Unterschlagung (Deutschland)

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Der juristische Tatbestand der Unterschlagung liegt vor, wenn jemand vorsätzlich eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet. Dabei handelt es sich um Dinge, die nicht im Eigentum des Täters stehen.

Die Unterschlagung ist das allgemeinste Zueignungsdelikt im deutschen Strafgesetzbuch und wird in § 246 Absatz 1 StGB behandelt. Unterschlagung ist gem. § 12 Abs. 2 StGB ein Vergehen. Die Unterschlagung setzt als Eigentumsdelikt – im Unterschied etwa zum Betrug (§ 263 StGB) oder zur Erpressung (§ 253 StGB) – keinen Vermögensschaden und auch keine Bereicherungsabsicht voraus. Jedoch muss ein Zueignungswille vorliegen. Auch können wertlose bewegliche Sachen unterschlagen werden, solange sie nur fremd sind, d. h. nicht im Alleineigentum des Täters stehen und nicht herrenlos sind. Ebenfalls können Sachen unterschlagen werden, um dem Opfer einen Vermögensschaden zuzufügen (Sabotage), ohne dass sich der Täter dadurch selbst oder Dritten einen Vermögensvorteil beschafft.

Qualifikation

Die Tat wird durch § 246 Abs. 2 StGB qualifiziert, wenn dem Täter die Sache anvertraut war, das heißt, wenn dem Täter vom Eigentümer in dessen Interesse oder nach seiner Weisung die Verfügungsgewalt über die Sache eingeräumt wurde. Im Gegenzug ist die Sache immer dann nicht „anvertraut“, wenn die Überlassung den Interessen des Eigentümers zuwiderläuft.

Auch die versuchte Unterschlagung ist strafbar (§ 246 Abs. 3 StGB).

Tatbestandsmerkmale

Im Gegensatz zum Diebstahl (§ 242 StGB) ist es nicht notwendig, dass der Täter Gewahrsam bricht. Die Unterschlagung ist damit Auffangdelikt der Eigentums- und Vermögensdelikte. Somit erfüllt jeder Täter, der einen Diebstahl oder einen Raub begeht, immer zugleich auch eine Unterschlagung. Diese tritt jedoch formell als subsidiär zurück (§ 246 Abs. 1 StGB am Ende).

Rechtlich umstritten ist, ob sie nur hinter Delikten mit derselben Angriffsrichtung keine Geltung beansprucht. Die Rechtsprechung lehnt eine solche Betrachtung ab, da das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG erfordert, dass eine solche Beschränkung ausdrücklich im Gesetz stehen müsste.

Zueignung bedeutet die Anmaßung einer eigentümerähnlichen Position (se ut dominum gerere). Dafür ist es erforderlich, dass der Täter seinen Zueignungswillen äußerlich erkennbar macht – ihn manifestiert. Umstritten ist, welche Qualität diese Manifestation des Zueignungswillens haben muss. Zum einen wird die Meinung vertreten, dass jede Handlung genügt, auch wenn sie äußerlich unverfänglich ist. Entscheidend für die Strafbarkeit wäre dann eine subjektive Zueignungsabsicht.

Beispiel

Der Finder einer Geldbörse auf der Straße steckt diese ein, weil er sie zum Fundbüro bringen will. Der subjektive Tatbestand wäre nicht erfüllt und Strafbarkeit läge nicht vor. Will er die Geldbörse hingegen behalten, sind sowohl der objektive wie der subjektive Tatbestand erfüllt (Fundunterschlagung) und er macht sich als Unterschlagungstäter strafbar.

Juristische Diskurse

Eine andere juristische Sicht bestünde darin, dass es sich um ein äußerlich eindeutig als Zueignungshandlung erkennbares Verhalten handeln muss, z. B. durch Veräußerung oder Ableugnen des Besitzes. Diese Auffassung kommt unter Umständen auch zu einem anderen Tatbegehungszeitpunkt.

Ferner stellen andere auf eine endgültige Enteignung des Opfers durch den Täter ab. Diese Ansicht dürfte wenig brauchbar sein, da eine wirklich endgültige Enteignung wohl nur beim Tod des Opfers der Unterschlagung anzunehmen sein dürfte und den Strafbarkeitsbereich mithin radikal einschränkt.

Schließlich wird auf eine (konkrete) Eigentumsgefährdung abgestellt, welche auch das (freilich unausgesprochene) Korrektiv der Rechtsprechung für ihre weite Manifestationstheorie bilden dürfte.

Konkurrenzprobleme

Umstritten ist, ob es eine „Zueignung nach der Zueignung“ geben kann, ob sich also z. B. der Dieb, der die gestohlene Sache später weiterverkauft, dadurch nochmals wegen Unterschlagung strafbar macht. Im Ergebnis besteht Einigkeit darüber, dass eine Bestrafung auf Grund der zweiten Zueignung ausscheidet. Während die Rechtsprechung davon ausgeht, dass eine Zweitzueignung schon nicht den Tatbestand des § 246 Abs. 1 StGB erfüllt (Zueignung sei nur die Herstellung einer eigentümerähnlichen Position), geht die Literatur überwiegend davon aus, dass auch eine Zweitzueignung den Tatbestand erfüllt, jedoch auf Konkurrenzebene hinter dem vorher verwirklichten Diebstahl oder der Hehlerei als mitbestrafte Nachtat zurücktritt.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Bittner: Der Gewahrsamsbegriff und seine Bedeutung für die Systematik der Vermögensdelikte, Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8381-0051-7
  • Gunnar Duttge / Sotelsek, Jura 2002, S. 526–534
  • Gunnar Duttge / Sotelsek, NJW 2002, S. 3756–3758