DR-Baureihe 64

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DR-Baureihe 64
ÖBB-Reihe 64
ČSD 365.4
PKP OKl2
SŽD ТУ
Museumslokomotive 64 491 (2007)
Museumslokomotive 64 491 (2007)
Nummerierung: 64 001–520
Anzahl: 520

Nach dem zweiten Weltkrieg:

Deutschland: 393 - 420

DR: 115 - 120

DB: 278 - 300

Baujahr(e): 1928–1940
Ausmusterung: 1975 (DR)

70er Jahre (DB)

Bauart: 1'C1' h2t
Gattung: Pt 35.15
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 12.400 mm
Kleinster bef. Halbmesser: 140 m
Leermasse: 58 t (001-510)
58,5 t (511-520)
Dienstmasse: 74,9 t (001–510)
75,2 t (511–520)
Reibungsmasse: 45,5 t
Radsatzfahrmasse: 15,3 t
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
Indizierte Leistung: 699 kWi / 950 PSi
Anfahrzugkraft: ~ 121 kN
Treibraddurchmesser: 1500 mm
Laufraddurchmesser vorn: 850 mm
Laufraddurchmesser hinten: 850 mm
Zylinderanzahl: 2
Zylinderdurchmesser: 500 mm
Kolbenhub: 660 mm
Kesselüberdruck: 14 bar
Anzahl der Heizrohre: 114
Anzahl der Rauchrohre: 32
Heizrohrlänge: 3800 mm
Rostfläche: 2,04 m²
Strahlungsheizfläche: 8,7 m²
Rohrheizfläche: 95,78 m²
Überhitzerfläche: 37,34 m²
Verdampfungsheizfläche: 104,48 m²
Wasservorrat: 9,0 m³
Brennstoffvorrat: 3,0 t Kohle
Bremse: K-GP
Lokbremse: 64 001–383 und 64 422–520 selbsttätig wirkende Einkammer-Druckluftbremse Bauart Knorr einseitig von vorn wirkend.
64 384–421 doppelseitig wirkend
Zugheizung: Dampf
Steuerung: Heusinger

Die Tenderlokomotiven der Baureihe 64 mit Achsfolge 1’C1‘ wurden von der Deutschen Reichsbahn für Personenzüge auf Nebenbahnen beschafft. Sie wurden als Einheitsdampflokomotiven mit 15 t Achslast gebaut. Die Herstellung erfolgte zwischen 1928 und 1940. An ihrem Bau beteiligten sich zahlreiche Lokomotivfabriken aus Deutschland. Die Baureihe 64 ist technisch weitgehend baugleich mit der Baureihe 24, die somit quasi die Schlepptenderlokvariante der BR 64 darstellt und für größere Strecken vorgesehen war.

Entwicklung

Bei Gründung der Deutschen Reichsbahn im Jahr 1920 fuhren auf den Nebenstrecken größtenteils veraltete Lokomotiven, die es zu ersetzen galt.[1] Auch trieben die unterschiedlichen Ersatzteile der einzelnen Bauarten früherer deutscher Staatsbahnen („Länderbahnen“) die Unterhaltskosten in die Höhe. Daher entstanden bereits 1920 Entwürfe für eine dreifach gekuppelte, moderne Heißdampf-Tenderlokomotive mit je einer Laufachse vorne und hinten. Diese sollte mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h auch für leichte Züge auf Hauptbahnen tauglich sein. Die Verantwortlichen der Reichsbahn sahen bereits die aufkeimende Konkurrenz durch den Straßenverkehr kommen.[2][3] Dies führte im September 1924 zur Entscheidung, die geplante Tenderlokomotive zu entwickeln, nachdem mit den Baureihen 01 und 44 zuvor Schnellzug- und Güterzuglokomotiven für Hauptbahnen durchgearbeitet wurden. Auch sollten die neuen Lokomotiven mit anderen Baureihen vereinheitlichte Teile bekommen. Bei der achten Beratung des engeren Ausschusses für Lokomotiven am 26. und 27. März 1925 in München war man sich nicht einig, ob eine Tenderlokomotive oder eine Dampflokomotive mit Schlepptender für die Personenzüge auf Nebenbahnen geeigneter sei. Der Bauartdezernent Richard Paul Wagner favorisierte eine Schlepptenderlokomotive anstelle der Tenderlok.[4] Außerdem hatte das Reichsbahn-Zentralamt bei den Direktionen angefragt, ob eine Tenderlokomotive oder eine Lok mit Schlepptender gewünscht sei. Für Ostpreußen wurde die Schlepptenderlok bevorzugt, die Direktion Frankfurt hingegen wollte Tenderlokomotiven beschaffen. Letztendlich wurde bei der Beratung in München entschieden, die Tenderlokomotive Baureihe 64 und die mit ihr weitgehend identische Lokomotive der Baureihe 24 mit Schlepptender durchzuarbeiten. Zusammen mit der Baureihe 86, einer vierfach gekuppelten Tenderlok mit Laufachse vorn und hinten bildeten diese drei Dampflokomotiven zunächst die Typenreihe der Einheitslokomotiven für 15 t Achslast. 1934 wurde diese Typenreihe noch durch die zweifach gekuppelten Tenderlokomotiven der Baureihe 71.0 ergänzt. Diese besaßen ebenfalls vorne und hinten Laufachsen.

Technik

Sie hatten, bis auf zehn Exemplare, die über ein Krauss-Helmholtz-Gestell verfügten, Bisselgestelle. Die Fahrzeuge ab der Betriebsnummer 64 368 waren 10 cm länger als die vorherigen.

Geschichte

Die erste Maschine traf am 12. Januar 1928 im Raw Kassel ein und absolvierte schon fünf Tage später ihre erste Probefahrt von Kassel nach Treysa. Insgesamt sind 520 Lokomotiven gebaut worden. Davon wurde bereits 1928 mit 188 Lokomotiven (=36 %) der größte Anteil in Dienst gestellt. Allerdings gaben die kleineren Hersteller Vulcan, Humboldt und Hagans schon 1928 den gesamten Lokomotivbau auf. Die Lieferquote von Humboldt wurde zunächst von Hohenzollern übernommen und bereits 1929 an Krupp weitergegeben, ohne dass Hohenzollern eine Lokomotive der Baureihe 64 hergestellt hat. Im Sog der Weltwirtschaftskrise kam es zu weiteren Umwälzungen. 1929 beendete die Königsberger Union-Gießerei den Lokomotivbau. Linke-Hofmann, AEG und Borsig stellten nur 1928 Lokomotiven der Baureihe 64 her, produzierten aber weiterhin Schienenfahrzeuge. In ähnlicher Weise stellte Schichau nur bis 1929 die Baureihe 64 her und blieb danach beim Bau von Lokomotiven. Hanomag jedoch stellte Ende 1930 den Lokomotivbau ganz ein, dieser wurde komplett von Henschel übernommen. Daher waren ab Lieferjahr 1931 mit Esslingen, Jung, Krauss-Maffei, Krupp und Orenstein & Koppel nur noch fünf der anfangs 15 Hersteller an der Baureihe 64 beteiligt. 1940, dem letzten Baujahr, waren es nur noch Esslingen, Jung und Orenstein & Koppel. Zugunsten von Güterzuglokomotiven, die im Zweiten Weltkrieg wichtiger waren, wurden 40 bei Jung und 50 bei Orenstein & Koppel bestellte Lokomotiven storniert. Die 1940 bei Orenstein & Koppel gebaute Lok mit der Fabriknummer 13300, die als 64 493 vorgesehen war, wurde direkt an die Elmshorn-Barmstedt-Oldesloer Eisenbahn (EBOE) geliefert und ging dort als Lok Nummer 11 in Betrieb. Sonst kamen alle Lokomotiven zur Reichsbahn. Die höchste vergebene Nummer war die 64 520.

Hersteller Anzahl Übernahme
Jung 99 1928–1940
Krauss-Maffei 66 1934–1939
Krupp 65 1928–1934
Orenstein & Koppel 51 1928–1940
Esslingen 45 1928–1940
Union 40 1928–1929
Henschel 31 1928–1933
Vulcan 23 1928
Hanomag 21 1928–1931
Humboldt 21 1928–1929
Hagans 14 1928
Borsig 13 1928
Linke-Hofmann,
heute Alstom Transport Deutschland
13 1928
Schichau 12 1928–1929
AEG 6 1928

Außer im Personenzugdienst kam die Baureihe auch im Eilzugdienst zum Einsatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren noch 393 Fahrzeuge übrig, von denen 278 an die Deutsche Bundesbahn und 115 an die Deutsche Reichsbahn gingen. Die 64 311 blieb nach 1945 in Österreich und bildete bei den ÖBB die Reihe 64. In Polen verbliebene Exemplare erhielten von den PKP die Bezeichnung OKl2, die in der ČSR, dem ehemaligen Sudetenland, vorhandenen Loks erhielten von den ČSD die Baureihe 365.4, einige bei den sowjetischen SŽD eingereihten Loks die Baureihe ТУ. Ende 1945 gab die Reichsbahn die 64 511 an die Brandenburgische Städtebahn ab. Nach deren Verstaatlichung erhielt die Lok bei der Rückkehr zur Reichsbahn die Nummer 64 6576. Sie bekam ihre alte Nummer erst 1957 wieder. In Bw Nürnberg Hbf musterte die Bundesbahn am 16. Februar 1963 die 64 246 aus und verkaufte sie anschließend an die Ilmebahn. Diese nahm sie als Nummer 8 wieder in Betrieb. 1968 waren bei der Bundesbahn noch 60 Maschinen vorhanden. Die letzten 30 Maschinen standen bis in die 1970er Jahre bei den Bw Aschaffenburg, Tübingen und Weiden im Streckendienst. Die letzte Lok der Deutschen Reichsbahn wurde 1974 ausgemustert.[5]

Erhaltene Lokomotiven

2017 frisch restaurierte Denkmallok am Bahnhof Konz

Bis heute sind 19 Lokomotiven der Baureihe 64 in Europa erhalten geblieben (etwa 3,80 % aller gebauten Lokomotiven):[6]

Literatur

  • Rudolf Opitz: 1C1-Zweizylinder-Heißdampf-Personenzug-Tenderlokomotive Reihe 64 der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft. In: AEG-Mitteilungen, 24. Jahrgang, Nr. 5 (Mai 1928), S. 205–211.
  • Peter Melcher: Die Baureihe 64. Der legendäre Bubikopf. EK-Verlag, Freiburg 1988, ISBN 3-88255-872-5.
  • Andreas Braun: Baureihe 64. Portrait einer Deutschen Dampflokomotive. Bayerisches Eisenbahn-Museum, Nördlingen 1986, ISBN 3-925120-04-1.
  • Horst J. Obermayer, Manfred Weisbrod: Die Baureihe 64. (= Eisenbahn-Journal Sonderausgabe. II/98). Hermann Merker Verlag, Fürstenfeldbruck 1998, DNB 954609174
  • Josef Brandt: Baureihe 64. Der berühmte Bubikopf. Verlagsgruppe Weltbild, Augsburg 2008, DNB 991518128
  • Peter Melcher: Die Baureihe 64. Die erfolgreiche 1’C 1’-Einheitstenderlok für Nebenbahnen. EK-Verlag, Freiburg 2018, ISBN 978-3-8446-6032-6.

Weblinks

Commons: Baureihe 64 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Peter Melcher: Die Baureihe 64 – Der legendäre Bubikopf. 1. Auflage. Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg 1987, ISBN 3-88255-872-5, S. 6.
  2. Horst J. Obermayer, Manfred Weisbrod: Baureihe 64. In: EJ-Sonderausgabe. Band II/98, 1998, S. 13.
  3. Peter Melcher: Die Baureihe 64 – Der legendäre Bubikopf. 1. Auflage. Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg 1987, ISBN 3-88255-872-5, S. 11.
  4. Horst J. Obermayer, Manfred Weisbrod: Baureihe 64. In: EJ-Sonderausgabe. Band II/98, 1998, S. 14.
  5. Das Archiv der deutschen Dampflokomotiven
  6. eisenbahn-museumsfahrzeuge.com
  7. „Faszination Eisenbahn erleben“ Fahrzeugkatalog des Bayerischen Eisenbahnmuseums, 18. August 2018
  8. 64 094 neu im Bestand des Bayerischen Eisenbahnmuseums. In: http://www.bayerisches-eisenbahnmuseum.de/. Abgerufen am 24. März 2019.
  9. Drehscheibe Online Foren :: 15 – Museumsbahn :: Belgien: Explosion in Dampflok, 2 schwer verletzte Museum Stoomcentrum. In: www.drehscheibe-online.de. Abgerufen am 2. Mai 2016.
  10. Peter Melcher: Die Baureihe 64 – Der legendäre Bubikopf. 1. Auflage. Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg 1987, ISBN 3-88255-872-5, S. 69.
  11. Oberpfälzer Handwerksmuseum Museumslok. In: http://hwm.as-wm.de/index.php. Abgerufen am 24. März 2019.
  12. SWR Landesschau: Konzer Dampflok restauriert. In: www.swr.de. Abgerufen am 8. Dezember 2016.
  13. Datenblatt 64 518 der VHE. (PDF) In: http://www.historische-eisenbahn-emmental.ch/. Abgerufen am 24. März 2019.