David Fincher

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David Fincher (2012)

David Andrew Leo Fincher (* 28. August 1962 in Denver, Colorado) ist ein US-amerikanischer Filmregisseur, Filmproduzent und Schauspieler. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen Alien3 (1992), Sieben (1995), Fight Club (1999), The Social Network (2010) und Gone Girl (2014).

Biografie

David Fincher wurde am 28. August 1962 (anderen Angaben zufolge am 10. Mai 1962[1]) als Sohn des Reporters Jack Fincher geboren. Sein Vater arbeitete unter anderem für das Magazin Life und seine Mutter Claire war in einer Klinik zur Rehabilitation von Drogenabhängigen beschäftigt.[2] Als Kind zog er mit seiner Familie ins kalifornische Marin County. Früh hegte er den Wunsch, später als Filmregisseur zu arbeiten. Inspiriert durch George Roy Hills Western-Komödie Zwei Banditen (1969) begann er bereits als Achtjähriger eigene Filme mit einer 8-mm-Filmkamera im heimischen Garten aufzunehmen.[3] Ebenfalls sollte er durch George Lucas’ Science-Fiction-Film Das Imperium schlägt zurück (1980) beeinflusst werden. Er besuchte auch die Dreharbeiten zu Lucas’ American Graffiti (1973), der in Marin County gedreht wurde.[3] Als Schüler besuchte er die Ashland High School in Ashland (Oregon).[2] Dort arbeitete er nebenbei als Filmvorführer und sah so die gesamte Filmproduktion dieser Jahre bis zu 180-mal. Samstags arbeitete er bei einem lokalen Fernsehsender als Produktionsassistent.[4]

Der Autodidakt Fincher, der nie eine Filmhochschule besuchte, erlernte das Handwerk ab dem achtzehnten Lebensjahr bei der Trickfilm-Firma Korty Films in Mill Valley, Kalifornien.[2] Er profitierte davon, dass George Lucas ein direkter Nachbar seines Elternhauses war,[4] so dass er von 1981 bis 1983 bei George Lucas’ Spezialeffekte-Firma Industrial Light & Magic (ILM) arbeiten konnte, wo er als Trickfilmzeichner begann. Nach der Mitarbeit an Projekten wie Lucas’ Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983) oder Steven Spielbergs Abenteuerfilm Indiana Jones und der Tempel des Todes (1984) gründete Fincher 1986 – zusammen mit späteren Hollywood-Regisseuren wie Mark Romanek, Michel Gondry, Neil LaBute und Michael Bay – die Produktionsfirma Propaganda Films. Der Amerikaner drehte in dieser Zeit unter anderem Musikvideos für Künstler wie Michael Jackson, Madonna, George Michael, Aerosmith oder die Rolling Stones. Zusätzlich produzierte Fincher beginnend mit seinem „rauchenden Fötus“ (1984, American Cancer Society) Werbefilme.[3] Zu seinen Kunden zählten unter anderem Adidas, AT&T, Budweiser, Chanel, Coca-Cola, Heineken, Levi’s, Nike und Pepsi.

1992 gab Fincher mit Alien 3 sein Debüt als Spielfilmregisseur. Der Film erhielt jedoch keine guten Kritiken, und er blieb kommerziell etwas unter den hohen Erwartungen (1,5 Mio. Besucher in Deutschland und inflationsbereinigt 86 Mio. US-Dollar in den Vereinigten Staaten). Verständlich wurde dieser Fehlschlag jedoch einige Jahre später, als die katastrophalen Produktionsbedingungen des Films bekannt gemacht wurden: Während Fincher den Film bereits drehte, wurde gleichzeitig noch am Drehbuch gearbeitet.

Sein Thriller Sieben (1995) konnte drei Jahre später jedoch die Kritiker überzeugen und wurde zudem ein großer Erfolg an den Kinokassen. Das Werk, in dem Morgan Freeman und Brad Pitt einen Psychopathen (gespielt von Kevin Spacey) jagen, der eine Serie krankhafter Morde nach der Reihenfolge der sieben Todsünden begeht, war prägend für die Definition des modernen Thrillers (Neo-Thriller). An den vorangegangenen Erfolg konnte Fincher mit dem Thriller The Game (1997) anknüpfen, in dem ein egoistischer Wirtschaftsboss (Michael Douglas) durch seinen Bruder (Sean Penn) zum unfreiwilligen Teilnehmer in einem lebensbedrohlichen Spiel wird.

Das darauf folgende Werk Fight Club (1999) mit Edward Norton und Brad Pitt in den Hauptrollen konnte zwar die Kritiker, aber nicht an den Kinokassen überzeugen und avancierte erst nach seiner Video- und DVD-Auswertung zum Kultfilm.[3] Mit Pitt arbeitete Fincher auch 2008 beim Drama Der seltsame Fall des Benjamin Button zusammen, der auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald basiert und ihm seine ersten Nominierungen als Regisseur für den Golden Globe Award und Oscar einbrachten. Dazwischen entstanden die Thriller Panic Room (2002) und Zodiac – Die Spur des Killers (2007), bei denen Fincher mit so bekannten Akteuren wie Robert Downey Jr., Jodie Foster, Jake Gyllenhaal und Forest Whitaker zusammenarbeitete. Letztgenannter Film erzählt die Geschichte des gleichnamigen Serienmörders, der Ende der 1960er Jahre in der San Francisco Bay Area für Angst und Schrecken sorgte.

Mit dem Projekt The Social Network, das im Februar 2010 abgedreht wurde und im Oktober 2010 in die Kinos kam, nahm sich Fincher der Entstehungsgeschichte des sozialen Netzwerkes Facebook an. Die Hauptrolle des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg übernahm Jesse Eisenberg. Das „komplexe Geflecht aus Rückblenden, Perspektivwechseln, Anekdoten und Abschweifungen, dessen gewagtes Tempo eine sogartige Wirkung entfaltet“[5] stand trotz Kritik am Wahrheitsgehalt der Geschichte[6] in der Gunst von Publikum und Kritikern. „Hollywoods Parforce-Kunsthandwerker“ wurden daraufhin zahlreiche Auszeichnungen zuteil,[5] darunter die Regiepreise der Filmkritikervereinigungen von Los Angeles und New York, der National Board of Review Award, der National Society of Film Critics Award, der Golden Globe Award sowie eine Oscar-Nominierung.

Die Veröffentlichung des ersten Teils der Millennium-Trilogie Verblendung erfolgte im Dezember 2011.[7] Fincher öffnete sich neuen Medien und schuf als Executive Producer für Netflix die Online-Serie House of Cards von 2013. Neben der Produktion führte er in zwei Episoden Regie und war für das Marketing der Serie verantwortlich.[4] Im Jahr 2014 kam Finchers Verfilmung des Romans Gone Girl – Das perfekte Opfer von Gillian Flynn ins Kino. Er thematisiert die Beziehungsebene einer Ehe anhand des plötzlichen Verschwindens einer Frau (gespielt von Rosamund Pike) und des aufkommenden Verdachts gegenüber ihrem Ehemann (Ben Affleck).

2020 ist auf Netflix sein Film Mank erschienen. Das Filmdrama handelt von der wahren Geschichte des alkoholkranken Drehbuchautors Herman J. Mankiewicz, welcher zusammen mit Orson Welles das Drehbuch zu Citizen Kane geschrieben hat. Das Drehbuch zu Mank schrieb Finchers Vater Howard, die Hauptrolle übernimmt der Oscar-Preisträger Gary Oldman. In weiteren Rollen sind u. a. Amanda Seyfried, Lily Collins, Charles Dance und Tom Burke zu sehen. 2021 wurde Mank für sechs Golden Globes nominiert, darunter für die Beste Regie sowie eine posthume Nominierung seines Vaters für das Beste Drehbuch. Bei der Oscarverleihung 2021 führte Mank das Favoritenfeld mit zehn Nominierungen an, darunter für den Besten Film und die Beste Regie, gewann jedoch nur in den Kategorien Beste Kamera und Bestes Szenenbild.

Fincher dreht seit Zodiac (2007) seine Filme mit digitalen Kinokameras. In der Filmbranche gilt das „Wunderkind“[1] als Perfektionist. So ließ Fincher unter anderem den achtminütigen Anfangsdialog zu The Social Network mit Jesse Eisenberg und Rooney Mara 99 Mal drehen.[3]

David Fincher war von 1990 bis 1995 mit Donya Fiorentino verheiratet. Er ist Vater einer Tochter.[2]

Filmografie

Kinofilme

Regie

Darsteller

  • 1999: Being John Malkovich (als Christopher Bing)
  • 2001: Alien Evolution (als David Fincher)
  • 2002: Voll Frontal (Full Frontal; als Regisseur)
  • 2004: Murder by Numbers (als David Fincher)

Spezialeffekte

Produzent und andere Funktionen

Regie in Serien

Musikvideos

Werbespots

  • „Smoking fetus“ (The American Cancer Society)
  • „You-will“-Serie (AT&T)
  • „Ginger or marianne“ / „Pool hall“ (Budweiser)
  • „The director“ (Chanel)
  • „Blade roller“ (Coca-Cola)
  • „Converse“
  • „Del sol“ (Honda)
  • Levi’s:
    • „Reason no. 259“ / „Rivet“
    • „Restaurant“
  • Nike:
    • „Agassi-live“-Serie
    • „Barkley on broadway“
    • „Children“
    • „Find something“
    • „Instant karma“
    • „Magazine wars“
    • „The-ref“-Serie
    • „… of flight“
    • „Gamebreakers“
    • „Speed Chain“
  • „Bullet the blue sky“ (Pepsi)
  • „Demolition“ (YM Magazine)
  • „Constant Change“ (Hewlett-Packard)
  • „Beer Run“ (Heineken)
  • „Pollen“ (Lexus)
  • „Pebl“ (Motorola)
  • „Mechanical Legs“ (Adidas)
  • „Smart Pops“ (Orville Redenbacher)

Auszeichnungen (Auswahl)

Filme in den Top 250 der IMDb[8]
Platz Film
11 Fight Club
20 Sieben
189 Gone Girl – Das perfekte Opfer

Fincher wurde – vor allem für seine Werke als Regisseur – mehrmals mit Preisen ausgezeichnet und über 100-mal nominiert. Er gewann einen Golden Globe, einen BAFTA Award, einen Grammy, einen César und einen Emmy und war dreimal für den Oscar nominiert.[9]

Oscar

  • 2009: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Der seltsame Fall des Benjamin Button
  • 2011: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für The Social Network
  • 2021: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Mank

Golden Globe Award

  • 2009: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Der seltsame Fall des Benjamin Button
  • 2011: Auszeichnung in der Kategorie Beste Regie für The Social Network
  • 2015: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Gone Girl – Das perfekte Opfer
  • 2021: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Mank

BAFTA Award

  • 2009: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Der seltsame Fall des Benjamin Button
  • 2011: Auszeichnung in der Kategorie Beste Regie für The Social Network

Emmy

  • 2013: Auszeichnung in der Kategorie Beste Regie bei einer Dramaserie für House of Cards (Episode Chapter 1)
  • 2013: Nominierung in der Kategorie Beste Dramaserie für House of Cards
  • 2014: Nominierung in der Kategorie Beste Dramaserie für House of Cards
  • 2015: Nominierung in der Kategorie Beste Dramaserie für House of Cards

César

Internationale Filmfestspiele von Cannes

MTV Video Music Awards

Saturn Award

  • 1993: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Alien 3
  • 1996: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Sieben
  • 2009: Nominierung in der Kategorie Beste Regie für Der seltsame Fall des Benjamin Button

Literatur

  • Schnelle, Frank (Hrsg.): David Fincher. Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-929470-81-0.
  • Charles Martig: David Fincher: Die Hölle auf Erden oder David Finchers negative Theologie der Offenbarung. In: Thomas Bohrmann, Werner Veith, Stephan Zöller (Hrsg.): Handbuch Theologie und Populärer Film. Band 1. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2007, ISBN 978-3-506-72963-7, S. 201–211.
  • Carsten Bergemann: [Artikel] David Fincher. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl.1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 245–248 [mit Literaturhinweisen].

Weblinks

Commons: David Fincher – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b vgl. Biografie bei allmovie.com (englisch; aufgerufen am 9. Januar 2011)
  2. a b c d vgl. David Fincher. In: Internationales Biographisches Archiv 26/2009 vom 23. Juni 2009, ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 39/2010 (aufgerufen via Munzinger Online)
  3. a b c d e Walker, Tim: All the best connections. In: The Independent, 9. Oktober 2010, S. 38
  4. a b c Playboy: Interview: David Fincher (Memento des Originals vom 29. August 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.playboy.com, 16. September 2014
  5. a b vgl. Kritik von Ulrich Kriest im film-dienst 20/2010 (aufgerufen via Munzinger Online)
  6. vgl. Rohrer, Finlo: Is the Facebook movie the truth about Mark Zuckerberg? bei bbc.co.uk, 30. September 2010 (aufgerufen am 10. Januar 2011)
  7. vgl. The Girl with the Dragon Tattoo bei imdb.com (aufgerufen am 15. Dezember 2011)
  8. Die Top 250 der IMDb (Stand: 29. April 2017)
  9. David Fincher – Awards. In: IMDb.com. Abgerufen am 11. August 2016 (englisch).