Dirk Kurbjuweit

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Dirk Kurbjuweit (2011)

Dirk Kurbjuweit (* 3. November 1962 in Wiesbaden) ist ein deutscher Journalist und Autor.

Leben und Wirken

Kurbjuweit wuchs als Sohn eines kaufmännischen Angestellten und einer Hausfrau in Berlin und Essen auf. Nach dem Abitur studierte er Volkswirtschaftslehre und besuchte die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft. 1988 erhielt er von der Heinz-Kühn-Stiftung ein dreimonatiges Auslandsstipendium in Sambia. Von 1990 bis 1999 war er Redakteur bei der Zeit, ab 1999 beim Spiegel.[1] Ab 2002 war er stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros, danach Autor. Von Juli 2007 an war er zusammen mit Georg Mascolo Leiter des Hauptstadtbüros. Nach der Berufung von Georg Mascolo zum Chefredakteur im Januar 2008 war Kurbjuweit bis März 2012 alleiniger Leiter des Hauptstadtbüros. Von Februar 2015 bis Dezember 2018 war Kurbjuweit einer von drei stellvertretenden Chefredakteuren und seit Januar 2019 ist er wieder Leiter des Hauptstadtbüros.[2]

Er ist auch als Autor von erzählerischen Werken, Sachbüchern und Drehbüchern (zusammen mit dem Regisseur Jobst Oetzmann sowie dem Filmmusik-Komponisten Dieter Schleip verwirklicht) hervorgetreten. Kurbjuweit ist Stifter des Recherche-Stipendiums Seminyak.

Mit seiner Frau und zwei Kindern lebt Kurbjuweit heute in Berlin.

Rezeption

Zwei seiner Reportagen wurden mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet (1. Preis in den Jahren 1998 und 2002).[3] 2011 wurde er mit dem Roman-Herzog-Medienpreis ausgezeichnet.[4] 2012 erhielt er für seine Reportage Die halbe Kanzlerin den Deutschen Reporterpreis in der Kategorie Bester Essay.[5][6] 2013 wurde ein Artikel, der im Spiegel erschienen ist, mit dem Ernst-Schneider-Preis ausgezeichnet; Kurbjuweit war einer der sechs Autoren.[7]

In einem Spiegel-Artikel vom 11. Oktober 2010 prägte Kurbjuweit den Begriff „Wutbürger“ im Kontext der Debatten um Thilo Sarrazin und das Stuttgarter Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Er definierte ihn als wohlhabenden konservativen Menschen, der „nicht mehr jung“, früher gelassen und „staatstragend“, jetzt aber „zutiefst empört über die Politiker“ sei. Er breche „mit der bürgerlichen Tradition, dass zur politischen Mitte auch eine innere Mitte gehört“, wie etwa Gelassenheit. Das Verhalten des Wutbürgers sei ein Wehren gegen den Wandel, er möge nicht Weltbürger sein.[8] Der Begriff wurde zum Wort des Jahres 2010 gewählt und wurde in den Duden aufgenommen.[9]

Kurbjuweits Novelle Zweier ohne von 2001 ist seit 2011 Pflichtlektüre im Abschlussjahrgang an Realschulen in Baden-Württemberg.[10] Die darin geschilderte Sexszene zwischen Jugendlichen – von der Literaturkritik als „eher zart und sicher nicht pornografisch“ bezeichnet – erregte Kritik, die vorwiegend von christlichen und christlich orientierten Privatschulen vorgetragen wurde. Eine frühere Benennung als Pflichtlektüre wurde aufgrund der Kritik zurückgezogen. Im Schuljahr 2013/14 wurde nach erneuten Protesten und einer Debatte, in der Kurbjuweit die Kritik öffentlich thematisierte, jeder Schule die Wahl zwischen Zweier ohne und Andorra von Max Frisch ermöglicht.

Im Spiegel-Leitartikel vom 5. März 2021 Es reicht, Herr Spahn! plädierte Kurbjuweit im Zusammenhang mit in der Corona-Pandemie aufgetretenen Missständen für einen Rücktritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.[11]

Werke

  • Die Einsamkeit der Krokodile (Roman). Fischer, Frankfurt am Main 1995, ISBN 978-3-596-22381-7.
  • Schussangst (Roman). Fischer, Frankfurt am Main 1998, ISBN 978-3-10-041505-9.
  • Zweier ohne (Novelle). Nagel & Kimche, Zürich 2001, ISBN 978-3-312-00289-4.
  • Unser effizientes Leben. Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen (Sachbuch). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 978-3-498-03510-5.
  • Nachbeben (Roman). Nagel & Kimche, Zürich 2004, ISBN 978-3-312-00346-4.
  • mit Cordt Schnibben und Matthias Geyer: Operation Rot-Grün – Geschichte eines politischen Abenteuers (Sachbuch). DVA, München 2005, ISBN 978-3-421-05782-2.
  • Nicht die ganze Wahrheit (Roman). Nagel & Kimche, Zürich 2008, ISBN 978-3-312-00410-2.
  • Angela Merkel: Die Kanzlerin für alle? (Sachbuch). Hanser, München 2009, ISBN 978-3-446-20743-1.
  • Kriegsbraut (Roman). Rowohlt, Berlin 2011, ISBN 978-3-871-34661-3.
  • Angst (Roman). Rowohlt, Berlin 2013, ISBN 978-3-87134-729-0.
  • Reisen ins Innere der Krisengebiete, herausgegeben von Meranier-Gymnasium, Lichtenfels 2013 (= Leseheft des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels zur Autorenlesung, Heft 24).
  • Alternativlos – Merkel, die Deutschen und das Ende der Politik. (Sachbuch). Hanser, München, 2014, ISBN 978-3-446-24620-1.
  • Die Freiheit der Emma Herwegh. (Roman). Hanser, München [2017]. ISBN 978-3-446-25464-0.
  • Haarmann. Ein Kriminalroman (Roman), Penguin, München 2020, ISBN 978-3-328-60084-8.
  • Der Ausflug. Penguin, München 2022, ISBN 978-3-328-60171-5

Sekundärliteratur

  • Klaus Will: Textanalyse und Interpretation zu Dirk Kurbjuweit, Zweier ohne, eine Novelle, Bange, Hollfeld 2013, ISBN 978-3-8044-3097-6 (= Königs Erläuterungen Spezial, Infos zur Analyse der Ganzschrift – Realschulabschluss Baden-Württemberg).

Verfilmungen

Hörspielbearbeitungen

Weblinks

Commons: Dirk Kurbjuweit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Porträt. In: munzinger. Abgerufen am 6. März 2021.
  2. Umbau im Hauptstadtbüro. In: media. Abgerufen am 6. März 2021.
  3. Ausgezeichnet wurden diese Texte: Dirk Kurbjuweit: Die Folter war sauber und ordentlich, in: Die Zeit vom 10. Oktober 1997 (hier online); Dirk Kurbjuweit und Dietmar Hawranek: Die drei-Welten-AG, in: Der Spiegel Nr. 9 vom 24. Februar 2001, S. 96 bis 109 (Digitalisat hier).
  4. Dirk Kurbjuweit (Der Spiegel) wird mit dem „Roman-Herzog-Medienpreis 2010/2011“ ausgezeichnet. (Memento vom 9. Januar 2012 im Internet Archive) presseportal.de
  5. Dirk Kurbjuweit: Die halbe Kanzlerin, in: Spiegel Nr. 48 vom 28. November 2011, S. 32 bis 39 (Digitalisat hier).
  6. Mit dem Preis wurden 2012 zwei Essays ausgezeichnet: neben Kurbjuweits Text wurde auch ein Essay von Sabine Rennefanz prämiert, der in der Berliner Zeitung erschienen war: Uwe Mundlos und ich, in: Berliner Zeitung vom 31. Dezember 2011 (Abschrift des Textes hier).
  7. Dirk Kurbjuweit, Christoph Pauly, Jan Puhl, Mathieu von Rohr, Christoph Scheuermann und Christoph Schult: Die Kuhhändler, in: Der Spiegel Nr. 52 vom 22. Dezember 2012, S. 57 bis 65 (Digitalisat hier).
  8. Der Wutbürger. Abgerufen am 20. August 2020.
  9. Duden | Wutbürger | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft. Abgerufen am 20. August 2020.
  10. Joachim Güntner: Fromme gegen Schullektüre: Auch zarter Sex geht manchem zu weit. Die Taschenbuchausgabe hat bereits vierzehn Auflagen erfahren, und in Baden-Württemberg ist sie zurzeit Pflichtlektüre für die Abschlussprüfungen der Klasse 10 an Realschulen. In: NZZ, 15. Februar 2014
  11. Es reicht Herr Spahn! In: spiegel. Abgerufen am 6. März 2021.
  12. Dirk Kurbjuweits Stalking-Roman "Angst" brillant verfilmt. Neue Osnabrücker Zeitung
  13. @1@2Vorlage:Toter Link/www1.wdr.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Angst Von Dirk Kurbjuweit, WDR