Schloss Fantaisie
Das Schloss Fantaisie steht im Gemeindeteil Donndorf der Gemeinde Eckersdorf, fünf Kilometer westlich von Bayreuth. Erbaut wurde es als weitere Sommerresidenz (nach der Eremitage) für das Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth. Im Schlossgebäude ist das Gartenkunst-Museum eingerichtet. Zum Schloss gehört eine große Parkanlage.
Geschichte
Das Markgrafenpaar sammelte während einer fast einjährigen Italienreise 1754/55 Eindrücke (u. a. bei der Villa Doria Pamphilj in Rom), die es im Schloss Fantaisie umsetzte.[1][2][3] Der Bau begann 1758, wurde aber bald unterbrochen, da Wilhelmine noch im selben Jahr im Alter von 49 Jahren verstarb. Friedrich führte 1761 den Bau fort. Auch er konnte die Fertigstellung nicht miterleben. Er starb 1763 im Alter von 51 Jahren in Bayreuth.[4]
Die Tochter des Markgrafenpaares, Prinzessin Friederike, erbte den Besitz 1763. Von ihr stammt der Name Fantaisie. Sie ließ das Schloss bis 1765 von Johann Jakob Spindler fertigstellen. Es beherbergt das Spindler-Kabinett, eine Intarsienarbeit der Gebrüder Johann Friedrich und Heinrich Wilhelm Spindler in einer originalgetreuen Nachbildung des Originals, das sich im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet.
Nach Friederikes Tod 1780 wurden Schloss und Park veräußert. 1792 erwarb ihre Cousine Friederike Dorothea Sophia von Brandenburg-Schwedt (1736–1798) den Besitz. Gemeinsam mit ihrem Mann, Herzog Friedrich Eugen von Württemberg (1732–1797), ließ sie den Park anglisieren. Ihr Enkel Alexander Friedrich Wilhelm (1804–1881) stockte das Schloss auf und ließ die Gartenstaffagen im Zeitgeschmack erneuern. Er lebte dort mit seiner zweiten Ehefrau Emilie von Meyernberg, einem vormals bürgerlichen Mädchen, das er dessen Gatten in Frankfurt abgekauft hatte, in einer „Ehe zur linken Hand“.[5] Verwalter des Schlosses war zu dieser Zeit sein Hofkavalier, Werner von Droste zu Hülshoff, ein Enkel des Komponisten Maximilian Friedrich von Droste zu Hülshoff.[6]
Im 20. Jahrhundert war Edmund Alexander Fürst von Wrede (1878–1963) Eigentümer des Schlosses. Der Rittmeister a. D. war oberfränkischer Gauführer des demokratiefeindlichen Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten. Am 31. Januar 1933, dem Tag nach der „Machtergreifung“ Hitlers, sprach er gemeinsam mit dem NS-Gauleiter Hans Schemm vom Balkon des Bayreuther Neuen Rathauses (Reitzensteinpalais) zu den dort aufmarschierten Mitgliedern von NSDAP, SA und Stahlhelm. Ab Mitte 1933 wurde es still um ihn, zumal sein 1941 gefallener Sohn in Schemms Lokalzeitung Fränkisches Volk als „Judenstämmling“ bezeichnet wurde.[7]
Das Schloss wurde im Sommer 1938 Hauptquartier des späteren Reichsstatthalters im Sudetengau Konrad Henlein. Der erließ dort seinen Aufruf „Heim ins Reich“, in dem er für ein sudetendeutsches Freikorps warb.[8] Im Oktober jenes Jahres wurde die Reichsschule des Nationalsozialistischen Lehrerbunds im Schloss Fantaisie eröffnet. Einen Monat später wurde das Generalkommando des neugegründeten Sudetendeutschen Freikorps, einer aus sudetendeutschen Männern gebildeten paramilitärischen Einheit, im Schloss untergebracht.[9]
Aufgrund der späteren Umbauten hat sich nur sehr wenig vom ursprünglichen Schloss erhalten. Im Schlossgebäude wurde im Juli 2000 das damals deutschlandweit erste Gartenkunstmuseum eingerichtet.[10]
Der Schlosspark ist geprägt von Elementen aus den Stilphasen Rokoko, Empfindsamkeit, Romantik und Historismus. Der Park wurde wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. So wurden die Südterrassen, die zum See hin zeigen, wieder mit Weinstöcken bepflanzt, das Labyrinth wurde wieder angelegt und die Wasserkaskaden mit Sandsteinmuscheln und Fabelwesen instand gesetzt.
Literatur
- Johann Kaspar Bundschuh: Fantaisie. In: Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken. Band 2: El–H. Verlag der Stettinischen Buchhandlung, Ulm 1800, DNB 790364298, OCLC 833753081, Sp. 119–120 (Digitalisat).
- Kai Kellermann: Herrschaftliche Gärten in der Fränkischen Schweiz – Eine Spurensuche. Palm und Enke Verlag, Erlangen und Jena 2008, ISBN 978-3-7896-0683-0, S. 227–229.
- August Gebeßler: Stadt und Landkreis Bayreuth (= Bayerische Kunstdenkmale. Band 6). Deutscher Kunstverlag, München 1959, DNB 451450914, S. 101–104.
Weblinks
- schloss-fantaisie.de
- Eintrag bei der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
- www.gartenkunst-museum.de
- Schloss Fantaisie in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 12. November 2020.
- Schloß Fantasie in der Topographia Franconiae der Uni Würzburg, abgerufen am 12. November 2020.
Einzelnachweise
- ↑ Meine Italienreise. www.wilhelmine-von-bayreuth.info, 2018, abgerufen am 31. März 2018.
- ↑ Wilhelmine von Bayreuth und die Antike: Nach Italien, nach Italien. Damals, 20. Oktober 2004, abgerufen am 31. März 2018.
- ↑ Br.de: Frauen des 18. Jahrhunderts (1): Prinzessin Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth, abgerufen am 31. März 2018.
- ↑ Eckersdorf/Donndorf – Schloss Fantaisie: Wechselhafte Besitzer-Geschichte. www.markgrafenkultur.de, 2018, abgerufen am 31. März 2018.
- ↑ Eva-Maria Bast, Heike Thissen: Bayreuther Geheimnisse. 1. Auflage. Bast Medien Service, Überlingen 2014, ISBN 978-3-9816796-1-8, S. 155 f.
- ↑ Wilderich Freiherr Droste zu Hülshoff: 900 Jahre Droste zu Hülshoff. Horben 2018, ISBN 978-3-936509-16-8, S. 253.
- ↑ Bernd Mayer: Mitmarschiert, bis alles in Scherben fiel ... In: Heimatkurier 4/2002 des Nordbayerischen Kuriers, S. 5.
- ↑ Bernd Mayer: Die Festspiel-Demo der Egerländer in: Heimatkurier 3/1998 des Nordbayerischen Kuriers, S, 14 f.
- ↑ Bernd Mayer: Bayreuth im zwanzigsten Jahrhundert. Nordbayerischer Kurier, Bayreuth 1999, S. 71.
- ↑ Gartenkunst-Museum. Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, 2018, abgerufen am 31. März 2018.
Koordinaten: 49° 56′ 1,4″ N, 11° 30′ 32,8″ O