Arado Flugzeugwerke

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Arado Flugzeugwerke GmbH

LSV Arado Warnemuende.svg
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1921 (als Zweigwerk der Flugzeugbau Friedrichshafen GmbH)
Auflösung 1961
Auflösungsgrund Beseitigung der Werksanlagen nach dem Potsdamer Abkommen und Verbringung der Maschinen und Geräte als Reparationen in die UdSSR
Sitz Rostock-Warnemünde, Deutschland
Leitung
  • Walter Hormel
  • Felix Wagenführ
  • Erich Serno
Mitarbeiterzahl
  • 3.749 (Juli 1935)
  • 14.090 (1938)
  • 26.000 (Anfang 1942)
  • 26.950 (Ende 1942)
  • 30.670 (30. Juni 1944)
Branche Flugzeughersteller

Die Arado Flugzeugwerke GmbH war ein deutscher Flugzeughersteller aus Rostock-Warnemünde. Die Flugzeugwerft entstand 1921 auf dem Gelände und in den Hallen der früheren Außenstelle der Flugzeugbau Friedrichshafen GmbH. Ab 1924 wurden Motorflugzeuge für die unterschiedlichen Anwendungsfälle von Schulflugzeugen bis zu (späteren) Bombern produziert. Zwischen 1936 und 1942 existierten zahlreiche Zweigwerke in Deutschland. Die Flugzeugherstellung endete im Mai 1945, die Firma wurde 1961 liquidiert.

Geschichte

Arado L II“, Berlin, Deutschlandflug 1931, Theodor Osterkamp ist auch „mit von der Partie“
Arado Ar 196, Bordflugzeug auf dem Schweren Kreuzer Admiral Hipper

Die Arado Flugzeugwerke GmbH firmierten ursprünglich in Warnemünde als Zweigwerk der Firma Flugzeugbau Friedrichshafen, die im Ersten Weltkrieg militärische Wasserflugzeuge herstellte. Sie musste ihre Tätigkeiten mit Ende des Ersten Weltkriegs aufgrund der Bedingungen des Versailler Vertrages einstellen.

1920 kaufte Hugo Stinnes die Fabrikgebäude in Warnemünde auf und begann unter dem Namen „Dinos Automobilwerke AG“ wieder Flugzeuge zu bauen, die allerdings nur für den Export bestimmt waren. Dafür beteiligte Stinnes sich 1923 unter Leitung von Erich Serno im damaligen Jugoslawien an der Ikarus AG. Stinnes stellte Walter Rethel als Chefentwickler ein, der zuvor schon bei Kondor und bei Fokker tätig war.

Nach Hugo Stinnes' Tod im April 1924 wurde dessen Konzern aufgeteilt und Teile des Unternehmens verkauft. Walter Hormel und der Kaufmann Werner Hansel übernahmen im April 1925 die Firma in die neu gegründete Arado Handelsgesellschaft mit dem Geschäftssitz im Hamburger Hof. Am 18. Juni ließen sie die Arado-Handelsgesellschaft im Handelsregister eintragen, die am 10. August 1925 als Eigentümer der Warnemünder Anlagen in das Grundbuch aufgenommen wurde. Geschäftsführer waren Walter Hormel und Oberstleutnant a. D. Felix Wagenführ. Ende 1925 schied Walter Hormel bei Arado aus und seine Anteile übernahm der bisherige kommissarische Geschäftsführer Heinrich Lübbe.

Ab 1926 entstanden mit der S I und S III, sowie deren Nachfolger SC I und SC II die ersten leichten Schulflugzeuge, die fast alle an die Deutsche Verkehrsfliegerschule geliefert wurden. Ab 1927 wurde jedes Jahr mindestens ein neues Flugzeugmodell – sowohl zivile Post- und Verkehrsflugzeuge als auch Schulungsflugzeuge für das Militär wie zum Beispiel die Arado W II – auf den Markt gebracht, dennoch wurden in dieser Zeit pro Jahr nur etwa zehn bis zwölf Flugzeuge verkauft. 1929 begann die Konstruktion des zweisitzigen Hochdeckers L I durch den Konstrukteur Hermann Hofmann, der im August 1929 mit dieser Maschine bei seinem Europarundflug tödlich verunglückte. Walther Rethel entwarf noch im gleichen Jahr auf Basis der L I die L II, die als Prototyp des modernen Sportflugzeugs galt. Auch sie blieb ein Einzelstück. 1930 wurden vier Maschinen der vergrößerten L IIa für den Europarundflug 1930 gebaut, von denen zwei das Ziel auf Platz 18 und 22 erreichten.[1]

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten begann das Werk in Warnemünde, Flugzeuge für die neu aufgestellte Luftwaffe zu bauen. Schon vorher (Anfang 1932) war Rethel durch das Reichsverkehrsministerium von Walter Blume als Betriebsleiter ersetzt worden, der vorher noch bei Albatros gearbeitet hatte.

Im September 1934 begannen die Bauarbeiten für ein Zweigwerk in Brandenburg an der Havel. Der Aufbau des Werkes am Flugplatz Brandenburg-Briest dauerte bis 1939/1940; bereits 1937 wurde begonnen, den Werksteil Brandenburg-Neuendorf zu errichten. Am 11. April 1935 verließ die erste in Brandenburg-Briest gebaute Maschine, ein Schulflugzeug des Typs Arado Ar 66, die Werkshallen.

Das Reichsluftfahrtministerium (RLM) bestand darauf, dass Heinrich Lübbe Parteimitglied der NSDAP werden müsse. Als Lübbe ablehnte, musste er seine Unternehmensanteile im Frühjahr 1936 an das Reich verkaufen.[2] Der Firmenname wurde in Arado Flugzeugwerke GmbH geändert. Die Unternehmensanteile des Reiches verwaltete die als Tarngesellschaft vom Reichsluftfahrtministerium gegründete Luftfahrtkontor GmbH.[2] Danach leiteten Erich Serno und Felix Wagenführ die Arado Flugzeugwerke. In dieser Zeit erlangte Arado Bedeutung als Lieferant für die Luftwaffe, wobei die Ar 66 – noch bis weit in den Zweiten Weltkrieg hinein –zum Standardtrainingsflugzeug wurde. Arado produzierte darüber hinaus mit der Ar 65 und der Ar 68 zwei der ersten Jagdflugzeug-Typen für die Luftwaffe.

Von 1936 bis 1943 entstanden weitere Arado-Zweigwerke in Rathenow, Anklam, Nowawes/Potsdam-Babelsberg, Alt-Lönnewitz, Landeshut, Sagan und Wittenberg. In Wittenberg wurden außer Arado-Flugzeugen (Ar 95, Ar 96 und Ar 234) auch Rümpfe und Tragflächen für Heinkel (He 111 und He 177), Focke-Wulf (Fw 190) und Junkers-Flugzeuge (Ju 88), zum Teil durch Kriegsgefangene, gebaut. Deren Lager grenzte westlich an das Werksgelände (nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute eine Kleingartenanlage). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Werksgelände als sowjetische Kaserne genutzt. Heute ist das ehemalige Verwaltungsgebäude Sitz des Finanzamts Wittenberg; mehrere ehemalige Werkstattgebäude wurden zu Wohnhäusern umgebaut.

Das Herz des Unternehmens, die Konstruktionsabteilung, wechselte 1935 von Warnemünde nach Brandenburg. Hier entstanden bis 1943 unter der Führung von Walter Blume, dem Chefkonstrukteur der Arado-Flugzeugwerke, etwa 80 neue Flugzeugprojekte. Die Zentralverwaltung saß ab 1936 in Nowawes (nach Umbenennung Babelsberg).[3]

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges war Arado zu einem bedeutenden Lieferanten für die Luftwaffe aufgestiegen. Die Ar 96 wurde das meistgenutzte Trainingsflugzeug und die Ar 196, ein Aufklärer, wurde zur Standardausstattung der großen Schiffe der deutschen Kriegsmarine.

Im Werk Brandenburg wurden mehr als 20 Flugzeugtypen als Muster oder in Serie gebaut. Trotz umfangreicher Lizenzfertigungen entstanden hier 1939 beispielsweise das Weltrekordflugzeug Ar 79 und der erste Kampfzonentransporter der Welt, die Ar 232. Ein weiteres bekanntes Flugzeug ist die Ar 234, der weltweit erste strahlgetriebene Aufklärer und Bomber. Allerdings kam die Entwicklung dieses zukunftsweisenden Flugzeugtyps zu spät, um noch eine entscheidende Rolle im Krieg zu spielen. Dennoch setzte sie Zeichen für die Entwicklung der Nachkriegsflugzeuge.

Die Zahl der Arbeiter bei Arado in Brandenburg/Neuendorf stieg von 900 Mitarbeitern im Jahr 1935 auf 7.900 1940 und erreichte 1944 mit annähernd 10.000 den Höchststand. Bereits 1936 war Arado zum größten Betrieb in Brandenburg aufgestiegen. Infolge des Krieges und der Besetzung europäischer Länder kamen zunehmend ausländische Arbeitskräfte zu Arado nach Brandenburg; die meisten waren Niederländer, Franzosen und Tschechen. (siehe auch NS-Zwangsarbeit)

In allen Arado-Werken waren im Juli 1935 3.749 Mitarbeiter beschäftigt, im Jahr 1938 14.090 Mitarbeiter und bereits 1942 standen infolge von Einberufungen 22.000 deutschen Beschäftigten rund 4.000 ausländische gegenüber. Am Ende des Jahres war die Zahl der ausländischen, überwiegend aus Fremdarbeitern, Gefangenen und Häftlingen bestehenden Mitarbeiter auf 17.600 gestiegen, während 9.300 deutsche Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Am 30. Juni 1944 verzeichnete das Unternehmen mit 30.670 Mitarbeitern die höchste Beschäftigungszahl.

Ein amerikanischer Bombenangriff auf das Arado-Werk in Heidefeld bei Rathenow am 18. April 1944 beendete dort die Produktion des Bombers Heinkel He 177, welcher zuvor von Balten, Serben, Spaniern, Franzosen, Niederländern und Belgiern produziert wurde, die dort zu Tausenden Zwangsarbeit verrichten mussten. Nach diesem Angriff konnte auf Grund der Zerstörungen am Kesselhaus und an zwei der drei großen Montagehallen nur noch die leichtere Focke-Wulf Fw 190 hergestellt werden. Die Produktion wurde zum Teil von Rathenower Betrieben wie der optischen Fabrik O. W. Wagener & Co. übernommen. Auch die Ofenfabrik Fritz Brucks sprang für Arado ein, bis die Fertigung nach sechs Wochen wieder voll aufgenommen werden konnte.

Weitere Luftangriffe am 6. August 1944 und 30. März 1945 unterbrachen den Flugzeugbau zeitweilig. Bis zur Einstellung der Montage im April 1945 hatten mehr als 4.000 Maschinen die Brandenburger Werkhallen verlassen.

Das Werk in Potsdam-Babelsberg wurde am 14. April 1945 zerstört.[3]

Mit der Besetzung des Werkes in Brandenburg durch die Rote Armee Anfang Mai 1945 endete der Flugzeugbau. Die Werksanlagen wurden dem Potsdamer Abkommen entsprechend zum größten Teil beseitigt, Maschinen und Geräte kamen als Reparationen in die UdSSR.

Die Anlagen in Rathenow wurden nach dem Krieg Volkseigentum. 1954 wurde von einem Explosionsunglück auf dem ehemaligen Arado-Gelände berichtet, bei dem sechs sowjetische Soldaten ums Leben kamen und zahlreiche andere verletzt wurden, nachdem Artilleriemunition in einem Betonbunker explodiert war. Weitere Gebäude auf dem Areal wurden beschädigt.

Das Potsdamer Areal ist seit 1946 Sitz eines Zeitungsverlages, der dort bis 1990 die Märkische Volksstimme produzierte und nach Privatisierung die Märkische Allgemeine herausgibt.[3]

1945 wurde die Firma aufgelöst und 1961 endgültig aus dem Handelsregister gelöscht. Die Ar 96 wurde noch bis 1949 in der Tschechoslowakei von Avia und Letov hergestellt.

Teilschuldverschreibung Arado Flugzeugwerke

Arado Flugzeugtypen

Literatur

  • Volker Koos: Arado Flugzeugwerke 1925–1945, Heel, Königswinter 2007, ISBN 978-3-89880-728-9.
  • Jörg Armin Kranzhoff: Arado Flugzeuge – Vom Doppeldecker zum Strahlflugzeug, Die deutsche Luftfahrt Bd. 31, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 2001, ISBN 3-7637-6122-5
  • Christian Möller: Die Einsätze der Nachtschlachtgruppen 1, 2 und 20 an der Westfront von September 1944 bis Mai 1945. Mit einem Überblick über Entstehung und Einsatz der Störkampf- und Nachtschlachtgruppen der deutschen Luftwaffe von 1942 bis 1944. Helios, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-67-0. (Zugl.: München, Univ. der Bundeswehr, Diss., 2007).
  • Renate Gruber-Lieblich: „… und morgen war Krieg!“ – Arado Flugzeugwerke GmbH Wittenberg 1936–1945. Ein KZ-Lager entsteht. Projekte-Verlag, Halle 2007, ISBN 978-3-86634-312-2.
  • Michael Bera: Flugzeugbau verboten! Von Fliegern, Kuttern und Kommoden. Die „Werft Warnemünde“ in eigenen Bildern 1918–1920. ß Verlag & Medien, Rostock 2011, ISBN 978-3-940835-28-4.

Weblinks

Commons: Arado Flugzeugwerke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Arado setzt Akzente – Vom Kabinenflugzeug zum Anfangstrainer. In: FliegerRevue. Berlin 2009, 4 (Apr.), S. 89–93. Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.
  2. a b Johannes Bähr: Die Luftfahrtkredite und die Beziehungen zum Junkers-Konzern. In: Klaus-Dietmar Henke (Hrsg.): Die Dresdner Bank in der Wirtschaft des Dritten Reichs. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, ISBN 3-486-57780-8, S. 391.
  3. a b c Volker Oelschläger: Seltene Aufnahmen der früheren Arado-Werke entdeckt. In: Märkische Allgemeine. 14. Juli 2020 (Digitalisat [abgerufen am 15. Juli 2020]).

Koordinaten: 54° 9′ 30″ N, 12° 5′ 30″ O