Vergasovait

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Vergasovait
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1998-009[1]

Chemische Formel
  • Cu3O(MoO4)(SO4)[1]
  • Cu3[O|MoO4|SO4][2]
  • Cu3[O|SO4|(Mo,S)O4][3]
  • u3O[(Mo,S)O4][SO4][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
7.BB.30
48.04.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[5]
Raumgruppe Pnma (Nr. 62)Vorlage:Raumgruppe/62[2]
Gitterparameter a = 7,42 Å; b = 6,75 Å; c = 13,62 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Häufige Kristallflächen {100}, {110}, {120}, {130}, {111}, {263}, {315}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 5[3] (VHN25 = 302 bis 413, durchschnittlich 357[6])
Dichte (g/cm3) berechnet: 4,32[6]
Spaltbarkeit fehlt[3]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[6]
Farbe olivgrün,[3] im Auflicht grau mit hellgrünen Innenreflexen
Strichfarbe hellgelb[3]
Transparenz durchsichtig[6]
Glanz Glasglanz[6]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,870[7]
nγ = 1,980[7]
Doppelbrechung δ = 0,110[7]
Optischer Charakter zweiachsig
Pleochroismus deutlich: olivgrün ∥ c; gelblich bis bräunlichgrün ⊥ c[6]

Vergasovait (russisch: Вергасоваит; IMA-Symbol Vgs[8]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Cu3[O|MoO4|SO4][2] und damit chemisch gesehen ein Kupfer-Sulfat mit zusätzlichen Sauerstoff- und Molybdat-Ionen.

Vergasovait kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt kurzprismatische, leicht nach der c-Achse [001] gestreckte Kristalle bis etwa 0,3 mm Größe, kommt aber auch in Form radialstrahliger Mineral-Aggregate vor. Das Mineral ist durchsichtig und von olivgrüner Farbe mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen, erscheint im Auflichtmikroskop aber auch grau mit hellgrünen Innenreflexen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Vergasovait 1993 an der Fumarole Treschtschina („Spalte“) am zweiten Schlackenkegel des Vulkans Tolbatschik auf der Halbinsel Kamtschatka im russischen Föderationskreis Ferner Osten. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Elena Y. Bykova, Peter Berlepsch, Pavel M. Kartashov, Joël Brugger, Thomas Armbruster und Allan J. Criddle, die das Mineral nach der russischen Mineralogin Lidija Pawlowna Wergassowa (englisch: Lidiya Pavlovna Vergasova; russisch: Лидии Павловны Вергасовой; * 1941) benannten, um ihre herausragenden Beiträge zur Mineralogie der vulkanischen Exhaltaionen von Kamtschatka im Allgemeinen und der Mineralogie der Region Tolbatschik im Besonderen zu ehren.[4]

Das Mineralogen-Team reichte die Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1998 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1998-009[1]), die den Vergasovait als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung folgte noch im gleichen Jahr in englischer Sprache im Fachmagazin Schweizerische Mineralogische und Petrographische Mitteilungen und wurde zwei Jahre später mit der Publikation New Mineral Names im Fachmagazin American Mineralogist nochmals bestätigt.[9]

Das Typmaterial des Minerals wird in der Sammlung des Mineralogischen Museums der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau unter der Katalog-Nr. 2328/1 sowie im Mineralogisch-Petrographischen Institut der Universität Basel und im Naturhistorischen Museum Basel aufbewahrt.[6][10]

Klassifikation

Da der Vergasovait erst 1998 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/G.02-25. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort der Abteilung „Molybdate [MoO4]2− und Wolframate [WO4]2−, Polywolframate“, wo Vergasovait zusammen mit Biehlit, Lindgrenit, Cuprotungstit, Markarscherit, Szenicsit, Cupromolybdit, Ferrimolybdit, Tancait-(Ce) eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[3]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vergasovait dagegen in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) mit zusätzlichen Anionen, ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.BB.30 bildet.

Im Gegensatz zu den Strunzschen Systematiken ordnet die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana den Vergasovait in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Molybdate und Wolframate“ ein. Hier ist er zusammen mit Schlegelit in der „Vergasovait-Reihe“ mit der System-Nr. 48.04.03 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Molybdate und Wolframate mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Kristallstruktur

Vergasovait kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62)Vorlage:Raumgruppe/62 mit den Gitterparametern a = 7,42 Å; b = 6,75 Å und c = 13,62 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte

Vergasovaite bildet sich als Sublimationsprodukt in Fumarolen in einer Tiefe von 20 cm und bei einer Temperatur zwischen 150 und 170 ºC.[12] Als Begleitminerale traten kupferhaltiger Anglesit, Chalkocyanit, Dolerophanit, Euchlorin, Fedotovit, gediegen Gold und Tenorit auf.[6]

Außer an seiner Typlokalität an der Fumarole Treschtschina konnte das Mineral bisher nur noch an der nahe gelegenen Fumarole Jadowitaja („Die Giftige“) am Tolbatschik auf Kamtschatka gefunden werden.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Elena Y. Bykova, Peter Berlepsch, Pavel M. Kartashov, Joël Brugger, Thomas Armbruster, Allan J. Criddle: Vergasovaite Cu3O[(Mo,S)O4][SO4], a new copper-oxy-molybdate-sulfate from Kamchatka. In: Schweizerische Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 78, 1998, S. 479–488, doi:10.5169/seals-59302 (englisch, e-periodica.ch [PDF; 6,7 MB; abgerufen am 13. November 2020]).
  • Peter Berlepsch, Thomas Armbruster, Joël Brugger, Elena Y. Bykova, Pavel M. Kartashov: The crystal structure of vergasovaite Cu3O[(Mo,S)O4SO4], and its relation to synthetic Cu3O[MoO4]2. In: European Journal of Mineralogy. Band 11, Nr. 1, 1999, S. 101–110, doi:10.1127/ejm/11/1/0101 (englisch).
  • John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 85, 2000, S. 263–266 (englisch, rruff.info [PDF; 39 kB; abgerufen am 13. November 2020]).
  • Igor V Pekov: New minerals from former Soviet Union countries, 1998-2006: New minerals approved by the IMA commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Almanac. Band 11, 2007, S. 48 (englisch, rruff.info [PDF; 3,9 MB; abgerufen am 11. Februar 2019]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X (englisch).
  3. a b c d e f Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b Elena Y. Bykova, Peter Berlepsch, Pavel M. Kartashov, Joël Brugger, Thomas Armbruster, Allan J. Criddle: Vergasovaite Cu3O[(Mo,S)O4][SO4], a new copper-oxy-molybdate-sulfate from Kamchatka. In: Schweizerische Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 78, 1998, S. 479–488, doi:10.5169/seals-59302 (englisch, e-periodica.ch [PDF; 6,7 MB; abgerufen am 13. November 2020]).
  5. David Barthelmy: Vergasovaite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
  6. a b c d e f g h i Vergasovaite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 13. November 2020]).
  7. a b c Vergasovaite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
  8. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 22. August 2022]).
  9. John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 85, 2000, S. 263–266 (englisch, rruff.info [PDF; 39 kB; abgerufen am 13. November 2020]).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – V. (PDF 40 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 13. November 2020.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
  12. Typlokalität Treschina fumarole, Second scoria cone, Northern Breakthrough (North Breach), Great Fissure eruption (Main Fracture), Tolbachik volcano, Kamchatka Krai, Russia. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
  13. Fundortliste für Vergasovait beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 13. November 2020.