Benutzer:AxelKing/Tabellarische Klaviergeschichte
Pianotechnik-Historie
Begriffe
„Klavier“ allgemein meint ein Instrument mit gespannten Saiten, die mittels einer Hammermechanik angeschlagen werden.
„Klavier“ meint spezifischer im deutschen Sprachgebrauch ein Klavier, dessen Saiten vertikal sind, im Gegensatz zu Flügeln und Tafelklavieren, deren Saiten waagerecht sind.
„Flügel“ wurden früher auch die Cembali genannt, Instrumente, deren Saiten nicht angeschlagen, sondern seitlich gezupft werden.
„Hammerklavier“ meint heute Flügel, die noch keine einteilige voll gegossene Platte zum Aufnehmen der Saitenspannungen haben ("vor Steinway"...).
Ein Cembalo ist ein Saiteninstrument, dessen Saiten von einem Kiel gezupft werden.
Spinett: platzsparende Ausführung eines kleinen Cembalos in Dreieck- oder Fünfeck-Form, um eine Raumecke zu nutzen.
Clavichord: ein meist rechteckiges Instrument, breiter als tief, dessen Saiten mittels eines Metallstiftes auf dem Tastenhebel angeschlagen werden, d.h. nicht gezupft – sehr leise, nicht als Ensemble-Instrument zu gebrauchen, allerdings spielbar mit unterschiedlicher Anschlags-Kraft UND mit der „Bebung“, einer wechselnden Krafteinwirkung, die ein leichtes Vibrato verursacht. Aus den Clavichorden entstanden später die Tafelklaviere.
Autoren der Quellen
Stewart Pollens war Kustos der Musikinstrumentenabteilung des Museums of Modern Art in New York und Hüter des ältesten 1720er Flügels von Christofori, und des „spinettino“, des vielleicht ältesten überhaupt erhaltenen Klavieres.
Andreas Beurmann war ein Autor, Sammler und Enthusiast zu Tasteninstrumenten. Seine Sammlung ist im größeren Teil heute im Kunst- und Gewerbemuseum Hamburg zu sehen.
Edwin Good ist ein US-amerikanischer Autor mit Spezialgebiet Technische Klaviergeschichte.
Martha Novak Clinkscale ist eine US-amerikanische Autorin. Sie hat aus unzähligen Berichten, Büchern und Unterlagen die ältesten erhaltenen Klaviere vor 1860 umfassend dokumentiert, betreffs technischer Daten, Provenienz und Besitzverhältnissen.
Arthur Loesser war ein Pianist, Musikpädagoge und Autor in den USA: Er hat eine ungemein lesenswerte Sozialgeschichte des Klavieres, gegliedert nach Ländern und ihren unterschiedlichen sozialen und musikalischen Entwicklungen, verfasst.
Quellen-Kürzel
- WPO: Wikipedia-Artikel über Orgeln
- PO und Seitennummer: Stewart Pollens (Kustos des MoM in New York City), „The Early Pianoforte“
- AB1 und Seitennummer: Andreas Beurmann, „Historische Tasteninstrumente“
- AB2 und Seitennummer: Andreas Beurmann, „Das Buch vom Klavier“
- EG und Seitennummer: Edwin Good, „Giraffes, Black Dragons an other Pianos“
- KR und Seitennummer: Konstantin Restle, "Das Hammerklavier"; Dissertation
- MC1 und Seitennummer: Martha Novak Clinkscale, "Makers of the Piano 1700-1820" Bd. 1
- MC2 und Seitennummer: Martha Novak Clinkscale, "Makers of the Piano 1820-1860" Bd. 2
- AL und Seitennummer: Arthur Loesser, "Men, Women and Pianos"
- BDK: Bund Deutscher Klavierbauer (Website)
Tabellarische Geschichte der Klavier-Entwicklung
246 v.Chr. | Ktesibos konstruiert ein Windinstrument, dessen Tonerzeugung einer Orgel gleichkommt. | WPO |
228 | Nahe Budapest werden bei Ausgrabungen Reste einer Orgel entdeckt, die sich exakt auf das Baujahr 228 datieren lässt. | WPO |
757 | Eine Gesandtschaft des Kaiserhofes in Byzanz bringt eine Orgel als Geschenk für Pippin den Jüngeren an den fränkischen Hof mit. | WPO |
812 | Eine Gesandtschaft des Kaiserhofes in Byzanz bringt eine Orgel als Geschenk für Karl den Großen an den fränkischen Hof mit. | WPO |
826 | Auf Geheiß Ludwigs des Frommen wird in Aachen von einem Priester Georg, der aus Venedig stammt, eine Orgel angefertigt. | WPO |
9. Jhdt. | Die ersten Bischofskirchen bekommen Orgeln. | WPO |
11. Jhdt. | Die ersten Abteien bekommen Orgeln. | WPO |
1320 | Im Robertsbridge-Codex werden besaitete Tasteninstrumente erwähnt – die früheste Erwähnung von Cembali / Spinetten / Clavichorden / Klavieren in der Literatur. | PO 7 |
14. Jhdt. | Im Zuge von Schleifladen und Springladen werden Orgel-Register erfunden. | WPO |
Um 1350 | Rudolf von Nürnberg entwickelt die Technik des Drahtziehens mittels hydraulischer Kraft – Voraussetzung für die Herstellung von Eisendrahtsaiten für Zither, Klavichord, Cembalo und Klavier. | BDK |
um 1360 | Mehrfache Erwähnung des Begriffs „chekker“ oder „chequier“, wahrscheinlich Sammelbegriff für besaitete (Tasten-)Instrumente am Hof Philipps des Starken. Der Begriff scheint von der Geometrie der Zither, des Hackbretts , des Dulcimer herzurühren: längs liegende Stege und quer liegende Saiten, die mit Schlegeln von Hand oder mittels oberschlägiger Tasten-Mechaniken angeschlagen werden, ergeben ein dem Schachbrett ähnelndes Aussehen. | |
1384 | Philip der Starke kauft ein „echiquier“ bei Ankunft des flämischen Organisten Jean Visée. | |
1397 | Lambertacci benennt in einem Brief einen Hermann Poll aus Wien als den Erfinder des Cembalos. | PO 7, AB 10 |
um 1400 | Früheste Abbildung eines Clavichordes auf einem Buchdeckel einer italienischen Fürstin | PO |
1404 | Die Bezeichnung „Clavichord“ taucht in den Minneregeln des Eberhard von Cersne auf. | AB 10 |
ca. 1425 | Früheste Abbildung eines Cembalos und eines Clavichordes im Schnitzaltar des Domes in Minden | AB 10 |
um 1440 | Henri Arnaut von Zwolle, Musiker am burgundischen HofPhilipps des Guten, beschreibt um 1440 herum mit lateinischem Text und Abbildungen sowie mit weitenteils kompletten Flügel-Konstruktionsplänen vier Mechaniken für besaitete Tasteninstrumente. Erwähnt werden das „clavisimbalum“, das „clavicordium“, und das „dulce melos“, der erste Hinweis auf eine Hammermechanik – nicht als eigener Erfinder-Anspruch, sondern er gibt eine Darstellung existierender, zuvor erfundener Technik . | PO 7 |
1459-1463 | Paulus Paulirinus beschreibt im „Liber viginti artium“ einVirginal. | AB 10 |
1482 | Der spanische Komponist und Musiktheoretiker Bartolomé Ramos beschreibt in seinem Buch »De Musica Tractatus« einetemperierte Stimmung, die aber erst zu Bachs Zeiten praktische Verwendung findet. | BDK |
1511 | Älteste Abbildung eines Virginals von Sebastian Virdung | AB 10 |
1515 | Ältestes erhaltenes Cembalo | AB 10 |
1523 | Ältestes erhaltenes Virginal vonFrancesco de Lupi, Verona | AB 10 |
1536 | Ältestes erhaltenes Spinett vonZenti, Viterbo | AB 10 |
1540 | Ältestes Cembalo der Sammlung Beurmann | AB 18 |
1543 | Ältestes erhaltenes Clavichord von Domenicus Pisaurensis | AB 10 |
1562 | Ältestes Virginal der Sammlung Beurmann | AB 21 |
1585 | Der Venezianer Francesco Bonafini baut ein besaitetes Instrument „spinettino“, ähnlich einem Spinett, dessen Saiten in der Ursprungsversion jedoch von den Springern nicht mit Kiel seitlich gezupft, sondern von belederten Springern von unten angeschlagen werden – eine einfache Hammermechanik. Diese Hammermechanik wird ca. 130 Jahre später in eine Tangentenmechanik mit Metallstiften (wie bei einem Clavichord) geändert. Nach dem Umbau, der um 1717 (gemäß einer Inschrift des Umbauers) stattfand, bleiben zusätzlich einige der ursprünglichen Tangenten bzw. Hämmer einer komplett anderen Struktur erhalten – oben tragen sie eine lederne Dämpfung. Die nachfolgend eingebauten Tangenten-Stößel haben jedoch diese Dämpfung nicht mehr, da ein Clavichord die Dämpfung mit fest eingebautem Filz oder Stoff macht. Pollens hält dieses „spinettino“ für das möglicherweise älteste erhaltene Klavier. Es ist in der Sammlung des MoM in New York erhalten. | PO 34ff |
1598 | Mehrfacher Briefwechsel desHippolito Cricca, Instrumentenmacher zuFerrara, mit dem jungen Fürsten d’Este inModena. Der verstorbene Vater d’Este, ehedem vom Papst belehnter Fürst zu Modena, hatte dem Papst ein zweimanualiges Kombinationsinstrument (Orgeltraktur unten plus Saiten-Instrument mit Hämmern oben) geliehen. Nach Tod des alten d’Este will der Papst den Erben nicht mehr belehnen und das Lehen anderweitig vergeben. Der Instrumentenmacher beklagt, dass die Leute des Papstes dieses Instrument schlecht bis gar nicht gewartet und ungünstig transportiert haben. Das Instrument soll von Rom nach Modena zurück, oder aber nach Wahl des jungen Fürsten nach Ferrara gebracht werden, wo die Brüder Cricca arbeiten. Cricca verspricht, sich zusammen mit seinem Bruder darum zu kümmern. In diesem Briefwechsel ist von einem „istrumente piano e’forte“ die Rede … - was exakt nicht bedeutet, dass ein mehrmanualiges Cembalo gemeint ist, denn auch von solchen Instrumenten ist die Rede. Diese aber werden explizit mit mehreren Trakturen und Registern genannt. Bei dem oberen Manual über der Orgeltraktur muss es sich um ein Klavier handeln, das „piano e‘ forte“ spielbar, und nicht nur in zwei Stufen, sondern graduell spielbar war. Möglicherweise hat es zudem ein zweites Instrument gegeben, das über einem normalen zweimanualigen Cembalo eine dritte Klaviatur hatte – mit Hammermechanik. | PO 27ff. |
1619 | Der deutsche Mathematiker und Astronom Samuel Reyher entdeckt, dass der Ton eines Musikinstruments neben dem Grundton zusätzliche Partialtöne (Obertöne ) enthält. | BDK |
1636 | Der französische Mathematiker Marin Mersenne entdeckt ebenfalls die Partialtöne. Mersenne ist einer der ersten Wissenschaftler, die den Zusammenhang zwischen Tonhöhe und Frequenz annehmen. | BDK |
1638 | »Discorsi« vonGalileo Galilei, in denen er den Begriff der Frequenz einer schwingenden Saite einführt und zeigt, dass die Frequenz von der Länge, der Spannung und der Masse der Saite abhängt. | BDK |
1688 | Bartolomeo Christofori, Paduaner, geht an den Hof von Florenz. | EG 30 |
1698-1700 | erster Flügel von Bartolomeo Christofori in Florenz, Italien, laut Inventur 1700. Nach den obigen Darstellungen Pollens‘ kann dieses Ereignis jedoch nicht länger als Datum der „Ersterfindung“ des Klavieres gelten. Ab Christofori gibt es allerdings eine kontinuierliche Entwicklung, derweilen die vorigen Dinge einzeln blieben. | EG 33 |
1704 | Tagebuch-Beschreibung „piano e forte“ von Christoforis Chef Federigo Meccoli | EG 35 |
1704 | Der Dulcimer-Virtuose Pantaleon Hebenstreit tritt mit seinem riesigen, neun Fuß langen Dulcimer mit 186 Saiten, das ihm Gottfried Silbermann in Sachsen baute, vor dem französischen König auf und bekommt für sein Instrument den Namen „Pantaleone“. | EG 45 |
1709 | Scipione Maffei besucht Christofori inFlorenz. | EG 35 |
1709 | Das Jahr, das viele Quellen als Geburtsjahr des Klaviers nennen. Dem italienischen Cembalobauer Bartolomeo Christofori gelingt in Florenz die Konstruktion einer Hammermechanik, die den Bau eines Klaviers ermöglicht, das er Gravicembalo col Piano e forte nennt. Die erste eindeutige Erwähnung findet man jedoch bereits im Inventarverzeichnis der Medici von 1700: »Un Arpicembalo di Bartolomeo Christofori di nuova inventione, ch fa’ il piano, e il forte ...«. Ebenfalls oft genannt wird 1711, das Jahr, in dem im »Giornale de’leterati d’Italia« die erste Beschreibung des Instruments durch den italienischen Schriftsteller Scipione Maffei erscheint. Der Gedanke scheint in der Luft gelegen zu haben, denn erste Versuche gibt es schon vorher, und die Existenz von Cembali mit anschlagender Tangentenmechanik ist durch schriftliche Quellen belegt. Aber erst Cristoforis Konstruktion ist überzeugend genug. In Frankreich findet der Clavecinbauer Jean Marius eine ähnliche Lösung, und in Deutschland gelingt dies dem Organisten Chr. Gottlieb Schröter, beiden aber erst einige Jahre nach Christofori, so dass diesem die Priorität gebührt. Weitere in einschlägiger Literatur zu findende Schreibweisen: gravicembalo col forte e il piano, gravicembalo col forte e piano, gravicembalo col piano e col forte, gravicembalo con il pian e forte, Gravicembalo con il piano e il forte, gravicembalo piano e forte, cembalo a martelli, Cimbali con piano e forte, Cravo com Piano e com Forte.
Bis sich das Instrument durchsetzt, sollen noch 50 Jahre vergehen, in denen deutsche Klavierbauer maßgeblichen Anteil an seiner Weiterentwicklung haben, unter ihnen der als Orgelbauer gerühmte Gottfried Silbermann (Freiberg i. Sa.). |
BDK |
1711 | Erste Beschreibung eines Christofori-Flügels von Scipione Maffei im „Giornale de‘ Letterati d’Italia“ | EG |
1711 | Der englische Trompeter und Lautenist John Shaw erfindet die Stimmgabel – mehr als zwei Jahrhunderte lang wichtigstes und einziges akustisches Hilfsmittel nicht nur der Klavierstimmer. | BDK |
1713 | Der taube französische Mathematiker und Begründer der modernen Akustik Joseph Sauveur beschreibt die Schwebungen. | BDK |
1716 | Jean Marius stellt der französischen Königlichen Akademie der Wissenschaften vier Designs eines „clavecin à maillets“ vor, ohne dass je klar wurde, ob hiervon überhaupt ein Design gebaut wurde. Es gab Gegnerschaft der Gilde der Instrumentenbauer, entweder wurden die Designs deswegen verworfen, oder Marius zog sie zurück. Später wird der Prioritäts -Anspruch Christoforis hiermit bestritten. | EG 46 |
1716 | Der englische Mathematiker Brook Taylor (1685-1731) stellt eine allgemeingültige Formel für die Berechnung der Frequenz einer Saite in Abhängigkeit von ihrer Länge, Masse und Spannung auf. Die Kenntnis der Taylorschen Formel ist später neben einigen anderen notwendigen Kenntnissen Voraussetzung, um Klaviermensuren vorausberechnen zu können.
Unter Mathematikern bekannter ist eine andere Taylorsche Formel desselben Autors, mit der man Funktionen durch Polynome annähern kann. |
BDK |
1717 | Der Cembalolehrer Christoph Gottlieb Schröter entwirft zwei Flügel-Spielmechaniken, eine unterschlägig, eine oberschlägig. Beide werden von einem Tischler in einem Modell zusammen gebaut. | EG |
1719 | Domenico Scarlatti kommt an den portugiesischen Hof, wird Klavier-bzw. Cembalo-Lehrer von Prinzessin Maria Barbara. | EG |
1720 | Ältester erhaltener Flügel von Bartolomeo Christofori, heute im MoM NYC | EG |
1721 | Schröter stellt sein Modell dem Kurfürsten von Sachsen August dem Starken vor. Ein Instrument sollte mit Mitteln des Kurfürsten gebaut werden, aber das Modell verschwand. | EG 47 |
1722 | Zweit ältester erhaltener Flügel Christoforis, heute in Rom | |
ca. 1725 | Erhaltene Flügelmechanik von Christofori | EG 36 |
1725 | In Hamburg erscheint der Artikel Maffeis in einer deutschen Übersetzung. Gottfried Silbermann kannte den Übersetzer. | EG 48 |
1725 | Erste deutsche Hammerklaviere aus der Werkstatt Gottfried Silbermanns. Silbermanns Schüler tragen das Handwerk als Flüchtlinge des Siebenjährigen Krieges nach London und begründen dort die Tradition des englischen Klavierbaus. | BDK |
1726 | Dritt ältester und jüngster erhaltener Flügel Christoforis, heute in Leipzig | EG 35 |
1727 | Bis zu diesem Jahr fertigt Silbermann für Pantaleon Hebenstreit Dulcimere, Pantaleones. Dann ein Rechtsstreit, dass Silbermann illegal auch für andere fertige. Silbermann beendet die Herstellung von Dulcimeren. | EG 50 |
1728 | In London wird der älteste, heute noch benutzte Markenname begründet:Broadwood, der lange europaweite Geltung behalten wird. | BDK |
1729 | Hochzeit der portugiesischen Prinzessin Maria Barbara mit dem spanischen Kronprinzen. Inventarlisten ihres Besitzes bei ihrem Tode in Madrid zeigen, dass sie mehrere Instrumente Christoforis oder seiner Lehrlinge hatte. | EG |
1730 | Giovanni Ferrini, der einzige namentlich bekannte Lehrling von Christofori, baut ein (nicht erhalten gebliebenes) Instrument für den Sänger Farinelli, der es 1777 für Charles Burney beschrieb. | EG 43 |
Um 1730 | Der Engländer John Walsh entwickelt eine Form des Notenstichs , die endlich flexibel genug ist, um auch kompliziertere Musik in typographisch einwandfreiem Satz wiederzugeben, was bei Klaviermusik mit mehreren Stimmen in einem Notensystem vorher fast nicht möglich war. Das Verfahren entwickelt sich später zu einer Kunst, deren Beherrschung bis zu 10 Jahre Lehrzeit erfordert und die für heutige Verlage zeitlich zu aufwendig und damit zu teuer geworden ist. Der Notenstich befindet sich darum im Aussterben, mit dem Nachteil, dass auch die ästhetische Qualität des Notendrucks nachlässt, denn selbst bei renommierten Verlagen findet man heute Ausgaben, denen man so manchen Mangel des Computersatzes ansieht. (John Walsh gab 1748 die Klaviersonaten op. 1 von Domenico Alberti heraus, die den sogenannten Alberti-Bässen ihren Namen gaben – s. unter Noten). | BDK |
1731 | Friedrich Fickern in Leipzig behauptet ein neues Instrument namens „Cymbal Clavier“ erfunden zu haben, vierfach metallbesaitet, mit oberschlägigen Hämmern, einem Filz-Moderator und wahrscheinlich einem Dämpferpedal. Fickern bezog sich explizit auf Hebenstreits Pantaleon. | EG 50 |
1732 | Erste Klaviermusik von Ludovico Giustini - mit Angaben betreffs "lauter" und "leiser". | EG 43 |
1732 | Christofori stirbt. | EG 36 |
1732 | Gottfried Silbermann gibt August dem Starken einen Flügel. | EG 48 |
1732 | Laut Hermann Mendels „Musikalischem Conversations-Lexicon“ solle Burkhard Tschudi bei seiner Emigration nach London 1732 die Hammerklaviatur aus der Schweiz mitgebracht haben. Es gibt hierzu keine Belege. | EG 57 |
1733 | Eine deutsche Enzyklopädie schreibt Silbermann die Erfindung des „Piano Fort“ zu… | EG |
ca. 1736 | Silbermann stellt Johann Sebastian Bach den Flügel vor. Bach kritisiert den schweren Anschlag und den schwachen Ton im Diskant. Silbermann überarbeitet sein Konzept. | EG 48 |
1738 | Schröter beansprucht in einem Leipziger Zeitschriftenartikel, der Erfinder des Klaviers zu sein. | EG |
1739 | Domenico del Mela baut ein aufrechtes Klavier. | EG 42 |
1740-1760 | Christian Friderici inGera, ein Lehrling Silbermanns, baut (vertikale) Pyramidenklaviere . | EG 53 |
um 1740 | Ein legendärer „Father Wood“ solle laut Samuel Crisp und Charles Burney in den späten 1730er oder frühen 1740er Jahren eine Hammerklaviatur aus Italien nach London mitgebracht haben. | EG |
1742 | Aus diesem Jahr stammt das älteste bekannteTafelklavier, gebaut vonJohann Socher,Sonthofen. Bis dahin gibt es nur Flügel, die meist umgearbeitete Kielflügel bzw. Cembali sind. Wie beim Spinett laufen beim Tafelklavier die Saiten parallel zur Tastatur, wodurch deutlich kleinere Instrumente möglich werden, die zunächst aber auch von dementsprechend bescheidenen Ausdrucksmöglichkeiten sind. Das Tafelklavier, 100 Jahre lang in Europa bevorzugtes Instrument, wird vornehmlich in England weiterentwickelt, wo es „square“ oder „square grand“ heißt und zu einem rechten Ungetüm wird. Noch längerer Beliebtheit erfreut es sich in Amerika, dort sind bis zum Bürgerkrieg 97 Prozent aller hergestellten Klaviere Tafelklaviere. | BDK |
1745-1756 | Francisco Perez Mirabel baut Flügel in Sevilla, sie entsprechen Christoforis Flügel von 1726. | EG 43 |
1745 | Der deutsche Organist Georg Andreas Sorge und der Geiger Giuseppe Tartini entdecken unabhängig voneinander die Differenztöne. | |
1745 | Christian Ernst Friederici, ein Schüler von Gottfried Silbermann, verwirklicht die Idee, das Klavier zur Platzersparnis aufrecht zu stellen, und baut einen nach oben gekippten, sehr hochragenden Flügel, den er „Pyramide “ nennt. Weitere ähnliche Konstruktionen anderer Klavierbauer folgen und kommen durchaus in Gebrauch, doch sind diese etwa zwei Meter hohen Ungetüme vom modernen aufrechten Klavier noch weit entfernt. | BDK |
1746 | Zweimanualiges Kombinationsinstrument Cembalo & Klavier von Giovanni Ferrini, Lehrling Christoforis | EG 42 |
ca. 1746 | Friedrich der Große kauft infolge einer Empfehlung Bachs den kompletten Bestand aller Silbermann-Flügel an, 15 Stück. | EG 49 |
1747 | Bach kommt nach Berlin, um seinen Sohn Carl Philipp Emmanuel Bach zu besuchen, den Hof-Cembalisten bei Friedrich dem Großen. Bach war nun mit den Silbermann-Instrumenten zufrieden. | EG 49 |
1747 | Johann Sebastian Bach, der den ersten Hammerklavieren zunächst eher ablehnend gegenübersteht, begutachtet auf Wunsch Friedrichs des Großen die Silbermannschen Klaviere im Potsdamer Schloss und äußert sich durchaus anerkennend. Bach stirbt 1750. Ob er die Darstellung seiner Kompositionen durch das Hammerklavier begrüßt hätte, muss Spekulation bleiben; ob er sie abgelehnt hätte, ebenso. | BDK |
1749 | Johann S. Bach verkauft als Agent für Silbermann einen Flügel an den Fürsten Branitzky nachBialystok,Polen. | EG 53 |
1749 | Ein Silbermann-Flügel (nun imNürnberger Museum ) hat einen Handhebel zum Heben aller Dämpfer. Zwei existierende Silbermann-Flügel haben Unachorda-Hebel. | EG 49 |
1753 | CPE Bachs Buch „Über die wahre Kunst, Claviere (=Tasteninstrumente) zu spielen“ liest sich – wegen der weggenommenen Dämpfung- teils so, als habe er Pantaleone gespielt. mit oberschlägigen Hämmern. | EG 54 |
1754 | Jacob Kirckman in London baut in ein Cembalo mit einem „nag’s head swell“, einen Kniehebel, der die Klappe anzuheben (und fallen zu lassen) erlaubt. | EG 126 |
1755 | Ein schweres Erdbeben in Lissabon zerstört womöglich alle Flügel Portugals (lt. Pollens). | EG 44 |
1758 | Jacob Adlung beschreibt oberschlägige Klaviere wie das von Fickern, sie hätten Hämmer aus Holz an Metall- oder Holzstielen. | EG |
1760 | Erste „Technologie-Wasserscheide“ nach Edwin Good | EG |
1760 | Mario Antunes erhält auf zehn Jahre das portugiesische königliche Privileg des einzig lizensierten Klavierbauers. Die Antunes-Flügel haben den Tonumfang C bis d3 und eine Mechanik wie der 1722er Flügel von Christofori. | EG 45 |
1763 | Ältester bekannter portugiesischer Flügel von Henry van Casteel. 1767 wandert van Casteel wieder in seine belgische Heimat zurück. | EG 44 |
1763 | Johann Gottfried Eckhardt, der seit 1758 in Paris lebt, publiziert sechs Sonaten für das Cembalo, zu denen er im Vorwort schreibt, dass sie auch auf dem „Forte et Piano“ gespielt werden können. | EG |
1763 | Schröter wiederholt in einem Artikel seinen Erfinder-Anspruch und verweist auf „einen gewissen Herrn aus Dresden“ (Gottfried Silbermann), der ihm seine Erfindung gestohlen haben solle. In Schröters Anspruch steckt eine gewisse kleine Berechtigung. | EG |
1763 | Johann Baptist Schmid spielt zweimal Flügel im Wiener Burgtheater, wahrscheinlich das allererste öffentliche Auftreten eines Klavieres. | EG 56 |
1766 | Johann Christoph Zumpe, der Deutschland um 1750 verließ, baut in London das erste Tafelklavier. Seine Form lehnt sich an das Clavichord an. Im gleichen Jahr noch baut Zumpe ein Tafelklavier mit geteilt spielbaren und stimmbaren Halbtönen. | EG 66 |
1767 | Charles Dibdin begleitet in London die Sängerin Brickler bei einem Lied aus Händels „Judith“ lt. Annonce an „a new instrument called pianoforte“. | EG 59 |
1767 | Das nun weiter entwickelte Tafelklavier wird in England als Begleitinstrument erstmals im Konzert eingesetzt. | BDK |
1768 | C.P.E. Bach konzertiert in London auf einem Tafelklavier. | EG 88 |
1768 | Johann Christian Bach, der »Londoner Bach« und Sohn Johann Sebastians, gibt das angeblich erste Solokonzert auf dem Klavier und führt das Tafelklavier in den Konzertsaal ein. Er trägt damit maßgeblich zur Popularisierung des Instruments bei, ebenso zu dessen Weiterentwicklung durch seine Zusammenarbeit mit den führenden Londoner Klavierbauern. | BDK |
ca. 1770 | Erster Klavierbau in Frankreich, wahrscheinlich von Jean Kilian Mercken – obschon Klaviere in Paris zuvor schon bekannt waren. | EG 46 |
ab 1770 | Der Stimmumfang von Flügeln liegt nun bei fünf Oktaven. | EG 70 |
Bis ca. 1770 | Die Komponisten rechnen noch nicht mit dem Hammerklavier, sondern schreiben immer noch für das Cembalo oder für beides. Ein ausgesprochener Klavierstil und eine neue Spieltechnik entwickeln sich erst mit den Bachsöhnen Carl Philipp Emanuel Bach und Christian Bach, mitJoseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Muzio Clementi, der sich später selber als Klavierbauer betätigen wird. | BDK |
21. März 1771 | David Propert spielt in Boston ein „fortepiano“ im Konzert. | EG 154 |
1772 | Englische Klavierbauer bauen als Erste einen Eisen-Bogen zwischen Stimmstock und Resonanzbodenleiste gegen den Saitenzug ein. | EG 71 |
1772 | Frühester Flügel mit Pedalen (und Stützbogen) von Americus Backers in London | EG 71 |
1772-1777 | Die Engländer Backers und Stodart verbessern die Anschlagsmechanik so, dass sie, einhergehend mit stärkeren Saiten, robuster und dynamisch ausdrucksfähig bis zum Wuchtigen wird. Diese sogenannte „Englische Mechanik“ bildet schließlich die Grundlage des modernen Flügel-Spielwerks , obwohl viele Musiker zunächst noch die deutlich leichtgängigere Wiener Mechanik bevorzugen, die vor allem in Österreich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gebaut wird und beliebt bleibt. Die Wiener Mechanik ist eine sogenannte Prell-Mechanik, bei der die Hammerachse auf der beweglichen Taste gelagert ist, die Englische Mechanik eine Stößer-Mechanik, deren Prinzip schon Christofori angewandt hatte. | BDK |
1774 | John Joseph Merlin führt in England das Una-Corda- bzw. Verschiebungs-Pedal ein, welches das Spielwerk so verschiebt, dass die Hämmer nur noch eine Saite (una corda) erfassen, um leiser spielen zu können. In dieser Zeit auch werden allmählich die Kniehebel, die bis dahin die Pedalfunktion erfüllten, durch Fußhebel ersetzt. | BDK |
1775 | Der aus Deutschland in die USA ausgewanderte Klavierbauer Johann Behrendt bewirbt in Philadelphia Tafelklaviere. | EG 68
|
1776 | Robert Stodart baut die erste englische Stößel-Mechanik, Patent 1777. Diese Art der Mechanik war in Broadwood-Flügeln dann bis 1895 zu finden. Stodart war auch der erste, der einen Flügel „grand piano“ nannte. | EG 73 |
1777 | Sébastien Érard baut in Paris ein erstes Tafelklavier. Er bekommt als Harfenbauer, also ungelernter Klavierbauer Ärger mit der Zunft. Ein Edikt des Königs von 1785 erlaubt ihm, weiter Klaviere zu bauen. | EG 94 |
1777 | Stodart lässt in London ein Instrument patentieren, das sowohl als Cembalo wie auch als Hammerklavier gespielt werden kann, da seine Mechanik umschaltbar ist. Seit Christofori hat das Klavier nun an Volumen deutlich zugenommen, die Saiten sind stärker, die Saitenspannung ist höher geworden, und der Tonumfang ist von anfänglich 4 auf 5 Oktaven erweitert. | BDK |
1779 | Eine Verkaufsanzeige in einer Wiener Zeitung bezieht sich klar auf ein Klavier. Betrachteter Zeitraum der Untersuchung Wiener Zeitungen war 1721-1800. | EG 56 |
1780 | John Broadwood kehrt die Richtung der Saiten um und legt die Stimmnägel der Tafelklaviere nach hinten, um einen größeren Resonanzboden unterzubringen. Patentiert 1783. Zu jener Zeit wird auch die Tastenfarbe umgekehrt, nunmehr sind allgemein die Ganztasten weiß und die Halbtasten schwarz. | EG 68 |
1780 | Ab ca. diesem Jahr haben alle Flügel aus deutscher etc. Fertigung die „Wiener“ Mechanik. Sie wurde erst Gottfried Silbermann zugeschrieben, aber alle bekannten Silbermann-Flügel haben die Christofori-Stößelmechanik. Hingegen haben die Augsburger Flügel von Johann Andreas Stein die Wiener Mechanik. Ihm wird die wesentliche Entwicklung zugeschrieben. Wolfgang Amadeus Mozart schrieb 1777 seinem Vater einen begeisterten Brief über die Stein-Flügel. | EG 82 |
1783 | Broadwood patentiert Pedale statt Kniehebeln. | EG 71 |
1783 | Broadwood führt das Haltepedal ein und gilt als dessen Erfinder. Es gibt jedoch einen Flügel von Backers aus dem Jahr 1772 mit bereits zwei Pedalen in heutiger Anordnung. | BDK |
1784 | William Southwell in Dublin baut Tafelklaviere mit fünf Oktaven, die Klaviatur in zwei Teile aufgeteilt (mit sieben „additional keys“). Das wird ihm 1794 patentiert. | EG 120 |
1784 | Broadwood verkauft immer noch 38 Cembalos gegenüber 133 Klavieren. | BDK |
1785 | In der französischen „Encyclopédie Méthodique “ erscheint ein Artikel, der die Erfindung des Klaviers Silbermann „vor ca. 25 Jahren“ zuschreibt… | EG 47 |
1785 | Flügel von Karl Hansen, Bamberg mit FF-c4 (Smithsonian ) | EG 99 |
1785 | Anton Walter baut ein frühes Beispiel eines Flügels mit einer kleinen Stütze zwischen Stimmstock und Resonanzbodenleiste. Auf lange Zeit haben deutsche und österreichische Instrumente nur eine Stütze, während britische schon vier oder fünf bogenförmige Stützen haben. | EG 151 |
1786 | Èrard flieht nach London und baut dort einen zweiten Betrieb auf. | EG 94 |
1786 | John Geib in London bekommt die „hopper action“ patentiert, den künftigen Standard in Mechaniken für Tafelklaviere. | EG 124 |
1788 | Durch J. Broadwood beginnt eine gewisse Systematisierung der Saitenmensurierung, d.h. der Festlegung der Saitenmaße und der Anschlagsstellen. Es ist der erste Ansatz, dieses Gebiet auf wissenschaftliche Grundlagen zu stellen. | BDK |
1790 | Ein Tafelklavier von Johann Christoph und Christian Jeckel aus Nürnberg hat blanke Holzhammerköpfe und eine Inschrift auf dem Resonanzboden als „Bandlony“; eine Verballhornung von Pantaleon. | EG 51 |
1790 | Ein Flügel von Robert Stodart zeigt den nunmehr „klassischen“ Flügel mit doppelter Besaitung FF-F in Messing, F#-f3 in Eisen | EG 68 |
1790 | Haydn berät eine Freundin, ihr Cembalo zu verkaufen und sich einen Flügel von Wenzel Schanz zu kaufen. | EG 90 |
ab 1790 | Stodart in London sowie deutsche und österreichische Klavierbauer versuchen sich an aufrechten Klavieren – als „Giraffenklaviere“, und in Buchschrank-Form. | EG 127 |
ca. 1790 | Benjamin Crehore begründet den Klavierbau in Milton bei Boston. Er hat drei Lehrlinge, die später von sich reden machen, John Osborne, bei dem Jonas Chickering lernt, und die Brüder Lewis und Alpheus Babcock. | EG 154 |
Um 1790 | Erard führt in Paris den dreichörigen Saitenbezug ein, bei dem im Diskant und in der Mittellage für jeden Ton drei Saiten vorgesehen werden. | BDK |
1791 | Mozart, erster großerKlaviervirtuose, stirbt in Wien. | EG 88 |
1791 | Broadwood baut auf Vorschlag des Komponisten Dussek einen Tonumfang von FF-c4. | EG 98 |
1792 | Joseph-Ignace Guillotin beauftragt einen deutschen Klavierbauer – den in Paris ansässigenTobias Schmidt –, eine Vorrichtung zu entwickeln, die unter der Bezeichnung „Guillotine“ makabren Ruhm erwirbt. Nicht zufällig wendet sich Guillotin an einen Klavierbauer, denn Klavierbauer haben Erfahrung mit mechanischen Details und den Materialien Holz und Metall. Tobias Schmidt erhält auf die Konstruktion ein Patent, und das bringt ihm einigen Reichtum ein, denn in den folgenden Jahren wird das Abschlagen von Menschenköpfen zu einer oft geübten Tätigkeit: Mehr als 16000 Todesurteile werden während des Großen Terrors in Frankreich gefällt. | BDK |
1793 | Burkat Shudi der Jüngere baut in London sein letztes Cembalo. | EG 90 |
1793 | Broadwood stellt sein letztes Cembalo her. Als Bach seit annähernd zwei Generationen, Mozart seit zwei Jahren tot ist und Beethoven bereits 23 Jahre alt, wird also immer noch Cembalo gespielt. | BDK |
1794 | Nannette Stein, Andreas‘ Tochter, zieht nach Wien um. | EG 86 |
1794 | Der Tonumfang des Klaviers geht von C1 bis c' und ist damit auf 6 Oktaven erweitert. | BDK |
1794 | Johann Adolph Ibach baut in Beyenburg bei Wuppertal sein erstes Tafelklavier. Im Dezember 2007 wird die Produktion eingestellt. Bis dahin war Ibach die älteste noch bestehende Klavierfabrik, die sich immer noch in Familienbesitz befand und immer noch in Deutschland produzierte. In gut 200 Jahren stellte Ibach mehr als 150 000 Instrumente her, die wegen ihres Klangs und ihrer Verarbeitung von der Musikwelt geschätzt waren. | BDK |
1795 | Joseph Haydn besucht William Stodart in London und ist von einem Tafelklavier angetan. | EG 127 |
1795 | Johann Jakob Könnicke baut in Wien einen experimentellen Flügel mit sechs Oktaven. Er scheint der erste gewesen zu sein, der fünf eindrittel Oktaven überschritt. | EG 98 |
um 1796 | Beethoven besitzt einen Flügel vonAnton Walter. Üblicher Tonumfang FF-g3. | EG 92 |
1796 | Érard kommt mit neuen Ideen des britischen Klavierbaus aus London zurück nach Paris. | EG 90 |
1796 | Broadwood baut CC-c4 für den spanischen MinisterManuel de Godoy, der den Flügel der spanischen Königin mitbringt. | EG 98 |
1797 | In London erscheint die Erstausgabe des „Pianoforte Magazine “. | EG 90 |
1798 | Letztmalig vergibt das Pariser Konservatorium einen Preis für Cembalospiel. | EG 90 |
1798 | William Southwell dreht ein Tafelklavier auf die Rückseite und hat ein Kleinklavier. | EG 142 |
um 1800 | Matthias Müller in Wien und John Isaac Hawkins in Philadelphia bauen unabhängig voneinander Kleinklaviere. | EG 142 |
1800 | In Lyon wird der Jacquard -Webstuhl eingeführt, der durch Lochkarten gesteuert wird. Später macht Lochstreifen -Steuerung das automatische Spiel mechanischer Klaviere möglich. | BDK |
1802 | Die Stein-Geschwister trennen ihre geschäftlichen Aktivitäten. | EG 131 |
1802 | Thomas Loud in London hat den Gedanken, dass man in aufrechten Klavieren längere Saiten unterbringt, wenn man sie überkreuzt. Das Überkreuzen war schon in den Pyramidenklavieren um 1740 in Gera so, ohne dass Loud sie gekannt haben wird. | EG 140 |
1802 | Broadwood stellt seine Klaviere erstmals mit Hilfe von Dampfmaschinen her. Aus Klaviermanufakturen werden so allmählich Industriebetriebe , die nun jährlich mehrere hundert Instrumente fertigen können, bei Broadwood sind es zwanzig Jahre später bereits 1500 im Jahr. | BDK |
1803 | Beethoven nutzt den Tonumfang FF-c4. | EG 92 |
1804 | Beim Tod von Jakob Schelke übernimmt sein Lehrling Conrad Graf das Klavierbau-Unternehmen und heiratet die Witwe. | EG 116 |
1804 | Der Tonumfang wird noch einmal vergrößert und geht von C1 bis f'. | BDK |
1805 | Brief von Streicher an den Verleger Härtel inLeipzig, er habe versucht, einen Erard-Flügel leichter spielbar zu machen, jedoch ohne Erfolg. | EG 97 |
1808 | Beethoven nutzt den Tonumfang FF-f4. | EG 92 |
1808 | Broadwood versucht mit Stützstreben den Saitenzug aufzunehmen, scheitert aber zunächst an unzureichendenBefestigungen . | EG 146 |
1808 | Érard erfindet die Agraffe. | EG 167 |
1808 | Érard arbeitet an einer Mechanik, die er „mécanisme à étrier“ nennt, „Löffel-Mechanik“, weil der Fänger für die Hammerrolle eine Löffelform hat. | EG 167 |
1809 | Beethoven nutzt in Klavierkompositionen einen Tonumfang von sechseinhalb Oktaven, der mit den damaligen Instrumenten nicht spielbar war. | EG 92 |
1809 | Der Wiener Musikkritiker Johann Friedrich Reichardt lobt die Instrumente vonAndreas Streicher, die einen Stärke und Qualität hätten, die früher unbekannt gewesen sei. | EG 93 |
1810 | Erste Tafelklaviere mit sechs Oktaven tauchen auf, die meisten aber haben 5½. | EG 131 |
1810 | Die Brüder Babcock machen sich in Boston selbständig. | EG 154 |
1811 | Frederick William Collard dreht ein Tafelklavier auf die Langseite. | EG 143 |
1811 | William Southwell probiert erneut, ein Tafelklavier aufrecht zu stellen, diesmal um nur 60°. Er nennt es „piano sloping backwards“. | EG 143 |
1811 | Robert Wornum baut in London sein Cottage Piano, das das aufrechte Kleinklavier in Europa bald populär macht. Man nennt es Pianino oder Piccolo. Der Name des Erfinders ist übrigens, was man in der Musik einen »Krebs« nennt und in der Sprache ein »Palindrom«. Ein W. Munro, ein Mitglied der Familie, kam nämlich einst auf die Idee, aus seinem Namen Munro. W und daraus Wornum zu machen. | BDK |
vor 1814 | Robert Wornum in London baut die ersten „cottage pianos“, erste Hochklaviere heutiger Bauform. | EG 138 |
1815 | Josef Brodmann baut einen Pedalflügel (Kunsthistorisches Museum Wien ). | EG 113 |
ab 1815 | Die meisten deutschen und österreichischen Tafelklaviere haben sechs Oktaven, FF-f4. | EG 131 |
1816 | J. N. Mälzel lässt sein Metronom patentieren, obwohl er die technische Lösung einem anderen verdankt, nämlich einem Amsterdamer Mechaniker namens Winkel. Sitzungsberichte der königlichen Akademie in Amsterdam belegen, dass Mälzel die Priorität Winkels zugestehen musste. Trotzdem ziert seither die Angabe M.M., Mälzels Metronom, etliche Klaviernoten und gibt den Spielern das Tempo in Schlägen pro Minute vor (neudeutsch: bpm, beats per minute).
Der erste, der von der neuen Möglichkeit absoluter Tempoangaben ausgiebig Gebrauch macht, ist Beethoven. Dessen Hammerklaviersonate erscheint 1820; das Werk gilt als unspielbar und wird erst Jahrzehnte später von Franz Liszt aufgeführt, mittlerweile gehört es zum Standardrepertoire mancher Spitzenpianisten. Die Metronom-Angaben, die Beethoven der Sonate beifügt, sind allerdings immer noch kaum realisierbar. |
BDK |
1817 | Ernest Closson und Alfred Dolge behaupten, Beethoven habe den lange schon nachgefragten Streicher-Flügel mit sechseinhalb Oktaven erhalten, aber das scheint für Edwin Good nicht gesichert. | EG 114 |
1817 | Am 27. Dezember geht ein Klavier in London auf Schiffsreise. Ein Vierteljahr später kommt es bei seinem Empfänger an: bei Beethoven in Wien. Broadwood macht dem schon fast ertaubten Beethoven damit ein Geschenk. Es ist nicht das erste und letzte, das ein prominenter Musiker erhält, denn mit illustren Namen für ihre Produkte zu werben, wird in der Klavierindustrie zu gern geübter Praxis. Allein Beethoven besitzt drei Flügel: einen aus dem Jahre 1803 von Erard, den Broadwood von 1817 und einen Graf-Flügel von 1825. Und im Hause Franz Liszts, auf der Altenburg bei Weimar, sieht es 1861 aus wie in einer Klavierhandlung, dort stehen ein deutscher Bechstein, ein französischer Erard und Boisselot, ein Wiener Streicher und Bösendorfer und ein ungarischer Beregszay ; fünfzehn Jahre später kommt auch noch ein Steinway hinzu, außerdem wird Liszt Besitzer des Beethovenschen Broadwood-Flügels von 1817. Das Dankesschreiben, das Beethoven 1818 schickte, konnte man auf Broadwoods Internet-Seite lange Zeit nachlesen, ebenso wie das Dankesschreiben von Eugène d’Albert auf Bösendorfers Seite. | BDK |
1818 | Beethoven erhält den Broadwood-Flügel mit Tonumfang CC-f4 – die kurz darauf vollendete Hammerklaviersonate op.106 benötigt diesen Umfang. | EG 114 |
um 1820 | Tafelklaviere mit fünf Oktaven sind gängig. | EG 111 |
1820 | Thom und Allen in London lassen sich einen „compensation frame“ mit neun Rohren patentieren. Stodart kauft das Patent an und baut Instrumente hiermit. | EG 145 |
1821 | Broadwood baut Tafelklaviere mit Stützstreben. | EG 148 |
1821 | Der Pariser Sebastien Erard erfindet die Repetitionsmechanik, deren Besonderheit darin besteht, dass die Taste nicht erst vollständig in die Ruhestellung zurückkehren muss, um erneut angeschlagen werden zu können, also wesentlich schnellere Tonwiederholungen erlaubt. Dabei geht es aber nicht nur um Geschwindigkeit, sondern darum, auch langsamere Tonwiederholungen, Triller und manch andere Spielfigur geschmeidiger werden zu lassen. Erards Erfindung verdrängt mit der Zeit alle anderen Mechanikbauweisen, aber das dauert noch ein wenig, denn noch 1867 kann man z.B. in Heinrich Welckers »Der Clavierbau« darüber lesen: »Man kann übrigens kaum begreifen, wie es möglich werden konnte, dass ein solches Machwerk, das weder Dauer noch Präzision in sich vereinigt, je Nachahmung fand. Die ganze Zusammenstellung zeigt, dass Herr Erard wenig Kopf für mechanische Einrichtung, wohl aber viel Geld für Lobredner hatte.« Die Technik bleibt den Flügeln vorbehalten und hat bis heute keinen Eingang in die Mechanik des aufrechten Klaviers gefunden (wo sie allerdings auch eher verzichtbar ist.) Was in Schriften im Zusammenhang mit Erard und dem Klavier übrigens selten einmal erwähnt wird, ist, dass Erard mehr noch als am Klavier an der Harfe interessiert war, zu deren Pedalmechanik er Wesentliches beitrug. | BDK |
1822 | Broadwood baut Flügel mit Stützstreben. | EG 148 |
1822 | Érard und Pleyel kopieren den Rahmen von T & A. | EG 148 |
1823-1826 | Jonas Chickering gründet in Boston, USA, mit Partnern sein eigenes Unternehmen. | EG 221 |
1823 | Der Tonumfang erreicht erstmals 85 Töne von A2 bis a'. Dieser Umfang wird zum Standard, auch wenn man ihn später noch einmal um einige Töne erweitert. | BDK |
1824 | Érard baut experimentell einen Flügel mit Tonumfang von sechs Oktaven, CC-c5. Der 13-jährige Franz Liszt debütiert mit ihm in Paris, was halbwegs in einem Desaster endet, weil Liszt Saiten springen macht, und danach fordert, dass bei Konzerten immer ein Reserve-Instrument vorhanden ist. | EG 111 und 170 |
1824 | Conrad Graf gibt Beethoven einen speziellen Flügel mit sechseinhalb Oktaven und vierfacher Besaitung von D bis f4. Beethoven gibt den Érard seinem Bruder. | EG 114 |
1825 | Robb & Mundy in New York bauen das letzte Tafelklavier mit den Stimmnägeln rechts. | EG 125 |
17.Dezember 1825 | Babcock in Boston patentiert den einteiligen Gussrahmen für Tafelklaviere. | EG 155 |
1825 | Ein Flügel vonConrad Graf, Wien, hat den Tonumfang CC-f4. | EG 111 |
1825-1830 | Clementi & Co. baut Guss-Anhangplatten in Tafelklaviere ein. | EG 148 |
1825 | Alpheus Babcock, Boston, versieht seine Tafelklaviere zum ersten Mal mit einem Eisenrahmen. Die zunehmende Saitenspannung, die ein immer größeres Tonvolumen ermöglichte, hatte vorher schon die Verwendung zusätzlicher Metallspreizen nötig gemacht, die ihren Zweck jedoch nur unzureichend erfüllten: Eine Klavierstimmung hielt bei starker Beanspruchung selten länger als eine Stunde, so dass während eines Konzertes mehrmals nachgestimmt werden musste. Erst der Eisenrahmen machte die Konstruktion stabil genug. | BDK |
1826 | Graf baut mit ca. 40 Mitarbeitern ca. 110 Instrumente im Jahr. Im Durchschnitt baut Érard mit 150 Werken ca. 400 Klaviere per Jahr. Broadwood, der größte Hersteller, fertigt 1650 Instrumente im Jahr. | EG 116 |
1826 | Henri Pape setzt in Paris für die Hammerköpfe Filz ein anstelle des bis dahin üblichenLeders . Die Herstellung des Hammerkopffilzes wird im Laufe der Zeit zu einem Produktionszweig mit speziellem Know-How. Ebenso wird die klangliche Nachbearbeitung des Hammerfilzes, die sogenannte Intonation, die im fertigen Instrument vorgenommen wird, später zu einer Spezialtätigkeit der Klaviertechniker, die längst nicht jeder Stimmer beherrscht. | BDK |
1826 | Robert Wornum entwickelt für sein „upright piano“ eine verbesserte Mechanik, die schnell von anderen übernommen wird. Das Pianino wird im Laufe des Jahrhunderts zum meistgebauten Tasteninstrument derMusikgeschichte. | BDK |
1827 | Chickerings ex-Partner Stewart patentiert die Umschlingung des Stiftes für zwei Saiten. Chickering-Klaviere bleiben „einfach gehängt“, ohne Umschlingung. | EG 221 |
1827 | Erard patentiert eine Tafelklaviermechanik mit Repetition. | EG 204 |
1827 | Henri Pape stellt ein Klavier vor, das komplett in Elfenbein furniert ist – er hatte eine Furnierschneidemaschine erfunden, die 10-12 Fuß lange Stücke (3 bis 3,3 Meter) schnitt. | EG |
1827 | Broadwood in London lässt ein Design mit vier Stützstreben zwischen Stimmstock und Anhangplatte patentieren. | EG 145 |
1827 | Pleyel baut eiserne Stützstreben und gusseiserne Anhangplatten ein. | EG 150 |
1827 | Blanchet et Roller in Paris stellen ein Kleinklavier mit schräg verlaufenden Saiten aus. | EG 145 |
1828 | Henri Pape fertigt ein überkreuz besaitetes kleines Hochklavier. | EG 145 und 221 |
1828 | Ignaz Bösendorfer gründet in Wien seine Firma, im Todesjahr Franz Schuberts. | BDK |
1829 | Alpheus Babcock zieht nach Philadelphia und arbeitet für John H. Klemm, dann für William Swift. | |
1829 | Rawler stellt das erste Klavier mit Unterdämpfung her, d.h. die Dämpfer werden nicht mehr oberhalb der Hämmer angebracht. Oberdämpfung bleibt aber bis ca. 1900 die Standardbauweise. | BDK |
1830-1841 | Chickering ist mit Mackay verpartnert. | EG 221 |
1830 | Heinrich Kisting in Berlin baut das erste deutsche Klavier mit Stützstreben – für den Export in die USA. In Deutschland verbliebene Kissing-Flügel haben die Stützstreben nicht. | EG 151 |
um 1830 | Tafelklaviere mit Tonumfang FF-c4 sind gängig. | EG 111 |
1830 | Der Pariser Claude Montal (1800-1865) beginnt als wahrscheinlich erster blinder Klavierstimmer zu arbeiten. Klavierstimmen ist eine Tätigkeit, die sehr gut auch von blinden Menschen ausgeübt werden kann und darum vielen die Möglichkeit bietet, sich ins Arbeitsleben zu integrieren. | BDK |
1831 | Nunns in New York patentiert eine Tafelklavier-Mechanik. | EG 203 |
1832 | Spätestes schwedisches Clavichord von Adam Berkstedt | AB 12 |
1832 | Conrad Meyer in Philadelphia behauptet, statt Babcock habe er den einteiligen Gussrahmen erfunden, aber sein Patent ging 1836 im Feuer verloren, und eine Rekonstruktion geschah nicht. Bei der Centennial Exhibition 1876 zeigt er ein Tafelklavier von 1833 mit seinem einteiligen Rahmen. Spillane zitiert einen Bericht des Franklin Institute vom Oktober 1827, der bzgl. Babcocks Erfindung von „improved construction“ und „solid cast iron“ spricht. Es ist nicht ganz deutlich klar, dass der Babcock-Rahmen wirklich in einem Teil war… Nach dem Spillane-Bericht verschwanden die Stimmen, die die Fahne für Meyer als Ersterfinder hochgehalten hatten. Das Hin und Her umspannt auch Diskussionen, ob Babcocks Rahmen primär dem Widerstand gegen den Saitenzug galt, oder mehr zur Kompensation von Temperatur – oder korrekterweise Luftfeuchte-Änderungen gedacht war. Kompensation konnte er nicht, aber Widerstand gegen den Zug leisten. So erkannte es auch der Schreiber des 1827er Berichts. | EG 157 |
1833 | Babcock streitet sich in Annoncen mit Thomas Loud um Louds Rahmenbauten, die Babcock als Patentverletzung benennt. | EG 160 |
1833 | Pierre Érard patentiert eine verbesserte Version der 1808er „Löffel“-Mechanik. | EG 171 |
1833 | Frédéric Chopin veröffentlicht als sein Opus 10 den ersten Band seinerEtüden. Ludwig Rellstab urteilt, »... dass, wer verrenkte Finger hat, sie an diesen Etüden vielleicht wieder ins Gerade bringt, wer nicht, sich aber sehr davor hüten und sie nicht spielen muss, ohne Herrn von Gräfe oder Diefenbach in der Nähe zu haben«. Gräfe und Diefenbach sind zwei Berliner Ärzte, »die überhaupt, wenn diese Art Klavierspiel in Mode kommt, als Assistenten berühmter Klavierlehrer vielleicht eine ganz neue Praxis bekommen könnten.« Nicht nur im 19. Jh., sondern immer schon waren die Komponisten Klavierspieler. Chopin aber dürfte der einzige sein, der fast ausschließlich für das Klavier schreibt und, obwohl er keine Sinfonie, keine Oper oder sonst ein großes Werk hinterlassen hat, zu den bedeutendsten Schöpfern seiner Epoche zählt. Und das, obwohl seine Aktivität als Konzertpianist lächerlich gering ist: Er gibt in seinem ganzen Leben ungefähr so viele Konzerte wie Liszt in seiner besten Zeit in einem einzigen Monat. | BDK |
1834 | Webster in Birmingham stellt den ersten Gussstahldraht her, der den bisherigen Eisen- oder Messingdraht an Zugfestigkeit bei weitem übertrifft, Voraussetzung für die weitere Optimierung der Klaviersaiten. | BDK |
1834 | Thürmer in Meißen (heute in Bochum) | BDK |
1835 | Steinweg in Braunschweig (seit 1865 Grotrian-Steinweg ) | BDK |
15.Dezember 1836 | Ein Feuer zerstört das US-Patentamt. | EG 156 |
1837 | Alpheus Babcock, aus Philadelphia zurück, arbeitet wieder in Boston bei Chickering. | EG 221 |
1838 | Pierre Érard erfindet den „harmonic bar“. | EG 167 |
1838 bis 1847 | Franz Liszt gibt etwa dreitausend Konzerte in Europa. Er füllt die Säle wie nie ein einzelner Musiker vor ihm und erspielt sich ein Vermögen. »Ich bin in Mode... In 24 Stunden sind fünfzig Exemplare meines Porträts verkauft worden«, schreibt er an Marie d’Agoult. Der Starkult ist ohne weiteres mit dem vergleichbar, den Popmusiker im 20. Jahrhundert auslösen: Auch bei Liszts Konzerten fallen begeisterte Damen bisweilen in Ohnmacht. | BDK |
1839 | In der Revue Gazette Musicale Nr.6 werden die Flügel von Érard als „ce Stradivarius du piano“ betitelt. | EG 165 |
1840 | Chickering patentiert einen Gussrahmen für Tafelklaviere, ein Patent, das ihm zunächst 1837 nicht gegeben worden war. | EG 162 |
um 1840 | Henri Herz patentiert eine verbesserte Version der Érard-Mechanik. | EG 171 |
Um 1840 | Henri Herz verbessert in Paris noch einmal die Flügelmechanik und gibt ihr, von unwesentlichen Änderungen abgesehen, die endgültige heutige Gestalt. Henri Herz war übrigens nicht nur Klavierbauer, sondern auch Pianist und Komponist. Und er war keineswegs das einzige Multitalent dieser drei Gebiete, denn dasselbe gilt für Clementi, Pleyel undKalkbrenner. | BDK |
1842 | Isermann gründet in Hamburg die erste Spezialfabrik für Klaviermechaniken. | EG 198 |
1843 | Antoine Bord patentiert den Capo Tasto bzw.Capo d’Astro. | EG 167 |
1843 | Edwin Brown patentiert eine Flügelklaviatur, die bei Chickering genutzt wird. Diese Mechanik wird min. bis 1902 eingebaut. Irgendwann danach verbaut Chickering dann die Herz-Erard-Mechaniken. | EG 222 |
1844 | Jean Schwander gründet in Paris eine Klaviermechanik-Fabrik. | EG |
1844 | Heinrich Heine glossiert das Kräftespiel zwischen Liszt und dem Érard-Flügel, „Er ist hier, der Attila, die Geißel Gottes aller Érardschen Pianos, die schon bei der Nachricht seines Kommens erzitterten und die nun wieder unter seiner Hand zucken, bluten und wimmern, daß die Tierquälergesellschaft sich ihrer annehmen sollte!“ | EG 170 |
1844 | Gut hundert Jahre nach Bachs »Wohltemperiertem Klavier«, führt Broadwood die Temperierte Stimmung für seine Klaviere ein. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die sich nämlich noch längst nicht bei allen Stimmern durchgesetzt. | BDK |
1845 | Rönisch in Dresden (heute in Leipzig ) | BDK |
1846 | Sauter in Spaichingen | BDK |
1849 | Seiler in Liegnitz (heute inKitzingen ) | BDK |
1850 | Broadwood gehört zu den größten zwölf Londoner Firmen. Taylor’sche Arbeitsteilung: Jedes Klavier geht durch die Hände von 42 Spezialisten.Produktivität : sieben Klaviere pro Werker und Jahr. | EG |
1850 | Mattuschek in Deutschland und Rudolf Kreter in New York patentieren Filz als Hammerbelag. | EG |
Bis ca. 1850 | Man zählt im Klavierbau bereits mehr als tausend Patente. Ein Vielfaches wird später noch dazukommen. Vieles davon ist heute weitgehend vergessen, denn zu einem nicht geringen Teil ist die Patentsammlung ein Kabinett vonKuriositäten . | BDK |
1851 | Ein Londoner Verzeichnis listet 200 Klavierbaufirmen auf. | EG |
1851 | Great Exhibition im LondonerCrystal Palace. Chickering (Boston) stellt einen Flügel mit einteiliger Gussplatte aus. Wenige Tafelklaviere mit Kreuzbesaitung. | EG 198 |
1851 | Mathushek, nun in New York, patentiert die Bassüberkreuzung im Tafelklavier. | EG 203 |
nach 1851 | Nunns & Clark in NYC nutzen eine Maschine zum Befilzen von Hämmern | EG 213 |
1851 | Auf der ersten Weltausstellung in London sind auch Klavierhersteller vertreten. Zu dieser Zeit produzieren Erard und Pleyel bereits 2300 Instrumente pro Jahr, deutsche Hersteller nur etwa 200. | BDK |
1851 | Feurich in Leipzig (heute inGunzenhausen ) | BDK |
1852 | Steingraeber in Bayreuth | BDK |
1853 | Great Exhibition im New Yorker Crystal Palace | EG 201 |
1853 | „Annus Aureus“, das Goldene Jahr des Klavierbaus, Gründungen der FirmenBlüthner, Bechstein, Steinway & Sons | EG |
1853 | Tafelklavier von Nunns & Clarke, NYC. Geteilter Rahmen, aber schon fast voller Tonumfang mit 85 Tönen AAA-A4. Verrücktes, überbordendes Dekor. Bis zu diesem Zeitpunkt ist Chickering der einzige, der einen einteiligen Gussrahmen nach Babcock fertigt. | EG 202 |
1853 | Annus Mirabilis oder Annus Aureus. Das „Goldene Jahr“ oder „Wunderjahr“ des Klavierbaues. Drei Klavierhersteller gründen ihre Firma: Steinway & Sons in New York, Bechstein in Berlin und Blüthner in Leipzig. Drei der auch heute noch berühmtesten Marken sind also Kinder desselben Jahres. Von den Gründungen heute noch existierender Firmen fallen die meisten in die Zeit um 1850. Henry Steinway Sr. war 1850 nach Amerika ausgewandert, 1865 folgt ihm sein Sohn Theodor und verkauft sein Geschäft in Braunschweig, wo die Familie sich noch Steinweg nannte, an drei seiner Angestellten, die dann als »Steinweg Nachf.« firmieren, unter ihnen Wilhelm Grotrian. Über die Benutzung des Markennamens entbrennt zwischen beiden Firmen ein Rechtsstreit, der sich mehr als hundert Jahre hinziehen soll. Erst 1980, als der Familienbetrieb Steinway bereits von CBS übernommen worden ist, kommt es zu einer endgültigen Einigung: In Europa darf Grotrian seine Klaviere als Grotrian-Steinweg verkaufen, außerhalb Europas nur als Grotrian. | BDK |
1853 | Bechstein in Berlin | BDK |
1853 | Blüthner in Leipzig | BDK |
1853 | Steinway New York | BDK |
1855 | T. & H. Brooks gründen in London eine Klaviermechanik-Fertigung. | EG 199 |
1856 | Henry Steinway erhält Patent auf eine Flügelmechanik. | EG |
1856 | Bei einem Konzert von Sigismund Thalberg in Boston werden Flügel von Chickering und Erard verglichen. Der Erard klingt etwas besser, Chickering hält die Stimmung besser. | EG 224 |
1856 | Broadwood baut das letzte hohe Aufrecht-Klavier (in Buchschrank-Form). | EG 131 |
1856 | In Warschau erscheint die bis dahin wohl erfolgreichste Klavierkomposition – erfolgreich sicherlich nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer musikalischen Dürftigkeit. Die Komponistin heißt Thekla Badarzewska -Baranowska, das »Werk« trägt den hintergründigen Titel „Gebet einer Jungfrau“ und wirkt heute, als Inkarnation der Trivialität schlechthin, wie seine eigene Parodie. Ähnlich beliebt wurde vielleicht nur noch die Melodie in F vonAnton Rubinstein, die einst zu den populärsten Melodien der seichten Klassik gehörte. | BDK |
1858 | Steinway stellt in New York den kreuzsaitigen Bezug in Kombination mit gusseisernem Rahmen vor, was schließlich zur modernen Grundform des Klaviers wird. Steinway war nicht der erste, der damit experimentierte, jedoch der erste, der eine brauchbare Kreuzbesaitung für den Flügel schuf. Kreuzsaitig heißt die Anordnung deswegen, weil die Basssaiten die Diskantsaiten überkreuzen. Das spart nicht nur Platz, sondern erlaubt auch längere Basssaiten und führt durch günstigere Anordnung der Resonanzbodenstege zu besserem Schwingungsverhalten. | BDK |
1859 | Henry Steinway patentiert den kreuzbesaiteten Flügel. | EG 211 |
1859 | Förster in Löbau | BDK |
1862 | Steinway gewinnt auf der Londoner Weltausstellung eine von acht Goldmedaillen mit einem kreuzbesaiteten Flügel. | EG 214 |
1862 | Der Russe Lichtenthal gewinnt Gold in London mit einem Flügel mit doppeltem Steg und zweitem Resonanzboden (wie Pape) für die bassüberkreuzten Saiten. Die Londoner Punkterichter sind der Ansicht, dass die Klaviertechnologie seit der 1851er Ausstellung nicht vorangeschritten sei… | EG 214 |
1862 | Pfeiffer in Stuttgart | BDK |
1862 | Baldwin in Cincinnati /USA | BDK |
1863 | Die russische Armee stürmt das Warschauer Zamoyski-Palais und wirft das Klavier Chopins aus dem Fenster. | BDK |
1866 | Letztes Tafelklavier von Broadwood | EG 229 |
1866 | Die sächsische Pianoforte-Fabrik Rönisch führt die Vollpanzerplatte für den Flügel ein. Gepanzert bedeutet, dass die Platte den Stimmstock, also das Brett, in dem die Wirbel zum Stimmen der Saiten sitzen, vollständig bedeckt. Rönischs Platte war stabiler als bisherige, und das Prinzip seiner Konstruktion wurde von allen Klavierbauern übernommen; es ist bis heute Standardbauweise. | BDK |
1866 | Broadwood baut sein letztes Tafelklavier, das vom aufrechten Piano immer mehr verdrängt wird. | BDK |
1866 | Am Halloween -Tag findet das Einweihungskonzert der Steinway Hall statt, ein Marmorbau, der neben Ausstellungsräumen für die Instrumente den zweitgrößten Konzertsaal in New York beherbergt, in dem 2000 Hörer Platz finden. Steinway ist nicht der erste Klavierhersteller, der mit Konzerträumen für seine Instrumente wirbt. In Wien hatte bereits Johann Streicher einen öffentlichen Saal in seiner Klavierfabrik eingerichtet, in Paris haben Erard und Pleyel eigene Säle, in Wien Bösendorfer, in London Bechstein, in Leipzig Blüthner, in Berlin Stöcker. Heute gibt es in der Hamburger Steinway-Niederlassung einen bescheideneren Horowitz -Saal für hundert Personen. Die Hersteller nutzen aber nicht nur Konzerte für ihre Publicity, sondern viele veranstalten bis heute Klavierwettbewerbe für den Pianisten-Nachwuchs. | BDK |
1867 | Auf der Pariser Weltausstellung 1867 gewinnt Steinway eine Goldmedaille. Chickering erhielt eine Medaille, Streicher in Wien erhielt eine Medaille für einen Flügel, der i.w. eine Steinway-Kopie war. Kein einziger französischer Klavierbauer erhielt eine Medaille, allerdings nahmen Erard und Pleyel nicht am Wettbewerb teil. | EG 215 |
1868 | Der französische Instrumentenbauer Charles Victor Mustel erfindet die Celesta (die »Himmlische«), ein Tasteninstrument, bei dem nicht Saiten den Ton erzeugen, sondern Metallplatten, deren hoher Klang dem eines himmlischen Glöckchens ähnelt (jedenfalls nahm der Namensgeber das an, denn bisher hat niemand ein himmlisches Glöckchen hören können). Das Instrument findet in romantischer Orchestermusik gelegentlich Verwendung. | BDK |
Um 1870 | Durch die Arbeiten des Physikers Hermann von Helmholtz hält die Wissenschaft Einzug in den Klavierbau. Theodor Steinway arbeitet eng mit ihm zusammen, verwendet neue Methoden der Saitenberechnungen und entwickelt die sogenannte Duplex-Skala, bei der die toten Saitenenden mitschwingen und wesentlich zur Brillanz des Klangs beitragen. Die Erfindung ist nicht neu, schon 1822 hatte Collard, London, sie benutzt. Steinway entdeckt außerdem eine neue Legierung für die Eisenplatten, die doppelt so hart wie die herkömmliche ist, eine wesentlich niedrigere Eigenfrequenz hat und damit dem bis dahin zu blechernen Klang beikommt und etwa dem Dreifachen an Zugkraft standhält. | BDK |
1872 | „Der Pianofortebau“ von Blüthner und Gretschel erscheint; das Lehrbuch bleibt viele Jahrzehnte lang das Standardwerk zum Klavierbau. | BDK |
1874 | Bei Steinway gibt es den ersten Flügel mit drei Pedalen. Das dritte, mittlere Pedal hat eine ähnliche Funktion wie das rechte: Man kann damit die Töne weiterklingen lassen, ohne die Tasten gedrückt halten zu müssen. Im Gegensatz zum rechten wirkt es jedoch nur auf bereits angeschlagene, nicht auf alle Töne, und übernimmt dadurch sozusagen die Funktion einer dritten Hand. Es gibt in der Klaviermusik allerdings nur sehr wenige Stellen, wo man es anwenden könnte, so dass das dritte Pedal genauso oft unbenutzt bleibt wie die allerletzten Diskanttöne. Die Vorrichtung geht auf den blinden Klavierstimmer Claude Montal zurück, der ihre Beschreibung 1856 veröffentlicht unter dem Titel »L’Art d’accorder soi-même son piano«. | |
1875 | Euterpe in Berlin (heute bei Bechstein) | BDK |
1878 | Blüthner patentiert sein Aliquot -System, bei dem im Diskant den jeweils drei Saiten pro Ton eine vierte hinzugefügt ist, die nicht angeschlagen wird, aber durch Resonanz mitschwingt – ein Prinzip, das andere schon bei alten Clavichorden angewandt hatten. | BDK |
1880 | Die New Yorker Firma Steinway gründet in Hamburg ein Zweigwerk. Dort entstehen noch heute die europäischen Steinway-Flügel. | BDK |
1880 | Weltausstellung inSydney. Anders als bei der ersten Ausstellung 1851 in London, als die deutsche Klavierproduktion hinter Frankreich und England noch zurückstand, sind nun 50 Klavierhersteller aus Deutschland vertreten gegenüber 21 aus Frankreich, 15 aus Australien, 12 aus England und 4 aus den USA. | BDK |
1882 | Die Gebrüder Bongardt gründen das Stahl- und Drahtwerk Röslau, das bis heute den Klavierbauern Saitendraht von hoher Qualität liefert. | BDK |
1882 | Die Leipziger Klavierhersteller Fischer und Fritz bauen ein Klavier, das sie das »Unverstimmbare« nennen: ein Adiaphon. Zur Klangerzeugung werden keine Saiten, sondern Stimmgabeln benutzt. Dadurch ist das Instrument zwar tatsächlich weder verstimmbar, noch stimmbar, aber sein Klang ist zu leise, zu wenig modulierbar und zu langweilig, um von irgendeinem musikalischen Nutzen zu sein. | BDK |
1883 | lässt der Mathematiker Paul von Jankó (1856-1919) eine Klaviatur patentieren, bei der sechs Terrassen von Tasten chromatisch so angeordnet sind, dass Skalen sämtlicher Tonarten mit demselben Fingersatz gespielt werden können, Akkordgriffe vereinheitlicht sind und der Hand eine Spannweite bis zur Oktavsext ermöglicht wird. Die Idee gewinnt einige Popularität, 27 Hersteller aus Österreich und Deutschland bauen Instrumente mit Jankó-Klaviaturen, 1906 wird das Spiel auf der Jankó-Klaviatur am Scharwenka-Konservatorium in Berlin als Lehrfach eingeführt, 1905 wird zwecks Verbreitung der Idee in Wien ein Jankó-Verein gegründet, der erst 1965 wegen Mitgliederrückgangs und Überalterung aufgelöst wird. Daneben gibt es Versuche mit verschiedenen Formgebungen, z.B. bogenförmigen Klaviaturen. Und es gibt Ansätze, das Klavier wie die Orgel zu einem Pedal-Instrument zu machen, Erard, Pleyel in Paris und Pfeiffer in Stuttgart bauen Klaviere mit Pedal-Klaviaturen. Da Standards sich nur schwer durchbrechen lassen, hat sich von all dem nichts durchgesetzt, und heute wird die Tradition der Spielereien und musikalischen Gimmicks auf andere Weise vornehmlich auf elektronischen Instrumenten fortgeführt. Aber so ganz sterben die Eigenbrötler nicht aus, und vereinzelt gibt es weiterhin Bemühungen, nicht nur die Gestalt der Klaviatur zu reformieren, sondern die Notenschrift gleich mit. Ein Beispiel hierfür ist das System von Johannes Beyreuther : www.beyreuther-musikprinzip.de . Ein weiteres Kuriosum wird von Pleyel entwickelt, nämlich der Zwillingsflügel. Als Instrument für Klavierduos ist er als kastenförniger Doppelflügel gestaltet, der an beiden Enden eine Klaviatur besitzt, so dass sich die beiden Pianisten gegenüber sitzen. Etwa 50 dieser Instrumente werden bis 1930 gebaut, die meisten wurden in den Weltkriegen zerstört. Ein Zwillingsflügel von 1904 immerhin wird auch heute noch bisweilen im Konzert gespielt, nämlich von dem KlavierduoEgri & Pertis, auf deren Website man Abbildungen des Instruments findet: www.egri-pertis.com | |
1885 | Schimmel bei Leipzig (heute in Braunschweig) | BDK |
1885 | Die Stimm-Konferenz in Wien versucht eine international genormte Tonhöhe einzuführen und legt den Stimmton a' auf 435 Hz fest – dringend nötig, denn die Uneinheitlichkeit der Stimmungen führt zu vielen praktischen Problemen der Musiker wie der Instrumentenbauer und Stimmer. 1849–1854 benutzt Broadwood eine Stimmtonhöhe von 445,9 Hz, die 1874 auf 454,7 Hz ansteigt. 1877 stand Collard’s Tonhöhe auf 449,9 Hz, Steinways Londoner Niederlassung benutzte 1879 454,7 Hz. Erard stimmte auf 455,3 Hz, Chappell 1877 auf 455,9 Hz. Doch auch nach dieser Konferenz wird die Stimmtonhöhe keineswegs einheitlich und muss später noch einmal neu definiert werden, 1939 mit 440 Hz. | BDK |
1887 | Der japanische Uhrmacher Torakusu Yamaha baut sein erstes Musikinstrument, 1900 beginnt die Produktion von Klavieren, 1902 von Flügeln. Hundert Jahre später ist Yamaha der größte Klavierhersteller der Welt, baut in einer Woche so viele Klaviere wie Steinway in einem ganzen Jahr und fertigt mit jährlich 280.000 Instrumenten ein Drittel der Weltproduktion. Übrigens nicht nur Billig-Instrumente: Yamaha hat sich sehr um Zusammenarbeit mit Steinway bemüht und wollte in Japan die Steinway-Vertretung übernehmen. Als Steinway endgültig ablehnt, entschließt sich Yamaha, selber in den Konzertflügelmarkt einzusteigen. Der vielleicht genialste (mit Sicherheit umstrittenste) Pianist des 20. Jh., Glenn Gould, hat, seit sein Steinway bei einem Transport vom LKW fiel, seine Schallplattenaufnahmen nur noch auf einem Yamaha-Konzertflügel gemacht (u.a. seine legendäre zweite Einspielung der Goldberg-Variationen ). | BDK |
1888 | Letztes Tafelklavier von Steinway & Sons | EG 229 |
1890 | Erard schließt die Londoner Fertigung. | EG |
Ende des 19. Jahrhunderts | In Einzelfällen wird an »Verbesserungen« der Tastenanordnung gearbeitet: 1874 gibt es eine Chromatische Klaviatur von Vincent, bei der konsequent jede zweite Taste eine Obertaste ist. Im Gegensatz zur herkömmlichen Anordnung, bei der sich zwischen den Tönen e-f und h-c keine Obertaste befindet, liegen dadurch die Töne c, d, e, fis, gis und ais auf Obertasten, die Töne des, es, f, g, a und h auf Untertasten. 1878 gibt es eine zweimanualige Tastatur von Mangeot, bei der auf dem oberen Manual die Töne in entgegensetzter Richtung angeordnet sind. | |
Ende des 19. Jahrhunderts | Drei Dinge bescheren dem Klavierabsatz einen bedeutenden Aufschwung:
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BDK |
1891 | Baldwin beginnt Klaviere zu bauen. | EG 289 |
1891 | ergänzt Steinway als erster für sämtliche Instrumente die letzte Diskant-Oktave, so dass der Tonumfang nun von A2 bis c reicht. Schon die Tafelklaviere des ersten Steinway-Jahres 1853 boten die Möglichkeit, 88 Tasten zu haben. Bei Konzertflügeln kamen 88 Tasten 1863, bei den anderen Baureihen kleinerer Flgel 1886 mit dem C-Modell, 1891 mit den Modellen A und B. Obwohl die letzten Töne noch nie jemand vermisst hatte, sahen sich alle Hersteller bemüßigt, dem Beispiel zu folgen. Seither besitzen alle Klaviere Töne, die kaum jemand benutzt, weil sie auch in später geschriebener Musik selten vorkommen. Immerhin machen aber z.B. Aran Chatchaturjan (»Toccata«) und Ravel (»Jeux d’Eau «) von ihnen Gebrauch, Ravel scheut sich allerdings auch nicht, »falsche« Töne zu benutzen, wo die Tastatur nicht ausreicht: In den Jeux d’Eau schreibt er unverfroren ein Subkontra-A vor, wo ein Subkontra-Gis hingehörte – der vielleicht berühmteste falsche Ton der Klaviermusik. | BDK |
1899 | Die amerikanische Aeolian Company stellt das Pianola der Öffentlichkeit vor, dessen Entwicklung 1895 mit dem Aeriol begonnen hatte. Zusätzlich zu mechanischen Klavieren gibt es den Automaten auch als Vorsatzgerät, mit dem jedes Klavier zum automatischen Instrument erweitert werden kann. Er funktioniert durch pneumatischen Unterdruck, den Löcher in einer Papierrolle steuern; ähnlich wie bei den Lochkarten aus frühen Computer-Tagen sind auf ihr die Musikstücke als Lochmuster abgespeichert. Weitere Hersteller folgen mit ähnlichen Vorrichtungen, beispielsweise der deutsche Klavierbauer Hupfeld mit demPhonola. 1930 komponiert Igor Strawinsky eine Etüde für das Pianola. | BDK |
1900 | Yamaha startet den Klavierbau. | EG |
1900 | Bösendorfer vergrößert mit seinem Flügelmodell »Imperial« noch einmal den Tonumfang und erweitert ihn nach unten auf volle 8 Oktaven (97 statt 88 Tasten). Die Anregung dazu gab Feruccio Busoni. Für Spieler, die der Anblick zusätzlicher Bass-Tasten verwirrt, sieht man eine Blende vor, mit der man sie abdecken kann (heute verzichtet Bösendorfer auf die Abdeckung und färbt stattdessen die »überflüssigen« letzten weißen Tasten schwarz). Pianisten, die auf dem Bösendorfer konzertieren, können damit Ravels »falsches« Subkontra-A in den »Jeux d’Eau« (1902), das ein Subkontra-Gis sein müsste, richtig spielen – Steinway-Enthusiasten müssen sich mit Ravels falschem Ton begnügen. Mit dem Modell 225 baut Bösendorfer zusätzlich einen kleineren Flügel, dessen Bass immerhin noch bis zum Subkontra-F reicht, also eine Terz tiefer als heutiger Standard (92 statt 88 Tasten). Der »Imperial« bleibt mit 290 cm der längste moderne Flügel der Welt, bis die junge italienische Nobelfirma Fazioli einen noch größeren mit 308 cm Länge baut. Die meisten Konzertflügel anderer Firmen haben eine Länge von ca. 270 cm. | BDK |
Beginn des 20. Jahrhunderts | Es gibt eine Fülle von Klaviermarken und -modellen und damit eine Klangvielfalt im Klavierbau wie seither nicht wieder. Heute beherrschen nur noch wenige Hersteller die Klangcharaktere im Konzertsaal, allen voran der Steinway-Klang, der zum standardisierten Ideal geworden ist, dem Vielfalt und Farbigkeit geopfert sind. | BDK |
Um 1900 | gibt es:in Paris 3,5 Mio. Einwohner, 50 Klavierfabriken (eine Fabrik pro 70.000 Einwohner), in London 7,0 Mio. Einwohner, 175 Klavierfabriken (eine Fabrik pro 40.000 Einwohner), in New York 3,7 Mio. Einwohner, 130 Klavierfabriken (eine Fabrik pro 28.000 Einwohner, in Berlin 2,0 Mio. Einwohner, 175 Klavierfabriken (eine Fabrik pro 11.000 Einwohner). | BDK |
Um 1900 | Die jährliche Klavierproduktion beträgt in Deutschland ca. 73.000, in England 35.000, in Amerika 25.000 und in Frankreich 20.000 Instrumente. Auf jede Fabrik kommt ein Mehrfaches an Klavierhandlungen, und zu einem nicht zu vernachlässigenden Wirtschaftszweig werden die Zulieferbetriebe: Allein mit der Herstellung von Klavierleuchtern kann man reich werden. Und ebenso üppig wie das Zubehör-Geschäft floriert der Verkauf von Noten. In jedem Haushalt, der es sich leisten konnte, stand genauso selbstverständlich ein Klavier, wie heute in jedem ein Fernsehgerät steht. Wie hätte man sich bis dahin auch anders die Musik ins Haus holen können? Und das Klavier war (und ist bis heute), das Musikinstrument, mit dem man sich jede Art von Musik ins Haus holen kann, denn nur mit ihm lässt sich der gesamte Tonbereich aller Instrumente wiedergeben. Und am Ende des 19. Jahrhunderts gibt es eben andere Wiedergabegeräte noch nicht. | BDK |
1900 | Der Musikkritiker Eduard Hanslick (1825–1904) schreibt in »Aus neuer und neuster Zeit«: Sie wünschen meine Ansicht über jene unbarmherzige moderne Stadtplage zu hören, die es heute glücklich zu der ehrenvollen Bezeichnung "Clavierseuche" gebracht hat. [...] Ich glaube allen Ernstes, dass unter den hunderterlei Geräuschen und Missklängen, welche tagsüber das Ohr des Großstädters zermartern und vorzeitig abstumpfen, diese musikalische Folter die aufreibendste ist. In irgend eine wichtige Arbeit oder ernste Lectüre vertieft, der Ruhe bedürftig, oder nach geistiger Sammlung ringend, müssen wir wider Willen dem entsetzlichen Clavierspiel neben uns zuhören; mit einer Art gespannter Todesangst warten wir auf den uns wohlbekannten Accord, den das liebe Fräulein jedesmal falsch greift; wir zittern vor dem Laufe, bei welchem der kleine Junge unfehlbar stocken und nun von vorn anfangen wird. [...] Diejenigen, die heute bereits Clavier spielen – worunter wohl fünfzig Stümper auf einen Künstler kommen – vermögen wir am Ausüben ihrer Fertigkeit nicht zu hindern; wir können aber – Jeder in seinem Kreise – dahin wirken, dass künftig nicht mehr so Viele Clavier spielen lernen. | BDK |
1901 | Erard fertigt seinen ersten kreuzbesaiteten Flügel. | EG xxii |
1904 | Welte-Mignon | EG 273 |
1904 | Der Freiburger Orchestrion -Fabrikant Edwin Welte stellt den Welte-Mignon-Flügel vor, mit dem das Spiel namhafter Pianisten auf Lochstreifen aufgezeichnet und mittels pneumatischer Mechanik auf einem Welte-Flügel wiedergegeben werden konnte. Noch heute sind viele Papierrollen erhalten, die auf restaurierten Flügeln abgespielt werden können, darunter Aufnahmen von Edvard Grieg, Richard Strauss, Claude Debussy und vielen anderen; ebenso viele wurden allerdings durch den zweiten Weltkrieg zerstört. | BDK |
24. Mai 1904 | In New Jersey versammeln sich zahlreiche Klavierhändler und viele Zuschauer anlässlich der Jahresversammlung der US-Klavierbauer zu einer bizarren Aktion: der öffentlichen Verbrennung alter Tafelklaviere. Sinn des riesigen Scheiterhaufens von zehn Metern Höhe ist es, das Ende des Tafelklaviers öffentlich zu machen und den Klaviermarkt zu beleben. | BDK |
1908 | Ampico vereinigt u.v.a. Chickering. | EG |
1909 | Bösendorfer endet die „Wiener Mechanik“. | EG |
1910 | Steinways Fertigung zieht komplett nach Queens um, schließt die Fabrik an der 4th Avenue, 52.-53. Straße | EG 303 |
Nach 1920 | kehrt sich die Entwicklung um, denn nun zieht dasGrammophon, bereits 1877 von Thomas A. Edison erfunden, in die Häuser ein. Das mechanische Klavier wird überflüssig, und um Musik hören zu können, bedarf es nicht mehr der Anwesenheit von musizierenden Menschen. Doch der negative Trend nimmt bald wieder eine andere Richtung, nicht zuletzt dank eines moderneren Klavierunterrichts, der das Musizieren in den Vordergrund vor das von der Musik losgelöste Tonleiter-Studium stellt, und dank der Einsicht, dass musikalische Bildung Charakterbildung ist und praktisches Musizieren nicht durch Grammophon-Hören ersetzt werden kann. 1939 berichtet das amerikanische Magazin Fortune, dass mehr Kinder Klavierunterricht hätten als je zuvor in der Geschichte. Zwischen zeitgenössischer Kunstmusik und Musik, die bei vielen Menschen populär ist, entwickelt sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts eine Schere, die heute immer noch weiter auseinander zu gehen droht: Die Popularmusik wird immer platter und dilettantischer, die Kunstmusik immer abgehobener und betriebsblinder. Zeichen dafür ist z.B. die Entwicklung des Viertelton-Klaviers, das 1924 von Förster und 1925 von Grotrian-Steinweg vorgestellt wird. Försters Lösung benutzt dafür zwei übereinanderliegende Klaviaturen, Grotrian eine zwanzigstufige Tastatur. Heute steht das einzige erhaltene Exemplar eines Vierteltonflügels im Prager Nationalmuseum. Neben der Vierteltönigkeit wird mit anderen und noch kleineren Unterteilungen experimentiert bis zu Zwölftel- und Sechzehntelton-Musik. Bereits 1906 ersinnt der Komponist und Pianist Feruccio Busoni eine Aufteilung der Oktave in Drittel- und Sechsteltöne, und noch 1958 verwirklicht Sauter ein Sechzehntelton-Klavier, das mit 97 Tasten mehr Töne hat als ein herkömmliches Instrument, aber lediglich den Tonumfang einer Spielzeugflöte, nämlich eine Oktave; es wird auf Anfrage auch heute noch gebaut. Die Ideen zu solch neuen Tonsystemen entstehen in derselben Zeit, nämlich ab 1921, in der Schönberg beginnt, konsequent dodekaphonisch zu komponieren (ZWÖLF-tönig, nicht ZWÖLFTEL-tönig, sondern mit unserer herkömmlichen HALB-tönigen Skala, die aus zwölf chromatischen Schritten pro Oktave besteht); zwar hatte er bereits vorher frei atonal geschrieben, das strenge Regelwerk der Dodekaphonie aber dann erst konsequent angewandt. Schönbergs Versuch, die Musik zu modernisieren und aus ihrer spätromantischen Sackgasse herauszuführen, ist einer der aufrichtigsten und ehrenwertesten der Musikgeschichte. Aber alle diese Versuche führen letztlich in eine neue Sackgasse, denn außer einigen wenigen Intellektuellen erscheint diese Musik selten jemandem genießbar. | |
1930 | Mathushek versucht vergeblich, Tafelklaviere wiederzubeleben. | EG 201 |
Ab ca. 1930 | Die Entwicklung erster elektronischer Tasten-Instrumente beginnt, z.B. mit dem Neo-Bechstein-Flügel und mit Försters Elektrochord, bei denen die Saitenschwingungen elektromagnetisch abgenommen werden. 1935 bautLaurens Hammond, ein Fabrikant elektrischer Uhren ausChicago, die erste Hammond-Orgel, sie wird bis in die 60er Jahre beliebtes Unterhaltungsinstrument. 1959 entwickelt Yamaha seine erste elektronische Orgel, Electone genannt. Später kommen Synthesizer und Sample-Player hinzu. Der heutige Stand der zunehmenden Elektronisierung und Digitalisierung ist, dass es nicht einmal mehr einer Klaviatur bedarf, denn auch wer noch nie eine Note gemalt und nie gelernt hat, einen sauberen Satz per Hand zu schreiben, kann Musik dank MIDI, Sequenzer-Programmen, Klangsynthetisierung und Sample-Bibliotheken am Computer mit der Maus zusammenklicken. | BDK |
1932 | Ampico und Aeolian fusionieren. | EG |
1934 | Challen & Sons bauen den weltgrößten Flügel als Einzelstück, »in Honour of the Silver Jubilee of their Majesties King George V and Queen Mary«. Das Instrument ist 355 cm lang, wiegt ca. 1,3 Tonnen und hat eine Gesamt-Saitenspannung von über 30 Tonnen. Seine längste Basssaite misst 302 cm. | BDK |
1935 | baut die Haddorf Piano Company ein Klavier, das mit 114 cm Höhe kleiner ist als alle bisherigen Instrumente. Es ist die Geburtsstunde des modernen Kleinklaviers, das nicht nur eleganter ist, sondern auch um ca. ein Viertel billiger. Die anderen Hersteller greifen die Idee schnell auf, nur die Klavierstimmer sind vielerorts nicht begeistert, denn die kürzeren Basssaiten erzeugen unsauberere Töne und sind schwer stimmbar, weshalb sich manche weigern, solche Instrumente überhaupt zu betreuen. Verbesserungen bei der Berechnung der Saitenmensuren haben dieses Problem mittlerweile gemildert. | BDK |
1936 | macht die Hindenburg, derZeppelin LZ 129, ihren Jungfernflug in die USA. Zur luxuriösen Bordausstattung gehört ein Flügel, den der Hersteller Blüthner extra für die Hindenburg baut. Um Gewicht zu sparen, verwendet Blüthner möglichst viele Aluminiumteile; damit es hübscher aussieht, werden sie mit Schweinsleder bezogen. Während des Jungfernflugs bestreitet der Dresdner Pianist Franz Wagner das erste Klavierkonzert über den Wolken. Ob es seither das einzige geblieben ist, bleibt unbekannt. Die Hindenburg-Katastrophe, der Absturz des Zeppelins in Lakehurst im Jahr 1937, bleibt dem Flügel erspart, denn da steht er als Ausstellungsstück bereits im Blüthner-Werk in Leipzig. Dort fällt er 1943 einem Luftangriff zum Opfer. | BDK |
1938 | veröffentlicht O. L. Railsback im »Journal of the Acoustical Society of America« einen Beitrag mit dem Titel »Scale Temperament as Applied to Piano Tuning«. Er erklärt darin als erster, warum eine Klavierstimmung nach theoretisch errechneten temperierten Frequenzwerten falsch klingt: Das Obertonspektrum der Klaviersaiten ist nicht genau harmonisch, und diese Inharmonizität verlangt immer eine Korrektur der errechneten Frequenzwerte. | BDK |
1939 | einigt sich die Londoner Konferenz der ISA (International Federation of the National Standardizing Associations) auf eine internationale Stimmtonhöhe von a' = 440 Hz. Die ist bis heute Standard, wird aber immer noch nicht überall eingehalten. | BDK |
1939-1945 | Die Wirren des zweiten Weltkrieges verstricken auch die Klavierhersteller in die Machenschaften der Politik. So muss die deutsche Niederlassung von Steinway für das NS-Regime Flugzeugattrappen, Stockbetten und aus kostbaren Rotbuchen-Vorräten Gewehrschäfte bauen, während die Mutterfirma in New York sich mit dem Bau von Lastenseglern für das Militär über Wasser hält. Ein und dieselbe Firma beliefert so zwei einander feindliche Seiten. Nicht besser dran ist Koiichi Kawai in Japan, dessen Fabrik von der Regierung zum Zulieferer für die Flugzeug-Industrie bestimmt wird und die Klavierproduktion bis zum Ende des Krieges einstellt. | |
nach 1945 | Neue Klebetechnik „urea resin“ mit Hochfrequenz, Ergebnis des WK II | EG 301 |
nach 1945 | „banger“-Maschinen zum Einspielen | EG 302 |
1958 | Shanghai Piano Factory, erster chinesischer Hersteller | EG 305 |
Um 1960 | scheitert der Versuch, im Klavierbau neue Materialien einzusetzen: Steinway ersetzt die herkömmlichen Achslager durch Buchsen aus Polytetrafluoräthylen, das für die Weltraumforschung entwickelte Teflon der Chemiefirma DuPont, das hohe Reibungsfreiheit mit weitgehender Feuchtigkeitsunempfindlichkeit verbindet. Das Holz jedoch, in das die Buchsen eingesetzt werden, bleibt weiterhin feuchtigkeitsempfindlich, so dass bei Regenwetter die Achsen klemmen, häufiger als beim herkömmlichen flexibleren Filz-Lager, und bei Trockenheit sich die Buchsen lösen und klappern. Reumütig kehrt Steinway zum Filztuch als Achslager zurück. | BDK |
1962 | Steinway verbaut Teflonbuchsen in der Mechanik. Kunststoff-Ersatz für Elfenbein, die Konzertflügel behalten Elfenbein. | EG 302 |
1963 | Baldwin kauft die Bechstein-Mehrheit. | EG 290 |
1966 | Kimball kauft Bösendorfer. | EG 290 |
1971 | verfasst der Europa-Rat eine Resolution, in der sich alle Länder verpflichten, die Stimmtonhöhe einzuhalten und besser ins allgemeine Bewusstsein zu tragen, z.B. indem für Telefon-Freizeichen ein 440-Hz-Ton verwendet wird. 90 Jahre nach der Wiener Stimmkonferenz und 30 Jahre nach der Londoner Konferenz der ISA hält man das immer noch für nötig; wohl nicht ganz ohne Grund, denn auch heute wird diese Norm nicht zuverlässig eingehalten und die Stimmtonhöhe meistens überschritten; bei vielen Orchestern hat sich eine Stimmung von ca. 443 Hz mittlerweile als neuer Standard etabliert. | BDK |
1972 | CBS kauft Steinway. | EG 303 |
1973 | Importverbot für Elfenbein in den USA | EG |
1975 | gibt es bei Kawai die ersten Mechaniken aus ABS-Kunststoff, der gegenüber Holz den Vorteil hat, unempfindlich für Klimaschwankungen zu sein, und maßgenauere Fertigung der Teile ermöglicht. Die Technik wird stetig weiterentwickelt, und heute sind Mechanikteile aus ABS-Karbon bei Kawai Standard. | BDK |
1977 | Erster Steinway-Präsident anderen Namens | EG 303 |
1978 | Piero Fazioli fertigt den ersten Flügel in Sacile. | EG 305 |
1981 | Steinway verbaut keine Teflonbuchsen mehr in der Mechanik. | EG 302 |
1981 | In einer Zeit, in der man wohl eher von Konsolidierung des Klaviermarktes als von Gründerepoche sprechen kann – wagt Paolo Fazioli die Eröffnung einer neuen Klavierfabrik in Sacile bei Venedig. Fazioli stellt mit seinem Team allerdings keine Allerweltsware her, sondern reiht sich von Beginn an in die Liste der weltweit vier bis fünf Spitzenhersteller ein. | BDK |
1982 | Erstausgabe von „Giraffes, Black Dragons and Other Pianos“, Edwin Good | EG 304 |
1983 | wird auf der NAMM-Show in den USA das Musical Instrument Digital Interface (MIDI) vorgestellt, mit dem sich elektronische Tasteninstrumente vernetzen lassen. Die Weiterentwicklung führt zu Sample-Playern und Digitalpianos, die sich heute auch die Klavierhersteller zunutze machen. Fast jeder nämlich bietet mittlerweile Klaviere an, die zwischen digitaler und akustischer Tonerzeugung umschaltbar sind, so dass ein Musizierender auf Kopfhörer-Wiedergabe ausweichen kann, um die Nachbarn nicht zu stören. Allerdings muss er dann auf den realen Klang eines akustischen Instruments verzichten, der durch Digitalpianos nicht ersetzbar ist. | BDK |
1984 | Neugründung von Falcone Pianos, Massachusetts | EG 304 |
1985 | CBS verkauft Steinway & Sons an die Brüder Birmingham aus Boston. | EG 303 |
1986 | stellt Bösendorfer einen Computer-Flügel vor, Modellbezeichnung 290SE, der sozusagen die Idee des Welte-Flügels wieder aufgreift: Das Spiel eines Pianisten wird an den Tasten durch Sensoren abgegriffen, elektronisch abgespeichert und kann jederzeit mit demselben Flügel genauso wiedergegeben werden, wie es eingespielt wurde, dank technischen Fortschritts und Computer wesentlich genauer, als das mit dem Welte-Flügel möglich war. (Das »SE« in der Typenbezeichnung ist eine Abkürzung für Stahnke Electronics, 290 gibt die Länge des Flügels in cm an.) Nach dem elektrischen Klavier, nach dem Welte-Flügel und nach der Einführung von MIDI, das nur Tastenbefehle aufzeichnet und keine Audio-Daten, ist damit zum vierten Mal das automatische Klavier erfunden, diesmal in einer High-End-Version, die kaum noch Wünsche offen lässt – außer dem, es auch bezahlen zu können. Bösendorfer entwickelt das ganze später weiter zum CEUS-System (mit der sinnigen Bedeutung: Create Emotions with Unique Sound), das in jeden Flügel auch nachträglich eingebaut werden kann. Erschwinglicher ist Yamahas Version eines automatischen Klaviers, das sogenannte Disklavier, das ebenfalls 1986 zum ersten Mal vorgestellt wird und das die Aufzeichnung und Wiedergabe mechanischen Spiels mit zahlreichen MIDI-Möglichkeiten und -Spielereien kombiniert. Als CEUSmaster gibt es von Bösendorfer mittlerweile auch ein Digitalpiano, das aber mit einer richtigen Flügelmechanik ausgestattet ist. Das Instrument befand sich bis 2008 noch in der Test- und Entwicklungsphase, seither hört man nichts mehr davon. | BDK |
1987 | Karl Schulze kauft Bechstein von Baldwin. | EG 290 |
1987 | stellt Piero Fazioli den mit 308 cm Länge größten modernen Konzertflügel der Welt vor. | BDK |
1987 | Der Öffentlichkeit wird ein Kuriosum präsentiert: das Klavins-Piano, nicht mit einer Länge, sondern mit einer Höhe von 370 cm. Wer über zwei Geschosse verfügt und bereit ist, für ein Klavier die Zwischendecke einzureißen, kann sich getrost an Davids Klavins wenden. Warum Klavins sich in den Kopf gesetzt hat, mit großem Aufwand ein unpraktikables Klavier zu entwerfen, muss Geheimnis bleiben. Immerhin hat er aber auch ein Flügel-Projekt in Arbeit, und was er dafür zu der traditionellen Spiel-Mechanik zu sagen hat und zu Holz, Filz und Leder gegenüber modernen Materialien, halte ich für bedenkenswert (s. www.klavins-pianos.com). | BDK |
1989 | Falcone kauft die Namensrechte von Sohmer, Knabe, Mason & Hamlin. | EG |
ca. 1990 | Daewoo (Korea) fertigt 15.000 Klaviere pro Jahr. Handok (Korea) fertigt Weber, Ibach (33% Anteil), Kohler & Campbell, Horugel. | EG 305 |
1991 | stellt ein weiterer, kleinerer italienischer Klavierbauer, Luigi Borgato zusammen mit seiner Frau Paola Bianchi einen Konzertflügel vor, dessen Diskant ab dem f' vierchörig ist, also vier statt drei Saiten pro Ton besitzt – eine Idee, die auf Beethoven zurückgeht, der von dem Klavierbauer Graf einst einen vierchörigen Flügel bauen ließ, der im Beethovenhaus in Bonn besichtigt werden kann. Außerdem versucht Borgato, den Pedalflügel wiederzubeleben, und baut mit seinem Doppio Borgato ein Instrument, das aus zweien besteht, nämlich einem normalen Konzertflügel und einem zweiten Flügelgehäuse, das unter dem ersten liegt und mittels Pedalklaviatur gespielt wird (s. www.borgato.it). | BDK |
1992 | Steinway lässt „Boston“-Klaviere und Flügel bei Kawai fertigen. | EG 303 |
1994 | Die Fertigung von Klavieren namens Knabe, Mason & Hamlin, Sohmer endet. | EG |
1995 | Die Birminghams verkaufen Steinway an Kirkland und Messina. | EG 303 |
ca. 1995 | David Klavins fertigt ein 370er Upright (Hochklavier). | EG 305 |
1995 | lässt der niederländische Klavierbauer Cornelis Jacob de Baat jr. ein Crystal Soundboard, nämlich einen Resonanzboden aus Glas patentieren. Vorteil des ungewöhnlichen Materials ist seine Unempfindlichkeit gegenüber Schwankungen der Luftfeuchtigkeit und dadurch eine bessere Stimmhaltung des Instruments. Erhältlich sind diese Glasböden heute bei der Firma Stemco in Monnickendam bei Amsterdam, sie können in jedes Klavier eingebaut werden (s. http://www.stemco.nl). | BDK |
1996 | Unter neuer Leitung (PianoDisc) beginnt wieder die Fertigung von den drei US-Namen Sohmer, Knabe, Mason & Hamlin. | EG |
1996 | Schimmel „Pegasus“, Design Colani | EG 309 |
1997 | 97 Flügel von Pearl River sind Teil der Feier zur Wiederangliederung Hongkongs an China | EG |
1998 | greift die amerikanische Firma Steinbuhler & Co (s. www.steinbuhler.com) eine alte Idee eines Mitarbeiters des Instituts für Musikwissenschaft in Leipzig, Prof. Goldhammer, wieder auf und entwickelt in den Jahren 1998-2005 auswechselbare Tastaturen für kleine Hände, nämlich in 7/8- und 15/16-Größe, die sich in den eigenen Flügel einbauen lassen. (Ob solche Insellösungen und die Aufgabe eines Standards sinnvoll sind, mögen diejenigen Flügelbesitzer mit kleiner Handspanne entscheiden, die die Zusatzkosten für den Umbau nicht scheuen und nur auf dem eigenen Instrument spielen wollen. Bei Klavieren lässt sich die Tastatur nicht einfach austauschen, deswegen bietet Steinbuhler nur fertig montierte Klaviere an.) | BDK |
1999 | lässt der australische Klavierbauer Ron Overs eine Flügelmechanik patentieren, bei der Form und Anordnung der beweglichen Teile so optimiert sind, dass die Reibung auf mehr als die Hälfte üblicher Mechaniken sinkt. | BDK |
2000 | übernimmt die British Piano Manufacturing Company die Produktion der englischen Klaviermarken Broadwood, Bentley, Knight, Welmar u.a. und verlagert die Fertigung nach Stroud, Gloucester. Damit besitzt London, einst eines der Zentren des europäischen Klavierbaus, keine Klavierfabrik mehr. 2003 muss auch die British Piano Manufacturing Company Konkurs anmelden und wird von der Inter Music, Pool Dorset, übernommen, die die Produktion in fernöstliche Länder verlegt. | BDK |
2002 | stellt ein Klavierbauer aus Bamberg, Josef Meingast, in Zusammenarbeit mit Steingraeber die sogenannte Bamberger Rolle vor, eine Verbesserung der Hammerrolle (auch Röllchen) des Flügels, der z.B. die Süddeutsche Zeitung in einem langen Artikel Beachtung schenkt, da sie angeblich das Klavierspiel »revolutionieren« soll. Steingraeber baut die Rolle nur auf Wunsch, nicht serienmäßig ein. Die Hammerrolle ist beim Flügel das Teil des Hammers, an dem der sogenannte Stößer angreift, um den Hammer anzutreiben und gegen die Saite zu schleudern. Zwischen Hammerrolle und Stößer entsteht sehr viel Reibung. Meingasts Entwicklung setzt diese Gleitreibung in Rollreibung um, indem die bisher starre Rolle drehbar gestaltet wird. Damit ist im Klavierbau sozusagen endlich das Rad erfunden. Der Berliner Klavierbauer W. Neuhaus hatte vor langer Zeit bereits eine ähnliche Idee: in einer Patentschrift von 1886 schlägt er vor, den Stößer des Klaviers (seltsamerweise nicht des Flügels, wo die Reibung viel größer ist) mit einer drehbaren Gummiwalze auszustatten (nachzulesen in Walter Pfeiffers Buch »Vom Hammer«). Meingasts Entwicklung ist eine von manch anderen Speziallösungen und Patenten verschiedener Firmen. So versucht bspw. Sauter die Repetition des Klaviers zu verbessern durch seine R2-Mechanik, bei der eine zusätzliche Feder für schnelleren erneuten Anschlag sorgen soll; Seiler bemüht sich um ähnliches durch die sogenannte Super Magnet Repetition, die Federn durch Ferrit-Magnete ergänzt; Steingraeber stellt 2007 eine Magnet-Konstruktion vor, Steingraeber-Ferro-Magnet, die die Stößerfedern überflüssig macht; die italienische Firma Schroeder & Sons besitzt ein eigenes Mechanik-Patent, um dem Klavier das Spielgefühl eines Flügels zu verleihen. | BDK |
2005 | gibt es bei Sauter erstmals eine Titan-Duplex genannte Erfindung: Die Plattenstege, die bei Flügeln die Länge der mitschwingenden Duplex-Enden begrenzen, werden aus Titan gefertigt und nicht mehr fest in die Platte integriert, sondern justierbar gestaltet, was es ermöglichen soll, den mitschwingenden Ton besser abzustimmen. | |
2006 | stellt der englische Ingenieur Richard Dain dem Klavierhersteller Steingraeber seine Steg-Agraffen vor, eine Konstruktion, die den Resonanzboden vom Stegdruck entlastet und das Verhältnis zwischen Energie und Klangausbeute um 50% verbessern soll. Beim Klavierspiel werden nur ca. 4% der Bewegungsenergie in Klang umgesetzt, mit Hilfe der Agraffen (spezielle Schrauben, mit denen die Saiten an den Klangsteg gekoppelt werden) soll dieser Wert sich auf 6% verbessern. Steingraeber übernimmt das System und bietet es unter dem Namen PHOENIX als Option für seine Flügel an. Gleichzeitig führt Steingraeber ein viertes Pedal ein, das den Hammerweg verkürzt, also genau dasselbe macht wie das linke Pedal beim aufrechten Klavier. Ähnliches gibt es bei Fazioli schon länger, aber die ursprüngliche Idee stammt bereits aus dem Jahre 1897, damals von Steingraeber entwickelt für Engelbert Humperdinck | |
2006 | werden in Deutschland ca. 640 Flügel und 3700 Klaviere aus deutscher Herstellung verkauft. Das ist nur ein Viertel der insgesamt gekauften Instrumente, die restlichen drei Viertel kommen aus billiger asiatischer, polnischer und tschechischer Produktion. Viele Markenhersteller tragen der Nachfrage nach billigen Instrumenten Rechnung, indem sie neben ihren teureren Klavieren Zweitmarken vertreiben, die im Ausland gefertigt werden (»Essex« und »Boston« bei Steinway, »Irmler« bei Blüthner, »Euterpe« und »Steinmann« bei Bechstein, u.a.). Laut Berechnung des Deutschen Musikrats beträgt die Anzahl der Klavierschüler an deutschen Musikschulen im Jahr 2006 rund 130.000. Sie stellen so mit rund 20% den höchsten Prozentsatz an Instrumentalschülern, wobei die Schüler anderer Tasteninstrumente (Keyboard, E-Orgel u.a.) hier noch gar nicht einbezogen sind. Die nächst folgenden Instrumente sind: Gitarre mit 90.000 Schülern (14%), Blockflöte 70.000 (11%), Violine 50.000 (8%), Querflöte 40.000 (6%), Klarinette 25.000 (4%), Trompete 22.000 (3,5%), Saxophon 21.000 (3%). | BDK |
2007 | Im Dezember stellt das Traditionsunternehmen Ibach seine Klavierproduktion ein. Hoher Kostendruck, billige Konkurrenz aus Fernost und ein gesättigter Klaviermarkt sind laut Pressemitteilung der Firma die Gründe dafür. Einige der besten Klaviermodelle deutscher Herkunft verschwinden damit vom Markt, und die älteste Klavierfabrik der Welt, die sich bis zuletzt in Familienbesitz befand, gibt auf. Im selben Monat kauft Yamaha die traditionsreiche Wiener Firma Bösendorfer. Yamaha macht die Zusage, dass die Flügel auch weiterhin in Wien gebaut werden sollen und Bösendorfer eine eigenständige Marke bleibt. In den letzten Jahren war die Produktion von etwa 600 Flügeln jährlich auf mehr als die Hälfte gesunken und Bösendorfer schrieb rote Zahlen. Der finanzstarke japanische Konzern verfügt über ein weltweites Vertriebsnetz und hofft, die Produktion wieder steigern zu können und bereits in drei Jahren wieder Gewinne mit Bösendorfer zu machen. | BDK |
2008 | stellt Steingraeber einen Kohlefaser-Resonanzboden vor, der bereits in einige Flügel eingebaut und an Kunden verkauft wird. Gemäß alten Untersuchungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig sollen Faser-Kunststoffe ähnliche akustische Eigenschaften wie Holz besitzen. Außerdem haben sie den Vorteil, völlig klima-unempfindlich zu sein, so dass weder die Stimmungsstabilität eines Instruments durch Feuchtigkeitsschwankungen leidet, noch das beim Resonanzbodenholz kaum zu verhindernde Austrocknen des Holzes auftritt, das nach Jahrzehnten zu nachlassendem Stegdruck und zu Rissen im Holz führen kann. (In den letzten Jahren hat es bereits durchaus überzeugende Versuche mit Kohlefaser-Geigen gegeben.) | BDK |
2009 | feiert das Klavier seinen 300. Geburtstag. Genannt werden für den 300. Geburtstag aber auch andere Daten, da die erste eindeutige Erwähnung des Instruments bereits 1700 zu finden ist. Steinway feiert den Geburtstag deswegen im Jahr 2000 und baut zu diesem Anlass das »Tricentennial Limited Edition Grand Piano«, also einen Jubiläums-Flügel in limitierter Auflage, entworfen vom amerikanischen Möbel-Designer Dakota Jackson. Sinnigerweise werden davon 300 Exemplare hergestellt. | BDK |
Aug 09 | Der Klavier-Hersteller Schimmel meldet Insolvenz an. Das Unternehmen, 1885 in Leipzig gegründet, 1929 nach Braunschweig verlegt, ist Deutschlands größte Klavierbau-Firma. Grund für ihre Probleme ist die Wirtschaftskrise, die zu großen Einbrüchen im Auslandsgeschäft geführt hat. Im April 2010 stimmt die Gläubiger-Versammlung dem Sanierungsplan zu, der Einsparung von Arbeitsplätzen vorsieht und für die verbleibenden Mitarbeiter Mehrarbeit – Schimmel ist gerettet und bleibt Familien-Unternehmen. | BDK |
2009 | Der Klavierhersteller Feurich, Gunzenhausen, bietet für seine Flügel Mechaniken der amerikanischen Firma Wessell Nickel & Gross an, die nicht aus Holz, sondern aus Verbundwerkstoffen (Nylon, Carbon) gefertigt werden und klima-unempfindlich sind. Carbon-Werkstoffe sind nicht mit billigen Plastikteilen zu verwechseln, auch Streichinstrumente und -bögen werden heute bereits aus Carbon hergestellt und zeigen hervorragende Eigenschaften. | BDK |
2012 | veröffentlicht der Physiker Haye Hinrichsen eine Arbeit mit dem Titel „Entropiebasiertes Stimmen von Musikinstrumenten“. Er weist darin nach, dass man durch Messung der Entropie (ein Maß für die Unordnung eines Systems) über das gesamte Klangspektrum und ihre Minimierung ähnliche Stimmergebnisse bekommt wie ein Stimmer, der nach Gehör stimmt und dabei die Inharmonizität der Klaviersaiten berücksichtigt. Eventuell ist Hinrichsens Ansatz eine Möglichkeit, Klavierstimmungen endlich zuverlässig berechnen zu können; er selber forscht darüber aber nicht mehr. Ob jemand anders diesen Ansatz weiterverfolgt, bleibt abzuwarten. Siehe www.physik.uni-wuerzburg.de/~hinrichsen/research/entropy/tuning/deutsch.pdf. |