfli, Bern 2013, ISBN 978-3-7272-0090-8.
  • Christoph von Mettenheim: Der Grundsatz der Prozeßökonomie im Zivilprozess. Duncker & Humblot, Berlin 1970, DNB 457587474.

Siehe auch