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Spaiche (*3. September 1970 in Wolgast als Jens Ihlenfeldt) ist ein deutscher Unternehmer und ehemaliger Breakdancer. Er ist vor allem als einer der Gründer und Geschäftsführer des Hip-Hop-Labels Aggro Berlin bekannt. Zudem ist Spaiche Gründer des Musikverlags Geto Gold, des Unternehmens Gold1Networks sowie des Labels Punchline. Als Breakdancer war er in den Crews Zulu Boyz, Funky Grossangriff und Vlinke Vüsse aktiv.

Werdegang

Jugend und Engagement als Breakdancer und beim Hip-Hop-Mobil

Spaiche wurde unter dem bürgerlichen Namen Jens Ihlenfeldt in Wolgast geboren. Nach Abschluss der polytechnischen Oberschule absolvierte er auf der Peene-Werft eine Ausbildung zum Stahlschiffbauer. Anschließend folgte ein Lehramtsstudium an der Technischen Universität Braunschweig sowie der Humboldt-Universität zu Berlin.

1984 begann er sich durch Breakdance in der Hip-Hop-Szene zu bewegen.[1] In den folgenden Jahren tanzte Spaiche in verschiedenen Crews. So war er Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre Mitglied der Zulu Boyz. Nach der Wende lernte Spaiche den Aktivisten Maxim kennen, der ihn zu Hip-Hop-Jams in Westdeutschland mitnahm. Dabei lernte er einflussreiche Szene-Vertreter wie Swift und Storm der Gruppe Battle Squad sowie die Five City Rockers und DJ Derezon kennen. Zeitgleich gründete er die Gruppe Funky Grossangriff in Berlin.[2] 1994 wurde er als Teil der Gruppe Vlinke Vüsse Sieger des „Battle of the Year“, der inoffiziellen Weltmeisterschaft im Breakdance.[3] 1997 gewann er ein weiteres Mal das nationale „Battle of the Year“. Den anschließenden internationalen Wettbewerb konnte die Gruppe nicht gewinnen. Nach Abschluss seiner aktiven Zeit als Breakdancer trat er, etwa im Rahmen des HipHop Open 2003, noch als Jurymitglied bei B-Boy-Battles in Erscheinung.[4]

1990 lernte Spaiche Matthias Lanzer kennen, den Gründer des Hip-Hop-Fanzine Rap-Nation. Spaiche wirkte im Folgenden als Interviewer am Magazin mit. Nach einer ersten Auflage von 50 Heften wurden fünf weitere Ausgaben mit höherer Stückzahl produziert. Aufgrund finanzieller Probleme wurde das Magazin schließlich eingestellt. Lanzer gründete auf Grundlage der Fanzine im Folgenden das Label Rap Nation Records.[2][5] Gemeinsam mit Swift und Storm trat Spaiche 1993 in einer Ausgabe der ZDF-Dokumentationsreihe Lost in Music über Hip-Hop in Deutschland auf.[6][7] Des Weiteren war er in den 1900er Jahren im Umfeld der Ost-Berliner SWAT-Posse aktiv, die zahlreiche Hip-Hop-Jams organisierten.[8][9] Auch an einigen Ausgaben von Adrian Nabis Graffiti-Magazin Backjumps war Spaiche beteiligt.[10][11]

Ab 1994 engagierte sich Spaiche beim Hip-Hop-Mobil in Berlin. Dabei handelt es sich um ein vom Berliner Senat gefördertes Projekt zur theoretischen und praktischen Vermittlung der Hip-Hop-Elemente Rap, Breakdance, DJing und Graffiti. Im Zentrum stehen dabei Workshops, in deren Rahmen Jugendliche selbst aktiv werden können. Spaiche übernahm für mehrere Jahre die Breakdance-Workshops sowie die Leitung der pädagogischen Einrichtung. Im Zuge dieser Tätigkeit begegnete er unter anderem Kool Savas, DJ Desue und Adel Tawil bei ihren ersten Aufnahmen.[1] 1995 präsentierte er das Projekt in der Musikfernsehsendung Freestyle von Viva.[12] Drei Jahre später verließ Spaiche das Förderprojekt, das im Folgenden von Gauner übernommen wurde.[1][13] Ab 1998 war er als Gebietsleiter in Berlin und den neuen Bundesländern für Carhartt Work in Progress aktiv. Bis 2004 war er dabei für den Vertrieb des Bekleidungsherstellers in der Region verantwortlich.

Erfolg mit Aggro Berlin

2001 gründete Spaiche gemeinsam mit dem Graffiti-Künstler Specter und dem Unternehmer Halil das Independent-Label Aggro Berlin.[14] Dabei begriffen sie Hip-Hop ähnlich wie die Jugendkultur des Punks in den 1970er Jahren als Gegenkultur.[1][15] Die Rapper Sido, B-Tight und Bushido erhielten als erste Künstler Verträge bei der Firma.[16] Später folgten Fler, Tony D, G-Hot und Kitty Kat, die sich von Gangsta- und Battle-Rap bis Crunk verschiedener Subgenres des Hip-Hops bedienten. Nach der ersten Chartplatzierung mit Bushido Album Vom Bordstein bis zur Skyline im Jahr 2003, folgte ein Jahr später der kommerzielle Durchbruch des Labels mit Sidos Debütalbum Maske. Neben diesem wurden in den folgenden Jahren auch von den Alben Ich und Ich und meine Maske sowie von den Samplern Aggro Ansage Nr. 4 und Aggro Ansage Nr. 5 über 100.000 Einheiten verkauft, sodass diese Tonträger jeweils mit der Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurden. Trotz der Erfolge waren die Künstler sowie deren Vermarktung durch das Label wiederholt Gegenstand von Kontroversen. Im Falle von vierzehn Veröffentlichungen erfolgte eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Spaiche kritisierte die aus seiner Sicht bestehende Doppelmoral im Verhalten der Prüfstelle. Dieser gehe es lediglich darum, Exempel zu statuieren.[17]

Neben seiner Tätigkeit bei Aggro Berlin wirkte Spaiche auch an Dokumentationen über die Hip-Hop-Kultur mit. International trat er 2002 in dem von Quincy Delight Jones III produzierten Film The Freshest Kids: The History of the B-Boy in Erscheinung.[18] 2007 beteiligte er sich an dem Dokumentarfilm Here We Come über die Breakdance-Kultur in der ehemaligen DDR. Im November desselben Jahres ging Aggro Berlin eine Kooperation mit dem Major-Label Universal Music Group ein. Mit dieser übernahm Universal die Vermarktung und den Vertrieb der Veröffentlichungen des Hip-Hop-Labels, wohingegen die kreative Eigenständigkeit gewahrt blieb.[19] Am 1. April 2009 gab Aggro Berlin unvermittelt das Ende ihrer Tätigkeit bekannt. Trotz der Beendigung aller Künstler-Verträge blieb die Plattenfirma bestehen und behielt die Rechte am vollständigen Backkatalog. Im Folgenden setzte das Unternehmen seine Tätigkeit über die Videoplattform Aggro.TV fort.[15] Über diese erschienen zunächst die Musikvideos aus den aktiven Labeljahren und fortwährend neue Beiträge zahlreicher Hip-Hop-Musiker.[20][21] Später folgten auch die nicht von Indizierungen betroffenen Veröffentlichungen Aggro Berlins.

Gründung von Gold1Networks und Punchline

Aufbauend auf seine Tätigkeit bei Aggro.TV gründete Spaiche 2010 mit Specter und Halil das Unternehmen Gold1Networks. Dieses verwaltet und schützt audiovisuelle Inhalte von Künstlern und Unternehmen. So lädt Gold1Networks Videos auf Portalen wie YouTube hoch und gestaltet die Kanäle ihrer Kunden. Auch die Erweiterung der Reichweite durch Vermarktung und Verknüpfung der Kanäle untereinander sowie der Schutz vor illegaler Verbreitung gehören zu den Leistungen des Unternehmens.[22] Neben Aggro.TV betreut Gold1Networks unter anderem die Kanäle von Rappern wie Eko Fresh, Massiv, Trailerpark, MC Fitti und Alligatoah sowie von Paul Kalkbrenner, Daniela Katzenberger, Meisel Musikverlage und Kicker.tv.[23]

Im Juli 2014 gründete Spaiche in Kooperation mit dem Musikvertrieb Groove Attack ein weiteres Label unter dem Namen Punchline. Eko Fresh erhielt als erster Rapper einen Künstlervertrag für zwei Alben und veröffentlichte mit Deutscher Traum das erste Album des Joint Ventures.[1][24] 2015 wurde King Eazy unter Vertrag genommen.[25] Ausschlaggebend für die Auswahl seiner Künstler nannte Spaiche die Faktoren „Authentizität, Charisma und Handwerk“. Dies seien bereits bei Aggro Berlin die Kriterien für Künstlerverträge gewesen. Die anschließende Aufgabe des Labels sei das Profil der Rapper zu feilen. Da Eko Fresh langjährige Erfahrung aufweise und seine „Kernthemen“ bereits entwickelt habe, sei die Arbeit in seinem Fall einfacher.[1] Mit der Veröffentlichung des Albums Freezy endete Ende April 2016 die Zusammenarbeit mit Eko Fresh.

Vor dem Hintergrund des Anschlags auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ sowie des Aufstiegs des ehemaligen Berliner Rappers Deso Dogg innerhalb der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat veranstaltete die Hip-Hop-Show Raputation.tv unter anderem mit Spaiche, Marcus Staiger und Sineb El Masrar im April 2015 eine Diskussionsrunde zum Thema „Rap & Islam“ in der Kantine des Berghains. Die Debatte fand in der späteren Berichterstattung hauptsächlich negative Kritik.[26][27] 2016 wirkte Spaiche an der Dokumentation Leiden schafft von Mirza Odabaşı mit. Darin behandelt Odabaşı die Ursprünge der Hip-Hop-Kultur in Deutschland. Spaiche beleuchtet die Stellung des Hip-Hops in der DDR, den Multikulturalismus der Subkultur sowie den Tod des Aktivisten Maxim.[28][29]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Mixcloud.com: Major Is The New Indie? - Ist der HipHop Hype eine neue Blase die bald platzt? Abgerufen am 26. Juli 2016.
  2. a b Staef.beepworld.de: Hip-Hop-Lexikon. Abgerufen am 26. Juli 2016.
  3. Bboy-style.de: Breakdance in Deutschland – es begann in den 80er Jahren. Abgerufen am 27. Juli 2016.
  4. Freshbeatz.com: HipHop Open 26.07.2003. Abgerufen am 26. Juli 2016.
  5. Intro.de: Label-Special: Rap Nation Records. Abgerufen am 26. Juli 2016.
  6. Rap-n-blues.com: „Lost in Music“: Eine Doku über Hip-Hop in Deutschland von 1993 (Full Stream). Abgerufen am 16. Dezember 2016.
  7. Raputation.de: Lost in Music – Dokumentarreihe der „zeitgenössischen Jugenmusik-Szene“ (1992-1998). Abgerufen am 16. Dezember 2016.
  8. 90erhiphop.de: SWAT Posse: Geburtstagsfeier in Berlin mit SMC, Adrian, F.A.B., Spax, DJ Tomekk u.a. (1995). Abgerufen am 3. Januar 2017.
  9. Tip-berlin.de: Die Anfänge des HipHop in Berlin. Abgerufen am 3. Januar 2017.
  10. Tip-berlin.de: 20 Jahre Backjumps. Abgerufen am 3. Januar 2017.
  11. Hashk.free.fr: Backjumps, Ausgaben 9 und 10, 1996. Abgerufen am 3. Januar 2017.
  12. 90erhiphop.de: B-Town Flavor: SMC, Rebel One und Spaiche bei VIVA Freestyle (1995). Abgerufen am 26. Juli 2016.
  13. Hiphopmobil.de: Start. Abgerufen am 20. Juli 2016.
  14. Taz.de: ‚Ich hab schon 10.000, Mann‘. Abgerufen am 20. Juli 2016.
  15. a b Spiegel.de: Rotzige Attitüde, große Klappe: Was wurde aus Aggro Berlin? Abgerufen am 27. Juli 2016.
  16. Mittelbayerische.de: Deutscher Hip Hop auf der Erfolgswelle. Abgerufen am 24. Juli 2016.
  17. Juice, Ausgabe Mai 2005, Rap auf dem Index, S. 56-63
  18. Youtube.com: The Freshest Kids: The History of the B-Boy (Full Documentary). Abgerufen am 16. Dezember 2016.
  19. Laut.de: Universal vertreibt Sido und Co. Abgerufen am 24. Juli 2016.
  20. Sz-magazin.sueddeutsche.de: Ein bisschen krass muss sein – Seite 2. Abgerufen am 27. Juli 2016.
  21. Hiphop-labels.de: Aggro TV – was aus dem Indie-Label Aggro Berlin wurde. Abgerufen am 28. Juli 2016.
  22. Gold1networks.com: Service Details. Abgerufen am 21. Juli 2016.
  23. Gold1networks.com: Network. Abgerufen am 21. Juli 2016.
  24. Musikmarkt.de: Groove Attack: neues Label Punchline mit Aggro-Berlin-Gründer. Abgerufen am 22. Juli 2016.
  25. Rap.de: Punchline: KinG Eazy neues Signing. Abgerufen am 22. Juli 2016.
  26. Tagesspiegel.de: Diskussion zu ‚Rap & Islam‘ – Gott will, dass wir rappen, Digga! Abgerufen am 24. Juli 2016.
  27. Taz.de: Mutterficker und Dschihadisten. Abgerufen am 24. Juli 2016.
  28. Ardmediathek.de: Leiden schafft. Abgerufen am 27. Juli 2016.
  29. Programm.ard.de: Leiden schafft. Abgerufen am 27. Juli 2016.