Ehescheidung (Deutschland)

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(Weitergeleitet von Zerrüttungsprinzip)

Eine Ehescheidung (kurz Scheidung) ist im Recht Deutschlands die Auflösung einer Ehe durch richterliche Entscheidung (§ 1564 BGB).

Wesentliche Aspekte bei der Scheidung sind seit 1976 (dem Jahr der ersten Reform des Ehe- und Familienrechts in der Bundesrepublik Deutschland) die Auflösung der Ehe, die Feststellung des Scheiterns der Ehe und die Einhaltung formeller Voraussetzungen (z. B. Trennungsjahr). Fallabhängig (und soweit strittig) sind – ggfs. außergerichtlich – Klärungen des Unterhalts, des Versorgungsausgleiches (einschl. Entgeltpunkte), der Vermögensauseinandersetzung, der Aufteilung des Hausrats (vgl. Gütertrennung), der Veranlagung von Einkommensteuern zur Zeit der Trennung, die Ehewohnungzuweisung sowie das Umgangsrecht und die elterliche Sorge für gemeinsame Kinder vorzunehmen.

1976 wurde bei Ehescheidungen in der Bundesrepublik Deutschland das Schuldprinzip durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst.

Internationale Zuständigkeit

Die internationale Zuständigkeit ist innerhalb der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks mit der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung[1] (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder EheVO-II) einheitlich geregelt worden.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem

  1. beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;
  2. der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“[2], wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
  3. der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.

Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.[3]

Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur Nicht-EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art. 6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach § 98 FamFG international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.

An die Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es seit Inkrafttreten des europäischen Rechts Brüssel I – auch EuGVVO genannt – eine entsprechende Regelung.

Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.

Kollisionsrecht

Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf deutsche Staatsbürger stets deutsches Recht an, wenn sie in Deutschland leben. Sonst gilt auch hier seit dem 21. Juni 2012 die sog. Rom-III-Verordnung,[4] insbesondere deren Art. 5 und 8.

Bei Ausländern muss unterschieden werden:

  • Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtete sich früher die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates (Art. 17 Abs. 1 EGBGB). Heute gehen allerdings die Art. 5 und 8 der sog. Rom-III-Verordnung vor (siehe unten).
  • Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene Staatsangehörigkeiten oder sind die Eheleute Asylbewerber oder Konventionsflüchtlinge[5], so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Auch hier sind aber die Art. 5 und 8 der sog. Rom-III-Verordnung zu beachten (siehe unten). Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine Inländerprivilegierung vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nicht zugute.
  • Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche Familiengericht ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch Gerichtsbeschluss (z. B. nicht durch Verstoßung oder Aufhebungsvertrag) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z. B. vor einem Konsul oder Geistlichen).
  • In der Europäischen Gemeinschaft gilt allerdings nunmehr (seit dem 21. Juni 2012) die „Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts“, auch „Rom-III-Verordnung“[4] genannt. Vorrangig gilt, falls geschehen, eine Rechtswahl der Eheleute. Falls eine solche nicht erfolgt ist, ist hinsichtlich des auf die Scheidung abzuwendenden Rechts zu differenzieren. Wichtig ist dabei, dass die Verordnung auch auf im Ausland lebende Deutsche anzuwenden ist, selbst wenn das Scheidungsverfahren in Deutschland stattfindet.
Art. 8 der VO lautet wie folgt:
„Artikel 8: In Ermangelung einer Rechtswahl anzuwendendes Recht
Mangels einer Rechtswahl gemäß Artikel 5 unterliegen die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes:
a) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls
b) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls
c) dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls
d) dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.“

Materielles Recht

Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, die nach Art. 6 des Grundgesetzes unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt ist. Die Ehe kann daher nur durch den Tod, durch Scheidung oder durch Aufhebung beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der Gestaltungsklage durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.[6]

Die Scheidung wurde zusammen mit der Zivilehe 1875 im Deutschen Reich eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 (1. EheRG) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Es besagte, dass die grundsätzlich lebenslang angelegte Ehe nur ausnahmsweise geschieden werden durfte, und zwar bei schuldhaftem Verhalten eines Ehegatten. Die Schuldfrage bestimmte wesentlich die Regelung der Unterhaltsrechte und -pflichten der Geschiedenen. 1976 schaffte der Gesetzgeber das Schuldprinzip im Zuge einer Reform ab und ersetzte es durch das sogenannte Zerrüttungsprinzip. Der Gesetzestext selbst spricht vom Scheitern der Ehegemeinschaft. Unterhaltsrechte und -pflichten richteten sich nun maßgeblich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer Eigenverantwortung.[7][8] Die Regelungen wurden 2008 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erneut umfassend reformiert. In stark eingeschränkter Form gelten aber einige der praktischen Auswirkungen des alten Schuldprinzips nach § 1579 Nr. 7 BGB weiterhin fort: Bei einseitigem, schwerwiegendem Fehlverhalten eines Ehegatten gegen den anderen kann seine Schuld noch immer einen Einfluss auf seine Unterhaltsansprüche haben.[9]

Voraussetzungen

Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im Ehegesetz „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den § 1564 bis § 1568 BGB sowie in den § 133 bis § 150 FamFG geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht und Versorgungsausgleich) werden in den §§ 1569 ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrecht, das vorher in der ZPO und dem FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.

Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist (bei Annullierung findet keine Scheidung statt). Das ist der Fall, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft gemäß § 1353 BGB (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist, beispielsweise nach einer erfolglosen Herstellungsklage. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s. § 1567 BGB).

Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals Scheitern (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei Vermutungen an die Hand (§ 1566 BGB).

  1. Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.
  2. Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.

Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte (§ 1565 Abs. 2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „Ménage à trois“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.

Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die Steuerklasse IV im laufenden Jahr bzw. Steuerklasse I im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der Steuerkarte dokumentiert werden. Hierzu ist beim Einwohnermeldeamt eine Erklärung zum Familienstand abzugeben. Ebenfalls ist eine Meldeadressänderung mit einem damit verbundenen häuslichen Wegzug ein Kriterium.

Härteklausel

§ 1568 BGB ('Härteklausel') lautet wie folgt:

Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.

Die Härteklausel ist nicht zu verwechseln mit der Härtefallregelung: § 1565 Abs. 2 BGB ermöglicht ausnahmsweise eine Scheidung vor Ableistung des Trennungsjahres.

Verfahren

Das Verfahren der Scheidung findet vor dem Amtsgericht als Familiengericht statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren Anwaltszwang. Konkret bedeutet dies, mindestens der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen (§ 114 FamFG).

Scheidungsfolgen

Scheidungsfolgen sind in der Regel:

  • Vermögensauseinandersetzung (materielle Güter des ehemaligen Ehepaares, ggfs. Zuweisung gemäß Urteil), siehe Gütertrennung/Zugewinngemeinschaft
  • Versorgungsausgleich (Übertragung von Rentenpunkten auf das Versicherungskonto des anderen)
  • Verlust des Ehegattensplittings (Steuerrecht)

Scheidungsfolgen können unter anderem sein:

  • Unterhalt zum Ausgleich des Lebensstandards für die Zukunft oder ab Auszug aus der gemeinsamen Wohnung aufgrund scheidungsbezogener Trennung
  • Änderung des Sorgerechtes gemeinsamer Kinder
  • Änderung des Umgangsrechtes gemeinsamer Kinder
  • Änderung der bisherigen Wohnung (Zuweisung auf richterliche Anordnung), gleichgültig, wer Vertragspartner des Wohnungseigentümers oder dessen Bevollmächtigten ist
  • Änderung des Familiennamens[10]

Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten Scheidungsverbund andere Familiensachen (Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs, des Unterhalts, der Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem Hausrat) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der Versorgungsausgleich zu regeln.

Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z. B. kann ehevertraglich auch anlässlich der Scheidung auf Zugewinnausgleich und unter bestimmten Einschränkung auch auf Ehegattenunterhalt verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind notariell zu beurkunden.

Rechtsweg

Während die erstinstanzliche Verhandlung stets vor dem Familiengericht als einer Abteilung des Amtsgerichts (§ 23a I 1 Nr. 1 GVG und § 23b I GVG) stattfindet, ist die Beschwerdeinstanz das Oberlandesgericht.

Kosten

Im Zusammenhang mit einer Ehescheidung entstehen insbesondere Kosten für die anwaltliche Vertretung nach dem RVG und für das Gericht nach dem FamGKG. Außerdem können Kosten bei einer einvernehmlichen Scheidung für eine notariell zu beurkundende Scheidungsfolgenvereinbarung (§ 1408, § 1410 BGB)[11][12] oder für einen Sachverständigen, etwa für die Ermittlung des Wertes einer Immobilie oder eines Unternehmens im Rahmen des Zugewinnausgleichs anfallen.

Die Höhe der Gebühren richtet sich für Anwalt und Gericht nach dem Gegenstands- bzw. Verfahrenswert (§ 2 RVG, § 3 FamGKG), für den Notar nach dem Geschäftswert (§ 3 GNotKG). In allen Fällen ist der Wert des Verfahrens bzw. der juristischen Tätigkeit gemeint. Die Stufen für die jeweilige Gebührenhöhe entsprechen sich.

In Scheidungssachen beurteilt sich der Verfahrenswert nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Ehegatten. Dabei ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten für die Einkommensverhältnisse maßgeblich. Für das von Amts wegen mit dem Ehescheidungsverfahren gemeinsam durchzuführende Verfahren des Versorgungsausgleichs wird der anhand des Nettoeinkommens der Ehegatten ermittelte Verfahrenswert pro auszugleichender Rentenanwartschaft um 10 % erhöht. Wird das Versorgungsausgleichsverfahren beispielsweise aufgrund einer notariellen Verzichtserklärung nicht durchgeführt, wird für das Versorgungsausgleichsverfahren pauschal ein Wert von 1.000 Euro festgelegt.[13] Der Wert darf insgesamt nicht unter 3 000 Euro und nicht über 1 Million Euro angenommen werden (§ 121 Nr. 1 FamFG, § 43 FamGKG).

Bedürftigen Parteien kann auf Antrag Verfahrenskostenhilfe gewährt werden (§ 76 FamFG).

Die für ein Scheidungsverfahren angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten sind grundsätzlich nicht nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.[14]

Sofern die Scheidungskosten von den Ehegatten nachweislich nicht gezahlt werden können, da ihr zur Verfügung stehendes Kapital nicht ausreicht, werden die Kosten durch den Staat aufgefangen. Diese sogenannte Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) gilt jedoch nur für die Zahlung der eigenen Anwaltsgebühren und Gerichtskosten[15]. Wenn die Scheidung ausgesprochen wird, muss der Gegner seine Kosten selber tragen (sofern er nicht ebenfalls Verfahrenskostenhilfe beantragt hat). Wird der Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen, muss der Antragsteller diese Kosten übernehmen (§ 150 FamFG).

Sonstiges

Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sogenannte Internetscheidung (Online-Scheidung) an. Bis heute besteht jedoch die gesetzliche Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem RVG vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.

Das in den USA bereits etablierte Collaborative Law wurde in Deutschland in den letzten Jahren als Kokon-Verfahren bekannt. Das Kokon-Verfahren ist eine Methode zur kooperativen Konfliktlösung bei Scheidung und wird vor allem bei einer Trennung mit Kind angewandt.[16]

Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.[17][18] Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine Zugewinngemeinschaft bestanden habe.

Geschichte der Ehescheidung

In den deutschen Staaten galten verschiedene Regelungen hinsichtlich Ehescheidung, bis im Rahmen des Kulturkampfes reichseinheitlich die zivilrechtliche Ehescheidung in Deutschland eingeführt wurde.[19]

Mit dem nationalsozialistischen Ehegesetz wurde zum 1. August 1938 die Möglichkeit eingeführt, eine Ehe unabhängig vom Verschulden wegen Zerrüttung zu scheiden (§ 55 Ehegesetz 1938; § 48 Ehegesetz 1946).

In der DDR wurde das Schuldprinzip durch § 8 der Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 (GBl. I S. 849 f.) durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst. 1965 wurde das Eherecht in das neue Familiengesetzbuch (FGB) integriert.

Mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts von 1976 wurde in der Bundesrepublik das Scheidungsrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) integriert (§ 1564 ff. BGB) und das Schuldprinzip vollständig durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt.[20]

Daten und Statistiken zu Ehescheidungen

Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:

Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland
Jahr Ehe-
schließungen
Ehe-
scheidungen
Zusammengefasste Scheidungsziffern
nach 25 Ehejahren (in %)
Zusammengefasste Scheidungsziffern
nach 45 Ehejahren (in %)
1990[21] 516.388 154.786 27,4 29,3
1995[21] 430.534 169.425 30,9 33,2
2000[21] 418.550 194.408 37,3 40,3
2005[21] 388.451 201.693 40,4 44,2
2010 382.047[22] 187.027[23] 38,9[24]
2015 400.115[25] 163.335[25] 34,7[26]
2020 373 304[22] 143.801[23] 30,8[24]

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage. Sellier European Law Publisher, 2006

Weblinks

Commons: Scheidung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
  2. Unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert; Thomas Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art. 3 Brüssel IIa VO Rdnr. 19
  3. Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art. 3 Brüssel IIa VO Rdnr. 3
  4. a b Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, abgerufen am 23. März 2017
  5. Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention
  6. Hamburger Abendblatt: Keine Lust mehr auf Ehe?
  7. Peter Borowsky: Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“. In: Informationen zur politischen Bildung (Heft 258). Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 11. Mai 2008.
  8. Wie im Orient? (siehe Titelbild). In: Der Spiegel. Nr. 49, 1970, S. 70–86 (online30. November 1970).
  9. OLG Zweibrücken, 7. November 2008 - 2 UF 102/08
  10. In BGB § 1355 Absatz 5 heißt es: „Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, …“
  11. Cornelia Jänicke: Scheidungsfolgenvereinbarung, abgerufen am 26. Juli 2017
  12. Peter Veit: Scheidungsfolgenvereinbarung, abgerufen am 26. Juli 2017
  13. Niklas Clamann: Scheidungskosten. Abgerufen am 28. März 2022 (deutsch).
  14. Scheidungsanwalt Nils Finkeldei: Scheidungskosten nicht absetzbar. In: Anwaltskanzlei Finkeldei, Rechtsanwalt Bottrop (Hrsg.): Anwaltskanzlei Finkeldei, Rechtsanwalt Bottrop. 20. Mai 2017 (finkeldei-online.de [abgerufen am 5. Mai 2021]).
  15. Verfahrenskostenhilfe bei einer Scheidung. Abgerufen am 13. Februar 2019.
  16. Kokon-Verfahren
  17. BGH, Urteil vom 3. Februar 2010, Az. XII ZR 189/06, Volltext
  18. Pressemitteilung des BGH
  19. Anne Roerkohl: Der Kulturkampf in Westfalen. Münster, 1992. In: lwl.org. Internet-Portal „Westfälische Geschichte“, abgerufen am 23. März 2017 (Westfalen im Bild, Reihe: Historische Ereignisse in Westfalen, Heft 6).
  20. Neues Scheidungsrecht: Dreimal zahlen Der Spiegel, 27. Juni 1977
  21. a b c d Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13
  22. a b https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=12611-0001
  23. a b https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=12631-0001
  24. a b https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Eheschliessungen-Ehescheidungen-Lebenspartnerschaften/Tabellen/masszahlen-ehescheidungen.html
  25. a b https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/EhenLebenspartnerschaften/EhenLebenspartnerschaften.html
  26. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2016/07/PD16_249_12631.html