Richter kraft Auftrags

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Richter kraft Auftrags ist nach deutschem Recht eine besondere Art des Richterverhältnisses, in dem ein Berufsrichter steht. Dies ergibt sich aus § 8 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG). Danach können Berufsrichter nur in ein Richterverhältnis auf Lebenszeit, auf Zeit, auf Probe oder kraft Auftrags berufen werden.

Zum Richter kraft Auftrags kann nach § 14 DRiG ein Beamter auf Lebenszeit oder auf Zeit ernannt werden, wenn er später als Richter auf Lebenszeit berufen werden soll. Die Begründung eines Richterverhältnisses kraft Auftrags ist daher letztlich auf die Beendigung des Beamtenverhältnisses angelegt.

Mit der Ernennung des Beamten zum Richter kraft Auftrags wird ein neues, vom Beamtenverhältnis wesensverschiedenes Dienstverhältnis begründet. Die Besonderheiten des Richterverhältnisses liegen in der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit der Richtertätigkeit nach Art. 97 des Grundgesetzes (GG). Das lässt es nicht zu, dass abgeordnete Beamte im weisungsgebundenen Beamtenverhältnis Recht sprechen. Deshalb sieht das Gesetz in den Paragrafen 8 und 14 DRiG für Beamte, die später als Richter auf Lebenszeit verwendet werden sollen, den Status des Richters kraft Auftrags vor. Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, schreibt das Gesetz vor, dass für die Dauer des Richterverhältnisses kraft Auftrags die Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis mit Ausnahme bestimmter nachwirkender Pflichten von Gesetzes wegen ruhen, so § 15 Absatz 1 Satz 3 DRiG. Sein bisheriges Amt kann und darf der Beamte so lange nicht weiterführen, wie er als Richter Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt wahrnimmt, § 4 Absatz 1 DRiG. Formal behält der Richter kraft Auftrags aber sein bisheriges Amt. Seine Besoldung und Versorgung bestimmen sich nach diesem Amt, nicht nach dem im Auftragswege übertragenen Richteramt. Im Übrigen ruhen jedoch nach § 15 DRiG für die Dauer des Richterverhältnisses kraft Auftrags die Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis mit Ausnahme der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots der Annahme von Geschenken. Wird das Richterverhältnis zu einem anderen Dienstherrn begründet als demjenigen, zu dem das Beamtenverhältnis besteht, so ist auch dieser zur Zahlung der Dienstbezüge verpflichtet, § 15 Absatz 2 DRiG.

Insgesamt sichern die dargestellten Regelungen zwar die sachliche Unabhängigkeit (Weisungsfreiheit) des Richters kraft Auftrags, lassen jedoch die persönliche Unabhängigkeit wie beim Richter auf Lebenszeit fehlen, sodass keine vollständige Unabhängigkeit des Richters kraft Auftrags im Sinne von Artikel 97 GG besteht.

Deshalb ist nach § 16 Absatz 1 Satz 1 DRiG ein Richter kraft Auftrags spätestens zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Richter kraft Auftrags zum Richter auf Lebenszeit zu ernennen oder einem Richterwahlausschuss zur Wahl zum Richter auf Lebenszeit vorzuschlagen. Lehnt der Richter die Ernennung ab, so endet nach § 16 Absatz 1 Satz 2 DRiG das Richterverhältnis kraft Auftrags.

Nach § 19a Absatz 2 DRiG führen Richter kraft Auftrags während der Dauer ihrer richterlichen Tätigkeit im Dienst die Bezeichnung Richter mit einem das Gericht bezeichnenden Zusatz, also z. B.

Zum Stichtag 31. Dezember 2018 gab es nach Vollzeitäquivalenten in Deutschland etwa 125 Richter kraft Auftrags. Dies entspricht 0,59 Prozent der gesamten Richterschaft.[1]

Literatur

  • Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 1993, Aktenzeichen 6 P 19/91, Neue Juristische Wochenschrift 1993, Seite 2455
  • Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. April 2012, Aktenzeichen 1 L 30/12

Einzelnachweise

  1. Richterstatistik 2018. (PDF) Bundesamt für Justiz, 15. November 2019, abgerufen am 8. September 2020.