Schienenersatzverkehr

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Sechseckiges ehemaliges SEV-Logo der Deutschen Bahn
Aktuelle Haltestelle in Itzehoe mit neuem Logo

Schienenersatzverkehr (abgekürzt SEV), Bus-Ersatzverkehr, Busersatzdienst, Bahnersatz(verkehr), Bahnersatz(betrieb), Zugersatzverkehr oder allgemein Ersatzverkehr (EV) bezeichnet den Einsatz von Omnibussen oder Taxis anstelle von Schienenfahrzeugen bei Eisenbahnen, S- oder U-Bahnen, Stadt- oder Straßenbahnen. Häufig wird ein Zug dabei aus Kapazitätsgründen gleich von mehreren Straßenfahrzeugen ersetzt, die dann oft im Sichtabstand hintereinander her fahren. Generell sind beim Schienenersatzverkehr vier Arten zu unterscheiden:

Ungeplanter Schienenersatzverkehr

Wenn es in Folge von Unfällen, Überschwemmungen, Hangrutschen, Stromausfällen, Fahrzeugausfällen, Personalmangel, auf die Strecke gestürzten Bäumen, starkem Schneefall oder ähnlichem zu Betriebsunterbrechungen kommt, muss auf die Schnelle ein sogenannter Busnotverkehr (BNV) für den betroffenen Abschnitt organisiert werden. Er ist vor allem notwendig, wenn für die Bahn keine geeignete schienengebundene Umleitungsstrecke vorhanden ist oder bei einer Umleitung Halte entfallen, die nur im Schienenersatzverkehr angefahren werden können.

Noch kurzfristiger kann ein Taxinotverkehr beziehungsweise Taxiersatzverkehr eingerichtet werden. Hierbei schickt die jeweils zuständige Taxizentrale im Auftrag und in enger Abstimmung mit dem betroffenen Verkehrsunternehmen mehrere Taxis in den von der Unterbrechung betroffenen Abschnitt. Die Benutzung ist dabei für Fahrgäste mit gültigem Fahrschein ohne Zusatzkosten möglich, die Abrechnung erfolgt direkt zwischen dem Verkehrsbetrieb und den beteiligten Taxiunternehmen.

Ein großes Problem des spontanen Schienenersatzverkehrs ist es für die Verkehrsunternehmen, die notwendigen Omnibusse samt Fahrern zeitnah und in ausreichender Anzahl zu organisieren. In diesem Zusammenhang prüfte beispielsweise die Erfurter Bahn, die nur Schienenverkehr betreibt, bereits die Anschaffung eigener Omnibusse für den ausschließlichen Einsatz bei Störungen im Bahnbetrieb. Im Gegensatz dazu hält etwa das Unternehmen Abellio eine solche Reserve für wirtschaftlich nicht abbildbar.[1]

Geplanter Schienenersatzverkehr

Der geplante Schienenersatzverkehr wird meist bei Baumaßnahmen auf einer Bahnstrecke angeboten. Das Bahnunternehmen ist hierbei nicht auf die meist relativ kurze nächtliche Betriebspause angewiesen, so dass auch größere Maßnahmen durchgeführt werden können. Zudem entfallen Nachtzuschläge für die Bauarbeiter, die Beleuchtung der Baustelle sowie Lärmbelästigungen für Anwohner.

Aufgrund der Vorlaufzeit können beim geplanten Schienenersatzverkehr die entsprechenden Ersatzfahrpläne rechtzeitig durch Anschläge, die Tagespresse oder das Internet kommuniziert sowie die Stationen des Ersatzverkehrs ausgeschildert werden. Häufig werden solche Ersatzverkehre auf Tagesrandzeiten, auf das Wochenende oder in Schulferien beziehungsweise Semesterferien gelegt, weil dann weniger Fahrgäste unterwegs sind und daher auch leichter Busse vom Busverkehrsbetrieb zur Verfügung gestellt werden können. Zudem verzichten viele Fahrgäste in Kenntnis des Schienenersatzverkehrs ganz auf ihre Fahrt, suchen sich andere Verkehrsmittel oder gehen zu Fuß, wodurch die Fahrgastzahlen gegenüber dem Normalbetrieb weiter sinken.

Im Stadtverkehr kann der Ersatzbus dabei nicht immer dem direkten Schienenweg folgen. Da bei größeren Gleisbauarbeiten häufig auch die Straße selbst gesperrt ist, muss er häufig durch parallelführende Straßen geführt werden, was die Reisezeiten weiter verlängert.

Im Ersatzverkehr auf Eisenbahn-, S- und U-Bahn-Strecken werden dabei inzwischen oft parallel verschiedene Ersatzverkehre angeboten. Ein Bus verkehrt dabei für Fahrgäste mit längeren Fahrstrecken nonstop zwischen Beginn und Ende der Streckensperrung, während ein zweiter Bus zusätzlich auch alle Zwischenhalte im gesperrten Abschnitt anfährt und damit auch den Quell- und Zielverkehr im gesperrten Bereich bedient.

Regelmäßiger Schienenersatzverkehr

Der regelmäßige Schienenersatzverkehr dient speziell dazu, die hohen Betriebskosten im Schienenverkehr in Grenzen zu halten, weshalb manche Schienenverbindungen in Randstunden bzw. Nebenverkehrszeiten im Schienenersatzverkehr betrieben werden. So stellte beispielsweise die frühere Deutsche Bundesbahn auf vielen Nebenbahnen bereits am Samstagmittag den Schienenbetrieb ein, anschließend verkehrten bis Montag früh ersatzweise Bahnbusse. Ein weiteres Beispiel ist die Zahnradbahn Stuttgart, die täglich abends ab 21 Uhr durch Linientaxis ersetzt wird. Ebenfalls häufig anzutreffen sind Nachtbusse auf Linienwegen, die auf der Schiene – etwa mangels entsprechender Gleisverbindungen oder Wendemöglichkeiten – nicht angeboten werden können.

Dauerhafter Schienenersatzverkehr

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Ein Straßenbahnwagen hält am Tag vor der Einstellung der Linie an der Haltestelle, deren Schild bereits nur die Ersatzbuslinie zeigt.

Der dauerhafte Schienenersatzverkehr ist hingegen keine temporäre Notlösung, sondern der Nachfolgebetrieb einer Bahnstrecke. Insbesondere wenig frequentierte Nebenbahnen wurden oft endgültig durch Regionalbuslinien ersetzt, weil sich damit unter Umständen die Betriebsmittelkosten reduzieren lassen. In der ehemaligen DDR sprach man dabei vom sogenannten Verkehrsträgerwechsel. Weil dadurch Komfort und Reisegeschwindigkeit sinken (Schienenbonus), gehen oft die Fahrgastzahlen so stark zurück, dass nach einigen Jahren ein Schienenersatzverkehr in Form von mehreren kurzen Buslinien angeboten (durchgehende Linien werden zu Stichlinien), durch Anruflinien übernommen oder ganz aufgegeben wird.

Mischbetrieb zwischen Regelverkehr und Schienenersatzverkehr

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San Francisco: Omnibus im Schienenersatzverkehr auf der Linie F Market & Wharves, dahinter ein regulärer Straßenbahnkurs

Kommt es in einem Straßenbahnunternehmen zu einem größeren Fahrzeugmangel, besteht die Möglichkeit nur bestimmte Umläufe mit Omnibussen zu bedienen. Es verkehren somit abwechselnd Schienen- und Straßenfahrzeuge auf der gleichen Linie. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Straßenbahnlinie durchgehend auf Rillenschienen im öffentlichen Straßenraum trassiert ist oder sich die Ersatzhaltestellen zumindest in Sichtweite der eigentlichen Straßenbahnhaltestellen befinden. Beispiele für diese Betriebsweise sind die Linie 2 der Straßenbahn Ulm oder die Straßenbahnlinie F Market & Wharves in San Francisco, wobei in letzterem Fall nicht genügend ausgebildete Straßenbahnfahrer zur Verfügung stehen.[2] In früheren Jahren war diese Betriebsweise außerdem bei der Straßenbahn Bremerhaven in ihren letzten Betriebsjahren oder bei der Straßenbahn Reșița in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zu beobachten.

Haltestellen

In der Regel halten die Busse des Schienenersatzverkehrs – so weit vorhanden – an bereits bestehenden Bushaltestellen. Mittlerweile gehen viele Schienenverkehrsunternehmen dazu über, die potentiellen Haltestellen des Ersatzverkehrs dauerhaft auszuschildern. Dies ist beispielsweise bei der S-Bahn München flächendeckend der Fall, so dass diese im Fall eines ungeplanten Ersatzverkehrs jederzeit genutzt werden können.

Allgemeines

In allen Fällen ist von Nachteil, dass die durchgehende Bahnverbindung unterbrochen wird und Komfort-, Orientierungs- bzw. Informationsdefizite entstehen können. So ist die Fahrzeit meist länger, zudem wird im Ersatzverkehr generell nur die zweite Wagenklasse angeboten, auch wenn der zu ersetzende Zug normalerweise auch die erste Klasse führt. Ebenso fehlt beim Ersatzbus in der Regel die Bordtoilette, auch ist die Fahrradmitnahme sowie die Möglichkeit zum Fahrkartenerwerb meist eingeschränkt oder ausgeschlossen, oft ist auch die Beförderungskapazität insgesamt geringer. Des Weiteren halten Fahrzeuge der Schienenersatzverkehre in ländlichen Regionen oft nicht an den jeweiligen Zwischen-Bahnhöfen, sondern an alternativen Bushaltestellen im Verlauf der jeweiligen Ortsdurchgangsstraße. Auf diese Weise werden zeitraubende Stichfahrten vermieden. Mitunter kann dies aber für Fahrgäste, die Kenntnis vom Ersatzverkehr haben, auch vorteilhaft sein, wenn die Bushaltestelle für sie günstiger liegt als der Bahnhof. Typischerweise wird der Ersatzverkehr von einem oder mehreren Subunternehmern im sogenannten Auftragsverkehr durchgeführt, da die Bahngesellschaft oft nicht genügend oder keine eigenen Fahrzeuge besitzt, um den Ersatzverkehr selbst zu bewältigen.

Für den Schienenersatzverkehr ist in Österreich laut § 18d Eisenbahngesetz keine separate Konzession notwendig, obwohl jeweils am 1. Mai die Meldung verbreitet wird, dass die Linie 180 über den Semmering aus diesem Grund einmal pro Jahr befahren wird.[3]

Besonderheiten

Ersatzverkehre für wegen Bauarbeiten gesperrte U-Bahn-Strecken werden manchmal auch durch die Straßenbahn bewerkstelligt, so verkehrte beispielsweise in Wien bei der Teilsperrung der Linie U6 im Jahr 2011 eine Ersatzlinie E auf der parallel liegenden Straßenbahn, bei der Teilsperrung der Linie U1 im Jahr 2012 wurden die zwei Ersatz-Straßenbahnlinien 66 und 68 eingerichtet, die die Gebiete des gesperrten U-Bahn-Abschnitts bedienten. In beiden Fällen verkehrten keine Busse.

Auch in einigen anderen Städten wird der jeweilige Ersatzverkehr mit dem von E-Wagen bekannten Zusatzbuchstaben E beschildert, wobei beispielsweise eine Straßenbahnlinie 1 auf dem nicht von der Sperrung betroffenen Abschnitt verkehrt, während eine zusätzlich eingerichtete Buslinie 1E respektive E1 die Straßenbahn im nicht befahrbaren Abschnitt ersetzt. Eine weitere Alternative ist die Verwendung eines gestrichenen Liniensignals für den Ersatzverkehr.[4]

Siehe auch

Literatur

  • Florian Kühne: Schienenersatzverkehr in der Raumordnung · unter besonderer Berücksichtigung des öffentlichen Personennahverkehrs entlang stillgelegter Schienenpersonennahverkehrsstrecken der ehemaligen Deutschen Bundesbahn im ländlichen Raum. Diss. Univ. Dortmund 2000, ISBN 978-3-8311-1046-9.

Weblinks

Commons: Schienenersatzverkehr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schienenersatzverkehr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise