Alfred Brendel

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Alfred Brendel 2010

Alfred Brendel, KBE (* 5. Januar 1931[1] in Wiesenberg, Tschechoslowakei) ist ein österreichischer Pianist. Er gilt als einer der bedeutendsten Interpreten klassisch-romantischer Musik des 20. Jahrhunderts.

Leben

In Brendels drittem Lebensjahr zog die Familie nach Jugoslawien, wo die Eltern eine Pension auf der Adriainsel Krk unterhielten. Er besuchte die Schule in Zagreb und erhielt dort im Alter von sechs Jahren Klavierunterricht bei Sofija Deželić. Nach der Übersiedlung nach Graz im Jahre 1943 studierte er am dortigen Konservatorium Klavier und Komposition. Seine Klavierstudien beschloss er bei Paul Baumgartner und vor allem bei Edwin Fischer. 1947 legte er extern an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien die Staatsprüfung im Fach Klavier ab. 1949 begründete er seine internationale Karriere als Preisträger beim Busoni-Wettbewerb in Bozen. 1950 zog er nach Wien, Anfang der 70er Jahre nach London, Hampstead.

Brendel ist in zweiter Ehe verheiratet. Seine erste Ehe führte er von 1960 bis 1972 mit Iris Heymann-Gonzala, ihr entstammt die Tochter Doris. Doris Brendel ist eine Folk-Pop-Rock-Musikerin und war Sängerin der Band „The Violet Hour“ (Album „The Fire Sermon“ 1991).[2] 1975 heiratete er Irene Semler und hat mit ihr drei Kinder, den Sohn Adrian (einen Musiker, mit dem er auch zusammenarbeitete) und zwei Töchter, Katharina und Sophie.

Musik

Brendel ist vor allem durch seine Interpretationen der Klavierwerke von Franz Schubert, Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Liszt bekannt. Er ist der erste Pianist, der Beethovens Klavierwerke komplett aufnahm. Auch als Liedbegleiter hat er sich einen Namen gemacht (u. a. mit Dietrich Fischer-Dieskau). Joachim Kaiser hielt Brendel für den bedeutendsten Schubert-Interpreten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

In seinen letzten Konzertjahren nahm er mit seinem Sohn, dem Cellisten Adrian Brendel, die Cellosonaten von Beethoven auf.

Am 18. Dezember 2008 verabschiedete sich Brendel vom Konzertleben mit dem Jenamy-Klavierkonzert von Mozart; es spielten die Wiener Philharmoniker unter Charles Mackerras im Musikverein.[3]

2009 hatte Brendel einen Auftritt in dem preisgekrönten Dokumentarfilm der beiden Regisseure Lilian Franck und Robert Cibis, Pianomania. Der Film fand national und international großen Anklang, wurde bei vielen Festivals gefeiert und in den Katalog des Goethe-Instituts aufgenommen.

Literatur

Brendel ist zudem ein Essayist, dessen Aufsätze zu musikalischen Themen in mehreren Sammelbänden vorliegen. In dem Band „Nachdenken über Musik“ beschäftigt er sich mit Beethoven, Schubert, Liszt, Busoni und Fragen der Interpretation. Er vergleicht Schuberts Sonaten mit denen Beethovens und versucht, Schuberts Eigenständigkeit gegenüber dem großen Vorbild herauszuarbeiten. Anders als der „Architekt“ Beethoven „komponierte Schubert wie ein Schlafwandler“. Während Beethoven seine Musik in einen festen Rahmen spanne, setze Schubert mehr Vertrauen in die Direktheit der Emotionen. Die „Last der Form“ solle bei Schubert so leicht wie möglich wiegen.

Brendel schreibt auch Gedichte (humorvoll, skurril, grotesk); bisher sind fünf Sammlungen erschienen.

Schriften (Auswahl)

Essays

  • Musik beim Wort genommen. Über Musik, Musiker und das Metier des Pianisten. Piper, München, Neuausgabe 1995, ISBN 3-492-18334-4
  • Über Musik. Gesammelte Essays, Vorträge und Reden. Piper, München 2005, ISBN 978-3-492-04783-8 (mit zahlreichen Abbildungen und Notenbeispielen)
  • Ausgerechnet ich. Gespräche mit Martin Meyer. Piper, München 2006, ISBN 978-3-492-24479-4
  • Über Musik. Sämtliche Essays und Reden. Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-24939-3
  • 'Monsieur Croches Dictionnaire de la musique, année 2010', in: Österreichische Musikzeitschrift 65 (2010), Nr. 7–8, S. 23–33 (gemeinsam mit Andreas Dorschel, David Hill, Laurenz Lütteken, Britta Sweers und Bettina Varwig)
  • Nach dem Schlussakkord – Fragen und Antworten. Hanser, München 2010, ISBN 978-3-446-23482-6
  • A bis Z eines Pianisten: Ein Lesebuch für Klavierliebende. Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-23997-5
  • Wunderglaube und Mißtonleiter. Hanser, München 2014, ISBN 978-3-446-24618-8

Gedichte

  • Fingerzeig. 45 Texte, München 1996.
  • Störendes Lachen während des Jaworts. Neue Texte, München 1997.
  • Kleine Teufel. Neue Gedichte, München 1999.
  • Ein Finger zuviel. 142 Gedichte, München 2000.
  • Spiegelbild und schwarzer Spuk. Gesammelte und neue Gedichte. Mit Illustrationen von Max Neumann, Luis Murschetz, Oskar Pastior. Hanser, München 2003

Auszeichnungen und Ehrungen

Literatur

  • Uwe Harten: Brendel, Alfred. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
  • Musik, Sinn und Unsinn. Festschrift anläßlich der Hommage an Alfred Brendel (Berlin: Konzerthaus Berlin, 2017)[8]

Weblinks

Commons: Alfred Brendel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bundespräsident gratuliert Sir Alfred Brendel (Bei: Der Bundespräsident, 4. Januar 2021. Abgerufen am 4. Mai 2021)
  2. progarchives.com
  3. „Ich sehe das Ende klar und tränenlos“. In: Die Zeit, Nr. 19/2008; Interview
  4. Ehrendoktorat. Philosophische Fakultät, Universität zu Köln, abgerufen am 14. August 2021.
  5. Alfred Brendel bekommt Duisburger Musikpreis. In: Rheinische Post. 23. April 2009, S. A7.
  6. Alfred Brendel wurde mit der Mozart-Medaille ausgezeichnet (Memento vom 9. Oktober 2016 im Internet Archive), mozarteum.at, 29. Januar 2014
  7. Alfred Brendel erhält Ehrendoktorwürde. In: musik-heute.de. 6. Mai 2021, abgerufen am 14. August 2021.
  8. Die Festschrift enthält Beiträge unter anderem von Imogen Cooper, Andreas Dorschel, Till Fellner, Peter Gülke, Florence Noiville und Simon Rattle.