WTB-Plan
Unter dem Titel WTB-Plan wurde ein im Januar 1932 vorgestelltes Programm aktiver Konjunkturpolitik und Arbeitsbeschaffung in der Weltwirtschaftskrise bekannt, das vor allem von gewerkschaftlicher Seite (ADGB) getragen wurde. Es ist nach den Initialen seiner Hauptproponenten Wladimir Woytinsky, Fritz Tarnow und Fritz Baade benannt.
Vorgeschichte
Angesichts der dramatischen Verschärfung der Weltwirtschaftskrise und der verbreiteten Unzufriedenheit mit der in Deutschland vorherrschenden Politik der Deflation eröffnete der Leiter der statistischen Abteilung im ADGB Wladimir Woytinsky im Juniheft 1931 der Zeitschrift Die Arbeit eine Debatte über Aktive Wirtschaftspolitik.[1] Er hatte dabei die Rückendeckung des Vorsitzenden der Holzarbeitergewerkschaft Fritz Tarnow. Woytinsky wandte sich gegen eine passive, „meteorologische“ Einstellung zu Konjunkturproblemen, trat für eine internationale Hebung der Preise ein, skizzierte aber auch ein nationales Aktionsprogramm zur Belebung der deutschen Wirtschaft. Hier liegen die Ursprünge des WTB-Plans. Im September 1931 befasste sich eine Geheimkonferenz der Friedrich List-Gesellschaft ebenso mit Konjunkturprogrammen – hier stellte Wilhelm Lautenbach, Regierungsrat im Reichswirtschaftsministerium seinen Plan vor (Lautenbach-Plan).
Innerhalb der SPD-Fraktion trat vor allem deren Landwirtschaftssprecher Fritz Baade für aktive Konjunkturpolitik ein. In einer Konferenz am 23. Dezember 1931 befasste sich der ADGB-Vorstand mit einem Papier, das bereits im Wesentlichen dem WTB-Plan entspricht und in dem die Beschäftigung von 1 Million Arbeitsloser durch öffentliche Arbeiten gefordert wurde.
Widerstände in der SPD
Am 26. Januar 1932 wurde der WTB-Plan vorgestellt, trug die Unterschrift Fritz Tarnows und wurde im April 1932 vom ADGB formell beschlossen. Der Plan fand aber in der Führungsspitze der deutschen Sozialdemokratie nur wenig Gegenliebe. Sowohl der Fraktionschef Rudolf Breitscheid als auch Parteichef Otto Wels wie die Wirtschaftsexperten Rudolf Hilferding und Fritz Naphtali zeigten sich skeptisch. Einerseits ging es dabei offenbar um den Eingriff des ADGB in die wirtschaftspolitische Kompetenzsphäre der Partei und um die fehlende Bereitschaft, „Arzt am Krankenbett des Kapitalismus zu spielen“, andererseits um die Sorge vor Inflation. Als Kompromiss wurde die Finanzierung durch eine „volkstümliche Anleihe“ anvisiert. Die SPD versäumte es aber, mit einem populären Programm der Arbeitsbeschaffung vergleichbar dem von der NSDAP propagierten „Sofortprogramm“ Gregor Strassers, in den Wahlkampf zur Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 zu gehen. Dass diese mit einer Verdoppelung der Stimmen- und Mandatszahl der Hitler-Partei endete, wird von zahlreichen Beobachtern darauf zurückgeführt, dass keine demokratische Partei sich des Themas der aktiven Konjunkturpolitik annahm.
Literatur
- Gottfried Bombach: Der Keynesianismus. Band 3. Berlin/Göttingen 1981.
- Ursula Büttner: Politische Alternativen zum Brüningschen Deflationskurs. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Nr. 37/1989, S. 209 ff. (PDF)
- Wladimir Woytinsky: Stormy Passage. (Erinnerungen), New York 1961.