Prozessmaxime

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Die Prozessmaximen (auch Prozessgrundsätze) bilden die Grundsätze des jeweiligen Verfahrensrechtes des Prozessrechts.

Je nach Verfahrensart greifen unterschiedliche Maximen. Diese bestimmen sich nach dem Telos (Verfahrenszweck) der behandelten Streitigkeit bzw. des unstreitigen Verfahrens. Rechtshistorisch sind die Prozessmaximen stets im Fluss gewesen. Es lassen sich folgende Prozessgrundsätze unterscheiden. Teilweise leiten sich die geltenden Prozessmaximen aus der Verfassung her.

Im Einzelnen lassen sich folgende Prozessgrundsätze einander gegenüberstellen (unter Angabe von Anwendungsbeispielen aus den geltenden deutschen Prozessordnungen):

Phase des Prozesses Grundsatz Gegenbegriff
Einigungsphase, Vermeidung des Prozesses Verwaltungsangelegenheiten: Pflicht zu Vorverfahren; Zivile Streitigkeiten: § 15a EGZPO, Mahnverfahren
Einleitungsphase, Beginn des Prozesses Dispositionsmaxime = Verfügungsgrundsatz (Zivilprozess, Verwaltungsprozess) Offizialmaxime (Strafprozess, Ausnahme: Privatklage); Legalitätsprinzip, Ausnahme: Opportunitätsprinzip
Vorbereitungsphase, Sammlung des Prozessstoffes; (z. B. Strafprozess: Ermittlungsverfahren; Zivilprozess: § 272 ff. ZPO) Verhandlungsgrundsatz = Beibringungsgrundsatz, formeller Wahrheitsbegriff (Zivilprozess) Amtsermittlungsgrundsatz, Inquisitionsmaxime = Untersuchungsgrundsatz; materieller Wahrheitsbegriff (Verwaltungsprozess, Strafprozess)
Durchführungsphase, Verhandlung des Prozessstoffes Grundsatz der Öffentlichkeit (Zivilprozess, Strafprozess, Verwaltungsprozess) Nichtöffentlichkeit (z. B. Strafprozess gegen Jugendliche, gewisse Familienstreitigkeiten (Vaterschaftsklage))
Mündlichkeit, Grundsatz Schriftlichkeit, Ausnahme; (vor allem in (amtsgerichtlichen) Zivilprozesses praktisch die Regel)
Unmittelbarkeitsprinzip (z. B. § 309 ZPO) Mittelbarkeit (Ein Zwang zur Unmittelbarkeit ist vor allem nicht in öffentlichen Verwaltungsangelegenheiten gegeben.)
Beschleunigungsgrundsatz der §§ 198 ff. GVG
Überprüfungsphase, Fehlerkontrolle und -beseitigung Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (sämtliche deutsche Prozessordnungen)
Recht auf den gesetzlichen Richter
Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), Grundsatz der Waffengleichheit (Zivilprozess)
Umsetzungs- bzw. Vollstreckungsphase
Verschiedene Phasen Objektivitätsprinzip der Staatsanwaltschaft, § 160 Abs. 2 StPO
Amtsbetrieb Parteibetrieb
Akkusationsprinzip = Anklagegrundsatz Inquisitorischer Prozess = Einleitung und Durchführung des Verfahrens durch die gleiche Instanz
Konzentrationsgrundsatz (sämtliche deutsche Prozessordnungen)
kontradiktorisches Verfahren = streitiges Verfahren (Zivilprozess, Verwaltungsprozess) unstreitiges Verfahren = Verfahren ohne Parteirollen (Strafprozess, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Verfahren der Verfassungsbeschwerde)

Literatur

  • Helmut Schnellenbach: Grundsätze des gerichtlichen Verfahrens. In: Juristische Arbeitsblätter, 1995, S. 785 ff.