Rinat Achmetow
Rinat Achmetow (2013) | |
Kyrillisch (Ukrainisch) | |
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Рінат Леонідович Ахметов | |
Transl.: | Rinat Leonidovyč Achmetov |
Transkr.: | Rinat Leonidowytsch Achmetow |
Kyrillisch (Russisch) | |
Ринат Леонидович Ахметов | |
Transl.: | Rinat Leonidovič Achmetov |
Transkr.: | Rinat Leonidowitsch Achmetow |
Rinat Leonidowytsch Achmetow (ukrainisch Рінат Леонідович Ахметов, russisch Ринат Леонидович Ахметов ‚Rinat Leonidowitsch Achmetow‘; * 21. September 1966 in Donezk) ist ein ukrainischer Unternehmer und Politiker tatarischer Herkunft. Mit einem Vermögen von geschätzten 4,2 Mrd. US-Dollar (2022)[1] ist Achmetow der reichste Mensch der Ukraine, er gilt auch als der einflussreichste Oligarch des Landes.
Er gab am 11. Juli 2022 bekannt, seine Media Group Ukraine werde alle TV- und Print-Lizenzen dem Staat überschreiben und die Internetmedien einstellen.[2][3]
Leben
Achmetow wurde als Sohn eines Bergmanns und einer Verkäuferin in Donezk geboren. Er studierte an der Donezker Universität Wirtschaft, war 1995 Mitbegründer der Dongorbank in Donezk und stieg binnen kurzer Zeit an die Spitze eines der drei großen Geld-Clans der Ukraine auf.[4] Achmetow ist ehemaliger Profiboxer.[5] Als Chef der Beteiligungsgesellschaft System Capital Management (SCM) kontrollierte Achmetow 2012 mit seinem Firmengeflecht aus über 100 Unternehmen große Teile der ostukrainischen Stahl- und Kohleindustrie; die zu SCM gehörenden Firmen beschäftigen gemeinsam etwa 300.000 Menschen und erreichten 2012 einen Umsatz von 23,47 Milliarden US-Dollar. Der zu SCM gehörende Kohle- und Stromerzeuger DTEK beschäftigte allein etwa 140.000 Personen, kontrollierte fast die Hälfte des gesamtukrainischen Kohlemarktes und deckte ein Drittel der ukrainischen Stromproduktion sowie 40 Prozent der Verteilerkapazitäten.[6] Nach dem Erwerb des Mariupoler Metallkombinats im Juli 2010 stieg die zu System Capital Management gehörende Metinvest-Gruppe zum größten Stahlhersteller der GUS auf[7].
Am 24. Februar 2022 begannen russische Streitkräfte auf Befehl von Staatspräsident Putin den russischen Überfall auf die Ukraine. Mariupol wurde während der Belagerung von Mariupol stark zerstört. Hunderte Zivilisten und Soldaten flüchteten in das Asow-Stahlwerk; russische Truppen beschossen es wochenlang. Der Betrieb des Eisen- und Stahlwerks Iljitsch Mariupol wurde im April 2022 ausgesetzt. In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte Rinat Achmetow, dass „russische Truppen Mariupol in Schutt und Asche verwandeln, Einwohner von Mariupol töten und die Werke bombardieren. Unter keinen Umständen werden diese Werke unter russischer Besatzung betrieben“[8].
Auch in der Lebensmittelindustrie und im Transportgewerbe war oder ist Achmetow führend. Außerdem besitzt er eine eigene Fluggesellschaft mit zwei Airbus A319-100[9] und hat großen Einfluss auf die regionalen Medien. Im Juni 2011 verkündete er mit seinem Geschäftspartner Wadim Nowinskij und dessen „Smart-Holding“ den Einstieg in den Landwirtschaftsmarkt. Hierzu gründeten sie die HarvEast Holding, die unter anderem 2.000 Quadratkilometer Land besitzt.
Seit 1996 ist er Präsident des Fußballclubs Schachtar Donezk. Mit massiver finanzieller Unterstützung hat Achmetow Schachtar neben Dynamo Kiew zum führenden ukrainischen Fußballverein gemacht, der regelmäßig sogar in der Champions League spielt. Als ein Geschenk an die Stadt wurde im Stadtzentrum ein neues Fünfsternestadion nach internationalen Standards gebaut, wofür einige Hektar Stadtwald abgeholzt wurden. Die Donbass Arena wurde am 29. August 2009 eröffnet.
Von August 2014 bis zum Verlust der Kontrolle über das Stadion im Jahr 2017 diente das Heimstadion des Vereins, die Donbass Arena, als ein Zentrum für humanitäre Hilfe in Donezk[10]. Freiwillige luden die Lebensmittel aus, machten die einzelnen Sets und verteilten sie dort an Bedürftige[11]
Achmetow ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Im April 2011 kaufte er für rund 156 Millionen Euro eine der teuersten Wohnungen der Welt im Immobilienkomplex One Hyde Park im Londoner Stadtteil Knightsbridge.[12]
Gegen Achmetow wurde mehrfach wegen Korruption ermittelt. Die Ermittlungen wurden eingestellt.[13]
Im Jahr 2007 zog die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) diffamierende Aussagen aus einem früher veröffentlichten Artikel über Achmetows frühe Geschäftskarriere in den 1990er Jahren zurück und stellte fest, dass „es keine Verbindung zwischen Achmetow... und dem organisierten Verbrechen in der Ukraine gibt“ und „der wirtschaftliche Erfolg von Achmetow keineswegs auf kriminell erworbenem Startkapital basiert“[14][15].
Politik
Achmetow soll im ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf von 2004 die Kandidatur von Wiktor Janukowytsch finanziell unterstützt haben, was er allerdings nach dem Wahlsieg von Wiktor Juschtschenko bestritt. Unter der Präsidentschaft Juschtschenkos, seit Januar 2005, schien die starke Stellung Achmetows in der Region Donezk zunächst gefährdet. Mehrfach durchsuchten die Steuerbehörden seine Firmen und im April 2005 wurde sein Vertrauter Borys Kolesnikow zeitweise verhaftet. Während dieser Zeit hielt sich Achmetow für längere Zeit im Ausland auf. Erst eine im Herbst 2005 zwischen Juschtschenko und Janukowytsch getroffene Vereinbarung schuf wieder Sicherheit für Achmetow und er kehrte in die Ukraine zurück.[16]
Seit der Parlamentswahl vom März 2006 war Achmetow Abgeordneter der von Janukowytsch angeführten „Partei der Regionen“. Bei den vorgezogenen Wahlen 2007 gewann er erneut ein Mandat, zeichnete sich jedoch durch häufige Abwesenheit bei den Sitzungen des Parlamentes aus.[17] Bei den Präsidentschaftswahlen 2010 war sein Einfluss auf die Partei der Regionen nicht mehr ganz so groß. Dennoch gehörte er weiter zu den Hauptfinanziers des Wahlkampfes von Janukowytsch.[18] Bei den Parlamentswahlen 2012 kandidierte Achmetow nicht mehr für die Werchowna Rada.[19] Im Verlauf der Proteste des Euromaidan, die im Februar 2014 zum Sturz von Janukowytsch führten, distanzierte sich Achmetow sowohl von Janukowytsch wie auch von der Partei der Regionen.[20]
Wie der Oligarch selbst in einem Kommentar für Radio Free Europe/Radio Liberty anmerkte, beschränken sich seine Interessen auf drei Bereiche: Wirtschaft, Wohltätigkeit und Fußball. „Politik interessiert mich überhaupt nicht“[21].
Am 20. Mai 2014 sprach er sich im Zuge der Krise in der Ukraine in einer Videoansprache gegen die Separatisten aus, die er als „Banditen und Marodeure“ bezeichnete, und rief zu einem Warnstreik in dem Gebiet auf.[22][23] Da sich Achmetow in dem eskalierenden Konflikt nicht klar positionierte, geriet er in den folgenden Monaten zunehmend unter Druck. Während der Kämpfe in der Ostukraine wurden seinen Firmen gehörende Vermögenswerte zum Teil zerstört.[24]
Im November 2021 erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, er habe Kenntnis erhalten, wonach ein von Russland initiierter Staatsstreich stattfinden solle und es diesbezüglich Tonaufnahmen von Vertretern der russischen Administration und Achmetow gebe. Selenskyj gab an, Achmetow zur Rede stellen zu wollen, da nicht ausgeschlossen sei, dass Achmetow in die Putschabsichten „nur hereingezogen“ werden sollte und nicht involviert sei.[25]
Achmetow bestritt die Informationen über seine Beteiligung an dem Putsch und nannte sie „eine komplette Lüge“[26][27][28][29]
Vor dem Hintergrund der russischen Aggression und drohender Äußerungen Putins im Februar 2022 rief Rinat Achmetow die Regierung, die Wirtschaft und die Bürger der Ukraine auf, sich zusammenzuschließen, und kündigte an, dass SCM 1 Milliarde Hrywnja an Steuern im Voraus zahlen werde[30][31].
Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine gab er in einem Interview mit dem US-Magazin Forbes aus dem Hauptquartier von Metinvest in Mariupol an, dass er die Ukraine und ihre Bewohner unterstütze und hoffe, seine Investitionen in seine Unternehmen und in sein Land fortzusetzen, "no matter what dreadful scenarios we face"[32].
„Ich warte aufrichtig auf den Sieg der Ukraine“, ließ er am 9. März über das Magazin Forbes Ukraine verkünden und setzte ein aufrüttelndes Bekenntnis obenauf: „Putin hat jene Länder im Blick, in denen es Freiheit gibt und Demokratie und die unabhängig sind. Alle Länder der freien Welt sind potenzielle Ziele. Wenn ihn die Ukraine nicht aufhält, weiß keiner, wer der Nächste sein wird“[33][34].
Achmetow zufolge wird „ein totaler Waffenstillstand, ein vollständiger Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine und die vollständige Wiederherstellung der international anerkannten Grenzen der Ukraine, einschließlich der Krim und des Donbass“, ein „Sieg“ für die Ukraine sein.
Seine Stiftung hilft den Ukrainern beim Überleben, indem sie Wasser, Nahrung und Medikamente bereitstellt. SCM-Unternehmen helfen der Armee und den territorialen Verteidigungskräften[35].
Vom 24. Februar bis Anfang Mai 2022 überwiesen die Unternehmen von Rinat Achmetow, seine Stiftung und der Fußballklub Schachtar knapp 70 Mio. Euro für humanitäre Hilfe und Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte und Territorialverteidigung.[36]
Rinat Achmetov Stiftung
Am 15. Juli 2005 gründete Achmetov eine Stiftung, die soziale Benachteiligung in der ukrainischen Gesellschaft bekämpfen und soziale Entwicklungen fördern soll. Eine besonders geförderte Gruppe sind Kinder, die Hilfe in dringenden medizinischen Notsituationen benötigen oder als Waisen in eine neue Familie kommen.
Seit August 2014 arbeitet das humanitäre Zentrum „Aid + Help“ von Rinat Achmetow auf der Grundlage der Stiftung und leistet humanitäre Hilfe in Form von Nahrungsmitteln, Medikamenten und psychologischer Hilfe. Drei Jahre lang rettete das Hauptquartier rund 1,4 Millionen Menschen in der Ostukraine vor Tod, Hunger und Krankheit und wurde zur größten humanitären Mission des Landes.
Daneben erfolgte auch die Verteilung von 12,5 Millionen Nahrungssmittelpaketen sowie die Bereitstellung von 200 Rettungsfahrzeugen[37][38].
Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 haben die Unternehmen der SCM-Gruppe, die Rinat Achmetow-Stiftung und der Fußballklub Schachtar bis zum 4. April 2022 rund 1,4 Milliarden Hrywnja (48 Millionen US-Dollar) zur Hilfe des Staats und der Bürger überwiesen.[39][40][41]
Laut der britischen Zeitung Financial Times hat Rinat Achmetow seit Beginn des umfassenden Krieges der Russischen Föderation gegen die Ukraine 100 Millionen Euro zur Unterstützung der Streitkräfte und an humanitärer Hilfe für die Bevölkerung bereitgestellt.[42]
Im Juni 2022 erhob Rinat Achmetow beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Klage gegen die Russische Föderation auf Ersatz des Schadens, der seinem Vermögen durch die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine entstanden ist.[43][44][45]
Weblinks
- Yanukovich's inner circle, Kyiv Post, 24. Januar 2010
Einzelnachweise
- ↑ Ranking der sieben reichsten Ukrainer nach Vermögen im Jahr 2022. Abgerufen am 13. September 2022.
- ↑ spiegel.de 12. Juli 2022: Reichster Mann der Ukraine übergibt Medienimperium an die Regierung
- ↑ siehe auch spiegel.de 23. September 2021: Parlament beschließt umstrittenes Gesetz gegen Oligarchen
- ↑ Material über den Paten Rinat Akhmetov (Achmetow) und der Zusammenhang zur Fußball-Europameisterschaft 2012 in der Ukraine
- ↑ Schachtjor Donezk: Kreatives Kollektiv aus der Bergarbeiter-Stadt (Memento vom 19. Mai 2011 im Internet Archive), Stern vom 19. Mai 2009
- ↑ Das undurchsichtige Machtspiel des Fußball-Zaren, Die Welt vom 23. April 2014
- ↑ Ukraine-Nachrichten.de: "Metinvest" wird zur größten Metallurgiegesellschaft Osteuropas
- ↑ Ukrainians Flee Mariupol as Russian Forces Push to Take Port City
- ↑ [1]
- ↑ Separatist rebels seize factories and mines in eastern Ukraine
- ↑ .Donetsk: Donbass Arena becomes a humanitarian aid hub
- ↑ Teuerste Wohnung Londons verkauft. tagesspiegel.de, 23. April 2011, abgerufen am 22. Januar 2014
- ↑ https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-oligarchen-korruption-selenskij-1.5249388
- ↑ Der ukrainische Fussball als Spiegelbild der Politik
- ↑ Klarstellung zz. Im Artikel «Der ukrainische Fussball als Spiegelbild der Politik» (NZZ 16. 5. 07) ist ein falsches und missverständliches Bild von Rinat Achmetow gezeichnet worden
- ↑ Eine Region und ihre Partei. Die Partei der Regionen als Donezker Elitenprojekt Artikel von Kerstin Zimmer, Herausgegeben von der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen
- ↑ Seite des Abgeordneten Rinat Achmetow mit Auflistung der Initiativen, Auftritte und der Anwesenheit (Memento vom 7. Oktober 2011 im Internet Archive)
- ↑ Ukraine-Nachrichten: Einhundert Tage Präsidentschaft von Wiktor Janukowytsch
- ↑ Analyse der Parlamentswahlen 2012 in der Ukraine Bundeszentrale für Politische Bildung, 15. November 2012
- ↑ Der Oligarch, der zwischen Moskau und Kiew tanzt (Memento vom 6. September 2014 im Internet Archive), Artikel von Tomas Sacher in Cicero vom 15. April 2014
- ↑ Ахметов і нова партія: чи справді олігарх і його оточення можуть створити новий проєкт? (ОНОВЛЕНО)
- ↑ Reichster Oligarch ruft zum Widerstand gegen Separatisten auf
- ↑ FAZ.net: Der Pate ruft auf zum Widerstand
- ↑ Der kalte Krieg der Oligarchen, Die Welt vom 23. August 2014
- ↑ Selenskyj wirft Russland vor, Staatsstreich in der Ukraine zu planen. In: Der Spiegel. 26. November 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 26. November 2021]).
- ↑ Ахметов опроверг заявление Зеленского о возможном участии в госперевороте
- ↑ Ахметов ответил Зеленскому: Сделаю все, чтобы авторитаризма и цензуры в Украине не было
- ↑ Ахметов назвав закиди Зеленського на свою адресу «суцільною брехнею»
- ↑ Zoff mit den Oligarchen
- ↑ Ахметов закликає до єдності перед загрозою й оголошує про сплату СКМ податків наперед на 1 млрд грн
- ↑ Загроза вторгнення. Мільярдер Ахметов зробив заяву
- ↑ Luisa Kroll: Ukraine's richest man says he's doing everything he can to help his country and sparing no expense. In: Forbes. 10. März 2022, abgerufen am 15. März 2022.
- ↑ Der Strippenzieher
- ↑ «Неможливо говорити про це без сліз». Ахметов прокоментував блокаду Маріуполя
- ↑ Ukraine’s Richest Man Says He’s Doing Everything He Can To Help His Country, And Sparing No Expense
- ↑ Oligarchen im Spenden-rausch
- ↑ Rinat Achmetov Stiftung: 15 Jahresbericht. 2020, abgerufen am 15. März 2022.
- ↑ Oligarchen spielen, Achmetow gewinnt
- ↑ SCM Donates US$48 billion to Ukraine in 40 days
- ↑ SCM enterprises and the Akhmetov Foundation sent UAH 1.4 billion to help Ukraine
- ↑ Предприятия SCM и фонд Ахметова направили в помощь Украине 1,4 млрд грн
- ↑ Ukraine’s ‘lost’ oligarchs: from political power to wartime crowdfunders
- ↑ Ukraine’s richest man has filed a lawsuit against Russia
- ↑ Ukraine's richest man sues Russia
- ↑ Live news updates from June 27: G7 to impose new sanctions on Russian arms industry, Property developer Evergrande faces winding-up petition
Personendaten | |
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NAME | Achmetow, Rinat |
ALTERNATIVNAMEN | Achmetow, Rinat Leonidowytsch (vollständiger Name); Ахметов, Рінат Леонідович (ukrainisch); Ахметов, Ринат Леонидович (russisch) |
KURZBESCHREIBUNG | ukrainischer Unternehmer und Politiker tatarischer Herkunft |
GEBURTSDATUM | 21. September 1966 |
GEBURTSORT | Donezk |