Cormac McCarthy

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McCarthy (1968)

Cormac McCarthy (eigentlich Charles McCarthy[1]; * 20. Juli 1933 in Providence, Rhode Island) ist ein US-amerikanischer Roman-Autor. McCarthy wurde unter anderem mit dem Pulitzer-Preis und dem National Book Award ausgezeichnet.

Leben

Kindheit, Ausbildung, erste Erfolge als Schriftsteller

McCarthy wurde in Providence, Rhode Island geboren und zog mit seiner Familie im Jahre 1937 nach Knoxville, Tennessee, wo er die Knoxville Catholic High School besuchte. Er war das dritte von sechs Kindern, davon drei Schwestern und zwei Brüder; sein Vater war von 1934 bis 1967 Anwalt für die Tennessee Valley Authority.[2]

McCarthy begann ein Kunststudium an der University of Tennessee im Jahre 1951, ging jedoch 1953 für vier Jahre zur United States Air Force. Zwei Jahre davon verbrachte er in Alaska, wo er ein Radioprogramm betreute. 1957 ging er an die University of Tennessee zurück. Während dieser Zeit erschienen zwei seiner Kurzgeschichten, Wake for Susan und A Drowning Incident in der Studentenzeitung The Phoenix.[3] 1959 erhielt er ein Stipendium der Ingram Merrill Foundation, verließ die Universität jedoch 1961 ohne Abschluss und zog nach Chicago, wo er bei einer Firma für Autoersatzteile arbeitete und nebenher seinen ersten Roman begann. Dort heiratete er seine Mitstudentin aus Tennessee, Lee Holleman. Das Paar bekam einen Sohn, Cullen, und zog nach Tennessee zurück, trennte sich jedoch bereits nach kurzer Zeit. McCarthy begann ein unstetes Leben, zog nach Asheville, North Carolina, schließlich nach New Orleans, lebte von Gelegenheitsarbeiten und schrieb immer wieder an seinem Roman.[4]

Karriere als Schriftsteller

McCarthys erster Roman, The Orchard Keeper, kam 1965 im Verlag Random House heraus. Er hatte sich entschlossen, das Manuskript an Random House zu schicken, „weil es der einzige Verlag war, von dem ich gehört hatte.“ Bei Random House kam sein Manuskript auf den Tisch von Albert Erskine, der bis zu dessen Tod im Jahre 1962 William Faulkners Lektor gewesen war. Erskine betreute McCarthy für die nächsten zwanzig Jahre.

Im Sommer 1965 erhielt McCarthy ein Stipendium der American Academy of Arts and Letters für eine Reise nach Irland. Auf dem Passagierschiff traf er Anne DeLisle, die dort als Sängerin arbeitete. Im Jahre 1966 heirateten die beiden in England. Ebenfalls 1966 bekam er ein Stipendium der Rockefeller Foundation, mit dem er eine Reise durch Südeuropa finanzierte. Das Paar ließ sich eine Zeitlang auf Ibiza nieder, wo McCarthy seinen zweiten Roman Outer Dark (deutsch: Draußen im Dunkeln) schrieb, der 1968 erschien und von der Kritik sehr wohlwollend aufgenommen wurde.[4]

1969 zogen die McCarthys nach Louisville, Tennessee, wo sie eine Scheune kauften und ausbauten, jedoch nach Aussage Anne deLisles in Armut lebten.[4] Dort schrieb McCarthy seinen nächsten Roman Child of God (1973), der auf damals aktuellen Ereignissen in den südlichen Appalachen basierte.

1976 trennte sich McCarthy von Anne DeLisle und ging nach El Paso, Texas. Drei Jahre später erschien sein Roman Suttree (deutsch: Verlorene), an dem er zwanzig Jahre lang immer wieder gearbeitet hatte.[5]

Mithilfe eines 1981 gewährten MacArthur Fellowships schrieb er seinen nächsten Roman Blood Meridian, or the Evening Redness in the West (1985 / deutsch: Die Abendröte im Westen). Bei einer Umfrage des The New York Times Magazines 2006 bei Schriftstellern und Verlagsmitarbeitern nach den einflussreichsten amerikanischen Romanen der vergangenen 25 Jahre kam Blood Meridian auf den dritten Platz hinter Toni Morrisons Beloved und Don DeLillos Underworld.

McCarthy wurde 1992 einem breiteren Publikum bekannt, als sein Roman All the Pretty Horses (deutsch: All die schönen Pferde) den „National Book Award“ gewann. Mit dieser Veröffentlichung erzielte er auch erstmals einen kommerziellen Erfolg – verkaufte er von seinen vorherigen 5 Romanen jeweils ca. 5000 Hardcoverausgaben, waren es bei dieser Publikation innerhalb von 6 Monaten 190.000 Bücher.[5][6] Erstmals konnte er sich hiermit auch auf der The New York Times Best Seller list platzieren und erreichte in 8 Wochen auf dieser Bestsellerliste als höchste Notierung Rang 12.[7] Kurz darauf folgten die beiden anderen Romane einer Trilogie, The Crossing und Cities of the Plain. Handlungsort dieser drei Romane ist der Westen der USA. In dieser Zeit erschien auch McCarthys zweites Bühnenstück The Stonemason. Noch davor in den siebziger Jahren hatte er ein Drehbuch unter dem Titel The Gardener’s Son geschrieben. McCarthys nächster Roman No Country for Old Men (2005 / deutsch: Kein Land für alte Männer) hatte seinen Handlungsschauplatz erneut im Südwesten und behandelte ähnliche Themen, spielt jedoch in der Gegenwart. Der Roman wurde 2007 von Ethan und Joel Coen verfilmt und mit über 75 Filmpreisen weltweit ausgezeichnet, darunter vier Oscars. 2006 erschien sein dystopischer Roman Die Straße, wurde international hoch gelobt und mit dem Pulitzer-Preis für Literatur ausgezeichnet. Die Verfilmung The Road von John Hillcoat nach einem Drehbuch von Joe Penhall lief am 25. November 2009 in den amerikanischen Kinos an. Die Hauptrollen übernahmen Viggo Mortensen und Kodi Smit-McPhee.

Ebenfalls im Jahre 2006 publizierte McCarthy ein weiteres Theaterstück mit dem Titel The Sunset Limited.

McCarthy hat 2015 in einem Interview geäußert, an einem weiteren Roman zu arbeiten, der in den 1980er Jahren in New Orleans spielt. Er handelt von einer genialen 20-jährigen Mathematikerin und Violinistin, die sich in einer psychiatrischen Klinik aufhält, da sie an Schizophrenie leidet. Erzählt wird die Geschichte rückblickend von ihrem Bruder, sieben Jahre nach ihrem Tod.[8]

Die Texas State University-San Marcos kaufte vor kurzer Zeit die Unterlagen McCarthys an. Eingeschlossen ist ein nicht fertiggestellter Roman mit dem Arbeitstitel The Passenger. Dies könnte unter Umständen das oben beschriebene Buchprojekt über New Orleans sein, da McCarthy an drei neuen Romanen arbeitet.[9]

Im März 2022 bestätigte die New York Times die Veröffentlichung der beiden zusammenhängende Bände The Passenger und Stella Maris für den Herbst 2022.[10] Nahezu zeitgleich erscheint die deutsche Übersetzung des Doppelromans zweibändig im Rowohlt Verlag.[11]

Privatleben

McCarthy lebt zurzeit (2010) in der Gegend von Tesuque, New Mexico, nördlich von Santa Fe mit seiner dritten Frau Jennifer Winkley und seinem Sohn.[12] Er scheut die Öffentlichkeit. In einem der wenigen Interviews mit der The New York Times sagte McCarthy, dass er Schriftsteller nicht schätze, die sich nicht mit den „Fragen von Leben und Tod beschäftigen“. Er führte als Beispiele Henry James und Marcel Proust an und sagte „Ich verstehe sie nicht. Für mich ist das keine Literatur. Eine Menge Autoren, von denen man denkt, sie wären gut, finde ich eigenartig.“[5] McCarthy ist aktiv in das akademische Leben in Santa Fe eingebunden und verbringt viel Zeit am Santa Fe Institute, das von seinem Freund, dem Physiker Murray Gell-Mann, gegründet wurde.

Cormac McCarthy hat zwei Kinder.

Stil

Kennzeichnend für seinen sehr drastischen Stil, in dem er die schicksalhaften Verstrickungen seiner Helden am Rande der US-amerikanischen Gesellschaft schildert, ist sein naturalistischer Verismus. Neben anschaulichen Naturbeschreibungen findet man Dialoge, die der Realität entnommen scheinen, aber auch Beschreibungen, die Vorgänge mystifizieren.

In einem Interview mit der US-amerikanischen Talkmasterin Oprah Winfrey, das in der Bibliothek des Santa Fe Institute aufgezeichnet wurde, erklärte McCarthy, dass er persönlich keine Schriftsteller kenne und den Umgang mit Wissenschaftlern vorziehe.[13] Zur äußeren Form seiner Bücher sagte McCarthy, dass er einfache Aussagesätze schätze. Weiterhin, dass er hin und wieder Großbuchstaben, Punkte und hin und wieder ein Komma verwende. Er benutze keine Anführungszeichen und meinte, es gebe keine Gründe, die Buchseiten mit „komischen kleinen Zeichen zu überstreuen“. McCarthys Zeichensetzung orientiert sich nicht am Schulstandard, sondern am von ihm gewünschten und so auch hervorgerufenen Textverständnis.

Rezeption

Für viele seiner Bücher erhielt McCarthy literarische Auszeichnungen. Sein Buch Blood Meridian von 1985 wurde in einer Liste des Magazines Time aufgeführt, aufgrund einer Umfrage über die 100 besten Bücher in englischer Sprache, erschienen zwischen den Jahren 1923 und 2005.[14] In einer Umfrage von 2006, veranstaltet von der The New York Times zum besten amerikanischen Roman, publiziert in den letzten 25 Jahren, stand er sehr weit oben.[15] Der Literaturkritiker Harold Bloom bezeichnete ihn als einen der vier wichtigsten lebenden amerikanischen Romanschriftsteller, zusammen mit Don DeLillo, Thomas Pynchon und Philip Roth.[16] Häufig wird er von Literaturkritikern mit William Faulkner verglichen. McCarthy wird zunehmend als Nobelpreiskandidat in der gewöhnlich hierzu gut unterrichteten schwedischen Zeitung Svenska Dagbladet genannt.[17]

McCarthy schrieb weiterhin zwei Theaterstücke.

Auszeichnungen

Für seine Bücher wurde er unter anderem mit dem Faulkner Award, dem American Academy Award, dem National Book Award, dem National Book Critics Circle Award und 2007 für seinen Roman „The Road“ (dt. Die Straße) mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Die japanische Maltese Falcon Society verlieh ihm 2008 den Maltese Falcon Award für seinen verfilmten Roman No Country for Old Men (dt.: Kein Land für alte Männer). Ferner ist er seit 1994 gewähltes Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und seit 2012 der American Philosophical Society.[18]

Bibliographie

Romane

  • 1965 The Orchard Keeper
    • Der Feldhüter, dt. von Nikolaus Stingl; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2015, ISBN 978-3-499-26798-7.
  • 1968 Outer Dark
    • Draußen im Dunkel, dt. von Hans Wolf; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-498-04331-5.
  • 1974 Child of God
    • Ein Kind Gottes, dt. von Nikolaus Stingl; Rowohlt Taschenbuch V., Reinbek bei Hamburg 2014. ISBN 978-3-499-26799-4.
  • 1979 Suttree
    • Verlorene, dt. von Hans Wolf; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992, ISBN 3-498-04319-6.
  • 1985 Blood Meridian, Or the Evening Redness in the West
  • 1992 All the Pretty Horses
  • 1994 The Crossing
  • 1998 Cities of the Plain
    • Land der Freien, dt. von Nikolaus Stingl; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-498-04472-9.
  • 2005 No Country for Old Men
  • 2006 The Road
  • 2022 The Passenger
    • Der Passagier, dt. von Nikolaus Stingl; Rowohlt, Hamburg 2022. ISBN 978-3-498-00337-1.
  • 2022 Stella Maris

Theaterstücke, Drehbücher

  • Whales and Men [unveröffentlicht]
  • 1984 Cities of the Plain [unveröffentlicht]
  • 1994 The Stonemason: A Play in Five Acts
  • 1996 The Gardener’s Son: A Screenplay
  • No Country for Old Men [unveröffentlicht]
  • 2006 Sunset Limited (Bühnenstück)
  • 2012 The Counselor
    • Der Anwalt, dt. von Nikolaus Stingl; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2013, ISBN 978-3-499-26724-6.

Verfilmungen

Sekundärliteratur

  • Sascha Löwenstein: Das lebendige Ich – Grundzüge einer literarischen Anthropologie in Cormac McCarthys The Road. in: Thomas Maier, Sascha Löwenstein (Hrsg.): Schöner Sterben. Vorträge zur Literatur beim Heinrich von Veldeke Kreis. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2013, S. 26–58
  • Andreas Mauz: Der Strasse entlang. Über Cormac McCarthys ‚The Road’ (2006). in: David Plüss et al. (Hrsg.): Im Auge des Flaneurs. Fundstücke zur religiösen Lebenskunst. Festschrift Albrecht Grözinger. TVZ, Zürich 2009 (Christentum und Kultur, 11), S. 275–287
  • Christoph Schneider: Pastorale Hoffnungslosigkeit. Cormac McCarthys Melancholie und das Böse. in: Natalia Borissova, Susi K. Frank, Andreas Kraft (Hrsg.): Zwischen Apokalypse und Alltag. Kriegsnarrative des 20. und 21. Jahrhunderts. Transcript. Bielefeld 2009 ISBN 3-8376-1045-4 S. 171–200

Weblinks

Commons: Cormac McCarthy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Don Williams: Cormac McCarthy Crosses the Great Divide, New Millennium Writings. Archiviert vom Original am 3. März 2016. 
  2. Edwin T. Arnold: Perspectives on Cormac McCarthy. Univ. Press of Mississippi, 2012, ISBN 978-1-60473-650-2, S. 2.
  3. Stephen Tatum: Cormac McCarthy's All the Pretty Horses: A Reader's Guide. A&C Black, 2002, ISBN 978-0-8264-5246-7, S. 14.
  4. a b c Edwin Arnold: Perspectives on Cormac McCarthy. University Press of Mississippi, 1999, ISBN 1-57806-105-9.
  5. a b c Richard Woodward: Cormac McCarthy’s Venomous Fiction, The New York Times. 19. April 1992. Abgerufen am 24. August 2006. 
  6. Ken Miyamoto: 25 Rare Cormac McCarthy quotes on writing. In: screencraft.org. 10. September 2017, abgerufen am 29. Juni 2021.
  7. Best Sellers: June 7, 1992. In: The New York Times. Abgerufen am 29. Juni 2021.
  8. Ulrike Duhm: Genie und Wahnsinn. Cormac McCarthy ist der große Einzelgänger der US-Literatur. In: Süddeutsche Zeitung. 16. September 2015, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  9. Cormac McCarthy archive goes on display in Texas | Books | guardian.co.uk. Guardian. Abgerufen am 11. Januar 2010.
  10. The New York Times. 8 March 2022. https://www.nytimes.com/2022/03/08/books/cormac-mccarthy-new-novels.html.
  11. https://www.rowohlt.de/magazin/aus-dem-verlag/cormac-mccarthy-doppelroman-herbst-rowohlt
  12. Fred Brown, Cormac McCarthy: On the trail of a legend; Author’s writing reveals how East Tennessee shaped the man (Memento vom 29. März 2010 im Internet Archive), Knoxville News Sentinel, 16. Dezember 2007
  13. Your Reader’s Guide to The Road, www.oprah.com. 
  14. Lev Grossman and Richard Lacayo: All Time 100 Novels - The Complete List. In: Time. Abgerufen am 15. Oktober 2020.
  15. What Is the Best Work of American Fiction of the Last 25 Years?, The New York Times.  abgerufen am 3. Juni 2008
  16. Harold Bloom: Dumbing down American readers. In: Literary critic, Boston Globe, 24. September 2003. Abgerufen am 4. Dezember 2009. 
  17. Svenska Dagbladet, 7. Oktober 2010: ”
    Här är favoriterna till litteraturpriset…
    ” (deutsch: „Das sind die Favoriten für den Literaturpreis…“) oder auch Svenska Dagbladet, 7. Oktober 2009, zuletzt geändert am 8. Oktober 2009: ”
    Vem tror/vill du ska få årets Nobelpris i litteratur?
    ” (deutsch: „Von wem glaubst du / möchtest Du, daß er den Nobelpreis für Literatur in diesem Jahr bekommt?“)
  18. Member History: Cormac McCarthy. American Philosophical Society, abgerufen am 2. Februar 2019.
  19. FAZ vom 7. Oktober 2010, Seite 31: Die Welt im allegorischen Stadium