Walter Herzog (Grafiker)
Walter Herzog (* 20. September 1936 in Dresden) ist ein deutscher Zeichner und Radierer. Er lebt und arbeitet in Berlin.
Biografie
Walter Herzog wurde 1936 in Dresden geboren. Im Jahre 1945 erlebte er die Zerstörung Dresdens im Zentrum der Stadt. Nach der Ausbombung wuchs er in einem ländlichen Vorort der Stadt auf. Politischer Umstände halber wurde ihm der Besuch der Oberschule verwehrt. Als Ausweg absolvierte er eine Maurerlehre als Voraussetzung für das Fachschulstudium 1953–1956 in Görlitz. In dieser Zeit besuchte er Zeichenkurse bei der Bildhauerin Etha Richter. Anschließend studierte er Architektur an der TH Dresden, verbunden mit Malerei und Graphik bei Georg Nerlich. 1960–1962 arbeitete Herzog als Architekt in Dresden bei gleichzeitiger Beschäftigung mit informeller Malerei. Ab 1963 lebte er als Architekt in Berlin. Hier arbeitete er an Bauten im Zentrum (u. a. Fernsehturm-Fußumbauung mit Wasserspielen).
1971 entstanden seine ersten Radierungen. 1973 fand eine erste Ausstellungsbeteiligung in der Galerie am Sachsenplatz in Leipzig statt. 1974 wurde er Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR. Seine erste Einzelausstellung fand in diesem Jahr im Winckelmann-Museum Stendal statt. 1980 beendete er seine parallel laufende Tätigkeit als Architekt, um sich ausschließlich seinem künstlerischen Werk zu widmen. 1983 erschien die Graphikkassette „Harzreise im Winter“ im Verlag der Kunst. Gleichzeitig übernahm seine Ehefrau, die Architektin Christine Herzog, den Druck seiner Radierungen. Bis 2020 fanden insgesamt 232 Einzelausstellungen statt.
Künstlerisches Werk
Walter Herzog hat in der Bildkunst der Moderne zu einem unverwechselbaren künstlerischen Ausdruck gefunden. Seine Affinität zu Giovanni Battista Piranesi, Hercules Seghers und zu den Romantikern des 19. Jahrhunderts ist deutlich. Nicht nur thematisch (Baumgruppen, Felsen, Ruinen, Treppen, Fluss- und Baumlandschaften), vor allem in der detailreichen Radiertechnik werden die Bezüge offenbar. Sein Werk ist dennoch kein Spiegel des Vergangenen; es trägt die untrüglichen Zeichen einer künstlerischen Handschrift des 20./21. Jahrhunderts. Walter Herzog wird als „Vertreter eines poetisch verdichteten romantisch-sensualistischen Realismus“ bezeichnet.[1] Seine Bildwelt ist mithin nicht allein Abbild, sondern auch Metapher und so zugleich Projektionsraum für die Kontemplation über Vergänglichkeit, Leben und Tod.
Nach experimentellen Versuchen in alle Richtungen fiel rasch die Entscheidung zugunsten der Radierkunst. In der ersten Phase des Schaffens bestimmte noch eine ins Fantastische gesteigerte Naturauffassung sein Werk. Mythologische Gestalten, anthropomorphe Felsenlandschaften oder exzentrisch gekrümmte Bäume sollten eine spannungsgeladene Auseinandersetzung mit Natur, Mensch und Sinnbildhaftem vermitteln. Das Initialerlebnis Elbsandsteingebirge (1972) führte ihn zu einer wirklichkeitsbezogeneren Thematik. Dazu kam die Verarbeitung einer ersten großen Italienreise (1978), die seinem Werk entscheidende thematische Anstöße gab und zur Orientierung an der Antike mit ihren überwachsenen Gesteinstrümmern, Ruinen, Statuen, Grotten und Olivenhainen führte. Diese Haltung bestimmt sein gesamtes Werk, das zudem von Stille und einer melancholischen Grundstimmung geprägt wird. Die Technik erfuhr eine Verfeinerung und die Komposition zielte weiterhin auf Verdichtung. Die Variationsbreite seiner speziellen Thematik gewann an Umfang und Bedeutung.
Nach 2000 bereicherten großformatige autonome Federzeichnungen mit den bei Radierungen vergleichbaren Motiven sein Werk. Die dichte Zeichentechnik blieb, doch der zartere Federstrich bewirkte eine atmosphärischere Wirkung. Der Blick geht oft ins Weite oder holt Fels- und Baumformationen zu beklemmender Nahsicht heran. Zahlreiche Tierdarstellungen, Porträts und Stillleben kamen hinzu. Das graphische Gesamtwerk Walter Herzogs zeigt eine erstaunliche Kontinuität und kreative Dichte und ist in fünf eigenständigen Werkverzeichnissen (bis 2018) versammelt.
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 1974: Winckelmann-Museum, Stendal
- 1975: Galerie Arkade, Berlin
- 1976: Kulturhistorisches Museum Magdeburg
- 1981: Museum der bildenden Künste, Leipzig (Kabinettausstellung)
- 1986: Galerie Unter den Linden, Berlin
- 1987: Galerie Schmidt-Rottluff, Chemnitz
- 1991: Leonhardi-Museum, Dresden
- 1997: Schloß Branitz, Cottbus
- 1999: Galerie art & form, Dresden
- 2000: Museum der Stadt Güstrow
- 2002: Kunstsammlung der Burg Beeskow
- 2003: Kunsthalle im Schloss Isny
- 2004: Orangerie im Barockgarten Großsedlitz, Heidenau
- 2008: Festung Königstein
- 2011: Panorama-Museum Bad Frankenhausen
- 2014: Galerie Sophienholm, Kopenhagen
- 2016: Berliner Graphikpresse, Berlin
- 2019: Caspar-David-Friedrich-Zentrum, Greifswald
- 2020/2021: Berliner Graphikpresse, Berlin ("Zeichnungen & Druckgraphik")[2]
Arbeiten im Besitz von Museen und öffentlichen Sammlungen
- Staatliche Museen zu Berlin (Kupferstichkabinett und Märkisches Museum)
- Staatliche Kunstsammlungen Dresden
- Museum der bildenden Künste, Leipzig
- Lindenau-Museum, Altenburg
- DAStietz (Neue Sächsische Galerie), Chemnitz
- Fürst-Pückler-Museum Branitz, Cottbus
- Veste Coburg
- Schloss Clemenswerth
- Galerie Junge Kunst, Frankfurt (Oder)
- Städtisches Museum Göttingen
- Kulturhistorisches Museum Görlitz
- Grafische Sammlung der Moritzburg, Halle (Saale)
- Stadtmuseum Fembohaus, Nürnberg
- Ludwig Galerie Schloss Oberhausen
- Nationalmuseum Oslo
- Schloss Sanssouci, Potsdam
- Kunsthalle Rostock
- Staatliches Museum Schwerin
- Winckelmann-Museum, Stendal
- Staatsgalerie Stuttgart
- Festung Königstein, Sachsen
- Kustodie TU Dresden
- Panoramamuseum Bad Frankenhausen
Literatur (Auswahl)
- Nathalia Laue: Herzog, Walter. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 72, de Gruyter, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-023177-9, S. 465.
- Walter Herzog – Radierungen. Gesamtverzeichnis 1971–1982. Hrsg. von Max Kunze. Mit Texten von Gabriele Muschter, Gerald Heres und Jörg Sperling. Winckelmann-Gesellschaft, Stendal 1984 (Künstlerkompendium der Winckelmann-Gesellschaft, Band IV).
- Walter Herzog – Es fließt der Bach zum Meer – Landschaft und Gedichte mit Radierungen. Hrsg. von Manfred Schmidt, Kinderbuchverlag Berlin – DDR 1987, ISBN 3-358-00900-9.
- Walter Herzog – Schwelgt der Menschen laute Lust. Graphische Suite mit Gedichten von Joseph Freiherr von Eichendorff. Hrsg. von Manfred Schmidt. Mit einem Text von Edwin Kratschmer. Edition q, Berlin 1993, ISBN 3-86124-238-9.
- Walter Herzog – Landschaften. Werkverzeichnis der Radierungen 1983–1997. Mit Texten von Walter Herzog, Eckhart Krombholz, Jörg Sperling, Gunter Nimmich und Eckard Wagner. H.W. Fichter Edition, Frankfurt am Main 1998.
- Walter Herzog – Landschaften, Werkverzeichnis der Radierungen 1998–2002 und ausgewählte Zeichnungen zwischen 1981–2002. Mit Texten von Bernd Wolff, Rita Joreck, Rudolf Kober und Sybille Badstübner-Gröger. Jüttners Verlagsbuchhandlung, Wernigerode 2002, ISBN 3-910157-11-4.
- Walter Herzog – Landschaft & Gestalt. Werkverzeichnis der Radierungen 2002–2008 und ausgewählte Zeichnungen. Mit Texten von Astrid Volpert, Marie Luise Rohde, Nathalia Laue, Holger Teschke und Günter Coufal, Jüttners Verlagsbuchhandlung, Wernigerode 2008, ISBN 3-910157-14-9.
- Walter Herzog – Graphik und Zeichnungen, Hrsg. von Gerd Lindner, Panorama Museum Bad Frankenhausen 2011. Mit Texten von Gunter Nimmich, Gerd Lindner, Helmut Borsch-Suppan, Volkhard Böhm, Maren Kroneck, Edwin Kratschmer, Cornelia Nowak und Nathalia Laue, ISBN 978-3-938049-21-1.
- Walter Herzog – In „Figurativ Fokus“, Dialogue between 7 realistic european artists. Sophienholm (bei Kopenhagen) 2014, mit Text von Robin d´ArcyShillcock, ISBN 978-87-92079-17-6.
- Walter Herzog – Naturrelikt und Kunstkonstrukt – Ausstellung des Grafikmuseums Stiftung Schreiner Bad Steben 2015. Mit Text von Linn Kroneck.
- Walter Herzog – Landschaft & Gestalt, Werkverzeichnis der Radierungen 2009–2018 und ausgewählte Zeichnungen. Mit Texten von Marie Luise Rohde, Jüttners Verlagsbuchhandlung, Wernigerode 2019, ISBN 978-3-910157-24-8.
Weblinks
- Literatur von und über Walter Herzog im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Walter Herzog – Grafik und Zeichnung auf der Webseite des Panorama Museums Bad Frankenhausen
- Walter Herzog – Grafiken auf der Webseite der Galerie Fuchstal
- Fotos und Werke von Walter Herzog sowie Informationen, SLUB / Deutsche Fotothek. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- Website von Walter Herzog
- WDR 5 (Westdeutscher Rundfunk) Erlebte Geschichten. Menschen erinnern sich vom 27. September 2022: Walter Herzog, Architekt und Grafiker
Einzelnachweise
- ↑ G. Lindner, Ausstellungskatalog, Frankenhausen 2015
- ↑ walter-herzog-zeichnungen-druckgraphik galerie-berliner-graphikpresse.de
Personendaten | |
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NAME | Herzog, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Grafiker und Architekt |
GEBURTSDATUM | 20. September 1936 |
GEBURTSORT | Dresden |