Schwerpunktsatz
Der Schwerpunktsatz (auch Massemittelpunktsatz) ist ein Lehrsatz aus der Mechanik. Er besagt, dass der Massenmittelpunkt (Schwerpunkt) eines Systems, das aus einer beliebigen Anzahl einzelner Punktmassen besteht, sich so bewegt, als ob die Massen aller einzelnen Massenpunkte in ihm vereinigt wären und sämtliche Kräfte, die von außen auf die Massenpunkte an ihren jeweiligen Positionen wirken, zusammengenommen nur auf ihn wirken würden. Der Schwerpunktsatz gilt auch für räumlich ausgedehnte Körper, da diese aus Massenpunkten zusammengesetzt gedacht werden können.
Innere Kräfte, d. h. Kräfte zwischen den einzelnen Massenpunkten des Systems, haben dagegen keine Auswirkung auf die Bewegung des Schwerpunkts. Ist die Summe aller einzelnen Massen, und die Vektorsumme der von außen auf die Massenpunkte wirkenden Kräfte, dann gilt mit der Beschleunigung des Schwerpunktes das zweite newtonsche Gesetz:
- .
Das kann man sich so vorstellen, als ob die Gesamtmasse eines Systems im Schwerpunkt vereinigt sei und alle äußeren Kräfte gemeinsam auf ihn einwirkten, unabhängig von ihren wirklichen Angriffspunkten. Die Bewegung des Schwerpunktes wird somit weder von inneren Kräften beeinflusst noch von äußeren Kräftepaaren (die Bewegung der einzelnen Punkte schon).[1]
Wirken gar keine äußeren Kräfte, so wird das System als (mechanisch) abgeschlossen bezeichnet. Für ein abgeschlossenes System gilt demnach, unabhängig davon, welche Kräfte die einzelnen zum System gehörenden Körper gegenseitig aufeinander ausüben, dass der Schwerpunkt des Systems sich gleichförmig geradlinig bewegt. Der Schwerpunktsatz entspricht somit dem auf Systeme aus mehreren Punktmassen ausgedehnten Trägheitssatz (erstes newtonsches Gesetz).[2][3][4] Er ist dann äquivalent zum Impulserhaltungssatz. Der Schwerpunkt bewegt sich auch dann gleichförmig geradlinig, wenn zwar äußere Kräfte wirken, diese sich aber in der resultierenden Gesamtkraft gerade gegenseitig aufheben.
Beispiele
- Prallt auf einer ebenen Unterlage ein Körper elastisch auf einen anderen, gleichschweren Körper, der vorher ruhte, bewegen sich danach beide so, dass ihr Schwerpunkt seine geradlinige Bewegung ohne Änderung fortsetzt (Impulserhaltung).
- Wenn auf einen ruhenden ausgedehnten Körper an verschiedenen Punkten Kräfte angreifen, deren Vektorsumme null ist, bleibt der Schwerpunkt des Körpers in Ruhe. Die Kräfte können jedoch ein Drehmoment ausüben und somit eine Drehbewegung verursachen.
- Ein Raumfahrzeug kann im Weltall nur durch das Rückstoßprinzip beschleunigen. Wenn eine Rakete vor dem Zünden der Triebwerke in einem bestimmten Bezugssystem ruhte, so verharrt der gemeinsame Schwerpunkt von Rückstoßmasse und Raketenmasse auch danach in Ruhe. Siehe Rückstoßantrieb.
Herleitung
Werden die einzelnen Massenpunkte des Systems mit durchnummeriert, dann gilt für jeden von ihnen die Bewegungsgleichung
- .
Darin ist die Kraft, die von außen auf den Massenpunkt wirkt und die innere Kraft, die der Massenpunkt auf ihn ausübt. Nach dem dritten Newtonschen Gesetz gilt .
Die Summe aller einzelnen Bewegungsgleichungen ist:
- .
Dies ist schon die oben angegebene Bewegungsgleichung des Schwerpunkts, denn
und
- .
Die erste dieser Gleichungen ergibt sich direkt durch zweimaliges Ableiten nach der Zeit aus der Gleichung, die den Schwerpunkt durch die Positionen der einzelnen Massenpunkte definiert:
- .
Die zweite Gleichung gilt, weil in der Doppelsumme über die inneren Kräfte zu jedem Summanden auch der Summand mit den vertauschten Indizes auftritt, was zusammen null ergibt.
Literatur
- Nolting: Grundkurs: Theoretische Physik, 2, Analytische Mechanik, Verlag Zimmermann-Neufang, 3. Auflage 1993, ISBN 3-922410-21-9.
Einzelnachweise
- ↑
Nolting: Klassische Mechanik, Springer, 10. Auflage, 2013, S. 268.
Fließbach: Theoretische Physik I - Mechanik, Springer, 7. Auflage, 2015, S. 26.
Allgemein und Speziell zum Beispiel des Rades: Jürgen Dankert, Helga Dankert: Technische Mechanik, Springer, 7. Auflage, 2013, S. 570. - ↑ Gerthsen: Physik, Springer, 24. Auflage, 2015, S. 25.
- ↑ Henz, Langehanke: Pfade durch die Theoretische Mechanik 1, Springer, 2016, S. 141.
- ↑ Straumann: Theoretische Mechanik, Springer, 2. Auflage, 2015, S. 22.