Atomare Masseneinheit

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Physikalische Einheit
Einheitenname Atomare Masseneinheit
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Physikalische Größe(n) Masse
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System Zum Gebrauch mit dem SI zugelassen
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Die atomare Masseneinheit (Einheitenzeichen: u für unified atomic mass unit) ist eine Maßeinheit der Masse. Ein alternativer Name ist Dalton (Einheitenzeichen: Da), benannt nach dem englischen Naturforscher John Dalton. Sie wird vor allem in der Physik und (Bio-)Chemie für die Angabe von Atom- und Molekülmassen verwendet.

Ihr Wert ist auf 112 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C festgelegt.[A 1] Die so gewählte Einheit hat die praktische Eigenschaft, dass alle bekannten Kern- bzw. Atommassen nahezu ganzzahlige Vielfache von u sind.[1][A 2] Die betreffende ganze Zahl heißt Massenzahl des Kerns oder Atoms und ist gleich der Anzahl der Nukleonen im Kern.

Außerdem hat die Atom- oder Molekülmasse in der Einheit u (bzw. Da) den gleichen Zahlenwert wie die Masse eines Mols dieses Stoffs in Gramm. Die Masse großer Moleküle wie der Proteine, der DNA und anderer Biomoleküle wird oft in Kilodalton charakterisiert, da es zahlenmäßig keine Unterschiede zur Angabe in kg/mol gibt.

Die atomare Masseneinheit bzw. das Dalton ist zum Gebrauch mit dem Internationalen Einheitensystem (SI) zugelassen.[2][3] In der EU und der Schweiz ist sie eine gesetzliche Maßeinheit,[4] allerdings nur unter dem Namen „Atomare Masseneinheit“. Der Name „Dalton“ ist vor allem in der Biochemie und generell in den USA gebräuchlich.

Definition

Heutige Definition

Die atomare Masseneinheit ist definiert als ein Zwölftel der Masse eines isolierten Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C im Grundzustand.[3] Der aktuell empfohlene Wert ist[5][6]

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Die Umrechnung in die SI-Einheit Kilogramm ergibt

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Da der Kern des Kohlenstoff-12-Atoms gerade 12 Nukleonen enthält, zudem Proton und Neutron annähernd die gleiche Masse haben und die Masse der Elektronen mit einem Viertausendstel der Masse der Nukleonen vernachlässigbar ist, ist in Näherung die Einheit u gleich der Masse eines einzelnen Nukleons. Deshalb entspricht der gerundete Zahlenwert der Atommasse in u annähernd der Massenzahl (Nukleonenzahl), d. h. der Zahl der schweren Kernbausteine des Atoms.

Beziehung zur molaren Masse

Bis zur Neudefinition der SI-Einheiten im Jahr 2019 war das Mol als die Stoffmenge definiert, die aus ebenso vielen Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12 g Kohlenstoff 12C enthalten sind. Die atomare Masseneinheit und das Mol waren also über dasselbe Atom 12C definiert. Dadurch ergab sich für die Masse eines Teilchens in u und dessen molare Masse in g/mol exakt der gleiche Zahlenwert. Oder anders ausgedrückt: 1 u · NA = 1 g/mol. Die Avogadro-Konstante NA, also die Anzahl Teilchen pro Mol, musste nach dieser Definition experimentell bestimmt werden und war mit einer Messunsicherheit behaftet.

Seit 2019 ist NA nicht mehr über die Masse des 12C-Atoms bestimmt, sondern per Definition exakt festgelegt. Daher haben die Masse eines Teilchens in u und die molare Masse in g nicht mehr exakt denselben Zahlenwert.[A 1] Die Abweichung muss experimentell bestimmt werden,[A 3] ist aber extrem klein und in der Praxis irrelevant:[7]

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Frühere Definitionen

Bis 1960 war die atomare Masseneinheit als ein Sechzehntel der Masse eines Sauerstoff-Atoms definiert. Dabei bezogen sich die Chemiker auf die durchschnittliche Masse eines Atoms in der natürlich vorkommenden Isotopenzusammensetzung aus 16O, 17O und 18O, die Physiker aber auf die Masse des Atoms 16O, das mit 99,76 % das bei weitem häufigste Isotop ist. Die Einheit wurde in beiden Fällen amu (Atomic Mass Unit) genannt.

Die Differenz zwischen der „chemischen“ Definition und der „physikalischen“ Definition (+2,8  10−4) war Anlass, eine vereinheitlichte Definition einzuführen. Über die Verhandlungen in den zuständigen Gremien wird anekdotisch berichtet, dass die Chemiker zunächst nicht bereit gewesen seien, auf die Definition der Physiker mit 16O einzuschwenken, da dies „erhebliche Verluste“ beim Verkauf von chemischen Substanzen zur Folge gehabt hätte. Schließlich überzeugten die Physiker die Chemiker mit dem Vorschlag, 12C als Basis zu nehmen, wodurch der Unterschied zur „chemischen“ Definition nicht nur viel geringer war (−3,7  10−5), sondern auch in die „richtige Richtung“ ging und sich positiv auf die Verkaufserlöse auswirken würde.[8]

Zwischen dem neuen und den beiden veralteten Werten der Einheit gilt die Beziehung

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Die Neudefinition war zunächst eine Vereinbarung zwischen der IUPAP und der IUPAC und wurde 1970 in die erste Auflage der SI-Broschüre als „Einheit zum Gebrauch mit dem SI“ übernommen.[9] Im Jahr 1971 wurde das Mol, das ebenfalls auf dem 12C-Atom beruhte, ins SI übernommen.[10]

Sowohl die alte physikalische (ein Sechzehntel der Masse eines Atoms Sauerstoff-16) wie die neue Definition (ein Zwölftel der Masse eines Atoms Kohlenstoff-12) definieren als Referenzmasse die Summe der Massen je eines halben Protons, Neutrons und Elektrons (16O: je 8 Protonen, Neutronen und Elektronen vs. 12C: je 6 Protonen, Neutronen und Elektronen). Der Massenunterschied resultiert aus unterschiedlichem Massendefekt, der bei 16O mit 0,8565 % höher als bei 12C mit 0,8245 % ist.

Verwendung

Fachgebiete

Die Maßeinheit wird vor allem in der Atomphysik und (Bio-)Chemie verwendet – generell überall dort, wo es um Massen von Atomen und Molekülen geht. Der Vorteil ist, dass dabei „handliche“ Zahlen auftreten, die zudem mit der molaren Masse in Gramm übereinstimmen. In Darstellungen des Periodensystems der Elemente ist die atomare Masse meistens in dieser Einheit angegeben.

Bei sehr präzisen Angaben kommt hinzu, dass Massen im mikroskopischen Bereich in der atomaren Masseneinheit oft präziser als in der SI-Masseneinheit Kilogramm angegeben werden können, da die Referenzmasse (12C-Atom) ebenfalls mikroskopisch ist. So ist die Masse des Protons und des Elektrons in u um etwa eine Größenordnung genauer bekannt als in Kilogramm[11][12] (bzw. MeV/c2).[A 4]

Wahl der Bezeichnung

In der Broschüre des Internationalen Büros für Maß und Gewicht („SI-Broschüre“) ist die atomare Masseneinheit in der Liste der „zur Verwendung mit dem SI zugelassene Nicht-SI-Einheiten“ aufgeführt.[A 3] In der 8. Auflage (2006) wurde der Einheitenname „Dalton“ erstmals hinzugefügt, gleichrangig als Synonym zum u.[2] Die 9. Auflage (2019) nennt nur das Dalton und weist in einer Fußnote darauf hin, dass die „Atomare Masseneinheit (u)“ eine alternative Bezeichnung für dieselbe Einheit ist.[3] In den gesetzlichen Regelungen der EU-Richtlinie 80/181/EWG für die Staaten der EU und im Bundesgesetz über das Messwesen in der Schweiz ist der Ausdruck „Dalton“ nicht genannt. In physikalischen Publikationen wird meist u oder MeV verwendet, in Publikationen der Chemie und Biochemie Da.

Präfixe

Sowohl für die atomare Masseneinheit als auch für das Dalton ist die Verwendung von Vorsätzen für dezimale Vielfache und Teile zulässig. Gebräuchlich sind das Kilodalton, 1 kDa = 1000 Da sowie das Megadalton, 1 MDa = 1.000.000 Da.

Beispiele

  • Ein Wasserstoffatom des Isotops 1H hat die Masse 1.0078250 u.
  • Ein Kohlenstoffatom des Isotops 12C hat definitionsgemäß die Masse 12 u.
  • Ein Molekül des Wirkstoffes Acetylsalicylsäure (Aspirin) hat eine Masse von 180,16 u.
  • Ein Uranatom des Isotops Fehler beim Parsen (MathML mit SVG- oder PNG-Rückgriff (empfohlen für moderne Browser und Barrierefreiheitswerkzeuge): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „https://wikimedia.org/api/rest_v1/“:): {\displaystyle \mathrm{{}^{238}_{\ 92} U}} hat eine Masse von 238,051 u.
  • Ein Molekül des kleinen Peptidhormons Insulin hat eine Masse von 5808 Da.
  • Ein Molekül des Proteins Aktin (eines der häufigsten Proteine in Eukaryoten) hat eine Masse von ungefähr 42 kDa.

Anmerkungen

  1. a b Das gilt im SI seit 1970 und war, anders als das Mol, von der Reform des SI von 2019 nicht betroffen – siehe SI-Broschüre 9. Auflage, Anhang 2: Mise en pratique for the definition of the mole in the SI, Abschnitt 6.
  2. Die Abweichungen erreichen ihr Minimum von fast −0,1 für Isotope von Zinn, um dann wieder zu steigen. Ab Fermium erreichen einzelne Isotope +0,1. Ab Nobelium liegen die stabilsten Isotope bei Werten oberhalb +0,1, ab Livermorium oberhalb +0,2.
  3. a b Als einzige zur Verwendung mit dem SI zugelassene Einheit ist die atomare Masseneinheit nicht über die entsprechende SI-Einheit oder einen mathematischen Zusammenhang definiert und hat damit als einzige keinen exakten Wert im SI.
  4. Man beachte, dass zwischen MeV/c2 und kg ein per Definition exakt festgelegter Zusammenhang besteht. MeV/c2 hat daher keine mikroskopische Referenzmasse; es ist ein makroskopisches Maß wie das Kilogramm.

Einzelnachweise

  1. https://www-nds.iaea.org/relnsd/vcharthtml/VChartHTML.html
  2. a b Das Internationale Einheitensystem (SI). Deutsche Übersetzung der BIPM-Broschüre „Le Système international d’unités/The International System of Units (8e édition, 2006)“. In: PTB-Mitteilungen. Band 117, Nr. 2, 2007 (Online [PDF; 1,4 MB]).
  3. a b c Le Système international d’unités. 9e édition, 2019 (die sogenannte „SI-Broschüre“), S. 33 (französisch) und S. 146 (englisch).
  4. aufgrund der EU-Richtlinie 80/181/EWG in den Staaten der EU bzw. dem Bundesgesetz über das Messwesen in der Schweiz
  5. CODATA Recommended Values: atomic mass constant. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 20. Mai 2019 (englisch). Wert für u in der Einheit kg. Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes, diese Unsicherheit ist als geschätzte Standardabweichung des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.
  6. CODATA Recommended Value: atomic mass constant energy equivalent in MeV. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 20. Mai 2019 (englisch). Wert für u in der Einheit MeV/c2. Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes, diese Unsicherheit ist als geschätzte Standardabweichung des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.
  7. CODATA Recommended Values: molar mass constant. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 24. August 2019 (englisch).
  8. Aaldert Wapstra, zitiert nach G. Audi, The History of Nuclidic Masses and of their Evaluation, Int.J.Mass Spectr.Ion Process. 251 (2006) 85-94, arxiv
  9. Le Système International d’Unites, erste Auflage der SI-Broschüre (1970), Kap. 4.1: Unités en usage avec le Système International (französisch)
  10. Resolution 3 of the 14th CGPM. SI unit of amount of substance (mole). Bureau International des Poids et Mesures, 1971, abgerufen am 19. April 2022 (englisch).
  11. Datenblatt Proton aus dem Review of Particle Physics, P.A. Zyla et al. (Particle Data Group), Prog. Theor. Exp. Phys. 2020, 083C01 (2020) and 2021 update, abgerufen am 6. Juli 2021.
  12. Elektronenmasse in kg und in u, Protonenmasse in kg und in u, empfohlene CODATA-Werte von 2018, abgerufen am 2. März 2022.