Stishovit

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Stishovit
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel SiO2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide/Hydroxide – Oxide mit Metall:Sauerstoff = 1:2
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
4.DA.40 (8. Auflage: IV/D.01)
04.04.01.09
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal 4/m 2/m 2/m
Raumgruppe (Nr.) P42/mnm[1] (Nr. 136)
Gitterparameter a = 4,18 Å; c = 2,66 Å[1]
Formeleinheiten Z = 2[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 8,5 bis 9
Dichte (g/cm3) 4,29 bis 4,35
Spaltbarkeit nicht definiert
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe farblos
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,799
nε = 1,826
Doppelbrechung δ = 0,027
Optischer Charakter einachsig positiv

Stishovit (russisch стишовит) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung SiO2 (Siliciumdioxid) und entwickelt ausschließlich mikrokristalline, farblose Aggregate.

Etymologie und Geschichte

Stishovit wurde nach dem russischen Kristallographen Sergei Stischow (* 1937) benannt, dem es 1961 zusammen mit S. W. Popowa erstmals gelang, die bis dahin nur theoretisch bekannte Modifikation synthetisch herzustellen. Vorhergesagt wurde sie schon 1952 durch Albert Francis Birch.

1962 wurde Stishovit dann auch in der Natur im Barringer-Krater, einem Meteoritenkrater im US-amerikanischen Bundesstaat Arizona durch Edward C. T. Chao entdeckt und ist seitdem von der International Mineralogical Association (IMA) als Mineral anerkannt. Stishovit diente auch zum Nachweis, dass das Nördlinger Ries ein Einschlagkrater ist.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Stishovit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2“, wo er zusammen mit Coesit, Cristobalit, Melanophlogit, Mogánit, Opal, Quarz und Tridymit die „Quarz-Gruppe“ mit der System-Nr. IV/D.01 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Stishovit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen sowie der Zugehörigkeit zu einer größeren Mineralfamilie bzw. der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend in der Unterabteilung „Mit kleinen Kationen: Kieselsäure-Familie“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Cristobalit die unbenannte Gruppe 4.DA.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Stishovit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Rutil, Ilmenorutil, Struverit, Pyrolusit, Kassiterit, Plattnerit, Argutit und Squawcreekit in der „Rutilgruppe (Tetragonal: P4/mnm)“ mit der System-Nr. 04.04.01 innerhalb der Unterabteilung der „Einfachen Oxide mit einer Kationenladung von 4+ (AO2)“ zu finden.

Modifikationen und Varietäten

Stishovit ist neben Coesit eine Hochdruck-Modifikation des Siliciumdioxids Quarz (auch Tief- oder α-Quarz).

Weitere Modifikationen sind Cristobalit und Tridymit als Hochtemperaturmodifikationen, Lechatelierit als amorphes Kieselglas, welches allerdings nicht von der IMA als Mineral anerkannt wird und der ebenfalls amorphe, wasserhaltige Opal.

Bildung und Fundorte

Stishovit entsteht als Hochdruckmineral typischerweise bei einem Meteoriteneinschlag (Impakt) und ist neben Coesit und diaplektischen Gläsern in Suevit, einem Impakt-Gestein, enthalten.

Weitere Fundorte sind neben dem Barringer-Krater und dem Nördlinger Ries unter anderem der Zagami-Marsmeteorit in Nigeria, der Muonionalusta-Meteorit in Schweden, der Vredefort-Krater in Südafrika, sowie in verschiedenen Meteoriten-Kratern in den USA.

Kristallstruktur

Kristallstruktur von Stishovit,
_ Si4+ _ O2−  [2]

Stishovit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P42/mnm (Raumgruppen-Nr. 136)Vorlage:Raumgruppe/136 mit den Gitterparametern a = 4,18 Å und c = 2,66 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Im Gegensatz zu den Niederdruck-Modifikationen von Quarz ist beim Stishovit das Silicium sechsfach gebunden, wodurch das Mineral eine wesentlich kompaktere Struktur aufweist. Dies wird auch im Vergleich der Dichten deutlich. Quarz hat eine Dichte von 2,65 g/cm3 und Stishovit von 4,32 g/cm3.

Stishovit ist bei Raumtemperatur ab Drücken von 8 Gigapascal (GPa) stabil und geht bei fünfzig GPa in die verwandte orthorhombische Kristallstruktur vom Typ Stishovit II über. Bei Normaldruck ist Stishovit metastabil.

Siehe auch

Literatur

  • S.M. Stischow, S.W. Popowa:
    Новая плотная модификация кремнезёма
    . In:
    Геохимия
    , 1961:10, S. 837–839
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3
  • Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6

Weblinks

Commons: Stishovite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 206.
  2. "High-pressure crystal chemistry of stihovite", N. L. Ross et al., American Mineralogist, Vol 75, pp 739-747, 1990 (PDF; 1,1 MB)