Bezirk Lothringen

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Bezirk Lothringen
Département de la Lorraine
Blason Lorraine.svg
Sitz Metz
Bestandszeitraum 1871–1918
Fläche 6.228 km² (1910)
Einwohner 655.211 (1910)[1]
Bevölkerungsdichte 105 Einw./km² (1910)
Kfz-Kennzeichen VI C (ab 1906)
Stadtkreis 1 (1918)
Übrige Kreise 8 (ab 1901)
Bezirk Lothringen im Reichsland
Bezirk Lothringen (orange) im Reichsland

Der Bezirk Lothringen (französisch

Département de la Lorraine

[2]) war von 1871 bis 1918 einer der drei Bezirke des Reichslandes Elsaß-Lothringen im Deutschen Reich. Bezirksstadt war Metz. Das Gebiet des Bezirks entspricht dem des heutigen französischen Départements Moselle. Der Bezirk umfasste 1910 6.228 km² und zählte 655.211 Einwohner.[3]

Geschichte

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg trat das unterlegene Frankreich im Frieden von Frankfurt am 10. Mai 1871 das Elsass und Teile Lothringens an Deutschland ab. Sie bildeten seither das Reichsland Elsaß-Lothringen. Das Reichsland war ein Gliedstaat des Deutschen Reichs mit besonderem Status, da es anfangs keine eigene Gesetzgebung durch elsässische und lothringische Volksvertreter hatte. Ab 1874 gab es den indirekt gewählten Landesausschuss, der erst 1911 zu einer direkt gewählten Volksvertretung aufgewertet wurde. Diese war, wie in vielen Bundesstaaten des Reiches, nicht voll umfänglich für die Gesetzgebung zuständig und wählte nicht die Landesregierung. In den deutschen Bundesstaaten mit beschränkter Legislation und Kontrolle der Regierung lag die Macht bei den jeweiligen Monarchen, im Reichsland dagegen bei dem vom Reich bestimmten kaiserlichen Statthalter. Im Bundesrat war das Reichsland bis 1911 nicht vertreten. Daher die Bezeichnung Reichsland und nicht Bundesstaat. Ab 1911 entsandte es drei Vertreter, doch wegen des besonderen Status blieb die Bezeichnung Reichsland.

Farbig die Gebiete der Départements bis 1870, als Linien deren Grenzen heute. Das heutige Département Moselle gleicht territorial dem Bezirk Lothringen.
Verlauf der deutsch-französischen Sprachgrenze in Lothringen im Jahr 1000, 1500 und 1885 (nach This)[4] im Vergleich zur deutschen Reichsgrenze von 1871

Der Bezirk Lothringen umfasste neben dem deutschsprachigen Teil Lothringens auch französischsprachige Gebiete westlich der deutsch-französischen Sprachgrenze um Metz und Château-Salins. Am 22. Juni 1877 wurden die amtlichen Ortsnamen neu festgelegt.[5]

Die Bezirke des Reichslandes waren höhere Kommunalverbände, daher dem Bezirksverband Pfalz nicht unähnlich, dessen Strukturen 1816 ebenfalls aus einem französischen Département mit Conseil général hervorgegangen waren und der bei Schaffung der Bezirke im übrigen Bayern 1828 Pate stand. Als höherer Kommunalverband führte der Bezirk Lothringen ein Wappen, das traditionelle Wappen Lothringens, das in Siegeln, auf Gutscheinen und Schuldverschreibungen des Bezirks erscheint.

Das Gebiet des Bezirks Lothringen mit seiner Hauptstadt Metz blieb nach der Rückgliederung des Landstrichs an Frankreich 1919 in seiner territorialen Gestalt unverändert und bildet das heutige Département Moselle. Während der deutschen Besetzung 1940–1944 bildete dieses Gebiet das CdZ-Gebiet Lothringen, ein Teil des Gaus Westmark.

Territoriale Gliederung

Aus den durch Deutschland annektierten östlichen vier Fünfteln des ehemaligen alten Départements Moselle und dem östlichen Drittel des ehemaligen Départements Meurthe (und zwar dessen beide Arrondissements Château-Salins und Sarrebourg) wurde der Bezirk Lothringen gebildet.[6] Daneben bestanden die Bezirke Oberelsass und Unterelsass.

Der Bezirk war in Kreise unterteilt, dabei wurde meistenteils die Struktur der vordem bestehenden französischen Arrondissements übernommen. Die Kreise des Bezirks waren die folgenden:

Kreis Hervorgegangen aus
Arrondissement
Kreisstadt Bevölkerung Anmerkung
Metz (Stadtkreis) Metz-Ville Metz 60.186 (1890)
68.598 (1910)
22 % der Einwohner gaben Französisch als Sprache den Vorzug (1900)[7]
Bolchen Boulay-Moselle Bolchen (Boulay) 41.621 (1890)
41.825 (1910)
12,8 % gaben Französisch den Vorzug (1900)
Château-Salins Château-Salins Château-Salins 48.956 (1890)
45.303 (1910)
69,7 % gaben Französisch den Vorzug (1900)
Diedenhofen Briey (teils) und Thionville Diedenhofen (Thionville) 84.505 (1890)
115.873 (1900)
20,8 % gaben Französisch, 9,5 % dem Italienischen[8] den Vorzug (1900)
1901 geteilt in Diedenhofen-Ost und -West[9]
Diedenhofen-Ost 1901 neu gebildet Diedenhofen 62.980 (1910)
Diedenhofen-West 1901 neu gebildet Diedenhofen 88.232 (1910)
Forbach Forbach Forbach in Lothringen 68.696 (1890)
94.191 (1910)
95 % und mehr zogen Deutsch vor
Metz-Land Metz-Campagne Metz 76.805 (1890)
113.674 (1910)
57,1 % gaben Französisch den Vorzug (1900)
Saarburg Sarrebourg Saarburg in Lothringen (Sarrebourg) 63.096 (1890)
66.222 (1910)
22,8 % gaben Französisch den Vorzug (1900)
Saargemünd Sarreguemines Saargemünd (Sarreguemines) 66.527 (1890)
74.186 (1910)
95 % und mehr zogen Deutsch vor
Kreiseinteilung des Bezirks 1890

Gebietsveränderungen

Am 1. März 1873 wurden die zuvor durch Staatsvertrag mit Frankreich an das Deutsche Reich gekommenen, unbewohnten Teile der Gemeinde Raon-lès-Leau, die zunächst – als früher dem Arrondissement Sarrebourg zugehörig – dem Kreis Saarburg i. Lothr. zugefallen waren, in den Kreis Molsheim im Bezirk Unterelsaß umgegliedert.[10] Am 1. Januar 1881 wurde die Kommune Großtänchen vom Kreis Forbach in den Kreis Château-Salins umgegliedert.[6] Am 14. Mai 1884 wechselten Teile des Gebiets der Gemeinde Hagen vom Kreis Zabern, Unterelsaß, in den Kreis Saarburg, während Teile des Gebiets der Gemeinde Hültenhausen in umgekehrter Richtung aus dem Kreis Saarburg in den Kreis Zabern übergingen.[6] Am 27. Juni 1890 wechselte die Kommune Lauterfingen vom Kreis Château-Salins zum Kreis Saarburg.[6] 1891 kam Lauterfingen wieder an den Kreis Château-Salins und dieser gab dafür Mittersheim an den Kreis Saarburg.[6] Am 1. April 1896 erging eine neue Gemeindeordnung für das Reichsland.[6] Am 8. April 1901 kam ein Teil des Gemeindegebiets von Gandringen an den Kreis Metz (Land) und der Kreis Diedenhofen wurde in einen Ost- und einen Westkreis geteilt.[6] Die Kommunen Devant-les-Ponts und Plantières, Kreis Metz (Land), wurden am 1. April 1908 in die Stadt Metz eingemeindet.[6] Am 1. April 1914 wurde Le Sablon nach Metz eingemeindet.[6]

Ämter und Organe

An der Spitze jedes Bezirks im Reichsland stand ein Bezirkspräsident/Président du département. Seine Behörde war das Bezirkspräsidium/la Présidence du département. Jeder Bezirk hatte als Vertretungsorgan einen Bezirkstag bestehend aus gewählten Vertretern (Vgl. Bezirkstage in Bayern). Darin unterschieden sich die Bezirke im Reichsland von Regierungsbezirken in Preußen, die keine Verbände von Gebietskörperschaften waren, sondern regierungsseitige territoriale Verwaltungseinheiten.

Präsidenten des Bezirkstags von Lothringen

Die Präsidenten wurden vom Bezirkstag von Lothringen (französisch Conseil Général de la Lorraine) gewählt, dessen Mitglieder ihrerseits von den angeschlossenen Kommunen gewählt worden waren.

Bezirkspräsidenten

Siegelmarke des Bezirkspräsidenten

Im Laufe des Krieges waren in den besetzten französischen Gebieten Militärgouverneure eingesetzt. Adolf von Bonin war Generalgouverneur des besetzten Lothringens bis zum Ende der Militärverwaltung (Generalgouvernements) am 28. März 1871.[11] Zwischen Ende März und September 1871 amtierte ein deutscher Präfekt von Metz anstelle eines französischen Amtsinhabers. Im Mai wurde das Gebiet des späteren Bezirks annektiert. Das Amt des Präfekten erhielt nun die Bezeichnung Bezirkspräsident, der jeweils vom Kaiserlichen Statthalter ernannt wurde.

Bibliographie

  • Gustav Neumann: Das Deutsche Reich in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung, Band II, Grg. Ferd. Otto Müller, Berlin 1874, S. 554–567 (Google Books).
  • Amtsblatt für den Bezirk Lothringen / Recueil officiel des actes administratifs du Département de la Lorraine (sieh: Katalogeintrag der National- und Universitätsbibliothek Straßburg; hervorgegangen aus dem besatzungsamtlichen 'Amtsblatt des Départements Deutsch-Lothringen / Recueil officiel des actes administratifs du Département de la Lorraine allemande', erschienen ab 18. Dezember 1870)
  • Statistisches Büreau des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen: Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. C. F. Schmidts Universitäts-Buchhandlung Friedrich Bull, Straßburg 1882, 85–145 (books.google.de).
  • Die Alten Territorien des Bezirkes Lothringen mit Einschluß der zum Oberrheinischen Kreise gehörigen Gebiete im Bezirke Unter-Elsaß nach dem Stande vom 1. Januar 1648, Teil II, Köln: DuMont Schauberg, 1909, pp. 176–185.
  • Ernst Bruck: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht von Elsaß-Lothringen: 3 Bde., Straßburg im Elsass: Trübner, 1908–1910. (Online-Ausgabe).
  • Stefan Fisch: Das Elsaß im deutschen Kaiserreich (1870/71–1918). In: Das Elsass. Historische Landschaft im Wandel der Zeit, Michael Erbe (Hg.), Stuttgart: Kohlhammer, 2003, S. 123–146. ISBN 3-17-015771-X.
  • François Roth: La Lorraine annexée: étude sur la Présidence de Lorraine dans l'Empire allemand (1870 - 1918), 2. Aufl., Woippy: Serpenoise, 2007. ISBN 978-2-87692-720-9
  • Verhandlungen des Bezirkstages von Lothringen / Procès-verbaux des délibérations du Conseil Général de la Lorraine, Metz (erschienen: 1874–1918).
  • Eugen H. Th. Huhn: Deutsch-Lothringen. Landes-, Volks- und Ortskunde, Stuttgart 1875 (books.google.de).
  • C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873 (books.google.de).
  • Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874 (books.googl.de).
  • Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band III, Friedrich Bull, Straßburg 1886 (books.google.de).
  • Hans Witte: Zur Geschichte des Deutschtums in Lothringen. Die Ausdehnung des deutschen Sprachgebietes im Metzer Bistume zur Zeit des ausgehenden Mittelalters bis zum Beginne des 17. Jahrhunderts. Diss. Straßburg, Metz 1890. In: Jahr-Buch der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde. Zweiter Jahrgang, G. Scriba, Metz 1890, S. 231–300 (books.google.de).
  • Hans Witte: Deutsche und Keltoromanen in Lothringen nach der Völkerwanderung. Die Entstehung des deutschen Sprachgebietes. In: Beiträge zur Landes- und Volkskunde von Elsass-Lothringen. Dritter Band, Heft XV, J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), Straßburg 1891 (books.google.de).
  • Hans Witte: Das deutsche Sprachgebiet Lothringens und seine Wandelungen von der Feststellung der Sprachgrenze bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts. In: Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Band 8, Stuttgart 1894, S. 407–535 (books.google.de).
  • Heinrich Lempfrid: Verschwundene lothringische Orte. In: Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Litteratur Elsass-Lothringens. Band 4, J. H. Ed. Heitz, Strassburg 1888 S. 83–100 (books.google.de).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Volkszählung 1910
  2. Zwar war Deutsch die Amtssprache und ihr Gebrauch wurde gefördert, aber eingedenk des starken Anteils französischsprachiger Lothringer gab es vor allem in ihren Wohngebieten im Westen und Süden des Bezirks und im Zusammenhang mit bezirksweiten Anlässen und Organisationen bilinguale Veröffentlichungen, worin die Bezeichnung Bezirk Lothringen mit Département de la Lorraine übersetzt wird. Cf. Amtsblatt für den Bezirk Lothringen / Recueil officiel des actes administratifs du Département de la Lorraine.
  3. Gemeindeverzeichnis 1910 (eingesehen am 6. Juli 2018)
  4. Constant This: Die deutsch-französische Sprachgrenze in Lothringen. In: Beiträge zur Landes- und Volkskunde von Elsass-Lothringen. Erster Band, Heft I, J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), Straßburg 1887 (books.google.de).
  5. Bekanntmachung Nr. 142 vom 22. Juni 1877. In: Amts-Blatt für den Bezirk Lothringen Nr. 26 vom 3. Juli 1877, S. 181–182 (book.google.de).
  6. a b c d e f g h i „Bezirk Lothringen“, auf: Rolf Jehke, Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874 – 1945, abgerufen am 25. Februar 2013.
  7. Die Angaben zur bevorzugten Sprache entstammen "Reichsland Elsaß-Lothringen", auf: Michael Rademacher: Dissertation. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  8. Die Italienischsprachigen waren vor allem Arbeitsmigranten in der Montanindustrie und deren Nachfahren.
  9. Durch kaiserliche Verordnung vom 8. April 1901 durch Teilung des Kreises Diedenhofen gebildet.
  10. Kaiserliche Verordnung vom 1. März 1873 [1]
  11. N. N.: Bonin, Adolf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 128.