Cuno-Kraftwerk
Cuno-Kraftwerk | |||
---|---|---|---|
Das Cuno-Kraftwerk in Herdecke mit den ehemals denkmalgeschützten Kesselhäusern | |||
Lage | |||
| |||
Koordinaten | 51° 24′ 1″ N, 7° 24′ 28″ O | ||
Land | Deutschland | ||
Gewässer | Harkortsee, Ruhr | ||
Daten | |||
Typ | Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk | ||
Primärenergie | Fossile Energie | ||
Brennstoff | Steinkohle (1908–1970), Sekundärbrennstoffe (2001–2004), Erdgas (1970–1982, ab 2007) | ||
Leistung | Block H6: 417 Megawatt (ab 2007) | ||
Eigentümer | Mark-E | ||
Betriebsaufnahme | 1908 | ||
Schornsteinhöhe | 240 m | ||
Ansicht der GuD-Anlage (rechter Kraftwerksteil) | |||
Der 240 Meter hohe Schornstein von oben |
Das Cuno-Kraftwerk ist ein Kraftwerksstandort zur Strom- und Wärmeerzeugung, der seit 1908 betrieben wird und mehrmals umgebaut wurde. Das Kraftwerk befindet sich in Herdecke an der hier zum Harkortsee aufgestauten Ruhr und hebt sich deutlich vor dem bewaldeten Ardeyhang ab. Der 240 m hohe, oft nur kurz Cuno genannte Schornstein ist weithin sichtbar und gilt Autofahrern auf der A 1 als neuzeitliches Wahrzeichen Herdeckes.[1] 2005 wurden ab Mai große Teile des Kraftwerks abgerissen, um Platz für ein an selber Stelle zu errichtendes Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk zu schaffen, das seit 2007 in Betrieb ist.
Das Cuno-Kraftwerk wurde nach dem damaligen Hagener Bürgermeister Willi Cuno benannt, der das regionale Energieunternehmen „Elektromark“ mitgegründet hat.
Geschichte
Das Herdecker Kraftwerk war 1908 das erste Werk der Elektromark und die Kraftwerksanlage war eine der ersten reinen Dampf-Turbinenanlagen, die seit Beginn auch mit deutscher Steinkohle aus dem nahen Ruhrgebiet arbeitete. In den Zwanziger Jahren galt das Werk wegen seines damals als besonders hoch eingeschätzten Wirkungsgrades von rund 25 Prozent sogar europaweit als vorbildhaft.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde von Klaus Thormaehlen für diesen Standort die Kohlen-Staubfeuerung entwickelt und die ersten vier Kohlenstaubkessel wurden 1927 erfolgreich in Betrieb genommen.
1932 wurde dann im Cuno-Kraftwerk die erste Schmelzkammerfeuerung Deutschlands eingeweiht. Mehrere Erweiterungen und Modernisierungen erfolgten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der neue „Block H2“ lieferte seit dem 3. Dezember 1962 mit einer Netto-Leistung von 90 MW elektrische Leistung aus Steinkohle in. Doch 1970 wurde die Feuerung auf Erdgas umgestellt, weil der Brennstoff Kohle zuvor sehr teuer geworden war.
1982, genau zur Zeit der breiten öffentlichen Diskussion um Sauren Regen und Waldsterben, erfolgte die Rückumstellung auf Kohle, die vor Ort wegen der schädlicheren Emissionen damals sehr umstritten war. Wegen der erneuten Kohleverfeuerung und der verschärften Gesetzeslage wurde der Bau des rund 240 Meter hohen Schornsteins notwendig, der seitdem das Landschaftsbild prägt. Zum Anfahren der Turbine wurde über eine Pipeline bezogenes Erdgas oder, im Falle einer Versorgungsunterbrechung, Erdöl, das in zwei Tanks lokal vorgehalten wurde, genutzt. Ab 1983 lieferte der Block H2 auch Fernwärme für Herdecker Industrie- und Gewerbebetriebe sowie Privathaushalte.
Nach anhaltenden starken Protesten unter anderem von Bürgerinitiativen ging dann 1988 eine zu dieser Zeit sehr moderne Rauchgas-Entschwefelungsanlage (REA) in Betrieb, die etwa 90 % der im Rauchgas enthaltenen Schwefeldioxide herausfilterte. Die REA arbeitete in Kombination mit Elektrofiltern und Entstickungs-Anlagen.
Nachdem das Kraftwerk gegen Ende 90er Jahre seine wirtschaftliche Lebensdauer erreicht hatte, wurde es noch für einige Jahre jahreszeiten- und verbrauchsabhängig betrieben. Zuletzt, ab 2001, wurden zwecks Kostensenkung mit Sondergenehmigungen auch Sekundärbrennstoffe, wie beispielsweise Tiermehl und testweise Teppichreste, verfeuert.
Am 5. März 2004 erzeugte der steinkohlegefeuerte Block H2 (Pelektrisch = 86 MW, Pthermisch = 25 MW) im Cuno-Heizkraftwerk offiziell seine letzte Kilowattstunde, wurde für eine Übergangsperiode als Kaltreserve vorgehalten und wurde dann 2005 abgerissen. Insgesamt lieferte der Block H2 seit 1962 etwa 17,5 Millionen MWh elektrische Energie. Im Spätsommer 2004 wurde zur Aufrechterhaltung der Fernwärmeversorgung nach Schließung des Hauptblocks ein Erdgas-Blockheizkraftwerk, bestehend aus zwei Deutz 20-Zylinder-Erdgasmotoren und zwei Dampfkesseln, in Betrieb genommen.
Um die für das Genehmigungsverfahren für ein neues 400 MW-Gaskraftwerk am gleichen Standort erforderlichen Freiflächen nachweisen zu können, wurden ab Mai 2005 alle außer den denkmalgeschützten Gebäuden abgerissen. Um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen, musste die neue Anlage bereits 2007 betriebsbereit sein. Bis auf den Block H2 und die denkmalgeschützten Teile wurde die vorhandene Anlage bereits 1998/1999 für einen damals diskutierten Neubau, der nicht realisiert wurde, entkernt.
Die Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Anlage wurde zusammen mit der norwegischen Statkraft entwickelt. In dem kombinierten Prozess wird in einer 270-MW-Gasturbine mit einem nachgeschalteten Abhitzekessel sowie einer 147-MW Dampfturbine die Energie in Elektrizität umgewandelt.[2] Die Versorgung mit Erdgas erfolgt aus dem Fernleitungsnetz der Gascade. Für den elektrischen Netzanschluss auf Hochspannungsebene ist Enervie Vernetzt als zuständiger Netzbetreiber verantwortlich.[3]
Denkmalschutz und Tourismus
Die Backsteinfassaden der alten Kesselhäuser VI und VII standen bis zur Rücknahme seitens der oberen Denkmalbehörde in Münster im Februar 2006 als Industriedenkmale unter Denkmalschutz. Begründet wurde die Aufhebung des Denkmalschutzes mit wirtschaftlicher Unzumutbarkeit für das Unternehmen. Im Rahmen der Route der Industriekultur waren die Gebäude auch eine touristische Attraktion im Ruhrtal. Mit der Anweisung zur Denkmalschutzaufhebung sollte die Einrichtung einer kleinen, öffentlich zugänglichen Dokumentation/Informationsstätte zur Geschichte der Energienutzung am Standort verbunden sein. Diese wurde allerdings nie eröffnet.
Nirgendwo anders zu sehen war der Typ des Schrägaufzuges, der das Werk mit dem höher am Ardeyhang gelegenen Güterbahn-Gleisanschluss verband, eine Konstruktion von MAN. Der Schrägaufzug für Kohle-Güterwaggons wurde ebenfalls im Mai 2005 abgerissen, obwohl er einzigartig in Deutschland war.
Laut der ehemaligen Betreibergesellschaft misst der Schornstein 240 Meter, dieser steht an einer rund 20 m hohen Erhebung. Er steht nicht unter Denkmalschutz, jedoch befindet sich in etwa 80 m Höhe ein Nistkasten für Wanderfalken, in dem nach erfolgreicher Wiederansiedelung schon mehrere Generationen Nachwuchs aufgezogen haben. Die an- und abfliegenden Vögel können hier zur Brutzeit vom Boden aus gut mit Feldstechern beobachtet werden.
Siehe auch
- Koepchenwerk, Laufwasserkraftwerk Hengstey (benachbarte Kraftwerke)
- Liste stillgelegter Kraftwerke in Deutschland
Lage
- Anschrift: Mark-E Aktiengesellschaft, Cuno-Heizkraftwerk Herdecke, Wetterstraße 111, 58313 Herdecke
- ÖPNV: Haltestelle „E.-Werk-Mark“, Herdecke
Literatur
- Wolfgang Kessler: Cuno im Wandel – Ein Kraftwerksstandort verändert sein Gesicht. – Artikel in: Herdecker Blätter, Heft 23 (Januar 2006), Seiten 16–23
- Willi Creutzenberg: "Nehmt Rücksicht! Baut hohe Kamine! – Schlaglichter aus der hundertjährigen Geschichte des Cuno-Kraftwerks in Herdecke". – Teil 1 in: Herdecker Blätter, Heft 24 (Dezember 2006), S. 22–31
- Willi Creutzenberg: "Nehmt Rücksicht! Baut hohe Kamine! – Schlaglichter aus der hundertjährigen Geschichte des Cuno-Kraftwerks in Herdecke". – Teil 2 in: Herdecker Blätter, Heft 25 (Dezember 2007), S. 6–15
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Von Klaus Görzel: Cuno ragt nutzlos in die Höhe. Abgerufen am 21. September 2017.
- ↑ Verbesserte Marktsituation: Einsatzzeit des Mark-E Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Herdecke in 2019 mehr als verdoppelt. Enervie, 11. Februar 2020, abgerufen am 31. Mai 2020.
- ↑ Kraftwerksliste. Bundesnetzagentur, 11. April 2020, abgerufen am 31. Mai 2020.