4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division

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Polizei-Division
SS-Polizei-Division
4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division

Wappen der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division

Truppenkennzeichen
Aktiv 1. Oktober 1939 bis Frühjahr 1945
Staat Deutsches Reich NS Deutsches Reich
Streitkräfte Flag Schutzstaffel.svg Waffen-SS
Truppengattung Panzergrenadiere
Typ Division
Gliederung Siehe Gliederung
Kommandeur
Liste der Kommandeure

Die 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division, aufgestellt als Polizei-Division, später umbenannt in SS-Polizei-Division, war während des Zweiten Weltkrieges eine Panzergrenadier-Division der Waffen-SS, die sich ursprünglich aus abkommandierten Angehörigen der Ordnungspolizei zusammensetzte.

Geschichte

Auf Befehl Adolf Hitlers vom 18. September 1939 erfolgte die Aufstellung einer Polizei-Division aus Angehörigen der Ordnungspolizei. In seiner Funktion als Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei ordnete Heinrich Himmler am 1. Oktober 1939 die Aufstellung von Bataillonsstäben an. Die in drei Polizei-Schützenregimenter mit insgesamt neun Bataillonen gegliederte Polizei-Division wurde drei Monate lang auf dem Truppenübungsplatz Wandern ausgebildet und anschließend, ergänzt durch das vom Heer abgeordnete Artillerie-Regiment 300 und die Divisions-Nachrichten-Abteilung 300, Ende Februar 1940 an die Oberrheinfront verlegt.[1]

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Polizei-Division

Im Westfeldzug wurde die Polizei-Division Anfang Juni 1940 im Rahmen des XVII. Armeekorps[2] im Argonner Wald eingesetzt, insbesondere bei den Durchbruchskämpfen am 9. und 10. Juni 1940 in der Nähe von Rilly-sur-Aisne und Voncq. Nach dem Ende des Feldzuges blieb die Polizei-Division als Besatzungstruppe in Frankreich stationiert, wo sie unter Verjüngung ihres Personals zur Sturmdivision ausgebildet wurde. Zu diesem Zweck und zur Formierung eines Polizei-Artillerie-Regiments und einer Polizei-Nachrichten-Abteilung erhielt die Division 327 Offiziere und 9.599 Mannschaften aus dem 26.000 Mann-Kontingent, das der Ordnungspolizei an Ersatz zugebilligt worden war.[1]

Alfred Wünnenberg als Kommandeur des Polizei-Schützen-Regiments 3 in Nordrussland im November 1941[3]

Die Polizei-Division war beim Angriff auf die Sowjetunion im Bereich der Heeresgruppe Nord eingesetzt. Dort wurde sie nach ihrem Eintreffen aus Frankreich dem I. Armeekorps unterstellt und überschritt am 30. Juni 1941 die Grenze nach Litauen.[4] Nach einem Marsch von 1.000 km durchbrach sie bei Luga die zäh verteidigten Bunkerstellungen und trug so zur Einschließung Leningrads bei. Im Verlauf der Kämpfe fiel der Kommandeur der Division Generalleutnant Mülverstedt.[1] Bis zum 1. September 1941 hatte die Polizei-Division mehr als 1.000 Gefallene und über 2.000 Verwundete zu beklagen.[4] Nach der Eroberung Krasnogwardeisks Mitte September 1941 bezog die Division Stellung im Raum PuschkinPulkowo, um Leningrad von der Versorgung abzuschneiden. Nach Beginn der Wolchow-Schlacht wurde die Division auf Befehl Hitlers dorthin entsandt, um den sowjetischen Einbruch an der Nahtstelle zwischen der 16. und der 18. Armee abzuriegeln.[4]

SS-Polizei-Division

Auf Befehl vom 10. Februar 1942 (SS-FHA 604/42) wurde die Polizei-Division am 24. Februar 1942 in die Waffen-SS überführt.[1] Die Einheiten der Division führten nun den Zusatz SS, ihre Angehörigen erhielten SS-Dienstgrade.[4] Im Spätjahr 1942 war die Division wieder vor Leningrad eingesetzt und erlitt Anfang 1943 im Zuge der sowjetischen Operation Iskra so schwere Verluste, dass Anfang April 1943 Teile der Division zur Neuaufstellung auf den SS-Truppenübungsplatz Heidelager verlegt wurden.[4] Dort erfolgte die Umgliederung in eine Panzergrenadier-Division und schließlich die Umbenennung in 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division.[1]

Kampfgruppe Bock

An der Front vor Leningrad blieb eine Kampfgruppe aus dem SS-Polizei-Artillerie-Regiment, drei schwachen SS-Polizei-Grenadier-Bataillonen und kleinerer Einheiten unter dem Kommando von SS-Standartenführer Bock zurück. Die Grenadier-Bataillone bildeten am 21. Oktober 1943 formal das dritte Regiment der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division, blieb aber bis März 1944 an der Ostfront im Einsatz.[5] Bis November 1943 verblieb die Kampfgruppe in den alten Stellungen vor Leningrad, wurde dann aber dem L. Armeekorps unterstellt, das ihr einen Abschnitt vor dem Brückenkopf von Oranienbaum zuwies. Kurz vor Beginn der Leningrad-Nowgoroder Operation der Roten Armee am 12. Januar 1944 wurde die Kampfgruppe jedoch aus der Front herausgezogen und an den Wolchow verlegt.[5] Bis Anfang März 1944 musste sich die Kampfgruppe unter schweren Verlusten über Luga und Pskow auf die sogenannte „Panther-Stellung“ zurückziehen. Dort war sie weiter sowjetischen Angriffen ausgesetzt und wurde bis Ende März fast vollkommen zerschlagen.[5] Die Reste der Kampfgruppe wurden zunächst auf dem SS-Truppenübungsplatz Kurmark[5] gesammelt und stießen im Juni 1944 zur 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division, die inzwischen nach Griechenland verlegt worden war.[6]

4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division

Während die verbliebenen kampffähigen Mannschaften in der Kampfgruppe Bock zusammengefasst worden waren, wurde im April 1943 im Heidelager damit begonnen, aus den Resten der Division, etwa 2.500 Mann, eine Panzergrenadier-Division aufzustellen. Teile der sich in Aufstellung befindlichen Division wurden zum Einsatz gegen polnische Partisanen eingesetzt. Im Juli 1943 wurden Teile der Division auf den Balkan verlegt, zunächst nach Serbien, später nach Griechenland. Dort wurde die Division der Oberfeldkommandantur 395 unterstellt und am 22. Oktober 1943 in 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division umbenannt. Im Rahmen der Umbenennung fiel der Zusatz Polizei bei den Einheiten der Division weg. In Griechenland sollte die Division neben dem Ausbildungsbetrieb auch Sicherungsaufgaben wahrnehmen und insbesondere die Partisanen der ELAS und der EDES bekämpfen.[7]

Bis Sommer 1944 waren die Einheiten der Division weit verstreut im Einsatz. Dabei wurden immer wieder Unbeteiligte Opfer von Vergeltungsaktionen, die als „Sühnemaßnahmen“ tituliert wurden. Insbesondere das Massaker von Distomo sorgte in späteren Jahren für Aufsehen: Dort waren am 10. Juni 1944 218 Einwohner ermordet worden, weil Einheiten der Division in der Nähe der Ortschaft von Partisanen angegriffen worden waren. Bereits am 5. April 1944 hatten Angehörige des SS-Panzergrenadier-Regiments 7 im westmakedonischen Klisoura mindestens 270 Einwohner ermordet, nachdem auf der nahegelegenen Fernstraße zwei SS-Männer von Partisanen ermordet wurden.[8]

Im September 1944 wurde die Division in den Raum Belgrad verlegt. Mittlerweile hatten die sowjetischen Truppen Rumänien besetzt, das nach dem Königlichen Staatsstreich zwischenzeitlich die Seiten gewechselt hatte. Bis Ende Januar 1945 zog sich die Division unter den stetigen Angriffen der sowjetischen Truppen in den Raum Divín an der slowakisch-ungarischen Grenze zurück.[6]

Ab 1. Februar 1945 wurde die Division nach Pommern verlegt, wo sie im Raum Stargard konzentriert wurde. Da die geplante deutsche Offensive abgeblasen wurde, sollte die Division Ende Februar an der Front bei Danzig eingesetzt werden. Bis Mitte März 1945 verteidigte sie einen Abschnitt nördlich von Danzig in der Nähe der Halbinsel Hel.[9]

Kampfgruppe Harzer

Im April 1945 wurde aus den Resten des über die Ostsee evakuierten Verbandes eine Kampfgruppe gebildet, die im Raum nördlich von Berlin zum Einsatz kam. Über Kyritz und Perleberg zog sich die Kampfgruppe nach Westen zurück, um sich im Raum Ludwigslust-Schwerin in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft zu begeben.[10]

Kriegsverbrechen

Angehörige der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division waren verantwortlich für Verstöße gegen das Kriegsrecht und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, u. a. aufgrund von durchgeführten Vergeltungsmaßnahmen gegen unbeteiligte Zivilisten im Rahmen der Partisanenbekämpfung in Griechenland. Der bekannteste Fall ist die Vergeltungsaktion vom 10. Juni 1944 in Distomo, in dem 218 Zivilisten, darunter auch schwangere Frauen, Kleinkinder und Säuglinge, erschossen, erschlagen oder mit Bajonetten aufgeschlitzt wurden[11]. Über 200 Ermittlungsverfahren wurden nach dem Krieg in Deutschland gegen Angehörige der Pol. Div. eingeleitet – zu einer Verurteilung ist es in keinem Fall gekommen.[12]

Gliederung

Als Polizei-Division (1939)

Als 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division (1943)

  • SS-Panzergrenadier Regiment 7
  • SS-Panzergrenadier Regiment 8
  • SS-Artillerie Regiment 4
  • SS-Panzer-Abteilung 4
  • SS-Sturmgeschütz-Abteilung 4
  • SS-Panzerjäger-Abteilung 4
  • SS-Flak-Abteilung 4
  • SS-Panzer-Aufklärungs-Abteilung 4
  • SS-Pionier-Bataillon 4
  • SS-Nachrichten-Abteilung 4
  • SS-Divisionsnachschubführer 4
    • SS-Panzer-Instandsetzungs-Abteilung 4
    • SS-Wirtschafts-Bataillon 4
  • SS-Sanitäts-Abteilung 4
  • SS-Polizei-Veterinar-Kompanie 4
  • SS-Kriegsberichter-Zug 4
  • SS-Feldgendarmerie-Trupp 4
  • SS-Feldersatz-Bataillon 4

Kommandeure

Veteranenorganisation

Die Kameradschaft der Polizei-Division – 4. SS-Pol. Pz. Gren. Div. war die Veteranenorganisation der SS-Division. Jährlich veröffentlichte die Kameradschaft einen umfangreichen Rundbrief, herausgegeben von der Truppenkameradschaft Polizei-Division. Über Jahre traf sich die Kameradschaft im fränkischen Marktheidenfeld am Main. Die Treffen enthielten neben geselligen Teilen Kranzniederlegungen und Gottesdienste. Es bestand eine Zusammenarbeit mit der österreichischen Kameradschaft IV.

Die Kameradschaft löste sich zum 31. Dezember 2000 auf, der Rundbrief wurde mit der Ausgabe 55 vom Dezember 2000 eingestellt. Eine Spende in Höhe von 10.000 DM aus dem Vereinsvermögen wurde Mitte 2000 dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge für den Ausbau der Deutschen Kriegsgräberstätte Solgubowka bei Sankt Petersburg übergeben.

Weblinks

Literatur

  • Rolf Michaelis: Die Panzergrenadier-Divisionen der Waffen-SS. 2. Auflage. Michaelis-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-930849-19-4.
  • Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 107–114.
  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 2. Die Landstreitkräfte 1–5. 2. Auflage. Biblio-Verlag, Bissendorf 1973, ISBN 3-7648-0871-3.
  • Georg Tessin: Die Truppen und Stäbe der Ordnungspolizei. Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Teil II. In: Hans-Joachim Neufeldt, Jürgen Huck, Georg Tessin (Hrsg.): Schriften des Bundesarchivs. Band 3. Bundesarchiv, Koblenz 1957.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Georg Tessin: Die Truppen und Stäbe der Ordnungspolizei. Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Teil II. In: Hans-Joachim Neufeldt; Jürgen Huck; Georg Tessin (Hrsg.): Schriften des Bundesarchivs. Band 3. Bundesarchiv, Koblenz 1957, S. 24.
  2. Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 107.
  3. Wünnenberg trägt die Uniform eines Obersten der Schutzpolizei, seine SS-Mitgliedschaft wird durch die doppelte Sig-Rune unterhalb der linken Brusttasche angezeigt.
  4. a b c d e Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 108.
  5. a b c d Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 110.
  6. a b Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 112.
  7. Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 111.
  8. Anestis Nessou: Griechenland 1941–1944. Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung- eine Beurteilung nach dem Völkerrecht. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-89971-507-1, S. 225.
  9. Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 113.
  10. Rolf Michaelis: Der Einsatz der Ordnungspolizei, 1939–1945. Polizei-Bataillone, SS-Polizei-Regimenter. Michaelis, Berlin 2008, ISBN 978-3-930849-45-1, Die 4. SS-Panzergrenadier-Division, S. 114.
  11. Derselbe SS-Verband hatte beim Blutbad von Klissoura am 5. April 1944 zusammen mit bulgarischer Miliz 280 Männer, Frauen und Kinder niedergeschossen, um Partisanenanschläge auf zwei deutsche Soldaten zu rächen. Blutbad im Bergstädtchen. In: Der Spiegel, 1998/Nr. 1, S. 43.
  12. Juristische Grundlagen der Ansprüche von griechischen Opfern nationalsozialistischer Verbrechen (Distomo, Kalavrita, Klissoura, Kommno etc.). hwp-hamburg.de. Archiviert vom Original am 30. April 2008. Abgerufen am 26. Juni 2010.
  13. Mark C. Yerger: German Cross in Gold Holders of the SS and Police. Band 5: Polizei Division and Police Units. R. James Bender Publishing, San Jose, CA 2010, ISBN 1-932970-16-9, S. 42–44.