Cabriit

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Cabriit
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1981-057[1]

Chemische Formel Pd2CuSn[2][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Elemente – Metalle und intermetallische Legierungen
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
1.AG.30
01.02.08.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[3]
Raumgruppe Pmmm (Nr. 47)Vorlage:Raumgruppe/47[2]
Gitterparameter a = 7,88 Å; b = 7,88 Å; c = 3,94 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Zwillingsbildung polysynthetisch
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 4,5[4] (VHN50 = 258–282, durchschnittlich 272 kg/mm2)[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 11,1; berechnet: 10,7[5]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe weiß mit Graustich, rosa Tönung in Abhängigkeit von Wirtsmineralen[6]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz[5]

Cabriit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Elemente“ mit der chemischen Zusammensetzung Pd2CuSn[2] und damit chemisch gesehen eine natürliche Legierung, genauer eine Intermetallische Verbindung aus Palladium, Kupfer und Zinn.

Cabriit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem, konnte jedoch bisher nur in Form von bis zu vier Millimeter großen Körner von weißer, graustichiger Farbe mit einem metallischen Glanz gefunden. In Abhängigkeit von den jeweiligen Wirtsmineralen, mit denen Cabriit verwachsen vorkommt, kann Cabriit auch eine mehr oder weniger starke rosa bis zartviolette Tönung aufweisen.

Etymologie und Geschichte

Entdeckt wurde Cabriit in Proben von Mooihoekit- und Putoraniterzen, aus denen einzelne Körner des neuen Minerals gewonnen werden konnten. Die Proben wurden in der Grube Oktyabr'skoye (auch Oktyabrsky, Oktyabr'sky oder Oktyabr'skoe), einer Kupfer-Nickel-Sulfid-Lagerstätte bei Talnach (englisch Talnakh) etwa 60 km westlich vom Lamasee im Putorana-Gebirge auf der zum russischen Föderationsgebiet Sibirien gehörenden Taimyrhalbinsel entnommen. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch T. L. Evstigneeva (russisch Т. Л. Евстигнеева) und Alexandr Dimitrievich Genkin (1920–2010), die das Mineral nach dem kanadischen Mineralogen Louis J. Cabri (* 1939) benannten.[6]

Die Untersuchungsergebnisse und der gewählte Name wurden 1981 bei der International Mineralogical Association zur Prüfung eingereicht (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1981-057[1]), die den Cabriit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung folgte zwei Jahre später im Fachmagazin The Canadian Mineralogist.

Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum (FMM) der Russischen Akademie der Wissenschaften und in der Sammlung des Instituts für Geologie, Petrographie, Mineralogie und Geochemie (IGEM) in Moskau sowie im Geological Survey of Canada (GSC) in Ottawa aufbewahrt.[7][8]

Klassifikation

Da der Cabriit erst 1981 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. I/A.17-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Elemente“ und dort der Abteilung „Metalle und intermetallische Verbindungen“, wobei in den Gruppen I/A.13 bis I/A.17 die Platinmetalle und Platin-Eisen-Verbindungen sowie Verbindungen mit Zinn/Blei und Verwandte eingeordnet sind. Cabriit bildet hier zusammen mit Paolovit, Taimyrit und Tatyanait eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe/die „Gruppe“ (Stand 2018).[4]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cabriit ebenfalls in die Abteilung der „Metalle und intermetallische Verbindungen“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, die entsprechend ihrer verwandten Eigenschaften in Metallfamilien eingeteilt wurden. Cabriit ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „PGE-Metall-Legierungen“ zu finden, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 1.AG.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cabriit in die Klasse und dort in die gleichnamige Abteilung der „Elemente“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 01.02.08 innerhalb der Unterabteilung „Platingruppenmetalle und -legierungen“ zu finden.

Chemismus

In der idealen (theoretischen) Zusammensetzung von Cabriit (Pd2CuSn) besteht das Mineral im Verhältnis aus zwei Teilen Palladium (Pd) und je einem Teil Kupfer (Cu) und Zinn (Sn). Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) von 53,87 Gew.-% Pd, 16,08 Gew.-% Cu und 30,05 Gew.-% Sn.[10]

Insgesamt acht Mikrosondenanalysen an natürlichen Mineralproben aus der Typlokalität Oktyabr'skoye bei Talnach ergaben allerdings abweichende Zusammensetzungen von 49,5 bis 55,5 Gew.-% Pd, 12,7 bis 17,28 Gew.-% Cu und 27,5 bis 30,11 Gew.-% Sn sowie zusätzliche Gehalte von 0,0 bis 7,1 Gew.-% Platin (Pt), 0,0 bis 2,0 Gew.-% Silber (Ag) und 0,0 bis 2,2 Gew.-% Antimon (Sb). Platin und Silber können dabei Anteile des Palladiums und Antimon einen Teil des Zinns diadoch ersetzen.[6]

Kristallstruktur

Cabriit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pmmm (Raumgruppen-Nr. 47)Vorlage:Raumgruppe/47 mit den Gitterparametern a = 7,88 Å, b = 7,88 Å und c = 3,94 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Bildung und Fundorte

Cabriit bildet sich in massiven Mooihoekit- und Putoraniterzen und Galenit-Chalkopyrit-Adern. Als Begleitminerale können neben den genannten unter anderem noch Auricuprid, Froodit, Geversit, Kassiterit, Magnetit, Paolovit, Polarit, Silber, Sobolevskit, Sperrylith, Sphalerit, Stannit, Talnakhit und Valeriit auftreten.[5]

Als seltene Mineralbildung konnte Cabriit nur an wenigen Orten entdeckt werden, wobei weltweit bisher 13 Fundstellen dokumentiert sind (Stand 2020). Außer an seiner Typlokalität, der Grube Oktyabr'skoye bei Talnach (englisch Talnakh) trat das Mineral noch an weiteren Stellen in der Region Krasnojarsk wie unter anderem in den Cu-Ni-Lagerstätten der Umgebung von Norilsk, in der Severniy Mine (auch Severnaya Mine) und am Berg Dzhaltul nahe dem Fluss Kureika sowie in der ultramafitisch differenzierte Intrusion Kingash und im Il’chir Ophiolit-Gürtel mit Ophiolith, Chromitit, Dunit, Harzburgit und Serpentinit im Sajangebirge der Republik Tuwa. Daneben fand sich Cabriit in Russland noch im Ognit-Komplex im Birjussa-Uda-Gebiet der Oblast Irkutsk.[11]

Weitere bisher bekannte Fundorte sind die Muskox-Intrusion nahe dem Coppermine River in den kanadischen Provinzen Nordwest-Territorien und Nunavut sowie eine unbenannte Prospektion bei Thetford Mines nahe dem Black Lake in der Provinz Québec, der Magnetit-Kupfersulfid-U-Zr-Apatit-Vermiculit-Tagebau Palabora bei Loolekop in der Provinz Limpopo sowie die Mooihoek Farm und die Onverwacht-Mine bei Lydenburg in Südafrika, die Kapalagulu-Intrusion am Tanganjikasee in Tansania und der Platinmetall-Lagerstätte Mesaba im Gebiet der Ely und Hoyt Lakes im St. Louis County des US-Bundesstaates Minnesota.[11]

Siehe auch

Literatur

  • T. L. Evstigneeva, A. D. Genkin: Cabriite Pd2SnCu, a new species in the mineral group of palladium, tin and copper compounds. In: The Canadian Mineralogist. Band 21, 1983, S. 481–487 (englisch, rruff.info [PDF; 954 kB; abgerufen am 28. September 2020]).
  • Pete J. Dunn, L. J. Cabri, J. A. Ferraiolo, Joel D. Grice, John Leslie Jambor, W. Mueller, J. E. Shigley, J. Puziewicz, D. A. Vanko: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 69, 1984, S. 1190–1196 (englisch, rruff.info [PDF; 678 kB; abgerufen am 28. September 2020]).

Weblinks

  • Cabriit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 28. September 2020.
  • Cabriite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
  2. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X (englisch).
  3. David Barthelmy: Cabriite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d Cabriite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 28. September 2020]).
  6. a b c T. L. Evstigneeva, A. D. Genkin: Cabriite Pd2SnCu, a new species in the mineral group of palladium, tin and copper compounds. In: The Canadian Mineralogist. Band 21, 1983, S. 481–487 (englisch, rruff.info [PDF; 954 kB; abgerufen am 28. September 2020]).
  7. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 131 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 28. September 2020.
  8. The Depositories of Mineral Type Specimens. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 28. September 2020.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
  10. Cabriit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 28. September 2020.
  11. a b Fundortliste für Fundorte beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 28. September.