Soziales Netzwerk (Internet)

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Ein soziales Netzwerk ist ein Onlinedienst, der die Möglichkeit zu Informationsaustausch und Beziehungsaufbau bietet. Eine dadurch entstehende Online-Community kommuniziert und interagiert digital entsprechend den Möglichkeiten der jeweiligen Plattform. Auf der technischen Grundlage eines sozialen Mediums (Social Media), das als Plattform zum wechselseitigen Austausch von Meinungen, Erfahrungen und Informationen eingesetzt wird, ergibt sich ein abgrenzbares soziales Netzwerk von Nutzern mit von ihnen erzeugten Inhalten (User-generated content).

Charakteristik

Den Nutzern werden üblicherweise folgende Funktionen geboten:

  • Ein persönliches Profil mit diversen Einstellungen zur Sichtbarkeit für Mitglieder der Netzgemeinschaft oder generell der Öffentlichkeit des Netzes. Ein Profil kann z. B. ein Avatar-Bild und persönliche Daten über Alter, Geschlecht, Wohnort und Interessen und Hobbys enthalten. Ein weiteres Profilelement ist das Festlegen von Status-Meldungen, die Auskunft über die Lage oder Haltung einer Person geben sollen.
  • Eine Kontaktliste oder Adressbuch samt Funktionen, mit denen die Verbindungen zu den hier verzeichneten Mitgliedern der Netzgemeinschaft, etwa Freunde, Bekannte, Kollegen usw., verwaltet werden können.
  • Der Empfang und der Versand von Nachrichten an andere Mitglieder mit der Unterstützung von Emoticons bzw. Emojis oder Stickern (Chat)
  • Die Möglichkeit Inhalte zu kommentieren und zu bewerten und mit Hashtags zu kategorisieren
  • Der Empfang und Versand von Benachrichtigungen über diverse Ereignisse wie Profiländerungen, neu eingestellte Bilder, neue Kritiken usw.
  • Erstellen von Blogs oder Mikroblogging-Funktionen bzw. das Veröffentlichen von einzelnen Statusaktualisierungen
  • Funktionen zum Abspielen, Veröffentlichen und Aufnehmen von Streaming-Media-Inhalten
  • Spiele dienen der Kommunikation und Kooperation der Plattformnutzer. Vorrangiges Ziel ist dabei der Aufbau von sozialen Kontakten sowie die Eingliederung in die spielinternen Gemeinschaften. (siehe auch: Social Network Game)
  • Teilen von Fotos, Videos und Web-Inhalten mit anderen Usern bzw. Mitgliedern
  • Erstellen von Gruppen innerhalb des Netzwerkes, um gleiche Interessen zu bündeln.
  • Suchfunktionen
  • die Verwaltung eines persönlichen Feeds mit Beiträgen von Freunden und abonnierten Seiten und Gruppen
  • Erstellen und Nutzen von eigenen Seiten und Apps
  • das Markieren von Freunden und Orten in Bildern und Posts („Nametagging“)
  • das Erstellen von Stories, in denen Nutzer in kurzen zeitlichbegrenzten Clips aus ihrem Alltag berichten können.[1]

Die technisch-funktionale Umsetzung wird im Englischen auch mit dem Begriff social network service (SNS) bezeichnet. Deutsche Begriffe wie „Gemeinschaftsportal“ oder „Online-Kontaktnetzwerk“ sind hingegen kaum gebräuchlich.

Kategorisierung

Eine mögliche Kategorisierung beschreiben Schmidt & Taddicken (2016), indem sie zwei Einteilungen vornehmen.[2]

Nach Praktiken

Identitätsmanagement

Hierbei geht es darum, eigene Aspekte der eigenen Person zugänglich macht. Mögliche Funktionen könnten Ausfüllen einer Profilseite, erstellen eines eigenen Podcasts etc. sein. Dadurch entsteht eine Selbstauseinandersetzung, welche sich in der Frage „Wer bin ich?“, als Entwicklungsaufgabe ausdrücken lässt.

Beziehungsmanagement

Hierbei geht es um die Pflege bestehender Kontakte und das Knüpfen neuer Kontakte. Beispielhafte Funktionen wären ein Kommentar zum Status-Update eines Kontaktes oder das Verlinken von Weblog-Einträgen. Dadurch entsteht eine Sozialauseinandersetzung, welche sich in der Frage „Wo ist mein Platz in der Gesellschaft?“, als Entwicklungsaufgabe ausdrücken lässt.

Informationsmanagement

Hierbei geht es um das Selektieren, Filtern, Bewerten und Verwalten von Informationen. Mögliche Funktionen wären das Taggen einer Website oder das Bewerten eines Videos durch Punktevergabe. Dadurch entsteht eine Sachauseinandersetzung, welche sich in der Frage „Wie orientiere ich mich in der Welt?“, als Entwicklungsaufgabe ausdrücken lässt.

Nach Funktionen

Soziale Netzwerke beinhalten nicht nur eine der folgenden Funktionen, sondern können mehrere oder sogar alle dieser beinhalten. Eine der Funktionen ist dabei doch meistens vorherrschend.

  1. Erstellen
  2. Veröffentlichen
  3. Kommentieren
  4. Annotieren
  5. Weiterleiten
  6. Abonnieren
  7. Vernetzen

Nutzung

Zahl der Nutzer

Facebook

Das US-amerikanische Unternehmen Facebook Inc. (heute Meta) hatte zunächst Probleme, mit seiner Plattform Facebook auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Es konnte diese Probleme später überwinden und ist seit 2009 das meistgenutzte soziale Netzwerk in Deutschland.[3] Im Dezember 2011 meldeten sich insgesamt 798,9 Millionen Mitglieder mindestens einmal mit einem eigenen Benutzerkonto bei Facebook an. Dies entsprach einem Wachstum von 214,6 Millionen (+36,7 %) gegenüber Dezember 2010. Asien wies Ende 2011 mit 214,7 Mio. Personen die höchste Mitgliederanzahl auf, gefolgt von Europa (193 Mio.), Nordamerika (174,5 Mio.), Süd- und Mittelamerika (148,5 Mio.) sowie Afrika (55,2 Mio.) und Ozeanien (13,0 Mio.).[4]

Instagram

Im Dezember 2010 hatte Instagram eine Million registrierte Benutzer, im Juni 2011 waren es fünf Millionen,[5] im Juli 2011 10 Millionen[6] und im April 2012 über 30 Millionen.[7] Das Wachstum entwickelte sich stark weiter und so gab am 11. September 2012 Mark Zuckerberg bekannt, dass Instagram mittlerweile über 100 Millionen registrierte Nutzer habe.[8] 100 Millionen monatlich aktive Benutzer erreichte Instagram nach eigenen Angaben im Februar 2013. Bis September 2013 stieg diese Zahl auf 150 Millionen.[9] Bis April 2015 wuchs die Mitgliederanzahl auf über 300 Millionen,[10] bis Juni 2016 auf über 500 Millionen an.[11] Im Juni 2018 wurde bekannt gegeben, dass die Zahl auf 1 Milliarde aktive Nutzer stieg.[12]

Eine Studie aus dem Jahr 2021 zählte 1,22 Milliarden aktive Instagram Nutzer.[13]

YouTube

Im Oktober 2009 gab das Unternehmen bekannt, über eine Milliarde Videoabrufe pro Tag zu verzeichnen.[14] Am 17. Mai 2010 berichtete YouTube von mehr als zwei Milliarden Aufrufen pro Tag.[15] 2021 werden jeden Tag YouTube-Videos mit einer Gesamtdauer von über 1 Mrd. Stunden wiedergegeben. So entstehen Milliarden von Views jeden Tag.[16]

Nutzung durch Unternehmen

Nutzer können auch Unternehmen sein. Diese präsentieren sich dort mit einem Unternehmensprofil. Sie werden dabei von eigenen Dienstleistern (z. B. PR- oder Werbeagenturen) beraten und unterstützt oder tragen diese Aktivitäten (z. B. im Rahmen der Unternehmenskommunikation) selbst.

Unternehmen nutzen die sozialen Netzwerke unter anderem, um sich als Marke gegenüber (potenziellen) Arbeitnehmern zu positionieren (Employer Branding). Gleichzeitig dienen sie häufig auch der Öffentlichkeitsarbeit oder Vertriebszwecken (Social Commerce) und sind damit immer häufiger Bestandteil von Marketingstrategien. Möglichkeiten, auf Unternehmensprofile in sozialen Netzwerken aufmerksam zu machen, sind die Schaltung von Anzeigen oder die Integration der jeweiligen URL in klassische Werbemittel, am POS (z. B. über QR-Codes) oder in Unternehmenspublikationen. Zum Dialog mit anderen Nutzern wird häufig Community Management eingesetzt. Nehmen auf einem Unternehmensprofil negative Kommentare und Äußerungen seitens der Nutzer zu, spricht man auch von einem Shitstorm.

Geschichte

1980–2000

Bereits in den 1980er Jahren wurde der Grundstein für soziale Netzwerke mit den Bulletin-Board-Systemen (BBS) gelegt. Diese Systeme erlaubten den Austausch von Daten und Nachrichten zwischen mehreren Benutzern auf einer Plattform. Ebenfalls in dieser Zeit entstand das Usenet, eine Plattform für Diskussionen und Nachrichtenaustausch über das Internet.

Als Ende der 1980er und Anfang der 1990er die Anwendungen Compuserve, Prodigy und AOL erschienen, waren die Grundfunktionen, die heute ein soziales Netzwerk ausmachen, gelegt: Im Gegensatz zu Bulletin-Board-Systemen konnten persönliche Profile erstellt, Veranstaltungen publik gemacht, gechattet und öffentliche und private Nachrichten versendet werden. Diese Anwendungen waren in der Regel nur für Kunden der genannten Netzwerke zugänglich.

Im öffentlich zugänglichen World Wide Web existieren soziale Netzwerke, deren Funktionen über die von reinen Internetforen und Chats hinausgehen, seit Mitte der 1990er Jahre. Eines der ersten Beispiele ist die 1995 gegründete US-amerikanische Schulfreunde-Gemeinschaft Classmates.com. Die 1997 gegründete Online-Community SixDegrees.com vereinigte laut einer Untersuchung von Danah Boyd und Nicole Ellison als erstes soziales Netzwerk die heute üblichen Funktionen von durchsuchbaren Freundeslisten, Profilen und einem Nachrichtensystem auf einer Website.[17]

2000–2010

Einen großen Beliebtheitssprung erlebten soziale Netzwerke wenige Jahre nach der Jahrtausendwende, als immer größere Teile der Bevölkerung eine Internetverbindung zur Verfügung hatten und sich ein großer Teil der privaten Kommunikation ins Web verlagerte. Im Jahr 2003 wurde LinkedIn gegründet, im Juli 2003 Myspace, im Januar 2004 folgte Orkut. Das geschäftliche Netzwerk Xing (damals OpenBC) setzte darauf auf. Im Februar 2004 ging Facebook an den Start, zuerst nur für Studenten der Harvard-Universität. Nach und nach wurde das Netzwerk für Studenten anderer US-Universitäten, Highschoolschüler und schließlich für beliebige Nutzer auch außerhalb der Vereinigten Staaten freigegeben. Zu Beginn der 2010er Jahre erlangten soziale Netzwerke erneut einen großen Zulauf, da sich Smartphones, Tablets und andere Geräte, welche primär der mobilen Internetnutzung dienen, ab diesem Zeitpunkt durchsetzten. Zudem funktioniert die mobile Kommunikation heute weniger durch telefonieren oder das Schreiben von SMS, sondern mehr durch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter.

Im Juli 2005 wurde Myspace für 580 Millionen US-Dollar von der News Corporation gekauft. Am 9. August 2006 meldete Myspace 100 Millionen Nutzer, womit Soziale Netzwerke erstmals einer breiten Schicht bekannt waren.

Im November 2005 wurde in Deutschland das Studentenverzeichnis studiVZ gegründet. Anfang 2007 wurde studiVZ von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck übernommen, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Jedoch scheiterte der Axel-Springer-Verlag kurz zuvor mit einem Gebot von 120 Millionen Euro. Aufgrund des großen Erfolges in den deutschsprachigen Ländern und des immer größeren Zuwachses an Nicht-Studenten wurden mit schülerVZ und meinVZ fast identische Projekte mit einer anderen Zielgruppe gestartet und zudem Plattformen für Spanien, Italien, Frankreich und Polen aus der Taufe gehoben, welche mangels Erfolgs mittlerweile aber wieder eingestellt wurden. Nachdem schülerVZ bereits im April 2013 geschlossen wurde, folgte am 31. März 2022 die Schließung von studiVZ und meinVZ.

Im Oktober 2007 kündigte Google die OpenSocial-Initiative an. Dadurch wurde es möglich, Inhalte verschiedener sozialer Netzwerke durch eine einheitliche Methode zusammenzuführen. Microsoft kaufte am 25. Oktober 2007 einen Anteil von 1,6 Prozent an Facebook und bezahlte dafür 240 Millionen US-Dollar. Durch diese Transaktion wurde Facebook auf dem Papier 15 Milliarden US-Dollar wert. Vorher wurde ein ähnliches Angebot seitens Google abgelehnt und ein Betrag von einer Milliarde US-Dollar, den Yahoo bezahlen wollte, um Facebook zu übernehmen, nicht angenommen.

Im März 2008 hat AOL, die Internettochter des amerikanischen Medienkonzerns Time Warner, das 2005 gegründete soziale Netzwerk Bebo für 850 Millionen US-Dollar (ca. 545 Millionen Euro) gekauft. Bebo hatte zur Zeit der Übernahme nach eigener Aussage etwa 40 Millionen Nutzer und ist vor allem in Großbritannien populär.

Im August 2008 meldete Facebook 100 Millionen Nutzer.[18]

2010–2020

Im Februar 2010 meldete Facebook 400 Millionen Nutzer,[19] am 21. Juli 2010 eine halbe Milliarde Nutzer.[20] Im Oktober 2012 wurden von Facebook erstmals eine Milliarde Nutzer gemeldet.[21][22]

Im November 2010 wurde die erste Alpha-Version von Diaspora, einem dezentralen sozialen Netzwerk, veröffentlicht.[23] Ein anderes dezentrales soziales Netzwerk, das ebenfalls seit 2010[24] entwickelt wird, ist Friendica (vormals Friendika). Breiter rezipiert wurde Friendica ab 2012.[25]

Am 28. Juni 2011 startete das Netzwerk Google+ der Google Inc. als direkter Konkurrent zu Facebook.

Im Frühjahr 2012 startete Microsoft ein Soziales Netzwerk namens So.cl, das allerdings nur als Technologiestudie konzipiert war und eine Anmeldung bei Facebook voraussetzte.[26] Seit Mitte 2012 kann auch Windows Live für den Login genutzt werden.

Ende 2014 startete mit whispeer das erste Ende-zu-Ende verschlüsselte soziale Netzwerk.[27] Da keine Klarnamen, Telefonnummern oder E-Mail Adressen für die Registrierung erforderlich sind, ist es möglich, anonym zu bleiben. Der Client von whispeer ist Open Source.[28]

Ende 2015 ging das soziale Netzwerk nebenan.de online, eine Plattform zur Förderung der lokalen Nachbarschaftshilfe und -Vernetzung mit über einer Million Mitglieder in Deutschland.[29][30]

Im April 2019 wurde Google+ eingestellt, nachdem das Netzwerk Facebook nie Konkurrenz machen konnte.[31]

2020 startete mit Clubhouse ein soziales Netzwerk, das Live-Audiogespräche ermöglicht. Die App war im Januar 2021 zeitweise die meist-heruntergeladene iOS-Anwendung in Deutschland.[32]

Soziale Netzwerke als Anwendungsplattform

Einige soziale Netzwerke fungieren auch als Plattform für neue Programmfunktionen. Softwareentwickler können die Portalseiten um eigene Programmanwendungen ergänzen, d. h. ihre Benutzerschnittstellen werden in das Portal eingebettet. Die dazu nötigen Programmierschnittstellen und Entwicklungsumgebungen werden von den Entwicklern zur Verfügung gestellt.

Beispiele sind:

  • Facebook Social Graph, eine Programmierschnittstelle für Facebook[33]
  • OpenSocial, eine API, welche mehrere soziale Netzwerke umspannt[34]
  • Google+ API, Programmierschnittstelle zu Googles Social Layer zum Abrufen öffentlicher Informationen sowie deren Integration in Anwendungen, Apps und Websites[35]

Plattformübergreifend ist die Föderation durch B2B-APIs zu nennen.

Untersuchung sozialer Netzwerke

Unter anderem erforschen Betriebswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften, Ethnologie, Sozialpsychologie, Kommunikationswissenschaft, Computerphysik und Spieltheorie soziale Netzwerke. Dabei spielen Multiplexität und Netzwerkdichte eine Rolle. Die dort entwickelten Verfahren lassen sich auch zur webometrischen Untersuchung des Internets einsetzen. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht wird vor allem die Datenschutzproblematik untersucht.

Es zeigt sich, dass soziale Netzwerke von ihrer Struktur oft Kleine-Welt-Netzwerke bilden, in denen die maximale Distanz zwischen einzelnen Einheiten überraschend gering ist („six degrees of separation“).

Geschäftsmodell durch Unternehmen

Soziale Netzwerke finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge sowie über verschiedene Formen von Werbung und Sponsoring, bei geschäftlichen Netzwerken auch durch Angebote für Personaldienstleister. Da die Zahlungsbereitschaft der Nutzer zumeist gering ist, setzen die meisten Betreiber auf Erlöse aus Online-Werbung. Netzwerke hingegen, die auf Werbung, Sponsoring und Nutzung der Kundendaten vollständig verzichten, konnten sich dagegen bisher kaum etablieren.

Da die Dienstbetreiber Zugriff auf den sozialen Graphen der beherbergten Netzgemeinschaft haben, also wissen, welches Mitglied mit welchen anderen Mitgliedern in Verbindung steht, verfügen diese über eine kommerziell interessante Informationsbasis, etwa für zielgruppengerichtete Werbung.

Kritik

Kritik der Sicherheit

Betrachtet man die sozialen Netzwerke in ihrer Rolle als Anwendungsplattform, so stand hier bisher die Entwicklung von Funktionalität im Vordergrund. Inzwischen beginnt man, sich auch mit Sicherheitsaspekten der Anwendungen dort zu beschäftigen.[36]

Kritik wegen psychologischer Risiken

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die psychologischen Risiken, denen die Nutzer von sozialen Netzwerken ausgesetzt sind. Die oft einseitige, positive Selbstdarstellung der Nutzer und ihrer Erlebnisse auf Seiten wie Facebook und Instagram führt zu einer ständigen Exposition mit Nutzern, denen es scheinbar besser geht, als einem selbst. Aufwärtsvergleiche mit physisch attraktiveren und erfolgreicheren Menschen führen dazu, dass Nutzer sowohl ihr eigenes Wohlbefinden als auch ihren eigenen Körper schlechter bewerten. Dieser Effekt ist bei allen Menschen zu beobachten, allerdings bei Frauen deutlich stärker.[37][38] Eine Studie aus den USA zeigte, dass junge Erwachsene mit hoher sozialer Netzwerk Nutzung sich sozial isolierter fühlen, als Personen mit niedrigerer sozialer Netzwerk Nutzung. Dies kann zu Krankheiten führen, wie Depressionen, Schlafstörungen und kardiovaskulären Erkrankungen.[39] Allerdings gibt es widersprüchliche Befunde zu dem Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Netzwerke und Depressionen.[40][41]

Weiterhin wird in letzter Zeit vermehrt darüber diskutiert, welche Auswirkungen die Nutzung sozialer Netzwerke auf die Psyche von Nutzern hat. Forschungserkenntnisse deuten darauf hin, dass die Nutzung bei einigen Nutzern zu einer kurzfristigen Erhöhung des Selbstbewusstseins und zu einer Verminderung der Selbstkontrolle führen kann.[42] Ergebnisse von Langzeitstudien hingegen liegen bis dato noch nicht vor.

Außerdem wurden schlechtere Leistungen bei Studierenden beobachtet. Eine deskriptive, explorative Forschungsstudie zeigte einen negativen Einfluss von sozialen Netzwerken auf die Effizienz und die Noten.[43]

Kinder und Jugendliche investieren ihre Zeit eher in soziale Medien, wodurch weniger Zeit für andere entwicklungsförderliche Aktivitäten investiert wird. Genannt als entwicklungsförderliche Aktivitäten werden bspw. lesen, Sport oder direkte face-to-face Interaktion.[44] Außerdem ist im extremsten Fall eine entstehende Sucht negativ mit psychischer Gesundheit und akademischen Leistungen assoziiert.[45]

Kritik der Nutzer

In den letzten Jahren hat sich die Zahl jener Nutzer erhöht, die aus sozialen Netzwerk-Seiten aussteigen. Welche Kritikpunkte für diese Nutzer im Vordergrund stehen, hat eine Studie der Universität Wien aus dem Jahr 2013 am Beispiel von Facebook untersucht. Der meistgenannte Grund waren Sorgen um die Privatsphäre (48 %), gefolgt von einem generellen Missfallen gegenüber der sozialen Netzwerk-Seite (14 %), negativen Erfahrungen mit Freunden auf der sozialen Netzwerk-Seite (13 %) und das Gefühl, süchtig auf die soziale Netzwerk-Seite zu werden (6 %).[46]

Kritik wegen politischer Einflussnahme

Soziale Netzwerke erweisen sich neben den klassischen Medien als wirkungsvolle Instrumente für Propaganda oder Desinformation, wie sie Bestandteil von Kampagnen im Informationsraum sind, die Varianten hybrider Kriegsführung begleiten.[47] Bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2016 sowie bei dem Volksentscheid in Großbritannien über den Austritt aus der Europäischen Union im selben Jahr („Brexit“) hatten die überraschenden Gewinner jeweils das Unternehmen Cambridge Analytica engagiert, das sich mit der Erhebung, Auswertung, Anwendung und Zuordnung sowie mit dem Verkauf hauptsächlich im Internet gewonnener persönlicher Daten beschäftigt und Methoden der Psychometrik anwendet, einem Ableger der Psychologie (siehe Psychografie).[48][49]

Datenschutzrechtliche Bewertung

Die Erhebung, Speicherung und Weitergabe von personenbezogenen Daten bedarf immer einer Rechtsgrundlage (so § 4 BDSG, beispielsweise § 28 BDSG) oder einer Einwilligung nach § 4a BDSG.[50]

Eine Einwilligung nach § 4a BDSG kann nach den Datenschutzgesetzen nur dann wirksam erteilt werden, wenn sie auf der freien Entscheidung eines informierten Nutzers beruht. Das Problem bei sozialen Netzwerken besteht aber vorwiegend darin, dass die Nutzer formal eingewilligt haben und sich zumeist keine Gedanken über die Gefahren machen und den Netzwerken ein blindes Vertrauen entgegenbringen.

Für eine zulässige Datenverarbeitung nach § 28 BDSG gilt folgendes: Die datenschutzrechtliche Bewertung und Einordnung steht erst am Anfang. Da die sozialen Netzwerke und Internetgemeinschaften am ehesten mit Vereinen zu vergleichen sind und häufig von Mitgliedern gesprochen wird, stufen Bergmann/Möhrle/Herb[51] das Rechtsverhältnis zwischen einem Betroffenen und der jeweils verantwortlichen Stelle als vertragsähnliches Vertrauensverhältnis im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ein. Entsprechend dem Phasenmodell der Datenverarbeitung müsste bereits bei der Erhebung und Speicherung untersucht werden, ob die Daten über den Betroffenen dem vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis dienen. Hierbei ist ein strenger Maßstab an die Frage der Erforderlichkeit anzulegen. Aufgrund der Zweckbindung ist eine Übermittlung regelmäßig problematisch, denn ein Netzwerk, welches z. B. für Freizeitzwecke genutzt wird, darf nicht für berufliche Zwecke (Suchanfragen von Arbeitgebern bei Bewerbungen) missbraucht werden. Generell wird man auch die Nutzung durch Suchmaschinen als nicht vom Vertragszweck umfasst ansehen müssen.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entscheidet im Februar 2012, dass die Betreiber von sozialen Netzwerken nicht dazu verpflichtet werden können, die Daten ihrer Nutzer durch Filter nach Urheberrechtsverletzungen zu durchsuchen.[52]

Siehe auch

Filme

Literatur

  • Dan Zarrella (2010): Das Social Media Marketing Buch, O’Reilly Verlag, Köln, ISBN 978-3-89721-657-0.
  • Thomas Wanhoff (2011): Wa(h)re Freunde – Wie sich unsere Beziehungen in sozialen Online-Netzwerken verändern, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, ISBN 978-3-8274-2783-0.
  • Jono Bacon (2009): The Art of Community – Building the New Age of Participation, O'Reilly, (PDF; 2,3 MB)
  • Danah Boyd & Nicole Ellison (2007): Social Network Sites: Definition, History, and Scholarship in: Journal of Computer-Mediated Communication, 13 (1), article 11. http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/boyd.ellison.html
  • Sascha Häusler (2007): Soziale Netzwerke im Internet. Entwicklung, Formen und Potenziale zu kommerzieller Nutzung, VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007, ISBN 3-8364-5264-2.
  • Torsten Kleinz: Netzbekanntschaften. Neue Internet-Dienste helfen, soziale Netzwerke zu flechten, in: c't 18/2004, S. 84, ISSN 0724-8679
  • Henning Laux (2014): Soziologie im Zeitalter der Komposition. Koordinaten einer integrativen Netzwerktheorie, Weilerswist: Velbrück, ISBN 978-3-942393-57-7. Link zum Text
  • Holger Bleich, Herbert Braun: Soziale Sicherheit. Datenschutz-Schwachpunkte der Social Networks, in: c't 7/2010, S. 114–118

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Instagram, Snapchat, Twitter und Co.: Die Stories-Funktionen der Social-Media-Giganten im Überblick. Abgerufen am 31. Juli 2019.
  2. Jan-Hinrik Schmidt, Monika Taddicken: Soziale Medien: Funktionen, Praktiken, Formationen. In: Handbuch Soziale Medien (= Springer Reference Sozialwissenschaften). Springer Fachmedien, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-03765-9, S. 23–37, doi:10.1007/978-3-658-03765-9_2.
  3. Statistics. heise.de. Abgerufen am 7. September 2009.
  4. Facebook: Die Welt im Überblick. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Social Media Schweiz. 2. Januar 2012, archiviert vom Original am 11. Februar 2013; abgerufen am 8. Februar 2012 (Infografik).
  5. At 5 Million Users, It’s Hard Not To View Instagram Through A Rose-Colored Filter. 13. Juni 2011, abgerufen am 4. Oktober 2011.
  6. The Instagram Community – Ten Million and Counting. Instagram, 26. September 2011, abgerufen am 4. Oktober 2011.
  7. Instagram for Android – Available Now. Instagram, 3. April 2012, abgerufen am 9. April 2012.
  8. Instagram hat 100 Millionen registrierte Nutzer. SocialMediaStatistiken, 3. Oktober 2012, abgerufen am 4. Oktober 2012.
  9. Instagram Today: 150 Million People. Instagram, 8. September 2018, abgerufen am 15. Dezember 2013 (englisch).
  10. Instagram: About US. Abgerufen am 28. April 2015 (englisch).
  11. Foto-Plattform: Instagram erreicht 500 Millionen Nutzer. Abgerufen am 22. Juni 2016.
  12. Welcome to IGTV – Instagram. Instagram, abgerufen am 4. August 2018.
  13. Digital 2020: 3.8 billion people use social media. 30. Januar 2020, abgerufen am 2. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  14. heise online: YouTube: Über 1 Milliarde Videoabrufe pro Tag. Abgerufen am 13. Mai 2022.
  15. At five years, two billion views per day and counting. Abgerufen am 13. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  16. Jan Firsching: YouTube Statistiken: 2 Mrd. Nutzer*innen & 1 Mrd. Std. Wiedergabedauer. In: FUTUREBIZ. 21. August 2021, abgerufen am 13. Mai 2022 (deutsch).
  17. Danah Boyd, Nicole Ellison: Social Network Sites: Definition, History, and Scholarship, Journal of Computer-Mediated Communication, Vol. 13, Ausgabe 1, 17. Dezember 2007. Online-Version
  18. Mark Zuckerberg: Our First 100 Million. Abgerufen am 9. Oktober 2010.
  19. Meldung zum 400 Mio. Nutzer (Memento vom 8. Februar 2010 im Internet Archive)
  20. Meldung: 500.000.000 Nutzer bei Facebook
  21. https://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-hat-eine-Milliarde-aktive-Nutzer-1723387.html
  22. https://web.archive.org/web/20121211042113/https://www.facebook.com/zuck/posts/10100518568346671
  23. Private Alpha Invites Going Out Today. In: blog.joindiaspora.com. 23. November 2010, archiviert vom Original am 4. Juni 2011; abgerufen am 4. Juni 2011.
  24. Initialer Commit der Friendika/Friendica-Software 2010
  25. Abschnitt zur Rezeption im Friendica-Artikel
  26. Social Network So.cl – So sieht’s aus. In: TechnikLOAD. Yeebase Media, 12. Januar 2012, abgerufen am 23. November 2012.
  27. Whispeer: Soziales Netzwerk mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – Golem.de. (golem.de [abgerufen am 14. Februar 2018]).
  28. The whispeer messenger app. whispeer, 9. Juni 2017, abgerufen am 14. Februar 2018.
  29. Katharina Kutsche: Nachbarschafts-Apps: Wie ist das mit dem Datenschutz? Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 2017, abgerufen am 15. Oktober 2019.
  30. Julia Löhr: Gründerserie: Das Facebook für Nachbarn. Hrsg.: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 22. Mai 2018, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 15. Oktober 2019]).
  31. Daniel Berger: Schluss für Google+: Zeitplan veröffentlicht. In: heise online. Januar 2019, abgerufen am 15. Oktober 2019.
  32. Corinna Budras, Roland Lindner, Gustav Theile: Clubhouse-App: Willkommen im Vereinshaus. In: FAZ.net. 19. Januar 2021, abgerufen am 20. Januar 2021.
  33. Facebook Developers Facebook Entwicklerseiten
  34. OpenSocial Entwicklerseiten
  35. Google Developers Google Entwicklerseiten
  36. Erica Naone: Wenn soziale Netze sich gegen ihre Nutzer wenden, Technology Review
  37. Erin J. Strahan, Anne E. Wilson, Kate E. Cressman, Vanessa M. Buote: Comparing to perfection: How cultural norms for appearance affect social comparisons and self-image. In: Body Image. Band 3, Nr. 3, 1. September 2006, ISSN 1740-1445, S. 211–227, doi:10.1016/j.bodyim.2006.07.004 (sciencedirect.com [abgerufen am 2. Februar 2019]).
  38. Ada Ferrer-i-Carbonell: Income and well-being: an empirical analysis of the comparison income effect. In: Journal of Public Economics. Band 89, Nr. 5, 1. Juni 2005, ISSN 0047-2727, S. 997–1019, doi:10.1016/j.jpubeco.2004.06.003 (sciencedirect.com [abgerufen am 2. Februar 2019]).
  39. Social Media Use and Perceived Social Isolation Among Young Adults in the U.S. In: American Journal of Preventive Medicine. Band 53, Nr. 1, 1. Juli 2017, ISSN 0749-3797, S. 1–8, doi:10.1016/j.amepre.2017.01.010 (sciencedirect.com [abgerufen am 2. Mai 2021]).
  40. APA PsycNet. Abgerufen am 2. Mai 2021.
  41. Lauren A. Jelenchick, Jens C. Eickhoff, Megan A. Moreno: “Facebook Depression?” Social Networking Site Use and Depression in Older Adolescents. In: Journal of Adolescent Health. Band 52, Nr. 1, 1. Januar 2013, ISSN 1054-139X, S. 128–130, doi:10.1016/j.jadohealth.2012.05.008, PMID 23260846 (Online [abgerufen am 2. Mai 2021]).
  42. http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2155864&download=yes
  43. Qingya Wang, Wei Chen, Yu Liang: The Effects of Social Media on College Students. In: MBA Student Scholarship. 1. November 2011 (jwu.edu [abgerufen am 27. April 2021]).
  44. The internet and children’s psychological wellbeing. In: Journal of Health Economics. Band 69, 1. Januar 2020, ISSN 0167-6296, S. 102274, doi:10.1016/j.jhealeco.2019.102274 (sciencedirect.com [abgerufen am 27. April 2021]).
  45. Yubo Hou, Dan Xiong, Tonglin Jiang, Lily Song, Qi Wang: Social media addiction: Its impact, mediation, and intervention. In: Cyberpsychology: Journal of Psychosocial Research on Cyberspace. Band 13, Nr. 1, 21. Februar 2019, ISSN 1802-7962, doi:10.5817/CP2019-1-4 (cyberpsychology.eu [abgerufen am 2. Mai 2021]).
  46. Who Commits Virtual Identity Suicide? Differences in Privacy Concerns, Internet Addiction, and Personality Between Facebook Users and Quitters. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking. Abgerufen am 20. Oktober 2013.
  47. BT-Drs. 18/8631
  48. Hannes Grassegger, Mikael Krogerus: Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt. auf: dasmagazin.ch, 48., 3. Dezember 2016, abgerufen am 10. Dezember 2016.
  49. Peter Welchering: Politik 4.0: Online-Manipulation der Wähler. auf: deutschlandfunk.de, Computer und Kommunikation, 10. Dezember 2016.
  50. Quelle: Bergmann/Möhrle/Herb Teil VI Multimedia und Datenschutz Ziffer 1.6
  51. http://www.datenschutz-kommentar.de/ (derzeit die einzigen, die sich konkret dazu äußern)
  52. AP: Kein Überwachungszwang für soziale Netzwerke. In: FAZ.net. 16. Februar 2012, abgerufen am 22. Februar 2015.