Wattwagen
Ein Wattwagen ist ein von zwei Arbeitspferden gezogener Kutschwagen, der bei Ebbe den Meeresboden befahren kann. Wattwagen verkehren insbesondere zwischen den Cuxhavener Bädervororten Duhnen und Sahlenburg und der im Wattenmeer der Nordsee gelegenen Insel Neuwerk.
Bauweise
Ein Wattwagen ist höher als andere Kutschwagen gebaut. Das ist erforderlich, weil ein Wattwagen bis 1,3 m tiefe Priele durchwaten muss. Darum befindet sich der Kastenaufsatz auf dieser Höhe, während sich die Sitzflächen der gepolsterten Bänke auf einer Höhe von 1,75 m befinden. Bei einer größeren Wassertiefe können keine Priele mehr durchfahren werden, denn dann haben die Arbeitspferde keinen Boden mehr unter den Hufen.
Die Untergestelle der Wattwagen werden aus Eichenholz gefertigt. Die ursprünglich eisenbereiften Holzspeichenräder wurden ab der Mitte des 20. Jahrhunderts durch mit Gummi bereifte Metallscheibenräder ersetzt.
Zum Auf- und Absteigen der Fahrgäste wird eine am Wattwagen mitgeführte Anlegeleiter verwendet.
Fahrweg
Der Fahrweg vom Festland zur zwölf Kilometer entfernten Insel Neuwerk und zurück führt sowohl durch niedersächsisches als auch hamburgisches Staatsgebiet. Er wird in jedem Frühjahr nach einer Wegeschau von einer gemeinsamen Kommission unter der Leitung der in den beiden Bundesländern zuständigen Behörden neu festgelegt und mit Pricken markiert.[1]
Fahrzeiten
Die möglichen Fahrzeitfenster der Wattwagen, die sich wegen der sich ändernden Gezeiten täglich um ca. 50 Minuten verschieben, werden vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für ein Jahr im Voraus errechnet (Gezeitenkalender) und liegen dann in gedruckter Form als Fahrplan aus.
Führerschein
Das Watt ist relativ flach, doch es kann Vertiefungen aufweisen. Diese während der Fahrt zu erkennen und einzuschätzen, ist Aufgabe der Wattwagenführer. Sie benötigen darum einen besonderen Führerschein.[2]
Wattwagen-Abnahme
In jedem Frühjahr findet eine Abnahme der Wattwagen auf Grundlage der hamburgischen[3] und niedersächsischen[4] Wattwagenverordnungen statt.[5] Der Prüfungskommission, die für Niedersachsen und Hamburg zuständig ist, gehört ein Stellmachermeister an, der mit einem Schmiedemeister die Wattwagen auf Stabilität, Funktionstüchtigkeit und Sicherheit überprüft. Ein Sattlermeister untersucht die Pferdegeschirre und ein Tierarzt untersucht die Pferde auf ihren Gesundheitszustand und Eignung. Die Polizei kontrolliert zusätzlich die Wattwagen, weil sie auch am Straßenverkehr teilnehmen. Das Ordnungsamt überprüft das Vorhandensein von Erste-Hilfe- und Rettungs-Mitteln, zu denen auch ein Funkgerät gehört. Außerdem muss eine Zulassung für jeden Wattwagen vorhanden sein sowie der Nachweis einer Haftpflichtversicherung. Der Prüfbericht wird in Schriftform erstellt. Nach einer mängelfreien Abnahme der Wattwagen bekommen die überprüften Fahrzeuge eine Prüfplakette für ein Jahr, die sichtbar anzubringen ist.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Drucksache 18/7478 der Hamburgischen Bürgerschaft: Antrag „Wattwagenverkehr mit Pferdefuhrwerken zwischen der Insel Neuwerk (Bezirk Hamburg-Mitte) und Cuxhaven-Sahlenburg (Bundesland Niedersachsen) langfristig sicherstellen“ des Abgeordneten Alexander-Martin Sardina vom 28. November 2007. Einstimmig in der Plenarsitzung des Parlaments am 13. Dezember 2007 beschlossen (vgl. Plenarprotokoll 18/96, S. 5142A).
- ↑ Beispiel: Wattwagenverordnung für Cuxhaven (PDF)
- ↑ Drucksache 18/2897 der Hamburgischen Bürgerschaft (PDF): Anfrage „Hamburgische Wattwagenverordnung“ des Abgeordneten Till Steffen vom 23. September 2005 und Antwort des Senats.
- ↑ Wattwagenverordnung für Cuxhaven in der Fassung vom 18. Dezember 2001 (PDF). Abgerufen am 20. Dezember 2015.
- ↑ „Im Watt gilt kein Gesetz“. Artikel im Hamburger Abendblatt zur Notwendigkeit einer Hamburgischen Wattwagenverordnung. Abgerufen am 20. Dezember 2015.