Spinor-Helizitäts-Formalismus

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Der Spinor-Helizitäts-Formalismus, auch Weyl-van-der-Waerden-Formalismus nach Hermann Weyl und Bartel Leendert van der Waerden, ist eine alternative mathematische Formulierung von Quantenfeldtheorien, die auf der Verwendung von Spinoren und Invarianten der speziellen linearen Gruppe statt der Verwendung von Vierervektoren und Invarianten der Lorentzgruppe basiert.

Grundlagen

Gruppentheorie der Lorentzgruppe

In 3+1 Raumzeit-Dimensionen ist die reelle Lorentzgruppe isomorph zur komplexen speziellen linearen Gruppe in zwei Dimensionen, . Dies führt dazu, dass jedem Gruppenelement der Lorentzgruppe ein Element der komplexen speziellen linearen Gruppe zugeordnet werden kann und jedem Vektor in der reellen vierdimensionalen Raumzeit , auf der die Lorentzgruppe operiert, eine Matrix im Raum der komplexen -Matrizen , auf der die spezielle lineare Gruppe operiert. Dieser Übergang erfolgt durch die vier Pauli-Matrizen . Sei ein Vierervektor, dann gilt:

Die griechischen Indizes bezeichnen Lorentzindizes, die von 0 bis 3 laufen, während die lateinischen Indizes Spinorindizes heißen und von 1 bis 2 laufen. Die Rücktransformation vom in den funktioniert via

Die lorentzinvariante Größe übersetzt sich via

mit dem total antisymmetrischen Levi-Civita-Symbol . Insbesondere gilt

.

Die Gruppenoperation eines Elements der Lorentzgruppe mit einer Lorentzmatrix übersetzt sich als

mit . Die Matrizen sind dabei für Drehungen um eine Achse mit dem Winkel

und für Lorentz-Boosts entlang einer Achse mit der Rapidität

wobei das Matrixexponential bezeichnet.[1]

Dies kann auf die komplexe Lorentzgruppe , die auf operiert, verallgemeinert werden. Dann gilt der Isomorphismus und muss nicht zwangsläufig gleich sein und es muss nicht gelten.

Notation

Aus folgt, dass ein lichtartiger Vektor sich in eine Matrix ohne vollen Rang übersetzt. Da die Dimension von zwei ist, folgt , sofern ist. Daher kann als dyadisches Produkt geschrieben werden:

Sowohl als auch sind zweidimensionale Objekte, genannt Spinoren. Der Spinor heißt holomorpher Spinor, der Spinor antiholomorpher Spinor. Eine explizite Darstellung dieser Spinoren lautet:[2]

Insbesondere können die Spinoren um einen Faktor respektive reskaliert werden, ohne dass dies die Matrix ändern würde. Es ist ersichtlich, dass die beiden Spinoren adjungiert sind, sofern der Vektor reell ist. Im Folgenden sei angenommen, dass alle auftretenden Vektoren lichtartig sind.

Ein Skalarprodukt von zwei Vierervektoren kann daher als

geschrieben werden. Die Levi-Civita-Symbole übernehmen in diesem Sinn die Rolle der Metrik in der . Es gilt

und

Analog zur Bra-Ket-Notation lautet die Notation für die Spinoren:

Insbesondere ist aufgrund der Antisymmetrie des Levi-Civita-Symbols

.

Ein raum- oder zeitartiger Vektor kann stets mittels

in zwei lichtartige Vektoren dekomponiert werden. In diesem Beispiel heißt Hilfsvektor.

Physikalische Implikation

Fermionen

Mithilfe des Spinor-Helizitäts-Formalismus ist die Lösung der Dirac-Gleichung trivial. Die Dirac-Gleichung lautet:

Dabei ist der Impuls des Teilchens und die Dirac-Matrizen. Der Ansatz bzw. führt zu

und

für Teilchen beziehungsweise Antiteilchen. In Weyl-Darstellung gilt

Auf der Massenschale ist ferner raumartig und muss daher dekomponiert werden, sodass die Dirac-Gleichung im Spinor-Helizitäts-Formalismus

mit einem Hilfs„vektor“ lautet. Es folgt

und

als Lösungen des Eigenwertproblems.[3] Die Dirac-Spinoren sind so normiert, sodass gilt. Im massiven Fall sind die Spinoren insbesondere von der Wahl des Hilfsvektors abhängig; im masselosen Fall nicht.

Vektorbosonen

Die Maxwell-Gleichungen

mit dem Polarisationsvektor besitzt die beiden Lösungen

und

wobei gilt. Die Normierung wurde so gewählt, dass die beiden Lösungen orthonormal sind. Das + und - der Lösungen steht für die Helizität des Polarisationsvektors.[4]

Die Proca-Gleichung für massive Vektorbosonen hat die zusätzliche Lösung

die der longitudinalen Polarisationsmode entspricht.

Helizitätsoperator

Im Spinor-Helizitäts-Formalismus kann für masselose Teilchen sehr einfach ein Helizitätsoperator definiert werden.

Die Summe läuft über alle beteiligten Impulse . Der Helizitätsoperator zählt also für jedes ½ hinzu und zieht für jedes ½ ab.

Man kann nun sehr einfach sehen, dass für die Polarisationsvektoren gilt:

und

Literatur

Johannes M. Henn, Jan C. Plefka: Scattering Amplitudes in Gauge Theories. Springer, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-54021-9 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Eduardo Conde und Andrea Marzolla: Lorentz Constraints on Massive Three-Point Amplitudes. Januar 2016, arxiv:1601.08113.
  2. Matthew D. Schwartz: Quantum Field Theory and the Standard Model. Cambridge University Press, Cambridge 2014, ISBN 978-1-107-03473-0, S. 537 (englisch).
  3. Timothy Cohen, Henriette Elvang und Michael Kiermaier: On-shell constructibility of tree amplitudes in general field theories. Oktober 2010, arxiv:1010.0257.
  4. Henriette Elvang, Yu-tin Huang: Scattering Amplitudes. arxiv:1308.1697v2 (englisch).