C/1964 L1 (Tomita-Gerber-Honda)

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C/1964 L1 (Tomita-Gerber-Honda)[ i ]
Eigenschaften des Orbits (Animation)
Epoche: 21. August 1964 (JD 2.438.628,5)
Orbittyp langperiodisch
Numerische Exzentrizität 0,99593
Perihel 0,500 AE
Aphel 245,5 AE
Große Halbachse 123,0 AE
Siderische Umlaufzeit ~1364 a
Neigung der Bahnebene 161,8°
Periheldurchgang 30. Juni 1964
Bahngeschwindigkeit im Perihel 59,5 km/s
Geschichte
Entdecker Kōichirō Tomita, Friedrich Wilhelm Gerber, Minoru Honda
Datum der Entdeckung 6. Juni 1964
Ältere Bezeichnung 1964 VI, 1964c
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C/1964 L1 (Tomita-Gerber-Honda) ist ein Komet, der im Jahr 1964 mit dem bloßen Auge beobachtet werden konnte.

Entdeckung und Beobachtung

Dieser Komet wurde von drei Beobachtern unabhängig voneinander entdeckt. Am frühen Morgen des 7. Juni 1964 (Ortszeit) fand ihn Kōichirō Tomita an der Dodaira Station des National Astronomical Observatory of Japan. Er schätzte seine Helligkeit auf 6 mag. Der Komet war zu diesem Zeitpunkt noch 0,75 AE von der Sonne und 0,97 AE von der Erde entfernt. Der deutsche Amateurastronom Friedrich Wilhelm Gerber war in Lucas González in Argentinien als evangelischer Pastor tätig. Am 8. Juni war er früh aufgestanden, um Wasser für das Waschen seiner Kleidung zu erhitzen. In der Zwischenzeit wollte er mit einem kleinen Fernglas den Himmel beobachten, als er diesen Kometen fand. Er brachte rasch sein Teleskop in Stellung und erkannte ein verwaschenes Objekt mit der Andeutung eines Schweifs. Minoru Honda war ein erfahrener Kometenjäger aus Kurashiki, Okayama, der bereits 8 Kometen entdeckt hatte. Bei einer seiner routinemäßigen Suchen am frühen Morgen des 10. Juni (Ortszeit) fand er ebenfalls diesen Kometen.

In den folgenden Tagen konnte die Entdeckung durch Beobachtungen an mehreren Observatorien in Australien, Südafrika und Arizona bestätigt werden. Am 13. Juni konnte der Komet erstmals bei einer Helligkeit von etwa 5 mag in Südafrika mit bloßem Auge beobachtet werden, der Schweif war etwa ¾° lang. Am 1. Juli wurde von einem Beobachter in Texas von einer Helligkeit von 4,5 mag und einer Schweiflänge von 2° berichtet. Die Helligkeit nahm darauf wieder ab und sank gegen Mitte des Monats unter 6 mag.

Die letzten Beobachtungen gelangen Elizabeth Roemer an der Flagstaff Station des United States Naval Observatory am 11. und 26. Januar 1965 mit einem 102-cm-Teleskop bei einer Helligkeit von 18–19 mag. Anfang März konnte der Komet nicht mehr aufgefunden werden.[1][2][3]

Wissenschaftliche Auswertung

Am Department of Astronomy der University of Michigan konnten zwischen dem 4. und 10. Juli 1964 Fotografien und Spektrogramme des Kometen aufgenommen werden. In einem Spektrum der Koma konnten die Linien von CN und C2 nachgewiesen werden. Im Spektrum des Schweifs konnten keine Linien beobachtet werden.[4]

In einer weiteren Untersuchung vom Washburn Observatory in Wisconsin wurde über die beobachtete Wechselwirkung zwischen der Sonnenaktivität und den Veränderungen im Schweif des Kometen berichtet.[5]

Brian Marsden hatte 1970 aus 16 Beobachtungen über 230 Tage Bahnelemente einer elliptischen Umlaufbahn für den Kometen bestimmt.[6] Marsden, Zdenek Sekanina und Edgar Everhart nutzten sie später als Grundlage für die Berechnung der ursprünglichen und zukünftigen Bahn des Kometen.[7]

Umlaufbahn

Für den Kometen konnte aus 16 Beobachtungsdaten über einen Zeitraum von 229 Tagen eine elliptische Umlaufbahn bestimmt werden, die um rund 162° gegen die Ekliptik geneigt ist.[8] Die Bahn des Kometen steht damit leicht schräg gestellt zu den Bahnebenen der Planeten, er durchläuft seine Bahn gegenläufig (retrograd) zu ihnen. Im sonnennächsten Punkt (Perihel), den der Komet am 30. Juni 1964 durchlaufen hat, war er noch etwa 74,9 Mio. km von der Sonne entfernt und befand sich damit im Bereich zwischen den Umlaufbahnen des Merkur und der Venus.

Wenn die Bahn eines Kometen nur eine geringe Neigung zur Ekliptik besitzt, wie bei diesem, sind mehrere nahe Begegnungen mit den Planeten zu erwarten, die die Bahn des Kometen beeinflussen können. Der Komet näherte sich nicht nur einigen der kleinen Planeten bis auf geringe Abstände, sondern es erfolgten auch mehrere Annäherungen an die großen Planeten, einige davon sogar außergewöhnlich nahe:

Annäherungen von C/1964 L1 an die Planeten (Auswahl)
Datum Planet Min. Abstand (in AE)
November 1963 Jupiter 1,9
März 1964 Saturn 8,5
19. April 1964 Mars 0,40
4. Juni 1964 Merkur 0,40
23. Juni 1964 Erde 0,51
23. Juni 1964 Venus 0,23
16. Juli 1964 Merkur 0,25
1. November 1964 Mars 0,86
Dezember 1965 Jupiter 2,5

Die Annäherung an die Erde entspricht einer Entfernung von etwa 76,3 Mio. km. In der Nähe des aufsteigenden Knotens seiner Umlaufbahn bewegte sich der Komet um den 8. Juni 1964 in unmittelbarer Nähe zur Venusbahn, und zwar in nur etwa 4070 km (0,000027 AE) Abstand dazu. Die Venus erreichte diese Stelle ihrer Bahn aber erst 6 Wochen später um den 22. Juli.

Nach den Bahnelementen von Marsden, die keine nicht-gravitativen Kräfte auf den Kometen berücksichtigen, hatte seine Bahn lange vor seiner Passage des inneren Sonnensystems noch eine Exzentrizität von etwa 0,99596 und eine Große Halbachse von etwa 123,0 AE, so dass seine Umlaufzeit bei etwa 1363 Jahren lag. Somit könnte der vorangegangene Periheldurchgang um das Jahr 601 (Unsicherheit ±4 a) erfolgt sein. Durch die Anziehungskraft der Planeten, insbesondere durch die nahen Vorbeigänge an den großen Planeten, wurde seine Bahnexzentrizität auf etwa 0,99519 und seine Große Halbachse auf etwa 105,1 AE verringert, so dass sich seine Umlaufzeit auf etwa 1076 Jahre verkürzt. Wenn der Himmelskörper um das Jahr 2502 den sonnenfernsten Punkt (Aphel) seiner Bahn erreicht, wird er etwa 31,4 Mrd. km von der Sonne entfernt sein, fast 210-mal so weit wie die Erde und 7-mal so weit wie Neptun. Seine Bahngeschwindigkeit im Aphel beträgt nur etwa 0,14 km/s. Der nächste Periheldurchgang des Kometen wird möglicherweise um das Jahr 3040 (Unsicherheit ±2,5 a) stattfinden.[9]

Meteorschauer auf der Venus

Die Umlaufbahn des Kometen kommt der Umlaufbahn der Venus bis auf wenige Tausend km nahe, das ist weniger als der Durchmesser des Planeten. Staubpartikel des Kometen, die sich entlang seiner Umlaufbahn bewegen, dürften also regelmäßig Meteorschauer auf der Venus verursachen – immer dann, wenn die Venus etwa alle 225 Tage eine bestimmte Stelle ihrer Bahn durchläuft. Die Meteore dringen dann mit 80 km/s auf der Morgenseite des Planeten in dessen Atmosphäre ein.[10][11]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. J. G. Porter: Comets (1964). In: Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society. Bd. 6, Nr. 3/4, 1965, S. 336–346, bibcode:1965QJRAS...6..336P (PDF; 239 kB).
  2. J. G. Porter: Comets (1965). In: Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society. Bd. 7, Nr. 3, 1966, S. 204–215, bibcode:1966QJRAS...7..204. (PDF; 384 kB).
  3. G. W. Kronk, M. Meyer: Cometography – A Catalog of Comets. Volume 5: 1960–1982. Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-87226-3, S. 117–120.
  4. F. D. Miller: Comments on Comet Tomita-Gerber-Honda (1964 c). In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. Bd. 78, Nr. 460, 1966, S. 57–60, doi:10.1086/128292 (PDF; 101 kB).
  5. M. F. A’Hearn: Correlation of Solar Activity and Features in the Tail of Comet 1964 c. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. Bd. 77, Nr. 457, 1965, S. 257–259, doi:10.1086/128212 (PDF; 114 kB).
  6. B. G. Marsden: Comets. In: Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society. Bd. 11, Nr. 3, 1970, S. 221–235, bibcode:1970QJRAS..11..221M (PDF; 272 kB).
  7. B. G. Marsden, Z. Sekanina, E. Everhart: New Osculating Orbits for 110 Comets and Analysis of Original Orbits for 200 Comets. In: The Astronomical Journal. Bd. 83, Nr. 1, 1978, S. 64–71, doi:10.1086/112177 (PDF; 900 kB).
  8. C/1964 L1 (Tomita-Gerber-Honda) in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
  9. A. Vitagliano: SOLEX 12.1. Abgerufen am 9. Juli 2020 (englisch).
  10. A. A. Christou: Annual meteor showers at Venus and Mars: lessons from the Earth. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Bd. 402, Nr. 4, 2010, S. 2759–2770, doi:10.1111/j.1365-2966.2009.16097.x (PDF; 629 kB).
  11. A. A. Christou, J. Vaubaillon: Numerical Modeling of Cometary Meteoroid Streams Encountering Mars and Venus. In: Meteoroids: The Smallest Solar System Bodies. Conference Proceedings, 2011, S. 26–30 (PDF; 183 kB).