Klinoferrosilit
Klinoferrosilit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Clinoferrosilit, Ferropigeonit, Clinoeulit, Clinohypersthen |
Chemische Formel | Fe2+2Si2O6[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.DA.10[2] (8. Auflage: 8/F.01-20[2]) 65.1.1.2[2] |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | P21/c (Nr. 14) |
Gitterparameter | a = natürlich: 9,718; synthetisch: 9,7075(5) Å; b = natürlich: 9,088; synthetisch: 9,0807(4) Å; c = natürlich: 5,239; synthetisch: 5,2347(5) Å α = 90°; β = natürlich: 108°27'; synthetisch: 108,46°; γ = 90°[3][4] |
Formeleinheiten | Z = 4[3][4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5-6[2] |
Dichte (g/cm3) | Bitte ergänzen |
Spaltbarkeit | Bitte ergänzen |
Bruch; Tenazität | uneben, splittrig[2] |
Farbe | natürlich: blass beige,[5] farblos bis braun oder grün[2] |
Strichfarbe | Bitte ergänzen |
Transparenz | transparent[5] |
Glanz | Bitte ergänzen |
Radioaktivität | - |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = natürlich: 1,763(2)[5] nγ = natürlich: 1,794(2)[5] |
Doppelbrechung | δ = natürlich: 0,031[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv[2] |
Achsenwinkel | 2V = gemessen: 25°, berechnet: 40°[2] |
Das Mineral Klinoferrosilit ist ein seltenes Kettensilikat aus der Pyroxengruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Fe2+2Si2O6.
Klinoferrosilit kristallisiert mit monokliner Symmetrie und bildet blass beige bis grüne, nadelige Kristalle von unter einem Millimeter Größe.
Als Typlokalität gilt der Obsidian des Obsidian Cliff im Park County (Wyoming), USA.[6]
Etymologie und Geschichte
Der erste eisenreiche Hypersthen wurde in Vittinki nahe Seinäjoki in Finnland gefunden und 1925 von M. Saxen beschrieben.[7] Den Namen Ferrosilit für das Eisen (Ferro)-Metasilikat (Silit) FeSiO3 führte Henry Stephens Washington 1932 ein.[5] Im gleichen Jahr publizierten Norman L. Bowen und John Frank Schairer ihre Untersuchung der FeO-SiO2-Verbindungen bei Umgebungsdruck und zeigten, dass Ferrosilit bei den untersuchten Bedingungen keine stabile Verbindung ist.[8] Weitere Untersuchungen von Bowen und Posnjak, die dies bestätigten, waren gerade publiziert, als N. L. Bowen Ende 1935 monokline Kristalle mit den optischen Eigenschaften von reinem Ferrosilit in einem Obsidian vom Naivashasee in Kenia identifizierte. Da es sich um die monokline Form des Ferrosilit handelte, schlug er den Namen Klinoferrosilit vor.[5] Eine direkte Bestimmung von Struktur und Zusammensetzung dieser sehr kleinen Kristalle war mit den analytischen Möglichkeiten der 1930er-Jahre nicht möglich und so dauerte es bis 1965, bis die Existenz dieses Klinopyroxens von M. G. Bown in Cambridge bestätigt wurde.[3] Spätere experimentelle Untersuchungen zeigten, dass es sich bei den Klinoferrosiliten aus Obsidianen um metastabile Bildungen handelt.[9]
Klassifikation
In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Klinoferrosilit zusammen mit Enstatit, Protoenstatit, Klinoenstatit, Ferrosilit und Pigeonit zu den Magnesium-Eisen-Proxenen (Mg-Fe-Pyroxene) in der Pyroxengruppe.[10]
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Klinoferrosilit zur Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Aegirin, Augit, Diopsid, Esseneit, Hedenbergit, Jadeit, Jervisit, Johannsenit, Kanoit, Klinoenstatit, Kosmochlor, Namansilit, Natalyit, Omphacit, Petedunnit, Pigeonit und Spodumen die „Pyroxengruppe, Untergruppe Klinopyroxene“ mit der System-Nr. VIII/F.01 innerhalb der Pyroxengruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Klinoferrosilit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist weiter unterteilt nach dem Aufbau der Silikatketten sowie der Zugehörigkeit zu größeren Mineralfamilien, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seines Aufbaus in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden ist, wo es zusammen mit Kanoit, Klinoenstatit, und Pigeonit die „Mg,Fe,Mn-Klinopyroxene – Klinoenstatitgruppe“ mit der System-Nr. 9.DA.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Klinoferrosilit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Klinoenstatit, Kanoit und Pigeonit in der Gruppe der „P2/c Klinopyroxene“ mit der System-Nr. 65.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden.
Chemismus
Klinoferrosilit hat die idealisierte Zusammensetzung [M2]Fe2+[M1]Fe2+[T]Si2O6 ist das Eisen-Analog von Klinoenstatit ([M2]Mg[M1]Mg[T]Si2O6), wobei [M2], [M1] und [T] die Positionen in der Pyroxenstruktur sind.
Klinoferrosilit bildet eine lückenlose Mischungsreihe mit Klinoenstatit entsprechend der Austauschreaktion
- [M1,2]Fe2+ = [M1,2]Mg2+ (Klinoenstatit).
Als Klinoferrosilit werden alle Klinoenstatit-Klinoferrosilit-Mischkristalle mit mehr als 50 % Fe2+ auf den Oktaederpositionen M1 und M2 bezeichnet, wobei die eisenreichen Verbindungen dieser Mischungsreihe nur bei hohen Druck (> ~10 kBar[9][11]) stabil sind.
Der von Bowen 1935 sowie Bown 1965 untersuchte Klinoferrosilit enthält ~5 Mol-% Kanoit, entsprechend der Austauschreaktion[3]
- [M1,2]Fe2+ = [M1,2]Mn2+ (Kanoit).
Kristallstruktur
Klinoferrosilit kristallisiert mit monokliner Symmetrie in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14) mit 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Das synthetische Endglied hat die Gitterparameter a = 9,7075(5) Å, b =9,0807(4)Å, c = 5,2347(5)Å und β=108,46°.[4]
Die Struktur ist die von Klinopyroxen. Silizium (Si4+) besetzt die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebenen T-Positionen und Eisen (Fe2+) die oktaedrisch von 6 Sauerstoffen umgebenen M1- und M2-Positionen.
Modifikationen
Die Verbindung FeSiO3 ist polymorph und kann mit verschiedenen Strukturtypen und Symmetrien vorkommen.
Pyroxene
Klinoferrosilit bezeichnet FeSiO3 mit Pyroxenstruktur und monokliner Symmetrie in der Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Augit mit der Raumgruppe C2/c (Nr. 15) vor. Auch orthorhombischer Ferrosilit wandelt sich bei Temperaturen oberhalb von ~800-1200 °C und Drucken über ~4-7 GPa in diese Struktur um.[4]
und ist bei hohem Druck zwischen ~1 GPa und ~5 GPa und Temperaturen unterhalb von 800 °C stabil. Bei hohem Druck von ~1,8 GPa bei 20 °C bzw. 4-5 GPa bei 800 °C ändert sich die Symmetrie und Klinoferrosilit liegt in der Struktur vonBei extrem hohen Drucken oberhalb von 30-36 GPa wandelt sich Klinoferrosilit mit der Symmetrie C2/c um in eine neue Struktur mit der Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Stishovit ist Silizium dann von 6 statt normalerweise 4 Sauerstoffen umgeben.[12][13]
, die sich durch teilweise oktaedrische Koordination des Siliziums auszeichnet. Wie z. B. in der SiO2-HochdruckmodifikationOberhalb von 800 °C wandelt sich Klinoferrosilit in Ferrosilit mit orthorhombischer Symmetrie in der Raumgruppe Pbca (Nr. 61) und der Struktur des Pyroxens Enstatit um.[4]
Pyroxenoide
Bei Temperaturen über 1000 °C liegt FeSiO3 als triklines Einfachkettensilikat mit der Periodizität 9 vor (Ferrosilit III). Synthetisiert wurde es bei 2 GPa und 1250 °C.[14]
Das unverzweigte siebener Einfachkettensilikat Pyroxferroit hat ebenfalls die nominelle Zusammensetzung FeSiO3, enthält aber immer auch geringe Mengen Mangan und Calcium.
Bildung und Fundorte
Reiner Klinoferrosilit ist bei mittlerem bis hohem Druck stabil und baut sich unterhalb von ~10 kBar ab zu Fayalit (Fe2SiO4) und Quarz (SiO2).[9][11] Einbau von Magnesium oder Mangan vergrößert den Stabilitätsbereich von Ferrosilit und Klinoferrosilit zu höheren Temperaturen bzw. niedrigeren Drucken. Einbau von Kalzium oder Aluminium begünstigen die Bildung von Klinoferrosilit statt Ferrosilit.
Gebildet wird Klinoferrosilit oft metastabil außerhalb dieses Stabilitätsbereiches. So stammt die Erstbeschreibung aus einem Obsidian vom Naivashasee in Kenia, wo er zusammen mit Anorthoklas, Cristobalit, Magnetit, Fayalit und Biotit in einem rhyolithischen Obsidian auftritt.[5] Als Typlokalität gilt der Obsidian des Obsidian Cliff im Park County (Wyoming), USA.[6]
Weblinks
- Mineralienatlas: Klinoferrosilit (Wiki)
- David Barthelmy: Clinoferrosilite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 2. Juni 2019 (englisch).
- Clinoferrosilite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 2. Juni 2019 (englisch).
- Clinoferrosilite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 2. Juni 2019 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Clinoferrosilite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 7. Januar 2019 (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ IMA Database of Mineral Properties – Clinoferrosilite. In: rruff.info. RRUFF Project in partnership with the IMA, abgerufen am 30. April 2019.
- ↑ a b c d e f g h Clinoferrosilite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. Juni 2019 (englisch).
- ↑ a b c M. G. Bown: Re-investigation of clino-ferrosilite from Lake Naivasha, Kenya. In: Mineralogical Magazine. Band 34, 1965, S. 66–70 (rruff.info [PDF; 256 kB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ a b c d D. A. Hugh-Jones, A. B. Woodland, R. J. Angel: The structure of high-pressure C2/c ferrosilite and crystal chemistry of high-pressure C2/c pyroxene. In: American Mineralogist. Band 79, 1994, S. 1032–1041 (minsocam.org [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ a b c d e f g h N. L. Bowen: “Ferrosilite” as a natural mineral. In: American Journal of Science. Band 30, 1935, S. 481–494 (rruff.info [PDF; 830 kB; abgerufen am 31. März 2019]).
- ↑ a b Fundortliste für Klinoferrosilit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- ↑ N. F. M. Henry: Some data on the iron-rich hypersthenes. In: Mineralogical Magazine. Band 24, 1935, S. 221–226 (rruff.info [PDF; 226 kB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ N. L. Bowen, J. F. Schairer: The system, FeO-SiO2. In: American Journal of Science. Band 24, 1932, S. 177–213, doi:10.2475/ajs.s5-24.141.177.
- ↑ a b c Douglas Smith: Stability of iron-rich pyroxene in the system CaSiO3-FeSiO3-MgSiO3. In: American Mineralogist. Band 57, 1972, S. 1413–1428 (minsocam.org [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ Subcommite on Pyroxenes, CNMMN; Nobuo Morimoto: Nomenclature of Pyroxenes. In: The Canadian Mineralogist. Band 27, 1989, S. 143–156 (mineralogicalassociation.ca [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ a b Steven R. Bohlen, Eric J. Essene, A. L. Boettcher: Reinvestigation and application of olivine-quartz-orthopyroxene barometry. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 47, 1980, S. 1–10 (deepblue.lib.umich.edu [PDF; 774 kB; abgerufen am 2. Juni 2019]).
- ↑ Anna Pakhomova, Leyla Ismailova, Elena Bykova, Maxim Bykov, Tiziana Boffa Ballaran, Leonid Dubrovinsky: A new high-pressure phase transition in clinoferrosilite: In situ single-crystal X-ray diffraction study. In: American Mineralogiste. Band 103, 2017, S. 666–673, doi:10.2138/am-2017-5853.
- ↑ Natalia V. Solomatova, Ayya Alieva, Gregory J. Finkelstein, Wolfgang Sturhahn, Michael B. Baker, Christine M. Beavers, Jiyong Zhao, Thomas S. Toellner, Jennifer M. Jackson: High-pressure single-crystal X-ray diffraction and synchrotron Mössbauer study of monoclinic ferrosilite. In: Comptes Rendus Geoscience. Band 351, 2019, S. 129–140, doi:10.1016/j.crte.2018.06.012.
- ↑ Hans-Peter Weber: Ferrosilite III, the high-temperature polymorph of FeSiO3. In: Acta Crystallographica. C39, 1983, S. 1–3, doi:10.1107/S010827018300339X (Kurzbeschreibung online verfügbar bei scripts.iucr.org).