Arbeitsrat für Kunst
Der Arbeitsrat für Kunst war ein Zusammenschluss von Architekten, Malern, Bildhauern und Kunstschriftstellern, der sich 1918 in Berlin gründete und bis 1921 bestand. Er war als Reaktion auf die zu dieser Zeit gegründeten Arbeiter- und Soldatenräte entstanden und hatte sich zum Ziel gesetzt, die aktuellen Entwicklungen und Tendenzen in der Architektur und Kunst einer breiten Bevölkerung nahezubringen.
Die Gruppe arbeitete eng mit der Novembergruppe und dem Deutschen Werkbund zusammen. Einige der im Arbeitsrat vertretenen Architekten schlossen sich später zur Gläsernen Kette, einem Korrespondenzzirkel, zusammen oder waren ab 1926 Mitglied im Ring. Diese gelten als wichtiger Impulsgeber für die Gründung des Bauhauses. Einzelne Mitglieder unterrichteten an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau, neben dem Bauhaus die wichtigste Kunsthochschule der Zeit.
Ziele
„An der Spitze steht der Leitsatz: Kunst und Volk müssen eine Einheit bilden. Die Kunst soll nicht mehr Genuß weniger, sondern Glück und Leben der Masse sein. Zusammenschluß der Künste unter den Flügeln einer großen Baukunst ist das Ziel.“
Zu den Forderungen gehörten: die Anerkennung aller Bauaufgaben als öffentliche und nicht private Aufgaben, die Abschaffung aller Beamtenprivilegien, die Errichtung von Volkshäusern als zentrale Stellen der Vermittlung von Kunst, die Auflösung der Akademie der Künste und der Preußischen Landeskunstkommission, die Befreiung des Unterrichts für Architektur, Plastik, Malerei und Handwerk von staatlicher Bevormundung, die Belebung der Museen als Bildungsstätten, die Beseitigung künstlerisch wertloser Denkmäler und die Bildung einer Reichsstelle zur Sicherung der Kunstpflege.
Der Arbeitsrat reagierte damit auch auf die schlechte Auftragslage für junge Architekten, die mit dem verlorenen Ersten Weltkrieg zusammenhing.
Mitglieder
Erster Wortführer war der Architekt Bruno Taut, seit 1919 agierten Walter Gropius, César Klein und Adolf Behne als Vorsitzende.
Die Unterzeichner des ersten Manifestes waren – neben Taut, Gropius, Klein und Behne – Gertrud Arper, Otto Bartning, Rudolf Belling, Arthur Degner, Lyonel Feininger, Otto Freundlich, Jefim (Jef) Golyscheff, August Griesbach, Hermann Hasler, Erwin Hahs, Erich Heckel, Paul Rudolf Henning, Karl Jakob Hirsch, Walter Kaesbach, Georg Kolbe, Gerhard Marcks, Ludwig Meidner, Moritz Melzer, Otto Mueller, Franz Mutzenbecher, Emil Nolde, Max Pechstein, Friedrich Perzynski, Heinrich Richter-Berlin, Richard Scheibe, Karl Schmidt-Rottluff, Fritz Stuckenberg, Georg Tappert, Max Taut, Arnold Topp und Wilhelm Reinhold Valentiner.
Über 100 Künstler aus dem In- und Ausland gehörten zu den Unterstützern des Arbeitsrats und zu den Teilnehmern an seinen Ausstellungen. Unter anderem waren dies Karl Paul Andrae, Walter Curt Behrendt, Max Berg, Paul Cassirer, Hermann Finsterlin, Paul Goesch, Otto Gothe, Wenzel Hablik, Oswald Herzog, Bernhard Hoetger, Willy Jaeckel, Käthe Kollwitz, Carl Krayl, Mechtilde Lichnowsky, Hans und Wassili Luckhardt, Paul Mebes, Ludwig Meidner, Julius Meier-Graefe, Adolf Meyer, Erich Mendelsohn, Johannes Molzahn, Karl Ernst Osthaus, Hans Poelzig, Paul Schmitthenner, Herman Sörgel, Milly Steger, Heinrich Tessenow und Wilhelm Worringer.
Aktionen
Der Arbeitsrat warb für seine Kunst- und Architekturauffassung durch Ausstellungen, Publikationen und öffentliche Aufrufe. Seine Ausstellungen waren auch für Nichtmitglieder geöffnet, auch „Nicht-Architekten“ wurden aufgerufen, sich mit Zeichnungen, Modellen, Skizzen und Skulpturen zu beteiligen.
Ausstellungen
- „Ausstellung für unbekannte Architekten“, Berlin 1919, Graphisches Kabinett von J. B. Neumann; Weimar 1919, Museum am Karlsplatz; Magdeburg 1919, Kunsthalle.
- „Neues Bauen“, Berlin, 1920
- „Ausstellung von Kunst für Arbeiter“, Berlin – Friedrichshain, Januar 1920
Publikationen
- Bruno Taut: Ein Architektur-Programm. Berlin 1918
- Paul Rudolf Henning: Ton. Ein Aufruf von P. R. Henning. Zweite Flugschrift des Arbeitsrats für Kunst. Berlin ca. 1918
- Arbeitsrat für Kunst (Hrsg.): Arbeitsrat für Kunst. Flugblatt. Umschlag mit Holzschnitt von Max Pechstein, Berlin 1919
- Arbeitsrat für Kunst (Hrsg.): Ja! Stimmen des Arbeitsrates für Kunst in Berlin. Berlin 1919
- Arbeitsrat für Kunst (Hrsg.): Ruf zum Bauen: zweite Buchpublikation des Arbeiterrats für Kunst. Berlin 1920
- Otto Bartning: Ein Unterrichtsplan für Architektur und bildende Künste
Literatur
- Marcel Bois: Kunst und Architektur für eine neue Gesellschaft. Russische Avantgarde, Arbeitsrat für Kunst und Wiener Siedlerbewegung in der Zwischenkriegszeit, in: Arbeit – Bewegung – Geschichte, Heft III/2017, S. 12–34.
- Marcel Bois: „Die Kunst! – das ist eine Sache!, wenn sie da ist“. Zur Geschichte des Arbeitsrates für Kunst in der frühen Weimarer Republik, in: bauhaus-imaginista.org, Januar 2019.
- Karl Ernst Osthaus: Reden und Schriften. Folkwang – Werkbund – Arbeitsrat. König, Köln 2002. ISBN 3-88375-560-5
- Wolfgang Pehnt: Die Architektur des Expressionismus. (3. Auflage). Hatje Cantz, Ostfildern 1998. ISBN 3-7757-0668-2
- Regine Prange: Architekturphantasie ohne Architektur? Der Arbeitsrat für Kunst und seine Ausstellungen, in: Thorsten Scheer, Josef Paul Kleihues, Paul Kahlfeldt (Hrsg.): Bauen in Berlin: 1900–2000. Stadt der Architektur. Architektur der Stadt 1900–2000. Nicolai, Berlin 2000. ISBN 3-87584-013-5
- Manfred Schlösser: Arbeitsrat für Kunst: Berlin 1918–1921. Akademie der Künste, Berlin 1980. ISBN 3-88331-916-3
- Eberhard Steneberg: Arbeitsrat für Kunst. Berlin 1918–1921. Marzona, Düsseldorf 1987. ISBN 3-921420-33-4
- Paul Weber, Andreas Marx: Ludwig Mies' unrealisierte Teilnahme an der „Ausstellung für unbekannte Architekten“ (1919). Materialien zur Entwicklungsgeschichte Mies van der Rohes, in: Werner Breunig, Uwe Schaper (Hrsg.): Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2009. Gebr. Mann, Berlin 2010, S. 195–263. ISBN 978-3-7861-2602-7